Es haben sich nun zwei Kollegen zu einer Kurzintervention gemeldet: Herr Hermann für die FDPFraktion und Herr Hoppenbrock für die CDUFraktion. Beide haben jeweils anderthalb Minuten Redezeit.
Jacques Voigtländer, ich gebe das gern zurück: Ich schätze Sie genauso. Aber ich darf Ihnen eines sagen - zum Schluss haben Sie es selbst gesagt -: Natürlich erkennen wir auch regional bezogen die Probleme der ganz Schwachen. Wir lassen die Schwachen nicht im Regen stehen, Herr Voigtländer. Glauben Sie es uns, oder lesen Sie es bitte bei uns nach. Da werden Sie finden, dass wir regional bezogen und in Verbindung mit den Kammern die Schwachen nicht im Regen stehen lassen.
Sie nennen so oft, dass es bei Ihnen fast schon zur Normalität gehört, Zahlen, die veraltet sind. Sie
Sie können auch nicht über Bewerberzahlen aus dem April reden. Hier geht es um Tendenzen, die noch nicht einmal im Oktober ihr Ende gefunden haben. Wir können es noch nicht einmal immer am Jahresende erkennen.
Noch einmal: Die Lehrstellenlücke ist in Niedersachsen zum ersten Mal seit Jahren kleiner geworden. Bitte nehmen Sie dies einmal zur Kenntnis. Dann werden wir uns sicherlich auch einigen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Voigtländer, ich finde es unglaublich, mit welcher Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit Sie über die Qualitäten und die Rede des Kollegen Hermann hergezogen sind.
Der Kollege Hermann ist einer der ganz wenigen, der genau weiß, worüber er redet, da er 34 Auszubildende in seinen Betrieben hat. Er ist Obermeister. Angesichts dessen können Sie hier doch nicht sagen: Er weiß nicht, wovon er redet. - Danke schön.
Bis sich die Herrschaften wieder beruhigt haben, muss Herr Voigtländer noch warten. - Jetzt kann es losgehen.
Herr Hoppenbrock, ich weiß nicht, worüber Sie sich aufregen. Wenn ich mich mit dem Kollegen Hermann auseinandersetze, dann ist das eine
angenehme Geschichte. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Die Art und Weise, in der er eben auf mich reagiert hat, hat überhaupt nichts mit dem zu tun gehabt, wie Sie darauf reagiert haben. Wenn Sie sich mit mir auseinandersetzen wollen, dann können Sie es gerne tun; ich stehe Ihnen zur Verfügung.
Herr Hermann, noch einmal zu dem, was Sie gesagt haben: Der Unterschied zwischen unseren beiden Aussagen besteht im Wesentlichen darin, dass es mir darum geht, den Berg der unter 25Jährigen abzubauen. Er ist so groß, dass es nicht alleine darum gehen kann, den Schwächeren zu helfen. Wissen Sie, wer heute die Schwächeren sind? - Es sind nicht mehr die Hauptschüler, weil es von ihnen kaum noch welche gibt. Ihr Anteil beträgt wohl 17 %.
Es sind also nicht mehr die Hauptschüler, sondern zunehmend die Realschüler. Das aber sind nicht die Schwachen.
Außerdem wünsche ich mir eine Verbindlichkeit der Zunahme der Zahl von Ausbildungsplätzen über einen befristeten Zeitraum. Danach würde das duale System so erfolgreich weitergeführt, wie es auch sonst der Fall ist.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas befremdet über die Leidenschaft, mit der hier diskutiert wird. Es gab sogar Hinweise, wer auf welchem Jahrmarkt gewesen ist. Wie auch immer, zunächst bitte ich die Opposition, zu überprüfen, ob das statistische Zahlenmaterial, mit dem sie operiert, einer Diskussion standhält. Sie heben vorrangig auf unsere Bundesagentur ab. Aber wir müssen leider sagen, dass die Bundesagentur in diesem Bereich statistisch nicht sauber aufgestellt ist. Vieles läuft Gott sei Dank an ihr vorbei; also ist sie da nicht unbedingt beleihungsfähig. Wenn Sie aber schon Zahlen nennen,
dann bitte aktuelle Zahlen. Auch ist es nicht erforderlich, gleich ein Horrorszenario mit bundesweiten Zahlen von 500 000 bis 1 Million zu malen. Vielmehr sollten wir Punkt für Punkt analysieren, wo hier Handlungsbedarf ist, und anerkennen, dass sich die Dinge in diesen Tagen erfreulich entwickeln.
