Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Frau Grote, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. - An der Regierungsbank ist es besonders laut.

(Zuruf von der CDU: Das sind Libera- le!)

Ablenken hilft nicht. - Sie gehen auch das Risiko ein, Steuergelder zu versenken, indem Sie das Land langfristig - im Gespräch sind 20 Jahre - an das Bredero-Hochhaus binden wollen. Ich kann nur feststellen, dass diese Landesregierung den Autopiloten bereits abgestellt hat und im Blindflug dem Ende entgegensteuert.

(Lachen bei der CDU)

Niedersachsen hat etwas Besseres verdient.

Zum Schluss kann ich Ihnen nur noch eines raten: Warten Sie mit der Entscheidung über einen Standort ab, und schaffen Sie in dieser Legislaturperiode keine Fakten! Frau Heister-Neumann,

lassen Sie Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger unvoreingenommen über den künftigen Standort eines Fachgerichtszentrums entscheiden!

(Jörg Bode [FDP]: Wieso denn Nach- folger?)

Die SPD-Fraktion lehnt keineswegs das Fachgerichtszentrum als solches ab,

(Joachim Albrecht [CDU]: Hört, hört!)

auch wenn die zu erwartenden Synergieeffekte, die Sie immer behaupten, vermutlich überschätzt werden. Wir lehnen jedoch einen Zwangsumzug großer Teile der hannoverschen Justiz in ein ungeeignetes Gebäude, auf das die Landesregierung unter dubiosen Umständen aufmerksam geworden ist, ganz entschieden ab. Ich bedaure, dass die derzeitige Landesregierung und die Regierungsfraktionen einen anderen Umgang mit der Justiz an den Tag legen, als es eigentlich gewünscht ist. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Albrecht, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir heute noch einmal über diesen SPD-Antrag reden müssen, ist aus meiner Sicht geradezu eine Zumutung und Diebstahl kostbarer Zeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In diesem Antrag geht es um die Zusammenlegung von fünf Fachgerichten in einem Justizzentrum im Bredero-Hochhaus am Raschplatz in Hannover. Nach anfänglicher Totalablehnung eines solchen Vorhabens gesteht die SPD-Fraktion immerhin schon in der Plenarsitzung am 14. September, wenn auch sehr verschwommen und zwischen den Zeilen, und heute ausdrücklich die „Sinnhaftigkeit“ der Zusammenlegung zu. Im Antragstext kann sich

die SPD-Fraktion dazu leider nicht durchringen. Schade eigentlich!

Wenn die Zusammenlegung dieser fünf über das Stadtgebiet verteilten Gerichte von allen akzeptiert wird, muss nun die Frage des neuen Standorts und eines infrage kommenden Objektes geklärt werden. Aus unserer Sicht muss der Standort mindestens zwei Kriterien erfüllen: Er muss erstens in der Nachbarschaft der beiden großen hannoverschen Gerichte - des Landgerichtes und des Amtsgerichtes - liegen, und er muss zweitens eine gute verkehrliche Anbindung vorweisen.

Mit der Nachbarschaft zum Amts- und Landgericht ist nach meinem Dafürhalten eine deutliche Steigerung der Synergieeffekte der Zusammenlegung der fünf Gerichte in einem Gebäude zu erzielen. Warum soll auf diese möglichen Effekte verzichtet werden? Nur weil heute Anwälte z. B. keine zeitnahen Anschlusstermine beim Amts- oder Landgericht haben, weil die Entfernung beispielsweise vom Finanzgericht in Döhren zum Landgericht am Volgersweg am Bahnhof zu weit und zeitlich gar nicht kalkulierbar ist, heißt das doch nicht, dass dies nicht von manchem gerne gemacht würde. Eine gute verkehrliche Anbindung ist für ein solches Projekt wohl selbstverständlich. Dabei denke ich in erster Linie an eine gute Anbindung an den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Auch wenn einige hier im Saal mir das vielleicht nicht zutrauen, steht dieses Kriterium für mich und meine Fraktion an erster Stelle.

Nicht nur die fußläufige Nähe zu Bus, U-Bahn oder S-Bahn ist wichtig, sondern auch die gute Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs. Schließlich haben

zwei der fünf umziehenden Gerichte eine überregionale, ja landesweite Bedeutung. Ein Standort in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs wird mit Sicherheit auch mehr Prozessbeteiligte auf die Bahn als Verkehrsmittel für die Fahrt zum Landesarbeitsgericht oder zum Finanzgericht umsteigen lassen. Jeder weiß, dass in dem Moment, in dem man nicht mehr am Hauptbahnhof in andere öffentliche Verkehrsmittel umsteigen muss, die Akzeptanz sehr viel größer wird, die Bahn zu nehmen. In Zeiten zunehmender Klimaprobleme und steigender Energiekosten wird die Nutzung der Bahn von zunehmender Bedeutung sein. Also suchen wir einen Standort in Bahnhofsnähe.

