Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat uns in einer Expertise deutlich gemacht - daraus möchte ich gerne zitieren -, dass die Versagung des Einvernehmens in den Fällen des § 14 Abs. 3 des Wasserstraßengesetzes einen Planfeststellungsbeschluss selbst dann rechtswidrig werden lässt, wenn das Einvernehmen rechtswidrig versagt wird. Allerdings hat in diesem Fall der Vorhabenträger - also die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord - die Möglichkeit, das Einverständnis des

Landes einzuklagen und damit die Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nachträglich zu heilen.

Wer also unsere berechtigten Argumente gegen die Elbvertiefung vernünftig vortragen will, der sollte gerade nicht fordern, dass das Einvernehmen jetzt erteilt oder nicht erteilt wird. Er sollte auch nicht fordern, dass das Einvernehmen unter Parlamentsvorbehalt gestellt wird.

(Zustimmung bei der CDU - Hans- Dieter Haase [SPD]: Es fordert nie- mand, jetzt das Einvernehmen zu er- teilen! Wir wollen den Parlamentsvor- behalt!)

- Herr Haase, noch einmal - ich weiß, es ist schwierig; Sie sind Jurist -: Der Parlamentsvorbehalt - das müssen wir in den Beratungen prüfen könnte gut gemeint sein, er könnte aber auch die Rechtswidrigkeit des Einvernehmens zur Folge haben. Dann hätten wir uns einen Bärendienst erwiesen. Wir werden das in den Ausschussberatungen sorgfältig prüfen. Ich selbst glaube nicht, dass das sinnvoll ist. Aber wir werden das sicherlich noch zu Ende diskutieren.

In der Sache sind wir ja gar nicht so weit auseinander. Aber ich warne Sie davor, etwas zu fordern, das eigentlich gut gemeint ist, aber mit dem dann genau das Gegenteil erreicht wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Abschließend möchte ich sagen: Herr Jüttner, dass Sie diesen Antrag der SPD-Fraktion nicht unterschrieben haben, ist mir völlig klar. Denn Sie wissen nämlich, wie es bei der letzten Elbvertiefung war, die Sie zu verantworten haben. Mir liegt die Kabinettsvorlage vom Umweltministerium vom 1. Februar 1999 vor. Dort heißt es: Die Landesregierung nimmt von der Erklärung des Einvernehmens durch die Bezirksregierung Lüneburg Kenntnis. - In der Begründung zur Kabinettsvorlage heißt es dann, dass Sie das Landeskabinett damals unterrichtet haben.

(Brigitte Somfleth [SPD]: Haben Sie im Parlament einen Antrag auf Parla- mentsvorbehalt gestellt?)

Herr Jüttner, Sie waren für die letzte Elbvertiefung verantwortlich. Sie haben damals das Landeskabinett lediglich unterrichtet, weil das rechtlich so vorgesehen war. Dann können Sie aber jetzt - acht

Jahre später - nicht fordern: Jetzt muss das Parlament informiert und beteiligt werden. Das ist unglaubwürdig. Deshalb haben Sie diesen Antrag auch nicht unterschrieben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen: Ich halte den Antrag der SPD-Fraktion für gut gemeint, aber im Inhalt für recht mager. Die erste Forderung ist, eine Selbstverständlichkeit zu beschließen. Die zweite Forderung ist leider voraussichtlich rechtswidrig. Nichtsdestotrotz werden wir am Ende der Beratung feststellen, ob dieser SPD-Antrag genügend Substanz hat, um überhaupt noch beratungsfähig zu sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der nächste Redner ist Herr Johannßen von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das heutige Verhalten der CDU-Kollegen ist ja bezeichnend. Herr Behr hat heute bei der Beratung der strittigen Eingaben gesagt, es ist ermüdend, sich ständig mit diesem Thema beschäftigen zu müssen. Ihn ermüdet das also, ihn interessiert das scheinbar nicht mehr - er kandidiert ja auch nicht wieder. Aber Herr McAllister ist angefasst, habe ich den Eindruck. Das hat offensichtlich etwas mit dem nahenden Wahltermin zu tun.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr McAllister, Ihre Äußerungen und Ihr Agieren vor Ort sprechen doch Bände. Sie waren zunächst Mitglied in der Aktionsgemeinschaft Unterelbe, und zwar waren Sie Beisitzer im Vorstand.

(David McAllister [CDU]: Kraft Amtes! Als Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag!)

- Entsandt von der CDU-Kreistagsfraktion - wie ich vom Vorstand des SPD-Unterbezirks Cuxhaven. Sie waren dort nicht kraft Amtes Mitglied, sonst müsste das ja in der Geschäftsordnung der Fraktion stehen. Davon ist mir aber nichts bekannt. Sie sind vor anderthalb Jahren ausgeschieden, weil Sie gemerkt haben, dass das zu heiß werden

könnte - jetzt, da Sie die Mehrheit in diesem Landtag stellen.

(Joachim Albrecht [CDU]: Die stellen wir schon seit viereinhalb Jahren!)

Wie haben Sie sich denn vor Ort geäußert, Herr McAllister? In der Kreistagssitzung im Januar, als wir uns mit der Thematik Elbvertiefung befasst haben und das Regionale Bündnis gegen die Elbvertiefung auf den Plan gekommen ist, als sich die Menschen mehr an der Diskussion beteiligt haben, haben Sie gesagt, Sie hätten durchaus Sympathie für das Anliegen der Bevölkerung.

(Zuruf von der CDU: Dem hat er nicht widersprochen!)

Da haben Sie die anstehende Elbvertiefung aber nicht abgelehnt.

