Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

Aber wir wissen natürlich auch, dass jede gute ehrenamtliche Tätigkeit so etwas wie ein hauptamtliches Gerüst braucht. Das haben wir in der Enquete-Kommission zum demografischen Wandel gemeinsam, fraktionsübergreifend festgestellt.

(Norbert Böhlke [CDU]: Herr Kollege, wir waren schon weiter!)

Meine Frage lautet: Welche Vorstellungen hat die Landesregierung dazu? Was ist erforderlich, um ein solches hauptamtliches Gerüst in Bezug auf Stellenumfang und Budget sicherzustellen? Ich stelle diese Frage vor dem Hintergrund, dass im Landkreis Cuxhaven, der bekanntlich so groß wie das Saarland ist, nach einer ohnehin schon sehr schlechten Ausgangsposition inzwischen nur noch zwei volle Stellen für hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte übrig geblieben sind.

(Beifall bei den GRÜNEN - Astrid Vo- ckert [CDU]: Das ist ja wohl die Ent- scheidung der Kommune! - Finanzmi- nister Hartmut Möllring begibt sich zum Redepult)

Herr Abgeordneter Klein, der Inhalt der ersten Frage steht hier nicht zur Debatte.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was? Der Minister möchte doch so gerne! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Ich möchte nur an das Thema der Dringlichen Anfrage erinnern: „Frauenpolitik im Sinkflug Teil III - Wie hat sich die Situation der hauptamtlichen Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten entwickelt?“ - Meine Damen und Herren, das hat mit Steuerprüfern nun wirklich nichts zu tun. Unsere Geschäftsordnung ist hier ganz eindeutig. Wenn die Landesregierung allerdings meint, sie solle diese Frage beantworten, weiten wir das Thema aus. Ansonsten bitte ich die Landesregierung, jetzt die zweite Frage des Abgeordneten Klein zu beantworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Klein, ich finde es nach wie vor bedauerlich, dass Sie die wirklich verantwortungsvolle Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten - - -

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das ist nicht das, was ich gesagt habe!)

- Sie haben hier gesagt, ich würde sie auf „Kinder, Küche, Kirche“ reduzieren. Mit Verlaub: Das habe ich niemals getan, und das werde ich auch niemals tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann nicht vertreten und finde es auch verantwortungslos, wie Sie hier die verantwortungsvolle Tätigkeit einer Hausfrau darstellen. Es tut mir furchtbar leid. Für mich besteht Gleichberechtigung auch darin, der Arbeit einer Hausfrau einen ebenso hohen Stellenwert zu geben

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, also einer Frau, die Familie, Beruf und Kinder unter einen Hut bringt. Ich glaube, es liegt in der alleinigen Verantwortung einer jeden Familie, wie sie sich positioniert. So viel zum Thema „Hausfrau“.

(Beifall bei der CDU)

Zu dem anderen Thema: Hierzu habe ich bereits dargelegt, dass es in 55 Kommunen eine Verpflichtung zur Hauptberuflichkeit gibt, dass wir aber wesentlich mehr hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte haben. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass wir in unseren Gesetzestext zusätzlich eine Berichtspflicht der Hauptverwaltungsbeamten gegenüber dem Rat aufgenommen und damit auch die Hauptverwaltungsbeamten in die Pflicht genommen haben. Meine Damen und Herren, tun wir hier doch nicht so, als widmeten sich nur Gleichstellungsbeauftragte dieser Frage! Das stimmt doch einfach nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Artikel 3 unseres Grundgesetzes sagt ausdrücklich, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Unsere Niedersächsische Verfassung hat die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ebenfalls zum Verfassungsrang erhoben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten hier nicht miesepetrig über das Thema diskutieren und nicht alles schlechtreden, sondern die eigenverantwortliche, gute Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten würdigen und wertschätzen, und zwar unabhängig davon, ob sie ehrenamtlich, nebenberuflich oder hauptberuflich tätig sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Gleichstellungsbeauftragte vor Ort Unterstützung einwerben muss und dann auch Unterstützung vor Ort bekommt. Das Land hat die Aufgabe, die Gleichstellungsbeauftragten bei ihrer Arbeit zu unterstützen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen und entsprechende Förderprogramme aufzulegen.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Warum tun Sie es denn nicht?)