Nun kommt die Suche nach konkreten Objekten im Umkreis des Bahnhofs. Die Klärung der Fragen der Raumgröße, der Gesamtfläche, des baulichen

Zustandes und der bautechnischen Standards bis hin zu Fragen der Schadstoffbelastung ist für mich so selbstverständlich wie der Lauf der Erde um die Sonne. Die Ministerin und der Staatssekretär haben bereits im letzten Jahr in einer Ausschusssitzung, in der ich zufällig die Ehre hatte dabei zu sein, und jetzt wieder im Zusammenhang mit dieser Drucksache die ausführliche Abklärung dieser Fragen sehr deutlich gemacht.

(Elke Müller [SPD]: Man merkt, dass das zufällig war!)

Im Ministerium hat doch wirklich niemand ein Interesse daran, die fünf Gerichte schlecht unterzubringen. Welchen Mangel an Sachkenntnis oder gar welche Absicht unterstellen Sie eigentlich den Mitarbeitern dort im Haus?

Auch die möglichen Alternativen zum Standort Bredero-Hochhaus im Umkreis des Bahnhofs und darüber hinaus sind geprüft und aus unterschiedlichen Gründen verworfen worden. Das ist Ihnen bekannt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir ein Zitat aus einer Pressemitteilung vom 30. August 2006. Da heißt es: „Die Bündelung der Gerichte im Umfeld des Raschplatzes bringt mehr Bürgerfreundlichkeit“.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das haben wir doch schon gehört!)

Dies sagt die SPD-Ratsfraktion Hannover. Sie führt dann weiter aus, warum die Ansiedlung an dieser Stelle im Bredero-Hochhaus gut ist. Fragen Sie doch bitte die hannoverschen Kollegen vorher mal um Rat!

Die Kritik an dem Gebäude selbst ist für mich beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Das äußere Erscheinungsbild sollte bei der Frage der Eignung keine Rolle spielen. Dagegen sind die Größe und die Zahl der Räume und Säle sowie die technische Ausstattung relevante Kriterien. Die notwendigen Räume können im Bredero-Hochhaus in genügender Zahl und in objektiv notwendiger Größe eingerichtet werden. Die technische Ausstattung wird auf den neuesten Stand gebracht. Was die Schadstoffbelastung betrifft, so gibt es kein Gebäude in Hannover, vielleicht sogar in Norddeutschland, das so umfangreich und detailliert auf Schadstoffe untersucht wurde wie dieses Gebäude. Es ist doch selbstverständlich, dass die Schadstoffbelastung nach heutigen Erkenntnissen und heutigen techni

schen Baustandards beseitigt wird. Ich finde es ungeheuerlich, hier den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums zu unterstellen, sie würden den Gerichten schadstoffbelastete Räume zur Verfügung stellen wollen. Die Ankündigung einzelner hier in Hannover, einen eigenen, selbst engagierten Gutachter vor dem Umzug durch das Gebäude schicken zu wollen, ist in meinen Augen eine bodenlose Unverschämtheit, da hier offensichtlich davon ausgegangen wird, das Ministerium und die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollten die Kolleginnen und Kollegen der Gerichte bewusst einer Schadstoffbelastung aussetzen. Dieses Gebäude wird also den Gerichten in einem hervorragenden Zustand zur Verfügung stehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landestreuhandstelle übrigens, die dort im Bredero-Hochhaus bis August 2004 gearbeitet haben, hätten sich gefreut, damals in so hervorragend sanierten Räumen zu sitzen.

Meine Damen und Herren, für diejenigen unter Ihnen von außerhalb, die das neue Gerichtszentrum nicht mit der Bahn kommend, sondern mit dem Pkw ansteuern, hat das Bredero-Hochhaus einen weiteren Vorteil: Es bietet 600 Stellplätze in einer eigenen Tiefgarage.

