Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

(Zustimmung bei der CDU - Christa Elsner-Solar [SPD]: Die sind belast- bar!)

Frau Elsner-Solar, Sie haben auch von Kliniken gesprochen. Ich will Ihnen dazu nur ein einziges Beispiel nennen - ich hätte natürlich auch wie Sie seitenlang Zahlen vortragen können -: In Fachkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie gab es zum 31. Dezember 2003 537 vollstationäre Betten. Die teilstationären Betten will ich jetzt gar nicht nennen.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Sie soll- ten mal in Ihren eigenen Bericht gu- cken! 2003 ist vier Jahre her!)

Im Krankenhausplan sind zum 1. Januar 2007 - ganz aktuell - 606 Planbetten ausgewiesen. Von Stagnation, wie Sie im Antrag geschrieben haben, kann also keine Rede sein.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Sicherlich gibt es auch viele Hilfesuchende, die gar nicht wissen, dass entsprechende Einrichtungen existieren, oft auch in ihrer unmittelbaren Nähe. Ich denke z. B. an diakonische Beratungsdienste, Caritas, Deutscher Kinderschutzbund, die die Lobby der Kinder und Jugendlichen in Städten und Landkreisen flächendeckend vertreten.

Fakt ist - darin sind wir uns sicherlich alle einig -: Wir müssen alles tun, um den kranken Seelen unserer Kinder zu helfen. Wir werden im Ausschuss genügend Zeit haben, um darüber zu diskutieren. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun die Abgeordnete Meißner das Wort.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Frau Janssen-Kucz, ich rufe die Redner in der Reihenfolge auf, in der sie die Zettel mit den Wortmeldungen eingereicht haben.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Frau Meißner spricht immer lieber nach mir! - Gegenruf Gesine Meißner [FDP]: Das macht nichts! Das geht auch so!)

- Wenn Sie mir das vorher aufgeschrieben hätten, dann hätte ich das so gemacht.

Frau Meißner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Elsner-Solar, das war mal wieder ein netter Versuch, die Landesregierung zu diffamieren. Aber man kann sagen: über weite Strecken Fehlanzeige. Das ist mein Fazit.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Ich habe Ihre eigenen Zahlen genannt!)

Bei der kinder- und jugendpsychiatrischen und kinder- und jugendpsychotherapeutischen Versorgung bestand in Niedersachsen längere Zeit ein Problem. Dieses Problem haben wir 2003 geerbt. Ich weiß, dass es noch immer nicht gelungen ist, dieses Problem abschließend zu lösen. Aber wir haben uns entscheidend verbessert.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Christa Elsner-Solar [SPD])

- Ich sage ja nicht, dass alles gut ist, aber vieles ist besser.

Die Zahlen in Ihrem Antrag sind aus einem Positionspapier der Bundespsychotherapeutenkammer vom 9. Januar 2006 übernommen. Diese Zahlen haben sich seitdem aber zum Teil verändert, zum Teil auch zum Besseren.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Ich habe auch niedersächsische Zahlen zitiert!)

Weiter haben Sie auf Zahlen zur Versorgung verwiesen - Frau Prüssner hat schon darauf hingewiesen -, die gar nicht mehr stimmen. Wenn Sie den 22. Psychiatriebericht ansehen, dann werden Sie feststellen, dass sich die Zahlen 2006 entscheidend verbessert haben. Frau Prüssner hat z. B. schon auf die Verbesserung bei den vollstationären Betten hingewiesen. Bei den teilstationären Betten gab es eine Steigerung um fast 50 %. Außerdem hat sich die Versorgung durch niedergelassene Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten verbessert. Die Zahlen sind von 257 in 2003 auf zurzeit 304 angestiegen. Man muss dazu sagen, dass die Versorgung nicht immer flächendeckend sichergestellt ist. Das ist richtig. Zum Teil liegt das aber daran, dass bei der KVN alle Berufsgruppen in einen Topf geworfen werden und die Versorgung zum Teil nicht zielgenau stattfindet.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Wer hat die Fachaufsicht?)

Es gibt zum Teil aber auch ein Überangebot an Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten, das nicht nachgefragt wird. In diesem Bereich kann man sicherlich noch etwas verbessern. Aber in den letzten Jahren haben wir entscheidend etwas verändert. Wenn Sie sich die Zahlen ansehen

- Stichwort „Psychiatriebericht“ -, dann werden Sie das merken.

Ferner kann man dem Psychiatriebericht entnehmen - Sie haben das schon angesprochen -, dass inzwischen eine sozialpsychiatrische Vereinbarung möglich ist, die zwischen den Kassen in Niedersachsen und den Praxen abgeschlossen werden kann. Die meisten Praxen haben schon eine solche Vereinbarung für eine bessere Versorgung der Kinder abgeschlossen.

Bei der Versorgung mit Tageskliniken können wir noch besser werden, ebenso bei der Unterrichtsversorgung in den stationären Einrichtungen. Wir haben uns aber auch in diesem Bereich gerade gegenüber 2003 entscheidend verbessert. Von daher gibt es keine Fehlanzeige für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Wir haben ein großes Arbeitsfeld übernommen und schon eine ganze Menge geschafft. In der Beratung im Ausschuss kann ich Ihnen gerne noch mehr darüber berichten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Janssen-Kucz, jetzt sind Sie an der Reihe!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jedes Kind, jeder Jugendliche in Niedersachsen muss die Möglichkeit haben, im Falle einer psychischen Erkrankung schnell und ortsnah alle notwendigen medizinischen Leistungen zu erhalten. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Leider ist es trotz aller Anstrengungen keine Selbstverständlichkeit. Seit Beginn der 1990erJahre haben wir einen dramatischen Anstieg im Bereich der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen - eine Entwicklung, auf die in den mehr als 15 Jahren nicht annähernd ausreichend reagiert wurde bzw. werden konnte. Letztendlich ist es egal, wer in dieser Zeit an der Regierung war. Im Moment ist noch vieles Flickschusterei. In diesem Bereich kann sich niemand irgendetwas auf die Fahnen schreiben. Hier haben wir ein großes, schwieriges Arbeitsfeld, das es zu beackern und zu bearbeiten gilt.