- Wir tun das. Herr Klein, ein Blick in den Haushalt des Landes dürfte Sie eines Besseren belehren. Wir haben in den letzten Jahren ganz viele verschiedene Haushaltspositionen erhöht, zum Beispiel im Bereich Gewalt gegen Frauen. Wir haben dafür Sorge getragen, dass Frauenberatungsstellen eingerichtet wurden und unsere Frauenhäuser eine vernünftige Finanzierung bekommen.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

In diesem Bereich haben wir ordentlich investiert, und die Angebote werden von den Frauen gut angenommen. Aber unsere Gleichstellungsbeauftragten haben darüber hinaus viele weitere Aufgaben.

(Ingrid Eckel [SPD]: Welche denn?)

Sie sind beispielsweise an den lokalen Bündnissen beteiligt, bei den Ko-Stellen, beim Programm „Balance - Familie - Beruf“. Bei allen diesen Programmen, mit denen Frauen die Chance geboten wird, Familie und Beruf zu vereinbaren, überall dort, wo Frauenpolitik gemacht wird, wo man Frauen hilft, wieder Fuß zu fassen auf dem Arbeitsmarkt, sind unsere Gleichstellungsbeauftragten tätig, und sie bekommen vor Ort die notwendige Unterstützung. Mir ist es wirklich wichtig, dass wir auch hier im Landtag festhalten, dass sich neben den Gleichstellungsbeauftragten noch ganz viele andere Akteure dieses Thema fest auf die Fahnen geschrieben und es zur Chefsache gemacht haben.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die FDP zum Beispiel!)

Nur so kommen wir in der Frage der Gleichberechtigung einen Schritt weiter. Wir brauchen die Akzeptanz vor Ort und das gemeinsame Bemühen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die FDP als Speerspitze der Frauenbewe- gung!)

Eine zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Janssen-Kucz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten hat das Ziel, zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern beizutragen. Solange wir aber auf kommunaler Ebene dieses Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern haben, brauchen wir die hauptamtlichen Frauenbeauftragten. Wir haben zurzeit eine Verfestigung der Rollen von Koch und Kellner.

(Ilse Hansen [CDU]: Was soll denn so was? - Ursula Körtner [CDU]: Meta, Ihr spinnt alle!)

Meine Damen und Herren, das beste Beispiel ist doch die Freiheit der Kommunen, die hier so hochgehalten wurde. Was bedeutet denn die Freiheit der Kommunen? Sie bedeutet: Abschaffung der Hauptamtlichkeit, hinein in die Ehrenamtlichkeit. Die Stärkung der Selbstverwaltung, die Sie hier auf den Weg bringen, bedeutet gleichzeitig die Schwächung der Gleichstellung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Frau Ministerin hat heute hier gesagt, das mit der Gesetzesänderung bewiesene Vertrauen der Landesregierung in die Kommunen könne sich sehen lassen. Meine Frage: Womit lässt sich dieses Vertrauen begründen? - Ich kann hier heute nichts anderes feststellen als den Abbau der Hauptamtlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE], auf dem Weg vom Rednerpult zu ihrem Abge- ordnetenplatz: Die FDP ist doch das beste Beispiel! Eine Frau unter zehn Vorschlägen auf der Liste! - Gegenru- fe - Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann die Sitzung unterbrechen. - Das Wort hat Frau Ministerin Ross-Luttmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Janssen-Kucz, ich weiß Ihr Engagement sehr zu schätzen und würdige es. Genau dieses Engagement wünsche ich mir auch vor Ort in den kommunalen Räten.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Meta Janssen-Kucz [GRÜNE])

