Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Überhaupt nicht verstanden habe ich Ihre Bedenken gegen den vierten Punkt unseres Antrags, wo es um die Subvention bzw. Absenkung - -

(Die Präsidentin schaltet das Mikrofon am Redepult ab)

Herr Hagenah, Ihre anderthalb Minuten sind um. Es tut mir leid.

(Beifall bei den GRÜNEN - Joachim Albrecht [CDU]: Darüber können wir im Ausschuss noch diskutieren!)

Frau Konrath, möchten Sie antworten?

(Gisela Konrath [CDU]: Nein!)

Nächster Redner ist Herr Hermann von der FDP.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Wenn wir heute über den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer sprechen, tun wir dies vor dem Hintergrund einer wirklich kräftigen Erholung am Arbeitsmarkt. Wie schon ausgeführt wurde, liegen wir mit 3,8 Millionen Arbeitslosen und einer Arbeitslosenquote von

9,1 % nur ganz knapp hinter dem Ergebnis von 2001. Damals befand sich die Konjunktur in einer Hochphase, die später im Jahr 2001 allerdings leider abbrach. Das bedeutet nichts anderes, als dass es erstmalig zu einem Abbau der Sockelarbeitslosigkeit kommen kann, ja dass es ihn vielleicht sogar schon gibt. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt, und zwar noch stärker als die Gesamtzahl der Arbeitslosen: 18,7 % zu 15,4 %. Es zeigt sich wieder einmal: Wachstum ist die beste Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Leider gibt es eine Gruppe, die diesen Aufschwung nicht verspürt: die Grünen im Niedersächsischen Landtag. Ihr Antrag, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, hat eine falsche Überschrift. Sie müsste lauten: „Aufschwung ignorieren - Milliarden in den dritten Arbeitsmarkt investieren“. Herr Hagenah, mittlerweile hat sich doch überall herumgesprochen, dass ABM und Ein-Euro-Jobs nicht zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt führen.

(Beifall bei der CDU)

Im Gegenteil, meine Damen und Herren, die Menschen werden von der regulären Arbeit weiter entfremdet und dauerhaft in die Arbeitslosigkeit gezwungen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Hagenah, wenn Sie diese Maßnahmen auf drei Jahre ausdehnen, dann schaffen Sie keine Perspektiven, sondern zementieren Sie die Arbeitslosigkeit. Dann seien Sie wenigstens so ehrlich - Frau König hat das schon ausgeführt - zu sagen, dass Sie den dritten Arbeitsmarkt möchten. Das wäre Ehrlichkeit. Wenn Sie sagen, Sie wollen Perspektiven aufzeigen, dann ist das die Unwahrheit.

Wenn wir Arbeit finanzieren wollen, dann müssen wir die Anreize zur Arbeitsaufnahme erhöhen, indem wir die Zuverdienstmöglichkeiten ausbauen und Sozialleistungen zu einem echten Bürgergeld zusammenfassen. Auch Ihre Forderung, die neuen Beschäftigungsmöglichkeiten sollten nicht wettbewerbsverzerrend sein, ist lediglich ein frommer Wunsch. Besonders dann, wenn sie, wie Sie es vorhaben, in großem Umfang zum Einsatz kommen, ist es völlig unvermeidlich, dass reguläre Arbeit, besonders im Handwerk, verdrängt wird. Daher muss Ihr Ansinnen abgelehnt werden und

Ihr Antrag so schnell wie möglich verworfen werden. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das war ja sehr interes- sant!)

Danke, Herr Hermann. - Nächster Redner ist jetzt Herr Lenz von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Im Mai dieses Jahres hatten wir 3,8 Millionen Arbeitslose. Das ist der stärkste Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Mitte der 90er-Jahre. Vor allen Dingen war im Jahre 2006 seit vielen Jahren, seit 1999, wieder ein Anstieg der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen. Diese positive Entwicklung am Arbeitsmarkt ist ein Ergebnis sozialdemokratischer Reformpolitik. Diesen Erfolg lassen wir uns von niemandem schlechtreden; denn er ist eine Tatsache.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Her- mann [FDP]: Das stimmt nicht!)

