Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 23: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Wunstorf - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/4067 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/4121

Die Beschlussempfehlung lautet auf Zustimmung.

Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor.

(Unruhe)

Ich schließe deswegen die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung: Leben retten durch einen verbesserten Brandschutz: Endlich den Einbau von Rauchmeldern in privaten Wohnungen zur Pflicht machen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/4033 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/4122

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

(Unruhe)

- Vielleicht beruhigen Sie sich erst einmal. Ich kann auch nichts dafür, wenn Sie sich nicht rechtzeitig zu Wort melden.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Groskurt von der SPD-Fraktion. Ich erteile ihr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPD-Fraktion fordert mit ihrem Antrag, die Niedersächsische Bauordnung zu ergänzen. In die Ergänzung soll der verpflichtende Einbau von Rauchmeldern in privaten Wohnungen aufgenommen werden. Die Verpflichtung soll zum 31. Dezember 2010 wirksam werden.

Dieser Antrag wäre nicht nötig gewesen, wenn die Regierungsfraktionen bei der Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung den Argumenten der SPD-Fraktion gefolgt wären. Dass die Regierungsfraktionen nicht gerne zugeben, dass die Opposition recht hat, kann ich verstehen. Dass sie aber den Fachleuten, die in der Anhörung mit ihrem Sachverstand den verpflichtenden Einbau von Rauchmeldern gefordert haben, nicht folgen, ist nicht zu verstehen. Bei der Anhörung im Ausschuss wurde vom Vertreter des Landesfeuerwehrverbandes eindringlich darauf hingewiesen, dass bei der Frühwarnung Rauchmelder eine ganz besondere Rolle spielen. Der Landesfeuerwehrverband hat eine Resolution verabschiedet, um eine gesetzliche Vorschrift für die Installation von Rauchmeldern zu erwirken - null Reaktion der Regierungsfraktionen!

Die Feuerwehr ist bei ihrem Einsatz oft Zeuge von Tragödien, die hätten verhindert werden können. Rauch kann niemand hören. Deshalb ist es lebensnotwendig, rechtzeitig durch einen Rauchmelder geweckt zu werden. Feuer entsteht meistens nachts. In Wohnhäusern - in Städten oft in Mehrfamilienhäusern - entstehen Brände zu 80 % im Keller, in dem unterschiedlichstes Material gelagert wird, z. B. Autoreifen. Wenn sie brennen, dann entwickelt sich sehr dicker, schwarzer, giftiger Qualm: Drei Atemzüge führen zur Bewusstlosigkeit, zehn Atemzüge zum Tod.

(Norbert Böhlke [CDU]: Wir haben den Nichtraucherschutz!)

- Ich finde, wenn man über den Tod spricht, sind solche albernen Zwischenrufe unpassend.

(Zustimmung bei der SPD)

Eine Aussage des Landesfeuerwehrverbandes hat mich tief betroffen gemacht. Es wurde ausgeführt, dass es im Testgebiet in Ostfriesland durch die Anbringung von Rauchmeldern zu 50 % weniger Brandtoten gekommen ist. Die Worte des Vertreters des Feuerwehrverbandes dazu waren noch eindeutiger. Er sagte: Mir ist jeder Brandtote weniger wichtiger als alles andere auf der Welt, auch wenn die Anzahl der Brandtoten nicht um volle 50 % sinkt.

Dass Feuerwehrmänner und -frauen ab und zu einen warmen, lobenden Händedruck für ihren aufopfernden Einsatz bekommen, ist bei Weitem nicht genug. Wir könnten ihnen ihr Leben und ihre Arbeit leichter machen, indem eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Rauchmelden aufgenommen wird. Denn Rauchmelder könnten verhindern, dass sie Tote aus den Häusern holen müssen. Diese Zumutung könnten wir ihnen ersparen. Versuchen Sie doch einmal, sich in die Feuerwehrleute hineinzuversetzen! Mir hat in dieser Woche ein gestandener und nicht gerade zimperlicher Feuerwehrmann davon erzählt, wie er vor zwei Jahren eine 38-jährige Frau, Mutter von zwei Kindern, bei uns in Osnabrück nur noch tot bergen konnte. Ein solches Erlebnis werden diese Menschen nie los.

