Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

sondern sie sind aus anderen Gründen aus der Statistik herausgefallen. Mehr als 20 000 Menschen gehen aktuell einer Arbeitsgelegenheit, ei

nem 1-Euro-Job nach. Das bedeutet: Sie haben keine dauerhafte und vor allen Dingen keine sozialversicherungspflichtige Arbeit. Den wenigsten

von ihnen gelingt im Anschluss der Sprung in den ersten Arbeitsmarkt. Statistisch gelten diese Menschen allerdings als versorgt. Sie werden nicht mehr in der Statistik erfasst.

Dass die Regionaldirektion für Arbeit leider weiterhin monatlich vermelden muss, dass Langzeitarbeitslose unterdurchschnittlich vom Aufschwung profitieren, zeigt, dass der Aufschwung nicht bei allen angekommen ist. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit stagniert weiter bei einem Drittel und damit auf hohem Niveau. Der Rückgang fällt weit schwächer aus als bei den Kurzzeitarbeitslosen. Bundesweit ist seit 2005, als die Arbeitsmarktreformen von Rot-Grün Wirkung entfalteten, die Zahl der Erwerbslosen, die ALG I beziehen, um 39 % zurückgegangen, während die Zahl der ALG-II-Bezieher in derselben Zeit leider nur um 8 % zurückging.

Meine Damen und Herren, das sind Fakten. Welche Lösung haben Sie?

Das Projekt Niedersachsen-Kombi erreicht mit

2 600 Menschen leider nur einen Bruchteil derjenigen, die in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden müssten. Es ist offensichtlich zu bürokratisch und zu wenig attraktiv. Darüber hinaus gibt es noch das Ost-Programm des ehemaligen Arbeitsministers Müntefering. Es hat so gut wie keine Bedeutung für unser Land. Über einen längeren Zeitraum muss eine Kommune eine Arbeitslosenquote von mindestens 15 % haben. Erst dann übernimmt der Bund dort die Hälfte des Bruttolohns von Langzeitarbeitslosen. Das trifft in Niedersachsen zum Glück nur auf Emden zu. Die vielen Langzeitarbeitslosen im Rest des Landes gehen bei diesem Programm leider leer aus.

Zielführender ist da schon die aktuelle Änderung des Sozialgesetzbuches II, die im Oktober in Kraft getreten ist. Rein rechnerisch könnten damit in Niedersachsen 10 000 Arbeitsplätze entstehen, die der Bund mit bis zu 75 % bezuschusst. Doch das reicht bei einer Langzeitarbeitslosenzahl von weit mehr als 100 000 in unserem Bundesland nicht aus. Allerdings ist zur erfolgreichen Umsetzung - selbst für diese 10 000 - das in unserem Antrag vorgeschlagene Vorgehen möglichst zügig im

Land einzurichten. Dazu müssten wir das heute beschließen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend diese zusätzlichen Maßnahmen. Und wir brauchen strukturelle Veränderungen, weil wir es mit Menschen zu tun haben, die in der Regel einfachere Tätigkeiten verrichten können und weil Langzeitarbeitslose nicht zu den Wunschkandidaten der Wirtschaft gehören, die wegen Fachkräftemangel händeringend Personal sucht. Wir haben es mit einer besonderen Klientel zu tun, die wir in unserem Antrag sehr genau beschreiben. Wir nennen auch die Maßnahmen, die geeignet sind, ihnen zu helfen. Wir haben zeitgleich immer weniger Jobs, die Menschen mit geringer Qualifizierung ausführen können, wofür sie gesucht und gebraucht werden.

Es ist deshalb grundfalsch, dass sich die Bundesregierung weigert, die Mittel der passiven Leistungen mit denen der Eingliederungsförderung aus einem Topf zu bewirtschaften. Da wird eine künstliche Grenze hergestellt. Gäbe es sie nicht, würden mehr Arbeit und weniger Arbeitslosigkeit finanziert werden.

Wir haben hier eine Gerechtigkeitslücke: Während der normale Arbeitslose mittlerweile durchaus

Hoffnung schöpfen kann, relativ rasch wieder in Arbeit zu kommen, resignieren Langzeitarbeitslose, weil sie trotz des Aufschwungs nur in 1-EuroJobs ohne Perspektive geparkt werden - wenn sie denn überhaupt einen 1-Euro-Job bekommen.

Unverständlich ist mir auch, warum man in Berlin einerseits das Arbeitslosengeld I verlängern will und gleichzeitig wieder verstärkt Arbeitslosigkeit statt Arbeit finanziert. Das passt auch nicht gerade zur wieder entdeckten sozialen Gerechtigkeit der SPD rund um Herrn Beck.

Weder die Große Koalition im Bund noch die Regierungskoalition hier in Niedersachsen schöpfen bisher ihre Möglichkeiten zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen aus. Das muss sich dringend ändern.

