Protokoll der Sitzung vom 13.09.2007

Die Ergebnisse zu allen Untersuchungspunkten belegen dies übrigens eindrucksvoll. Die Opposition muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass die umfangreichen Beweiserhebungen, Herr Wenzel, keinerlei Anhaltspunkte für Fehlverhalten oder Organisationsverschulden der Landesregierung und der zuständigen Landesbehörde ergeben haben.

Die bundesgesetzlichen Vorgaben sehen darüber hinaus keine Zuständigkeit des Landes für die Betriebsaufsicht vor, sondern definieren die Aufgabe der Landesbehörde lediglich für die Genehmigung der Betriebsvorschriften. Das Land hat nach Auffassung der Staatsanwaltschaft und der Gutachter - ich betone - mehr gemacht, als es hätte tun müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Änderungen im rechtlichen Bereich durch die Novellierung des Versuchsanlagengesetzes geboten sein sollten, wäre dies Sache des Bundes und nicht des Landes.

Vor dem Hintergrund der immer wieder geäußerten Behauptung, dass es auch ein integriertes Sicherheitssystem für die Einbindung der radgetriebenen Instandsetzungsfahrzeuge gebe und dass dies auch schon damals Bestandteil der Betriebsvorschrift und der Genehmigung hätte sein müssen, steht nach umfangreichen Zeugenbefragungen und gutachterlichen Festlegungen eindeutig fest: Es gab zum Unfallzeitpunkt kein einsetzbares in

tegriertes Sicherheitssystem für die Einbindung der Sonderfahrzeuge, sondern nur - ich betone - ein ungeprüftes und ungenehmigtes Sicherheitskonzept, wobei die Frage der Entwicklungsdauer und der Verfügbarkeit von allen Fachleuten nicht eindeutig und verlässlich abgeschätzt werden konnte.

Zu Recht verwiesen die Fachleute auch immer wieder darauf, dass die technischen Anforderungen an eine konkrete Anwendungsstrecke wie in München und an die Versuchsanlage in Lathen völlig unterschiedlich und somit auch nicht einfach übertragbar seien. Diese Feststellung gilt auch für die Frage, ob es in der Beweiserhebung Belege dafür und Hinweise darauf gegeben hat, dass andere wichtige Sicherheitsbetrachtungen bei der Erarbeitung der Betriebsgenehmigung unbeachtet geblieben seien. Im Zusammenhang mit der Personenmitnahme wurde im Ausschuss auch sehr ausführlich die Frage erörtert und im Anschluss daran durch den GBD auch gutachterlich geprüft, ob das Versuchsanlagengesetz für die Personenmitnahme der angemessene und richtige Rechtsrahmen war. Danach steht fest, dass das Versuchsanlagengesetz als allein anwendbarer Rechtsrahmen anzusehen ist und es danach auch kein von Ihnen konstruiertes fachaufsichtliches Verhältnis zwischen Landesbehörde und TVE gibt.

Das vorhandene technische Sicherheitssystem und die Betriebsleittechnik, die oft erwähnte BLT 4, wurden immer wieder sehr ausführlich diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die so genannte Fahrwegsperre. Das hat eben auch schon der Ausschussvorsitzende eindeutig vorgetragen. Unserer Auffassung nach war diese Fahrwegsperre zu setzen. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln. Hierüber gibt es zwischen Betreiber, Genehmigungsbehörde und auch Gutachtern nach wie vor unterschiedliche Auffassungen. Diese stehen meiner Meinung nach aber nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage nach der politischen Verantwortung.

Der politische Vorwurf, es liege ein Organisationsverschulden für Mängel in der Rahmensetzung für Sicherheit, Betriebsüberwachung und Betriebspraxis vor, hat sich ebenfalls in keinem Fall erhärten lassen. Im Übrigen gibt es auch in keinster Weise Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit der beteiligten Personen im Ministerium, bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr sowie bei der TÜV-Arge.

Als Fazit der Arbeit des PUA steht fest, dass es keine Hinweise auf ein Organisationsverschulden oder auf Versäumnisse bei der Landesregierung oder nachgelagerter Behörden gibt, die die von Ihnen immer wieder penetrant erhobenen Vorwürfe in irgendeiner Weise rechtfertigen. Eine politische Verantwortung für den Unfall und seinen tragischen Ausgang kann damit ausgeschlossen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, unerklärliches menschliches Fehlverhalten und - ich betone es - Verstöße gegen die Betriebsvorschrift haben zu dem Unfall geführt. Die Klärung der strafrechtlichen Relevanz ist und war aber nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses.

