Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht gesagt, dass Ehrenamtlichkeit höher zu bewerten ist. Ich habe gesagt, Ehrenamtlichkeit, Nebenamtlichkeit und Hauptberuflichkeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe weiter gesagt, dass es wichtig ist, dass die Kommunen eine Gleichstellungsbeauftragte haben.

Meine Damen und Herren, wir diskutieren über eines immer nicht. Sie alle diskutieren häufig darüber, wie es mit der Haushaltssituation in den Kommunen, mit der Haushaltssituation im Land Niedersachsen oder mit der Haushaltskonsolidierung des Bundes aussieht. Ich glaube, es ist wichtig, auf eines hinzuweisen: Bei jeder Einstellung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin hat selbstverständlich jeder Hauptverwaltungsbeamte bei seinem Vorschlag die jeweilige Haushaltslage seiner Kommune zu beachten. Das gebietet schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Umso höher ist es zu bewerten, dass die Kommunen trotz enger finanzieller Spielräume in sehr hoher Zahl, und zwar weit über die Zahl derer hinaus, die nach dem Gesetz hierzu verpflichtet wären, eine hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte eingestellt haben. Sie alle - ich wiederhole es -, die Sie in den Räten und Kreistagen tätig sind, können dazu beitragen, dass das Bild der Gleichstellungsbeauftragten vor Ort nach wie vor den hohen Stellenwert hat, den es verdient.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Althusmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Parlamentarischer Geschäftsführer weiß ich, dass ich nach der Geschäftsordnung

nunmehr eine Minute lang einleitende Bemerkungen machen darf. Ich will Ihnen aber deutlich sagen, dass diese eine Minute nicht ausreichen wird, um die Erfolge der Niedersächsischen Landesregierung bei der Stärkung der Kommunen und der Stärkung der Gleichberechtigung der Frauen in Niedersachsen darzustellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wenn Sie uns solche Märchen erzählen wollen, Herr Althusmann, dann brauchen Sie län- ger!)

Meine Damen und Herren, wir haben den Kommunen Freiheiten zurückgegeben, die Sie ihnen genommen haben. Wir haben ihnen die Freiheit zur Entscheidung gegeben.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

- Mich freut insbesondere das Lachen aufseiten der SPD und auch Ihr gelegentliches Klatschen. Aber ansonsten sind Sie ja relativ ruhig. Deswegen frage ich die Landesregierung, wie sie sich erklärt, dass in der großen selbstständigen Stadt - nunmehr der Hansestadt - Lüneburg mit einem SPDOberbürgermeister an der Spitze in Kooperation und Vereinbarung mit dem Landrat des Landkreises Lüneburg - seit kurzem ein SPD-Landrat, der ehemalige Kollege Herr Nahrstedt - die Übereinkunft getroffen worden ist, dass man zukünftig eine gemeinsame Frauenbeauftragte einrichtet.

Das Zweite betrifft - wie hieß es noch Frau Kollegin Helmhold, Stadthagen? -

(Ursula Körtner [CDU]: Sachsenha- gen!)

Sachsenhagen. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, dass die Kollegin Helmhold diese Frage vielleicht in direktem Kontakt mit dem neben ihr sitzenden Landtagsabgeordneten aus Schaumburg hätte klären können? Wenn ich mich richtig erinnere, ist nämlich die SPD-Mehrheit dort vor Ort tatsächlich dazu übergegangen, die Frauenbeauftragte so zu bezahlen, wie Sie es hier dargestellt haben. Wie bewertet die Landesregierung diese Vorgänge? - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Althusmann, wir sind uns einig, dass das zwei Fragen waren.

(Ursula Körtner [CDU]: Es waren gute Fragen! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr gute!)

