Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

eingegangen. Ich finde, das ist ein schlechter Stil. Die Gastronomie hat scheinbar nur den Umsatz im Kopf und nicht den Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir als Politik haben Verantwortung zu übernehmen und sollten nicht zuschauen, wenn Menschen genötigt werden, im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

Meine Damen und Herren, wir freuen uns, mit Ihnen diesen Meilenstein in Sachen Gesundheitsschutz und Schutz vor Passivrauchen auf den Weg bringen zu dürfen. Danke für die gemeinsame, sehr intensive Beratung!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Meißner gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Janssen-Kucz, ich habe zwei Fragen an Sie. Die erste ist: Hat jemand diese Landesregierung gezwungen, als Erste ein Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg zu bringen? Ist es nicht vielmehr so, dass von vornherein der Wunsch, die Gesundheit von Nichtrauchern zu schützen, sie vor Passivrauchen zu schützen, die Grundlage für dieses Gesetz war?

(Zustimmung bei der FDP)

Die zweite Frage bezieht sich auf das Thema Pflegeeltern. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen: Unser Grundgesetz schützt Privatrechte. Es ist ganz bewusst, auch vor dem Hintergrund unserer Geschichte, so verfasst. Es ist wichtig, dass es für Kinder, die keine Eltern haben, Pflegeeltern gibt. Wenn Sie jetzt wollen, dass Kinder nur dann zu Pflegeeltern gegeben werden, wenn diese Nichtraucher sind, dann frage ich Sie: Meinen Sie nicht, dass das ein zu starker Eingriff in die Privatsphäre ist? Meinen Sie nicht, Sie verletzen damit das Grundgesetz?

Und meinen Sie dann vielleicht auch, dass Eltern, die rauchen, keine Kinder bekommen sollten? Darum geht es letztendlich; das ist ein zu starker Eingriff in die Privatsphäre.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Janssen-Kucz, Sie wissen, sie haben eine Minute für Ihre Antwort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Meißner, das ist nicht das Thema.

(Doch! bei der CDU und bei der FDP)

Ich glaube, Sie als sogenannte freiheitsliebende Partei haben ein großes Problem damit. Hier geht es um die Gesundheit von Kindern, von Jugendlichen - von allen Menschen. Dahinter haben Ihr Freiheitsbegriff und ihr Freiheitsgedanke zurückzustehen. - Das ist das eine.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Dahinter haben die Familien zurückzustehen? Das ist Ihre Geisteshaltung! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das andere ist: Diese Landesregierung musste dieses Gesetz auf den Weg bringen, weil der Druck der Öffentlichkeit zu groß wurde.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Es ist gut so, dass wir dieses Gesetz hier und heute verabschieden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Das Privatrecht hat dort Grenzen, wo die Gesundheit gefährdet ist. Nach unserem Grundgesetz - Frau Meißner, das müssten Sie genauso gut wissen wie ich - hat ein Kind das Recht darauf, gesund aufzuwachsen.

(Joachim Albrecht [CDU]: Dann müs- sen Sie den Eltern das Rauchen auch verbieten!)

Vermengen Sie nicht das eine mit dem anderen, liebe Frau Meißner.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Dann müs- sen Sie allen Eltern das Rauchen verbieten! Die anderen Kinder sollen dann nicht geschützt werden, oder was?)

- Wir brauchen nicht allen Eltern das Rauchen zu verbieten. - Wir haben hier und heute über die Vorbildfunktion von Eltern bzw. von uns allen ge

sprochen. Wer rauchen möchte und Kinder in seinem Haushalt hat, der sollte vor der Tür rauchen. Das ist ein öffentlicher Appell, den auch Sie unterstützen sollten. Das gilt auch für Pflegeeltern, Frau Meißner.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Kollege Böhlke hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Er hat noch etwas Redezeit.

(Norbert Böhlke [CDU]: Ich ziehe zu- rück!)

- Er winkt ab. - Mir liegt eine letzte Wortmeldung von Frau Ministerin Ross-Luttmann vor. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz geben wir dem Gesundheitsschutz oberste Priorität. Hiervon werden insbesondere die Menschen profitieren, die schon lange durch das Passivrauchen in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden. Öffentlich zugängliche Räume werden in Zukunft weitgehend rauchfrei sein. Wir werden künftig Behörden, den Landtag, Kinos, Sporthallen und Gaststätten - um nur einige Beispiele zu nennen - aufsuchen können, ohne unfreiwillig mitrauchen zu müssen. Hier gilt künftig der Grundsatz „Rauchfrei genießen“. Für Kinder und Jugendliche werden noch weiter gehende Regelungen, auch für Freiflächen und Spielplätze, gelten.