Noch brisanter wurde es für Sie, als die großen Protestveranstaltungen vor Ort stattgefunden haben. Auch Herr Sander hat ja an einer solchen Veranstaltung teilgenommen. Dort haben Sie gesagt, dass Sie persönlich gegen die Elbvertiefung sind. Aber, Herr McAllister, Ihre persönliche Meinung ist nicht entscheidend. Die Stellungnahme dieser Landesregierung ist entscheidend. Und wir wollen mitentscheiden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass Sie kalte Füße bekommen, zeigt sich ja auch durch den Besuch des Ministerpräsidenten am Glameyer Stack. Er ist zuerst seinem Vorgänger, Gerhard Schröder - und auch den anderen Ministerpräsidenten -, gefolgt, der schon 1985 da war. Dann ist er seinem Nachfolger gefolgt, nämlich Wolfgang Jüttner - er war also auf den Spuren von Wolfgang Jüttner.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist nur noch peinlich!)

Wolfgang Jüttner hat sich vor Ort schon mehrfach ein Bild über die Situation der Elbe, der Deichsicherheit und zur Problematik Elbvertiefung gemacht. Herr Wulff war ja vorher nur einmal zum Germanenkampf da, also eher zu den schönen Veranstaltungen. Aber aufgrund der aktuellen Situation fühlte er sich bemüßigt, spontan erneut einen Besuch zu absolvieren.

Herr McAllister, die Menschen an der Niederelbe sind sensibilisiert, sie sind emotionalisiert, sie haben Angst. Sie haben richtig Angst, was passiert, wenn die Elbe wieder vertieft wird. Sie haben Angst um ihr Hab und Gut, um ihr Leben, um ihre persönliche Situation. Das müssen Sie ernst nehmen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Sie aber auch!)

Die Menschen misstrauen der Politik. Die Kommunalpolitik hat das alles öffentlich diskutiert. Sie hat die Beschlüsse zu den Stellungnahmen zur Elbvertiefung nicht in den VAs oder in den Kreisausschüssen gefasst.

(Vizepräsident Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Nein, das ist nach Diskussionen explizit von den Kreistagen und auch von den Gemeinderäten beschlossen worden. Aber hier wollen Sie sich verstecken, hierzu soll das Parlament kein Bekenntnis abgeben. Das nehmen Ihnen die Menschen nicht ab, Herr McAllister.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben auf die Äußerungen von Herrn Sander vor Ort verwiesen. Aber nach den Erfahrungen mit Herrn Sander, die wir im letzten und in diesem Plenum gemacht haben, muss ich sagen: Die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen ist nicht die größte. Das haben wir auch heute Morgen wieder feststellen müssen. Herr McAllister, wir wollen ein klares Votum des Parlaments.

Wissen Sie, Herr McAllister, es ist ja interessant, was manchmal in der Zeitung steht. In der Niederelbe-Zeitung von vorgestern stand über den Besuch des Ministerpräsidenten Christian Wulff am Glameyer Stack: Der Regierungschef blickt sorgenvoll auf die Schäden am Watt vor Otterndorf und bei Glameyer Stack. - Das ist ja schon etwas, dass er sorgenvoll blickt. Aber eine klare Aussage gibt es nicht. Er sagt ja nur, derzeit würde er das Einvernehmen nicht herstellen. Aber es geht nicht um die derzeitige Situation, sondern um die endgültige Situation.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Es geht um die Situation, wenn der Planfest- stellungsbeschluss da ist!)

Wir haben den Eindruck, er will sich über den Wahltermin retten.

Sie haben sich heute ja auch wieder so geäußert: Es wird weit bis ins Jahr 2008 dauern, bis der Beschluss vorliegt. - Ich kann mir vorstellen, dass Sie das hoffen, damit Sie sich den kritischen Fragen nicht stellen müssen, wenn Sie möglicherweise ein Einvernehmen erklären.

In dieser Zeitung steht auch, dass kritisiert wird, dass es im laufenden Planfeststellungsverfahren von Hamburger Seite zu wenig Offenheit gibt. Das nahm Wulff mit Kopfschütteln zur Kenntnis. - Wir fordern Offenheit vom Ministerpräsidenten, von der Regierung und von der Landtagsmehrheit. Es ist klar: Dieses Plenum muss über die Stellungnahme zur geplanten Elbvertiefung entscheiden. Und diese Entscheidung kann nur eine Ablehnung sein. Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die CDU-Fraktion hat noch eine Restredezeit von 36 Sekunden. Herr McAllister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Johannßen, ich finde es bedauerlich, dass Sie bei diesem Thema immer wieder versuchen, parteipolitischen Streit herbeizuführen, insbesondere weil Sie wissen, dass wir vor Ort uns alle einig sind. Ich kann mir das wirklich nur noch mit Ihrer aussichtslosen Situation im Wahlkreis erklären.

(Zuruf von der SPD: Lächerlich!)

Ich will hier eines deutlich sagen: Landesregierung und Landtag haben sich zu diesem Thema eindrucksvoll und unmissverständlich geäußert. Sie haben Bedingungen formuliert. Wir sind jetzt mitten im Planfeststellungsverfahren. Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren. Auf das Ende des Planfeststellungsverfahrens haben Sie keinen Einfluss und habe ich keinen Einfluss. Das macht die Wasserund Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel. Dann haben wir drei Monate Zeit, uns hier in Niedersachsen über die Einvernehmenserteilung Gedanken zu machen. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung den Landtag umfassend informieren wird. Ob wir das unter Parlamentsvorbehalt stellen oder nicht, muss geprüft werden. Aber bitte hören Sie auf, auf dem Rücken der Menschen, die wirklich in

Sorge sind, billigen Wahlkampf zu machen! Das ist das Letzte!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Von der SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Jüttner zu Wort gemeldet.

(Zuruf von der CDU: Hat er noch Re- dezeit?)