Meine Damen und Herren, es waren, verpackt, zwei Fragen. Ihre Einleitung werte ich nicht als Kritik gegenüber dem Präsidium.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das war nur eine Selbstkritik! - Bernd Althusmann [CDU]: Nein! Das war nur meine Dar- stellung der Geschäftsordnung!)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns ist dieser Vorgang bekannt geworden. Uns hat die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros darauf hingewiesen und ich bin um Prüfung gebeten worden, ob das zulässig gewesen sei. Wir sind mit dem Landkreis und der Stadt Lüneburg in intensiven Gesprächen über die Frage der Zulässigkeit. Wir haben beide gebeten, uns den genauen Sachstand mitzuteilen, und wir haben eine vorsichtige erste rechtliche Einschätzung gegeben. Sie betrifft ein Thema, das nicht nur ein Gleichstellungsproblem ist, sondern auch die Frage berührt, ob jemand, der hauptberuflich tätig ist, nach dem Beamtenrecht gleichzeitig zwei unterschiedliche Dienstherren haben darf. Die Beantwortung dieser Frage wird künftig nicht nur Auswirkungen darauf haben, ob Gleichstellungsbeauftragte zwei Dienstherren haben dürfen. Unter dem Gesichtspunkt, dass wir die interkommunale Zusammenarbeit vieler Verwaltungen ausdrücklich wollen, um Synergieeffekte zu erzielen und schnellstmöglich im Sinne der Bürger handeln zu können, wird die Beantwortung dieser Frage entsprechende Auswirkungen haben. Deshalb haben wir gesagt, dass wir diese Frage sehr gründlich prüfen wollen. Mein juristischer Verstand sagt mir bei einer ersten vorsichtigen Einschätzung, dass es außerordentlich schwierig ist, das unter den gegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu tun. Dies haben wir der Stadt Lüneburg mitgeteilt. Wir sind mit der Stadt Lüneburg und dem Landkreis Lüneburg in Gesprächen, um diesen Sachverhalt rechtlich sauber abzuklopfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Auch mit dem Innenminister?)

- Selbstverständlich auch ressortübergreifend, weil eine Entscheidung die Entscheidung der gesamten Landesregierung ist, sehr geehrte Frau Helmhold.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bernd Althusmann [CDU]: Sehr ge- nau! Das ist nämlich ein Präzedenz- fall!)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Hemme.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur inhaltlichen Arbeit der Frauenbeauftragten zurückkommen. Sie, Frau Ministerin, haben da ja sehr unterschiedliche Signale ausgesendet. Zum einen verweisen Sie auf den Verfassungsauftrag, zum anderen sagen Sie, die Gleichstellungsbeauftragte sei eine wichtige Impulsgeberin für die Gleichberechtigung. Sie sprechen aber die ganze Zeit nur über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Meiner Meinung nach betrifft das Väter und Mütter und definiert sich Frau nicht über Mutterschaft. Deshalb wüsste ich von Ihnen gerne, wie Sie die Arbeit der Frauenbeauftragten dort definieren, wo es um Gleichberechtigung und nicht nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht?

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Ross-Luttmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe eingangs gesagt, dass es wichtig ist, Akzeptanz zu haben, dass Gleichstellungsbeauftragte gleichermaßen für Frau und Mann da sind und dass es darum geht, den Verfassungsauftrag der Gleichberechtigung durchzusetzen und vor allen Dingen auch umzusetzen. Das Gesetz enthält einen Katalog. Für diejenigen, die diesen Katalog noch nicht kennen, möchte ich ihn gerne vortragen: Die Gleichstellungsbeauftragte hat die Aufgabe, zur Verwirklichung der Gleichberechti

gung von Frauen und Männern beizutragen. Sie wirkt nach Maßgabe der Absätze 6 und 7 an allen Vorhaben, Entscheidungen, Programmen und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Anerkennung der gleichwertigen Stellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft haben.