Der Einbau von Rauchmeldern muss also verpflichtend werden. Daran führt kein Weg vorbei.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nicht nur Handys, sondern auch Rauchmelder wurden in den letzten Jahren technisch immer weiterentwickelt. Zum Beispiel braucht man sie nicht einmal anzuschrauben, und die Batterien halten zehn Jahre. Inzwischen gibt es auch funkgesteuerte Rauchmelder. Ich schlage vor, dass wir uns von einer Fachkraft der Feuerwehr Rauchmelder und deren Wirkung vorführen lassen. Ich bin sicher, dass das überzeugend sein wird.

Ich bitte Sie, nicht - wie bei den Beratungen zur Niedersächsischen Bauordnung - wieder und wieder Ihre blassen Argumente vorzutragen. Kommen Sie mir bitte nicht wieder mit der Frage: Wer soll die Rauchmelder kontrollieren? - Damit wollen Sie wieder einmal den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Dabei ist Stolpern vorprogrammiert. Wenn Rauchmelder verpflichtend in den Wohnungen angebracht werden müssen und sie zehn Jahre lang zuverlässig funktionieren, dann ist es ein

Leichtes, dass Schornsteinfeger - wie es von der Schornsteinfegerinnung angeboten wurde - die Rauchmelder punktuell in gewissen Abständen überprüfen. Auch Prämienvergünstigungen der Feuer- und Hausratversicherungen könnten Anreize schaffen, Rauchmelder funktionsfähig zu halten.

Die SPD-Fraktion ist sich der Verantwortung bewusst, und auch die Regierungsfraktionen müssen sich der Verantwortung bewusst werden: Rauchmelder müssen in Wohnungen eingerichtet werden. Die statistischen Zahlen, die aufgrund einer Kleinen Anfrage des SPD-Kollegen Harden vorgelegt wurden, waren mehr als eindeutig: Im Jahr 2002 - neuere Zahlen lagen nicht vor - sind 52 Menschen, davon 4 Kinder unter 10 Jahren, ums Leben gekommen. Zwei Feuerwehrleute kamen durch einen Herzinfarkt nach dem Einsatz ums Leben. Der Landesfeuerwehrverband hat überzeugend dargelegt, dass 50 % davon hätten gerettet werden können.

In der Antwort der Landesregierung von 2004 wird ehrlicherweise ausgeführt, dass einige Länder in Deutschland die Pflicht zum Einbau von Rauchmeldern gesetzlich festgeschrieben haben. Inzwischen sind es fünf Länder: Hessen, SchleswigHolstein, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. Sie haben damals angeboten, das zu prüfen. Inzwischen sind drei Jahre vergangen. Langsam könnten Sie zu dem Ergebnis kommen, dass auch in Niedersachsen diese Verpflichtung festgeschrieben werden sollte; denn in diesen Ländern hat es dadurch weniger Brandtote gegeben.

Die SPD-Fraktion fordert die Regierungsfraktionen auf, den Antrag der SPD-Fraktion anzunehmen und die Niedersächsische Bauordnung in § 44 zu ergänzen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP, nehmen Sie sich doch ein Beispiel an dem derzeitigen Ministerpräsidenten! Das, was er in schöner Regelmäßigkeit macht, sollten auch Sie wenigstens einmal tun: Ändern Sie Ihre Meinung! - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Groskurt. - Die nächste Rednerin ist Frau Peters von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr letzter Satz dazu, dass jemand seine politische Meinung ändern sollte, war nicht unbedingt angebracht.