Anknüpfend an die Debatte über gemeinsames Lernen am letzten Mittwoch, weise ich darauf hin, dass Finnland weit und breit die höchste Jugendarbeitslosigkeit hat. Dies gibt Anlass zu der Vermutung, dass möglichst langes gemeinsames Lernen nicht unbedingt zur Berufsfähigkeit führt. Darüber möge man nur einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in Deutschland und somit auch in Niedersachsen entspannt sich Gott sei Dank in diesen Tagen zunehmend. Fehlende Ausbildungsmöglichkeiten - das wissen wir -, steigende Schülerzahlen und die dadurch bedingte verstärkte Nachfrage nach Ausbildungsplätzen haben in der Vergangenheit zu Engpässen und auch zu ganz dramatischen persönlichen Schicksalen geführt. Das haben wir bemerkt. Aber man kann Wirtschaft und Handwerk nicht hoch genug dafür loben, dass sie in diesen schwierigen Jahren - und sie sind ja noch nicht ganz vorbei - bereit waren, manchmal auch noch über den Durst einzustellen. Auch wenn nicht eine Quote von 100 % erreicht wurde, kann man das doch einmal würdigen. Und auch von staatlicher Seite wurden da und dort Maßnahmen ergriffen, um den Engpässe entgegenzuwirken.
Meine Damen und Herren, wenn man in der gegenwärtigen Situation - und das wird ja in den von der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Anträgen versucht - quasi als Vergangenheitsbewältigung der eigenen Unterlassungen die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen im schulischen Bereich begründet, dann verkennt man die inzwischen stark veränderte Situation.
Zu den Zahlen: Wenn hier der Rückgang bei der Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätzen in den Jahren von 1990 bis 2005 bedauert und richtigerweise festgestellt wird, dass in diesem Zeitraum ca. 41 000 betriebliche Ausbildungsplätze verloren gegangen sind, dann muss der Vollständigkeit halber auch erwähnt werden, dass allein im Zeitraum von 1990 bis 2003 die Zahl der Ausbildungsplätze von ehemals 187 949 auf 147 123 zurückgegangen ist. Insgesamt hat die heutige Oppositi
on damit einen Verlust von 40 826 Ausbildungsplätzen zu beklagen, der während ihrer Regierungszeit entstanden ist - das sind erschreckende 21,7 %. Das ist ein Teil der Wahrheit, die immer wieder gesagt werden muss.
Gleichzeitig ist in den Jahren 1996 bis 2002 die Zahl der Schülerinnen und Schüler von 233 516 auf 250 039 angestiegen, also um ca. 16 500. Danach ist sie übrigens noch weiter angestiegen. Dadurch hat sich in Ihrer Regierungszeit erheblicher Handlungsbedarf aufgebaut. Sie haben ihn aber ignoriert. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass auch nur eine einzige Maßnahme gelungen ist, die ergriffen wurde, um die problematische Ausbildungsplatzsituation zu entschärfen - im Gegenteil.
Hinzu kam, dass es bei den Lehrern einen Einstellungsstopp gab. Die Schülerzahlen stiegen also, auch aufgrund der Vollzeitangebote im berufsbildenden Bereich, aber die Zahl der Lehrer ist nicht angestiegen. Es entstand also noch eine zusätzliche Drucksituation. Deswegen auch meine Bitte, die Leidenschaft etwas zu moderieren und daran zurückzudenken, was man selbst zustande gebracht hat.