Der einzige merkwürdige Vorgang in diesem Zusammenhang, den es hier zu beklagen gilt, wenn ich einmal den Antrag der SPD-Fraktion sinngemäß zitieren darf, ist dieser Antrag an sich und nichts anderes, auch nicht das vorgebliche Fehlen einer teuren und überflüssigen Marktanalyse wobei ich mich gefragt habe, wieso die SPDFraktion jetzt auf einmal so große Stücke auf den Markt hält, den sie doch sonst so scheut wie der Teufel das Weihwasser.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion lehnt diesen Antrag, in dem noch nicht einmal das Datum der zitierten Zeitungsmeldung stimmt, wegen sachlicher Unzulänglichkeiten ab.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat der Kollege Briese für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem haben Sie recht, Herr Albrecht: Wir haben

über dieses Problem, über das Bredero-Hochhaus, wirklich intensiv, sehr lange, sehr ausgiebig durch Anhörungen, Anfragen, Berichte im Rechtsausschuss und auch in verschiedenen Gerichten

- z. B. im Finanzgericht - diskutiert. Das Ärgerliche daran ist nur, dass Sie von der Mehrheitsfraktion oder auch vom Justizministerium in dieser Frage eine völlige Beratungsresistenz an den Tag gelegt haben. In dieser Frage konnte Sie nämlich kein noch so gutes Argument umstimmen.

Ich finde es auch äußerst fragwürdig, wenn Sie hier darstellen, für ein Gericht spiele das äußere Erscheinungsbild überhaupt keine Rolle, es komme nur darauf an, wie es von innen aussehe. Ich kann Ihnen sagen: Es spielt eine sehr große Rolle, wie ein Gericht aussieht, weil es noch immer viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die sehr viel Respekt, vielleicht unterschwellig auch ein bisschen Angst vor einem Gericht haben. Deswegen spielt es schon eine große Rolle, ob es bürgerfreundlich ist.

Ich frage Sie - Sie sind ja Lehrer -, ob Sie bei einer Schule das gleiche Argument anführen würden, dass das äußere Erscheinungsbild gar keine Rolle spielt, und wie sich wohl Leute in einer öffentlichen, publikumsintensiven Institution fühlen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist, glaube ich, klar geworden: Sie haben sich dieses Projekt in den Kopf gesetzt. Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand. Sie wollen unbedingt Bredero, weil die Vertragsgestaltung dabei schon sehr weit fortgeschritten ist. Ich habe immer wieder zwei oder drei Fragen gestellt, die mir nicht beantwortet werden konnten, die Sie auch heute nicht beantwortet haben und die wahrscheinlich auch die Justizministerin nicht beantworten können wird. Wenn dieses Projekt wirklich so toll, so vernünftig, so bürgerfreundlich, so richterfreundlich und auch

finanzpolitisch so vernünftig ist, warum wollen es dann die Hannoveraner Richterinnen und Richter nicht? Warum ist die Skepsis so unheimlich groß? - Das müssen Sie diesem Hause einmal erklären. Warum wollen die Richterinnen und Richter den Umzug in das Bredero-Hochhaus nicht?

Ich sage Ihnen eines: Richterinnen und Richter sind normalerweise sehr rationale und sehr zurückhaltende Menschen. Sie sind nicht unbedingt wie die IG Metall oder ver.di, die ihre Rechte massiv deutlich machen.

(Zuruf)

- Nein, dagegen habe ich ja nichts. Ich sage nur: Richterinnen und Richter sind normalerweise sehr vorsichtig. In dieser Frage konnten Sie überhaupt keine Überzeugung bei den entsprechenden Berufsgruppen erzeugen, sondern die Skepsis in Bezug auf Bredero ist nach wie vor sehr groß. Damit tun Sie der Rechtsprechung überhaupt keinen Gefallen, weil Richterinnen und Richter in ihrer Arbeitszeitgestaltung ja auch frei sind. Sie können ihre Akten mit nach Hause nehmen. Dann haben wir da ein schönes Gerichtsgebäude, aber die meiste Zeit - solange es die richterliche Unabhängigkeit zulässt - sind die Leute dann zu Hause, weil sie sich in diesem Gebäude so unglaublich - ich will einmal sagen - unglücklich fühlen.

Die Vertragsgestaltung - das hat Frau Grote angesprochen - ist darüber hinaus noch äußerst fragwürdig: mehr als 20 Jahre Laufzeit.

Wenn Sie hier schon die Ökologie bemühen - das haben Sie ja getan -, indem Sie darauf hinweisen, dass das Bredero-Hochhaus so wunderbar zentral liegt und Verkehrsbelastungen vermieden werden, dann gucken Sie sich einmal an, wie super dieses Gebäude energetisch optimiert ist. Das ist nämlich auch sehr fragwürdig, es ist über 20 Jahre alt.

Das Bredero-Hochhaus ist eine falsche Entscheidung, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber wahrscheinlich kommen wir von dieser falschen Entscheidung leider nicht mehr herunter.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Zielke von der FDP-Fraktion, Sie haben jetzt das Wort.