Lassen Sie mich jetzt etwas mehr zu der politischen Wertung der Einsetzung des Untersuchungsausschusses, der laufenden Arbeit in dem Gremium und auch zur Schlussfolgerung kommen. Die Einsetzung des PUA war anfangs strittig. Aber im Nachhinein - auch das will ich gern betonen glaube ich doch, dass es gelungen ist, die entscheidenden Vorwürfe der Opposition im Hinblick auf die Frage nach der politischen Verantwortung grundsätzlich und eindeutig zu klären, allerdings nicht so, wie es sich die Opposition vorgestellt hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind kein politischer Ringelreihen mit Anfassen; das wissen wir alle. Sie sind politische Instrumente, um nicht zu sagen: politische Kampfinstrumente. Der Transrapid-Untersuchungsausschuss machte keine Ausnahme. Die Konzentration auf die Frage der politischen Verantwortung ging immer wieder verloren. Der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorgänge in Lathen hat von Anfang an darunter gelitten, dass sich die Vertreter der Oppositionsfraktionen in der Rolle der Staatsanwaltschaft gesehen und sich in ihr auch noch gefallen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Priorität der Arbeit der Opposition hatte immer das politische Kalkül und nicht der Wunsch nach der sachlich-fachlich fundierten Aufklärung. Offenkundiges und vorrangiges Ziel war es, die Regierung und einzelne Personen mit fragwürdigsten Methoden und Inhalten anzugreifen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In diesem Zusammenhang erinnere ich an den 5. Februar 2007. An diesem Tag haben Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach der Anhörung von Minister Hirche seinen Rücktritt gefordert. Nach nur neun Sitzungen! Am 23. Februar 2007, also erheblich später, ist in einer Pressemitteilung der Grünen zu lesen - ich zitiere, was Herr Hagenah schrieb -:

„Noch immer sind nicht alle Zeugen gehört, und es liegen nicht alle Akten vor. Unter anderem stehen von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Gutachten und das Rechtsgutachten des GBD noch aus.“

Herr Hagenah, am 5. Februar den Rücktritt des Ministers zu fordern und am 23. Februar zu monieren, dass noch nicht alle Unterlagen vorliegen, ist politische Scheinheiligkeit in Hochpotenz.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das war eine politische Meisterleistung, Herr Hagenah, die auch dem Letzten klargemacht hat, dass es gar nicht um Aufklärung, sondern um politischen Angriff ging.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn überhaupt, zieht man zum Abschluss der Arbeit eines Untersuchungsausschusses politische Schlussfolgerungen, sofern man seriös vorgehen will. Aber diese Absicht hat nach meiner Einschätzung bei der Opposition nur ganz begrenzt bestanden. Die Opposition hat die Trauer und das Leid der Menschen im Emsland instrumentalisiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Werner Buß [SPD]: Pfui, pfui! - Wolf- gang Jüttner [SPD]: Das ist zu viel des Guten! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Herr Dinkla, einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, bisher haben wir die Besprechung ordnungsgemäß - -

(Anhaltende Zurufe von der SPD - Gegenruf von Bernd Althusmann [CDU]: Was hat denn Herr Will er- klärt? - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

- Herr Althusmann, Frau Körtner, jetzt habe ich das Wort. - Bis jetzt haben wir das Thema so behandelt, wie es sich gehört. Es gehört sich auch gegenüber den Hinterbliebenen, dass wir die Besprechung anständig über die Bühne bringen. Jeder sagt das aus seiner Sichtweise Notwendige, und jede Fraktion gibt ihre politische Bewertung ab. Dieses Recht steht jedem im Parlament zu. Da jede Fraktion, von der ein Vertreter bereits geredet hat, noch Redezeit hat, sind Erwiderungen möglich. Lassen Sie uns also diesen Tagesordnungspunkt ordnungsgemäß über die Bühne bringen. Herr Dinkla, Sie haben das Wort.

Herr Will hat in unerträglicher Weise dem Minister Walter Hirche und auch dem Landrat Hermann Bröring eine Mitschuld am Tod der 23 Menschen attestiert und sie als verantwortungslos hingestellt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Unglaub- lich!)

Er wollte bewusst Zweifel und Misstrauen bei den trauernden und betroffenen Menschen in der Region bewirken, um gezielt den Eindruck zu erwecken, es wäre für die Politik ein Leichtes gewesen, diesen Unfall zu verhindern. Man kann sich streiten, man kann sich auch politisch beharken; aber was hier in den letzten Monaten gelaufen ist, war nicht nur politisch verwerflich und inhaltlich unbegründet, sondern es war nach meiner Meinung auch menschlich unanständig.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dieser Unfall hätte auch passieren können, als ein Minister Dr. Fischer oder eine Ministerin Dr. Knorre für das Ressort zuständig war. Er hätte auch zu Zeiten der EXPO passieren können, also zu einem Zeitpunkt, als für die Mitfahrgelegenheit auf der Strecke in Lathen sogar politisch von der damaligen Landesregierung geworben wurde. Hätten Sie, Herr Will, damals auch Angriffe dieser Qualität in den Raum gestellt? Sicherlich nicht.