Dann wurde gesagt, die Zahl der Betriebe, die ausbilden, nimmt ab. Insgesamt verbessert es sich ja. Wissen Sie, was mir dazu einfällt? - Die Betriebe, die nicht von einem Meister geführt werden - Sie haben ja eine gewisse Urheberschaft in diesem Bereich -, halten sich - logischerweise - im Bereich der Ausbildung, aber auch der Fortbildung sehr stark zurück. Sie werden in den nächsten Jahren - das ist meine Prognose - gewisse Probleme haben, wenn sie gucken, ob sie richtig und gut aufgestellt sind.
Meine Damen und Herren, das stellt sich - und das muss jetzt kommen - in unserer Regierungszeit ganz anders dar. Zwischen 2003 und 2007 ist ein bedeutsamer Anstieg der Zahl der Ausbildungsplätze zu verzeichnen. Im Jahr 2006 sind insgesamt 54 277 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen worden. Das ist in 2006 eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 2 747 Ausbildungsplätze, sprich: um 5,3 %.
Bezieht man die noch unveröffentlichten Zahlen des Jahres 2007 in die Betrachtung mit ein, ist gegenüber dem Jahr 2006 eine weitere Steigerung zum 31. August 2007 im IHK- und Handwerkskammerbereich in einer Größenordnung von ca. 7,2 % erkennbar.
Für die anderen Bereiche liegen die abschließenden Zahlen noch nicht vor, aber das geht in eine ähnliche Richtung. Das muss ja bestimmt Ursachen haben, und darüber darf man sich auch einmal freuen.
Hoch interessant, meine Damen und Herren, ist: Erstmals seit 1990 ist in diesem Jahr, also in 2007, die Zahl der Schülerinnen und Schüler in beruflichen Vollzeitschulformen gesunken, obwohl die Gesamtschülerzahl im berufsbildenden Bereich noch um 1 710 gestiegen ist. Da gab es noch die starken Jahrgänge an den Grundschulen, und wie wir wissen, wächst das demografische Problem hoch.
Bei noch mehr Schülerinnen und Schülern im berufsbildenden Bereich sieht es also so aus: Nach der vorläufigen Vorabstatistik ist im Vollzeitbereich ein Rückgang von 2 265 Schülerinnen und Schülern - sprich: ca. 2 % - zu verzeichnen. Im Bereich der Teilzeitberufsschule ist die Schülerzahl um 3 975 - sprich: 2,6 % - gestiegen. Das ist ein ganz klares Indiz für das positive Einstellungsverhalten der Wirtschaft, die mehr Ausbildungsverträge abschließt. Die Zahlen belegen das.
Wenn man den Vollzeit- und den Teilzeitbereich miteinander vergleicht, dann ist das eine Verschiebung zugunsten des dualen Ausbildungssystems von über 6 000 jungen Leuten. Das ist eine ganz hervorragende Entwicklung.
Meine Damen und Herren, damit ist die Ausbildungsplatzbilanz während unserer Regierungszeit - wir sind natürlich nie zufrieden - durchweg positiv. Die negative Entwicklung der letzten 15 Jahre ist aufgehalten. Auch mit Blick auf das duale System bzw. das Vollzeitsystem - manchmal ist es ja eine
Konkurrenzsituation - ist eine Trendwende zu verzeichnen. Das duale System ist wieder bei einer Quote von 60 % - hoffentlich noch ein bisschen mehr - angekommen. Der auch wichtige Vollzeitbereich, in dem wir ebenfalls unterwegs sein müssen, liegt bei 40 %. Das ist insgesamt eine erfreuliche Trendwende.
Diese positive und erfreuliche Entwicklung wird weder in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch im Antrag der SPD-Fraktion aufgegriffen. In beiden Anträgen wird mit Daten gearbeitet, die nur eine begrenzte Aussagekraft haben und dadurch die Realität im Ausbildungsbereich nicht oder nur unzureichend widerspiegeln. Warum Sie sich für eine solche Argumentationslinie entschieden haben, müssen Sie mit sich selbst ausmachen.
Ich muss noch auf einen weiteren Punkt hinweisen: Die Anträge beider Oppositionsfraktionen sind deshalb nicht nur bildungspolitisch fragwürdig, sondern sie sind auch hinsichtlich der Finanzierung völlig unausgegoren.