Rauchmelder waren wiederholt Thema im Landtag. Auffällig ist, dass die Aufnahme einer Verpflichtung zum Einbau von Rauchmeldern immer wieder abgelehnt wurde - egal, wer gerade die Regierung stellte.

(Ulla Groskurt [SPD]: Aber wir haben Erkenntnisgewinn!)

Ich erinnere an die ausführliche Beantwortung einer Anfrage durch den damaligen Innenminister Heiner Bartling von der SPD: Auch die Bauministerkonferenz ist sich bislang darin sehr einig gewesen, dass die Musterbauordnung diese Pflicht nicht enthalten solle. In diesem Plenum habe auch ich mich gegen die Aufnahme dieser Verpflichtung in die Niedersächsische Bauordnung mit den Argumenten von Heiner Bartling gewandt: sicherlich sinnvoll, aber zu teuer, zu bürokratisch und unverhältnismäßig.

(Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Ich begrüße aber ausdrücklich Aktionen wie die Auricher Initiative, die nach deren eigenen Angaben zu einer Ausstattung von 75 % der Haushalte in Ostfriesland mit einem Rauchmelder geführt hat. Wenn Rauchmelder aus eigenem Verantwortungsgefühl heraus angebracht werden, dann werden sie aus genau dem gleichen Gefühl heraus - der Eigenverantwortung - gewartet. Dann, und zwar nur dann, sind sie in der Lage, Sicherheit zu erhöhen und nicht nur Scheinsicherheit zu bieten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn dann die Schornsteinfegerinnung gratis die Prüfung übernehmen sollte, ist der Kreislauf für die Sicherheit geschlossen - unbürokratisch, eigenverantwortlich.

So wie das Thema in Ostfriesland angegangen wurde, bin ich als Liberale sehr beeindruckt: in eigener Verantwortung ohne Gesetze. Solche Initiativen haben die volle Unterstützung der FDP.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was in Ostfriesland geht, geht auch im restlichen Niedersachsen. Die Menschen in Ostfriesland haben uns gezeigt, dass wir nicht für jede Verantwortung im Leben ein Gesetz brauchen, sondern dass Menschen auch heute noch durchaus in der Lage sind, ihre Lebensverantwortung selbst zu tragen. Das mag für die SPD ein Problem sein. Die FDP freut es. Für mich gilt weiterhin der Grundsatz: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse in einem Satz zusammen, warum wir die Einführung der Verpflichtung, Rauchmelder zu installieren, in der Landesbauordnung haben wollen: Brandsachverständige weisen zu Recht immer wieder darauf hin - Frau Groskurt hat es angeführt -, dass mit dem Einbau von Rauchmeldern Menschenleben gerettet werden können. Ich denke, da sind wir uns alle einig.

Sie haben die verschiedenen Erfahrungen mit der Rauchmelderpflicht angeführt. Ich will die internationalen Erfahrungen ergänzen. Auch internationale Erfahrungen belegen, dass gesetzliche Rauchmelderpflichten zu einer wesentlich weiteren Verbreitung von Rauchmeldern führen und dass jedes Jahr durch Rauchmelder eine große Anzahl von Toten und Verletzten vermieden werden konnte. Ein Beispiel dafür ist Großbritannien - dieses Beispiel habe ich auch schon in vorangegangenen Debatten erwähnt -: Seit 1992 besteht dort eine gesetzliche Regelung zum Einbau von Rauchmeldern. Die Zahl der Brandtoten sank um rund 40 %. Diese Zahl sollten wir als Vorbild nehmen.

Frau Peters, Sie sprachen von der Bauministerkonferenz. Sie hat 2002 eine entsprechende Verpflichtung abgelehnt. Dabei muss man aber beachten, dass trotzdem viele Bundesländer diese Verpflichtung eingeführt haben. Frau Groskurt sprach einige an. Ich ergänze diese Aufzählung um das Saarland und Hamburg. Auch dort wurde die Verantwortung erkannt, auch dort wurde die Landesbauordnung entsprechend geändert.

(Unruhe)