Dies zeigt die ganze Zielsetzung Ihrer Strategie. Sie gingen nach dem Motto vor: Es wird schon etwas hängen bleiben. - Mit ihrem politischen Stil

hat die SPD-Fraktion den Rubikon des politischen Anstands überschritten.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr rich- tig!)

Ich halte es deshalb für angebracht, dass Sie sich heute vonseiten der Opposition für die Vielzahl dieser Anschuldigungen bei Minister Walter Hirche entschuldigen.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Ei- ne schöne SPD ist das!)

Herr Hagenah, stimmt es Sie nicht nachdenklich, dass in der letzten Woche in Kommentaren mehrerer namhafter Zeitungen des Landes unmissverständlich nachzulesen war, dass die Angriffe und die Rücktrittsforderung gegen Minister Hirche ungerechtfertigt waren? - Der Chefredakteur der Ostfriesen-Zeitung hat am Samstag in einem Kommentar treffend formuliert, dass „der Versuch, den FDP-Mann zum Mitschuldigen des TransrapidUnfalls zu machen, schnell als peinliches Polittamtam entlarvt“ war. Wo er recht hat, hat er recht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn noch ein Rest an politischem Gespür bei Ihnen verblieben ist, sollten Sie diesen Antrag auf Entlassung schnellstens zurückziehen.

Die Zusammenarbeit zwischen der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hätte vielleicht eine Allianz für Aufklärung sein können. Es wurde schnell ein politischer Angriffspakt der Erfolglosigkeit und der Erkenntnisverweigerung. Sie haben viele Erkenntnisse aus den Zeugenbefragungen und Gutachten ignoriert und bereits in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses so interpretiert, dass Zeugen gezwungen waren, schon während ihrer Befragung zu intervenieren. Dies haben wir in der Ausschussarbeit erlebt, und das macht deutlich, wie Ihre Strategie war.

Ich halte fest: Ihre politische Strategie in Sachen Transrapid ist durchgängig gescheitert. Sie haben immer große Hoffnungen in die rechtlichen und fachlichen Gutachten gesetzt. Als die Rechtsgutachten des GBD und die von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Gutachten des Eisenbahn-Bundesamtes und von Professor Wiegand Ihre Behauptungen und Anschuldigen in keinster Weise bestätigt hatten, wollten Sie auch dies nicht

wahrhaben. Es mag zwar hochgradig enttäuschend für Sie gewesen sein und hat Ihnen auch offenkundig nicht gepasst, dass Sie daraus keine Versäumnisse der Landesregierung ableiten konnten; aber die Art und Weise, wie Sie Fakten und klare Aussagen nicht zur Kenntnis genommen haben, ist für uns alle in den Fraktionen von CDU und FDP inakzeptabel gewesen. Dies betone ich heute erneut.

Als ich Ihre Reden, Herr Will und Herr Hagenah, eben gehört hatte, erkannte ich bei Ihnen beiden ein Alleinstellungsmerkmal: Sie sind die besseren Juristen, Sie sind die besseren Technikexperten, Sie kennen alles von der Transrapid-Technologie. Ich frage mich, wieso Sie eigentlich noch Abgeordnete sind, wenn Sie doch überall als Fachleute gefragt sein müssten. Ich bitte Sie nachdrücklich darum, dass Sie die Arbeit der Gutachter - das sind die Fachleute und nicht Sie -, die hier ihre Stellungnahme abgegeben haben, nicht weiter in dieser Art und Weise desavouieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, auf ausdrücklichen Wunsch der Opposition sollte der Gesetzgebungsund Beratungsdienst und kein anderer den Entwurf für den Abschlussbericht fertigen. Als er dann vorlag, waren Sie auch damit nicht zufrieden. Aber ich sage Ihnen in aller Eindeutigkeit: Den fachlich exzellenten Mitarbeitern des GDB, die den Entwurf nach richterlichen Maßstäben erarbeitet haben, mangelnde Objektivität und eine zu große Regierungsnähe vorzuwerfen, das ist der Gipfel der Unverschämtheit!

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der GBD hat eine ausgezeichnete Arbeit erstellt. Ich möchte mich an dieser Stelle - wie es die anderen auch gemacht haben - bei ihm, bei der Landtagsverwaltung und beim Stenografischen Dienst für den hervorragenden Einsatz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)