Natürlich sieht es meine Fraktion auch als positiv an, dass die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen wieder sinkt. Aber wir dürfen auch feststellen, Herr Minister Hirche: In Niedersachsen sinkt sie langsamer als im Durchschnitt der Republik.

(Minister Walter Hirche: Im Gegenteil!)

- In Deutschland sinkt die Arbeitslosigkeit um 16,1 %, in Niedersachsen um 15,9 % und in Westdeutschland um 18 %. Sie sollten einmal in den Arbeitsmarktbericht vom Mai schauen. Dort ist das nachzulesen.

Trotz aller ersten Erfolge müssen wir feststellen, dass die positive Entwicklung die Langzeitarbeitslosen noch viel zu wenig erfasst hat. In Niedersachsen leben 100 000 Menschen, die länger als drei Jahre arbeitslos sind. Das ist ein Skandal, der eine größere Aufmerksamkeit dieses Parlaments und des Wirtschaftsministers Hirche verdient.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hoppenbrock, ich gebe Ihnen recht: Der Schlüssel zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit liegt in der Qualifizierung der Langzeitar

beitslosen. Statt nach einer Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung zu rufen, wie es aus Ihren Reihen immer wieder getan wird, sollten die sich in diesem Jahr erneut abzeichnenden Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit verstärkt in Aus- und Weiterbildung gesteckt werden, nicht in weitere Beitragssatzsenkungen. Das ist unsere Position.

(Beifall bei der SPD)

Um das zu verdeutlichen: Die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit für aktive Leistungen betrugen im Jahr 2000 noch 14 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 wurden im Rahmen des SGB III nur noch 2,5 Milliarden Euro im Eingliederungstitel verausgabt. Das heißt, die maßgebliche Ursache für den sensationellen Überschuss der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2006 und offensichtlich auch im Jahr 2007 ist zu einem großen Teil dem drastischen Zurückfahren der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik geschuldet. Das ist aus unserer Sicht nicht richtig.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich haben alle diejenigen recht, die in der Debatte angemahnt haben, dass nicht jede ABMaßnahme oder auch nicht jede Maßnahme zur strukturellen Anpassung der Wirtschaft passgenau war. Ja, das ist zugegebenermaßen so. Wenn aber die Titel für die berufliche Weiterbildung von 400 000 Fällen im Winter 2001 auf mittlerweile 120 000 Fälle im Januar 2007 zurückgegangen sind, dann geht das in eine Richtung, die nicht richtig ist. Meiner Meinung nach muss hier gegengesteuert werden. Die Qualifizierung ist für uns der Dreh- und Angelpunkt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Das kann man nicht oft genug betonen.

In diesem Zusammenhang ist hier der Niedersachsen-Kombi angesprochen worden. Herr Hoppenbrock, Sie haben ihn besonders betont. Ich darf Ihnen diesbezüglich noch einmal die Zahlen entgegenhalten. Sie sind zugegebenermaßen nicht ganz aktuell. Wir haben im Januar eine Kleine Anfrage zum Erfolg des Niedersachsen-Kombi gestellt. Am 27. Februar haben wir eine Antwort darauf bekommen. Ich zitiere einmal: 1 028 Fälle sind bis zum Zeitpunkt 19. Januar 2007 gefördert worden. Von diesen 1 028 im Rahmen des Niedersachsen-Kombi geförderten Fällen konnten lediglich 40 Qualifizierungszuschüsse gewährt werden. Vor diesem Hintergrund muss man sagen, dass

der Niedersachsen-Kombi nicht erfolgreich war. Ich will nicht sagen, dass er gescheitert ist; aber auf jeden Fall war er nicht erfolgreich.

(Beifall bei der SPD)

Was die Passgenauigkeit angeht, möchte ich deutlich sagen: 69,4 % der Fälle lagen jenseits der Zielgruppe der unter 25-Jährigen und der über 50Jährigen, die Sie sich selbst als Messlatte gesetzt haben. Auch von daher kann man nicht so einfach sagen, dass der Niedersachsen-Kombi erfolgreich sei, sondern man muss sagen, dass es offensichtlich auch Mitnahmeeffekte gegeben hat, die wir alle nicht wollen. So jedenfalls habe ich das bisher immer verstanden.