- Liebe Frau Janssen-Kucz, wenn Sie sich hier im Landtag einmal umschauen, werden Sie feststellen, dass viele der Damen und Herren auch in kommunalen Vertretungen sitzen. Dort können sie doch mit ihrer gewichtigen Stimme entscheidend dazu beitragen, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern wirklich die Wertschätzung bekommt, die sie verdient. Es stimmt einfach nicht, wenn Sie sagen, dass in allen Kommunen die hauptberuflichen Gleichstellungsbeauftragten abgeschafft werden. Ich habe Ihnen eben die aktuellen Zahlen genannt. Danach haben wir weit mehr hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte, als es nach dem Gesetz erforderlich wäre. Das zeigt doch, dass sich die Kommunen ihrer Verantwortung bewusst sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines möchte ich noch einmal betonen: Ich glaube, wir tun in diesem Hause nicht gut daran, ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte, die einen schweren Job machen, herabzuwürdigen und gegen die Hauptberuflichen auszuspielen. Das kommt für mich schon fast einer Diskriminierung der Ehrenamtlichen gleich. Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass Gleichstellungspolitik dort gelingt, wo man gemeinsam an einem Strang zieht, wo sich die Gemeinde mit dem Rat und der Gleichstellungsbeauftragten einig ist. Wenn Sie in unsere Kommunen gehen - ich gehe davon aus, dass Sie alle das regelmäßig tun -, werden Sie feststellen, wie erfolgreich unsere Gleichstellungsbeauftragten wirken, was sie alles initiiert haben und im Einzelfall auch umsetzen. Das ist letzten

Endes aber nur möglich, weil wir die notwendigen Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten geschaffen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Akzeptanz auf kommunaler Ebene deutlich höher ist, wenn eine Kommune selbst über das Wie entscheiden kann. Über das Ob kann sie nicht entscheiden; denn wir haben im Gesetz festgeschrieben, dass jede Gemeinde, die nicht Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde ist, eine Gleichstellungsbeauftragte beschäftigen muss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Vogelsang.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte - weil dies sicherlich nur die Älteren hier im Hause wissen - vorausschicken, dass ich zu den ersten zehn Frauenbeauftragten im Lande Niedersachsen gehört habe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Schuster-Barkau weiß dies sehr genau, weil wir im Landkreis Osnabrück zusammen auf diesem Gebiet gearbeitet haben. Wir haben aufgrund der Tatsache, dass ich diese Tätigkeit zunächst als Kreistagsabgeordnete ausgeübt habe, erreicht, dass alle Gemeinden des Landkreises Osnabrück - der ist ja nun nicht so klein - innerhalb von vier Jahren - also innerhalb einer Legislaturperiode - Frauenbeauftragte eingestellt haben. Ich hatte die Möglichkeit, in die Kommunen hineinzugehen. Wenn ich hauptamtlich angestellt gewesen wäre, hätte ich diese Möglichkeit nicht gehabt.

Ich möchte jetzt die Ministerin fragen, ob sie mir darin zustimmt, dass sich die Arbeit der Frauenbeauftragten im Laufe der Zeit erheblich verändert hat und dass die Gemeinden und die Kommunen - wie ich schon vor 20 Jahren gesagt habe - völlig unterschiedliche Strukturen aufweisen. In einigen Kommunen ist der soziale Bereich sehr ausgeprägt, in anderen Kommunen ist das Vereinswesen sehr ausgeprägt, und in anderen Kommunen wiederum braucht man hauptamtliche Kräfte. Von daher sind wir nach wie vor der Auffassung, dass die Kommunen hier frei entscheiden können sollten. Meines Erachtens kann auf diese Weise effektiver gearbeitet werden. - Danke.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD: Frage! - Gegenruf von Ingrid Klopp [CDU]: Sie hat gefragt: Stim- men Sie mir zu? - Glocke des Präsi- denten)

Keine Sorge! Das Präsidium leitet die Sitzung. - Frau Ministerin Ross-Luttmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Vogelsang, natürlich stimme ich Ihnen zu. Meiner Meinung nach ist es ganz, ganz wichtig, dass man sich vor Ort umschaut und sieht, welche regionalen Besonderheiten es gibt. Wir sind in Niedersachsen sehr vielfältig aufgestellt. Es gibt große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen. Von daher war es wichtig, den Kommunen vor Ort die Möglichkeit zu geben, eigenverantwortlich über das Wie zu entscheiden. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass die Kommunen unser Vertrauen wert sind, weil jede starke Kommune einen gut funktionierenden Rat hat, in dem alle Parteien vertreten sind, so sie denn gewählt worden sind, und weil die Ratsmitglieder, die von den Bürgern und Bürgerinnen selbst gewählt worden sind, entscheidenden Einfluss auf die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragen nehmen können.

(Beifall bei der CDU)