Meine Damen und Herren, seit Jahren ist die Problematik bekannt, dass die ambulante psychiatrische Versorgung mit Fachärzten völlig unzurei

chend ist. Das gilt insbesondere für den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zu dieser Problematik gehört auch, dass der Anreiz für eine niedergelassene Tätigkeit als psychiatrischer Facharzt ungenügend ist. Daran werden aller Voraussicht nach weder die veränderte Aufteilung der im psychiatrischen Bereich tätigen Fachgruppen noch die jüngsten Änderungen der KVN bei der Honorarverteilung etwas ändern.

Die Folgen der unzureichenden Versorgung im ambulanten Bereich sind Wartezeiten von vier bis acht Wochen. Das ist für Kinder ebenso wie für Erwachsene unzumutbar. Durch die langen Wartezeiten kommt es zu vermehrten Einweisungen in Kliniken. Dort fehlen dann wieder Betten für andere Patienten. Letztendlich ist es ein Teufelskreis, der die betroffenen Kinder und Familien und auch die Gesellschaft teuer zu stehen kommt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn eine längst überfällige Behandlung nicht durchgeführt wird, verfestigen sich bei den Kindern und Jugendlichen die Krankheitsbilder. Ich glaube, uns allen ist bekannt, dass eine ambulante Behandlung erheblich günstiger ist als eine stationäre. Erschreckend ist, dass in vielen Fällen eine stationäre kinder- und jugendtherapeutische Behandlung nicht angezeigt ist, sondern dass nur eine rechtzeitige ambulante Behandlung einen langen Krankheitsprozess vermeidet.

Der weitere Ausbau der stationären Kapazitäten, wie er in dem Antrag der SPD-Fraktion gefordert wird, sollte unseres Erachtens mit Bedacht erfolgen. Angebotserweiterungen im stationären Bereich induzieren Nachfrage, die nicht immer befriedigt werden sollte, da stationäre Behandlung nicht immer der richtige Weg ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es besteht leider in einigen Fällen die Tendenz, schwierige Jugendliche aus Heimen in die Psychiatrie einzuweisen, weil die Mitarbeiter in der Jugendhilfe überfordert bzw. ratlos sind. Der Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung hat seit Längerem eine stärkere Kooperation und Verzahnung der Handlungsebene Jugendhilfe mit der Handlungsebene Psychiatrie angemahnt. Beide Versorgungsbereiche wirken bisher völlig unabhängig voneinander. Inwieweit dieser Empfehlung nachgekommen wurde und was in der Praxis geschehen ist, darüber sollten wir uns im Ausschuss unterrichten lassen.

Meines Erachtens ist die Situation nach wie vor unbefriedigend.

Meine Damen und Herren, der Antrag der SPDFraktion sollte im Ausschuss gründlich - unter Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Kammern und psychiatrischen Kliniken für Kinder und Jugendliche - beraten werden, um auf diesem schwierigen Arbeitsfeld gemeinsam im Interesse der Kinder und Jugendlichen etwas zu bewegen. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Die SPD-Fraktion hat noch eine Restredezeit von 1:49 Minuten. Der Abgeordnete Albers möchte sie in Anspruch nehmen. - Sie haben das Wort.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Sag ih- nen, dass ich die niedersächsischen Zahlen benutzt habe!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die niedersächsischen Zahlen benutzt, also keine Zahlen, die wir selber erfunden hätten.

Große Teile der ländlichen Regionen in Niedersachsen sind aus Sicht der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung wahre Notstandsgebiete. In der Theorie scheinen die Zahlen sehr gut zu sein, aber leider eben nur in der Theorie. Die Praxis sieht allzu häufig wie folgt aus: Bei akutem Bedarf liegt die nächste sinnvolle therapeutische Versorgungsmöglichkeit in manchen Teilen Niedersachsens über 40 km vom Wohnort entfernt. Nicht selten gibt es Wartezeiten von über einem halben Jahr. Für eine so fortschrittliche Gesellschaft ist das ein Skandal.

(Zustimmung bei der SPD)

Häufig werden aufgrund der unzureichenden psychiatrischen Versorgung in der Not der betroffenen Kinder und Eltern zunächst Beratungsstellen um Hilfe gebeten. Unsere Beratungsstellen sind jedoch nicht auf Behandlung ausgelegt und daher in den meisten Fällen mit dem Hilferuf völlig überfordert. Dies führt in einigen Regionen Niedersachsens auch bei Beratungsstellen zu Wartezeiten von über einem halben Jahr.

Sehr geehrte Frau Meißner, es bringt nichts, den Zustand nur zu bedauern oder sogar in einigen Teilen schönzureden. Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen endlich eine anständige Versorgung, die zeitnah zur Verfügung steht, damit nicht erst dann behandelt werden kann, wenn sich die Störungen bereits verfestigt haben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Das war aber toll!)

Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Ross-Luttmann das Wort.