Frau König, selbstverständlich wollen auch wir, dass in erster Linie eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt stattfindet. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es nun einmal Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte - zusätzlich vielleicht auch noch mit vielen Handicaps - gibt, die wir - egal, was wir machen - nicht in den ersten Arbeitsmarkt integrieren werden können. Trotzdem glaube ich, dass auch diese Menschen unsere Aufmerksamkeit verdienen und auch unsere Unterstützung und Hilfe bekommen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bin ich Frau Konrath sehr dankbar dafür - ich selbst hätte das gar nicht besser machen können -, dass sie hier den Vorschlag der SPD 1 : 1 dargestellt hat, der jetzt auf dem guten Wege ist, in Deutschland Gesetz zu werden. Der Vorschlag, den Sie hier unterbreitet haben, entspricht einem von der SPD-Bundespartei im Januar dieses Jahres beschlossenen Programm für 100 000 Langzeitarbeitslose, die z. B. innerhalb der nächsten 24 Monate nicht vermittelbar sein werden oder auch mehrfach gehandicapt sind. Müntefering hat dieses Programm auf den Weg gebracht. Wenn Sie das jetzt gutheißen, dann bin ich Ihnen sehr dankbar dafür. Besser hätte auch ich es nicht machen können.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eines sagen, weil Herr Hagenah hier noch einmal - bevor ihm das Mikrofon abgedreht worden war versucht hat, das sogenannte Progressivmodell unter Nr. 4 des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darzustellen. Herr Hagenah, auch die SPD-Landtagsfraktion hat sich mit diesem

sogenannten Progressivmodell beschäftigt. Alles, was wir dazu wissen, hat sich als nicht finanzierbar erwiesen. Wenn Sie in Ihrem Antrag formulieren, dass Sie eine weitere Umfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme zugunsten einer höheren Steuerfinanzierung wollen, müssen Sie der geneigten Öffentlichkeit auch einmal sagen, an welche Steuererhöhungen Sie dabei denken. Ich kann mich noch daran erinnern, dass von Ihnen alle Debatten zur Mehrwertsteuererhöhung gegeißelt worden sind. Eine Mehrwertsteuererhöhung haben Sie ja abgelehnt. Sagen Sie also bitte auch einmal, welche Steuern Sie an dieser Stelle erhöhen wollen. Mit der SPD jedenfalls sind weitere Steuererhöhungen nicht zu machen. Das sage ich hier ganz deutlich. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. - Wir kommen deshalb zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich mit diesem Antrag - -

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Der Minister hat sich noch gemeldet!)

- Ich habe Ihre Wortmeldung nicht bekommen. Na gut. Ich halte das Haus für einverstanden damit, dass jetzt noch Herr Hirche redet.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Gern! Wir freuen uns!)

Frau Präsidentin! Ich bitte um Nachsicht für diesen Irrtum. Das lag dann bei mir, nicht aber beim Präsidium.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lenz und auch die anderen Redner haben es bereits gesagt: Die Zahlen sind in der Tat sehr erfreulich. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Das Wichtigste für mich ist politisch der Vergleich der Bundesländer. Zu Beginn dieser Wahlperiode, nachdem die SPD nicht wiedergewählt worden war, lag Niedersachsen unter den Bundesländern auf Platz 9 in der unteren Tabellenhälfte. Niedersachsen nimmt inzwischen sehr konstant den 7. Platz ein. Damit befindet sich Niedersachsen bezüglich des Arbeitsmarktes in der oberen Hälfte

der Tabelle. Entscheidend ist: Über einen längeren Zeitraum. Wie sieht das im Vergleich zu den Leistungen aus, die Sie zu Beginn vorgelegt haben? Natürlich freuen wir uns insbesondere darüber, dass auch 50 000 neue Beschäftigungsverhältnisse entstanden sind.

Meine Damen und Herren, ich darf jetzt an den Kollegen Hermann anknüpfen. Überproportional ist in Niedersachsen der Anteil der Langzeitarbeitslosen zurückgegangen. Wenn der Antrag der Grünen auf die Langzeitarbeitslosen abzielt, muss ich Ihnen sagen: Unser Kombi-Modell bezieht sich zu 100 % auf Langzeitarbeitslose.