Diese umfassende Rauchfreiheit wird in vielen Bereichen - das zeichnet sich heute schon ab - in allen Bundesländern weitgehend einheitlich gelten. Dies ist insbesondere den konkreten Bemühungen der Niedersächsischen Landesregierung zu verdanken. Jahrelang gab es ergebnislose Diskussionen auf Bundesebene.

(Zustimmung bei der CDU)

Nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für Gaststätten auf die Länder ist es im Herbst 2006 unter der Federführung von Niedersachsen durch Koordinierung der Gesundheitsminister und Gesundheitsministerinnen und vor allem auch der Ministerpräsidentenkonferenz erstmals gelungen,

dass sich die Länder auf eine weitgehend einheitliche Linie verständigen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen war im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz auch eines der ersten Länder, das einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Wir waren bereit, diesen Gesetzentwurf breit und ergebnisoffen zu diskutieren. Es ist richtig: Die Landesregierung hat zunächst auf Eigenverantwortung und auf den mündigen Bürger gesetzt. Dies hat meines Erachtens immer Vorrang vor staatlichen Verboten - aber doch nicht in dem Sinne, dass alles so bleibt, wie es ist, sondern selbststverständlich in der klaren Erwartung, dass eine Änderung eintritt und wir zu rauchfreien Gaststätten kommen. In der internen Verbandsanhörung der Landesregierung hat sich aber gezeigt, dass nicht genügend Gaststättenbetreiber dieser Eigenverantwortung gerecht werden wollten. Deswegen waren wir bereit, aus dieser Diskussion entsprechende Schlüsse zu ziehen.

Meine Damen und Herren, dies ist ein demokratischer Entwicklungsprozess und eher ein Zeichen von Stärke. Wir haben den Gesetzentwurf geändert. Der Gesetzentwurf, der dem Landtag dann zugeleitet worden ist, hat von Anfang an einen umfassenden Nichtraucherschutz beinhaltet. Wir haben in dieser hochsensiblen Frage eine konsensuale Lösung angestrebt. Das Ergebnis, das nun von allen Parteien mitgetragen wird, kann sich meines Erachtens durchaus sehen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Niedersachsen ist jetzt eines der ersten Bundesländer, in denen das Rauchverbot schon in drei Wochen, nämlich ab dem 1. August dieses Jahres, gelten wird.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Niemand muss sich dann mehr durch Passivrauchen gefährlichen Schadstoffen aussetzen. Wir setzen damit konsequent den Weg fort, den wir mit dem Rauchverbot an Schulen 2005 begonnen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß sehr wohl, dass einige Gastwirte und Gastwirtinnen dem Gesetz noch kritisch gegenüberstehen, weil sie Umsatzeinbußen befürchten. Aber Erfah

rungen aus anderen Ländern zeigen etwas anderes. Ich nenne Ihnen hierfür zwei Beispiele:

In Irland sind die Umsätze in der Gastronomie seit der Einführung der Rauchfreiheit nicht gesunken, sondern gestiegen. Die Zahl der Beschäftigten hat sich zwar kurzfristig um 1 % verringert, stieg aber innerhalb eines Jahres um 3 % an.

In Kalifornien sind Restaurants schon seit 1995 und Bars seit 1998 rauchfrei. Dort stieg zwischen 1997 und 2002 der Umsatz der Gastronomiebetriebe mit Bier- und Weinausschank von insgesamt 7,2 Milliarden auf 9,6 Milliarden US-Dollar an. Zugleich erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin deshalb zuversichtlich, dass dieses Nichtraucherschutzgesetz auf ganz breite Akzeptanz stoßen wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Eines ist klar: Wir werden unser gemeinsames Ziel, nämlich die Verbesserung des Gesundheitsschutzes, erreichen; denn in der Öffentlichkeit ist unfreiwilliges Mitrauchen in Niedersachsen ab 1. August Geschichte.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Helmhold hat sich noch einmal gemeldet. Sie haben noch 33 Sekunden Zeit.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ach du liebe Güte! Gibt es keine zusätzli- che?)

- Weil heute so ein schöner Tag ist, bekommen Sie eine Minute. Aber mehr ist da nicht zu machen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Mehr brauche ich auch nicht!)