Wir haben auch einen Katalog für Arbeitsfelder aufgestellt, in denen sie sich insbesondere sehr verdient machen kann. Danach kann die Gleichstellungsbeauftragte zur Erfüllung ihrer Aufgaben Vorhaben und Maßnahmen anregen, die die Arbeitsbedingungen innerhalb der Verwaltung, personelle, wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten des öffentlichen Dienstes der Gemeinde oder Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie innerhalb und außerhalb der Verwaltung regeln und betreffen.

Der Rat selbst - das betrifft das Thema Eigenverantwortlichkeit - kann der Gleichstellungsbeauftragten weitere Vorhaben zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern übertragen. Die Gleichstellungsbeauftragte selbst kann dem Rat hierfür einen Vorschlag vorlegen.

Sie sehen: Der Katalog dessen, was eine Gleichstellungsbeauftragte leisten kann, ist sehr umfassend und wird in den Kommunen auch sehr unterschiedlich wahrgenommen, weil die Schwerpunkte natürlich entsprechend dem Bedarf sehr unterschiedlich sind.

Die Aufgabe des Landes muss es doch sein, die Gleichstellungsbeauftragte vor Ort mit guten Rahmenbedingungen zu unterstützen, indem sie Programme initiiert, Projekte fördert und vor Ort ist. Ich spreche sehr häufig mit der LAG der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Ich bin auch persönlich sehr oft vor Ort und rede viel mit Gleichstellungsbeauftragten. Mein Eindruck ist, dass die Akzeptanz vor Ort in den letzten Jahren deutlich erhöht worden und somit ganz anders geworden ist als zum damaligen Zeitpunkt,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

als sie als Frauenbeauftragte tätig war und wir immer den Streit hatten - - -

(Zuruf von Ina Korter [GRÜNE])

- Nein, sehr geehrte Frau Korter. Ich bin der Meinung, dass sich Gleichstellung nur verwirklichen

lässt, wenn Frauen und Männer zusammenwirken und sich diesem Ziel gemeinsam verantwortlich fühlen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Niemand kann mit Zwang etwas gegen einen anderen durchsetzen. Wir leben in einer Demokratie, in der es darauf ankommt, dass wir gemeinsam die gleichen Vorstellungen entwickeln und uns gemeinsam der Vereinbarkeit von Frau und Mann verschrieben fühlen. Dafür setze ich mich ein. Ich merke, dass gerade in diesem Bereich die Akzeptanz vor Ort deutlich erhöht ist. Unser Programm „Balance - Familie - Beruf“ hat doch gezeigt, wie erfolgreich das läuft. Ich erinnere an das FIFA-Programm zur Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt, nachdem sie beispielsweise aufgrund einer Mutterzeit für längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren. Die Gleichstellungsbeauftragten haben doch dafür Sorge getragen, dass die Integration von Frauen gelingt. Diese Aufgabe haben sie zusammen mit der Verwaltung, dem Rat und dem Hauptverwaltungsbeamten wahrgenommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist, und meine, dass das auch die Berichtspflicht im nächsten Jahr ergeben wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Klein.

Ich habe zwei Fragen. Die erste Frage lautet: Beabsichtigt die Landesregierung, in Zukunft ihre Steuerprüfer ehrenamtlich anzustellen, damit die Akzeptanz für Steuerprüfungen bei den Steuerpflichtigen in Zukunft gesteigert wird?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Die Frage spricht für sich!)

Meine zweite Frage lautet: Es ist zwar bedauerlich, passt aber ins ideologische Bild, dass die Landesregierung den Bereich der Gleichstellung dem Aufgabenbereich Küche, Kirche, Kinder zuweist,

(Widerspruch bei der CDU)

der im Allgemeinen von Frauen und natürlich unentgeltlich wahrgenommen werden soll.

(Norbert Böhlke [CDU]: Das ist klein kariert!)

Aber wir wissen natürlich auch, dass jede gute ehrenamtliche Tätigkeit so etwas wie ein hauptamtliches Gerüst braucht. Das haben wir in der Enquete-Kommission zum demografischen Wandel gemeinsam, fraktionsübergreifend festgestellt.