Meine Damen und Herren, Sie lehnen unseren Antrag vermutlich genauso wie im Ausschuss auch hier im Plenum heute ab. Wir bleiben aber im Interesse der Betroffenen weiter dran und werden das Thema hier wieder vorbringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt die Kollegin Konrath das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Niedersachsen setzt sich die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt auch in diesem Herbst weiter fort. Das ist eine gute Nachricht. Die Zahl der Erwerbslosen insgesamt nimmt stetig ab, mit Ausnahme der Sommermonate, die mit dem Quartalsende, Schulentlassung und Ausbildungsende für einen leichten Anstieg sorgten, waren Monat für Monat weniger Menschen in Niedersachsen arbeitslos.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Mai reduzierte sich die Arbeitslosenquote zum Vormonat um 4,3 %, von August bis September um 4,8 %. Im Oktober 2007 waren rund 57 000 Menschen - 57 000 ist eine tolle Zahl - weniger arbeitslos als im Oktober des Vorjahres. Erfreulich ist die Entwicklung der Arbeitslosigkeit Jüngerer unter 25 Jahre. Sie ging stärker zurück als in den Vorjahren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Handwerks-, Industrie- und Handelskammern melden 7 % mehr Ausbildungsverträge. Erfreulich ist, dass auch Langzeitarbeitslose von der positiven Entwicklung profitieren. Die Zahl der Erwerbslosen, die ein Jahr oder länger ohne Job waren, nahm Monat für Monat stetig ab, gegenüber Oktober 2006 sogar um 22,7 %.

(Beifall bei der CDU)

Das sind positive Zahlen, die wir alle erfreut zur Kenntnis nehmen. Allerdings ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Gesamtarbeitslosigkeit mit einem Drittel immer noch zu hoch und der Rückgang schwächer als im Durchschnitt aller Arbeitslosen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ja!)

Es ist unser Ziel, auch Langzeitarbeitslosen Perspektiven aufzuzeigen und sie langfristig in Beschäftigung zu bringen. Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto schwieriger gestaltet sich die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Die

Nachfrage der Unternehmen und Betriebe konzentriert sich verstärkt auf Fachkräfte. Hierbei haben ältere und gut ausgebildete Arbeitnehmer derzeit gute Chancen auf Einstellung. Ein beträchtlicher Teil der Langzeitarbeitslosen eignet sich aufgrund von Qualifikations- und Leistungsdefiziten oftmals nur für gering qualifizierte Tätigkeiten

im Niedriglohnbereich. Unser Motto lautet: Erster Arbeitsmarkt zuerst!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Um dieses Ziel auch im Hinblick auf die Langzeitarbeitslosen zu erreichen, sind wir weiterhin stark gefordert. In Niedersachsen haben wir seit dem 1. Juli 2006 den Niedersachsen-Kombi eingeführt. Die Kombination aus Lohn und staatlichen Hilfen hat sich als erfolgversprechend zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen geringer qualifizierter und wettbewerbsschwächerer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezeigt, und zwar im ersten Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der CDU)

Mehr als 2 600 langzeitarbeitslose Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfänger konnten von Juli 2006 bis September 2007 in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen vermittelt werden, sieben von zehn geförderten Personen in unbefristete Arbeitsverhältnisse, drei Viertel davon in Vollzeitjobs.

Diese Zahlen zeigen, welches Beschäftigungspotenzial auf dem ersten Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte besteht. Es gilt, die Möglichkeiten dieses Förderinstruments weiter auszuschöpfen. Durch die Verknüpfung von Zuschüssen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie durch den Qualifizierungszuschuss bietet der Niedersachsen-Kombi Chancen für die Schaffung

weiterer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse und damit Eingliederung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern in den ersten Arbeitsmarkt.

Ich verweise noch einmal auf die von der NBank koordinierten Maßnahmen „Arbeit durch Qualifizierung“ und „Dynamische Integration in den Arbeitsmarkt“. Der Bund hat mit dem Beschäftigungszuschuss nach § 16 a SGB II zum 1. Oktober dieses Jahres eine neue Förderung eingeführt, die in Niedersachsen von den 35 ARGEn und 12 Optionskommunen umgesetzt wird. Bundesweit sollen

damit 100 000 sozialversicherungspflichtige Ar

beitsplätze in gemeinnützigen Einrichtungen geschaffen werden. Damit entfällt auf Niedersachsen ein erheblicher Anteil; Herr Hagenah sagte schon: etwa 10 000, wenn es gut läuft.

Sie sehen, es wird im Interesse der betroffenen arbeitslosen Menschen längst gehandelt. Die Programme und ihre Finanzierungen sind vorhanden. Warum Sie Ihren Antrag nicht längst zurückgezo

gen haben, ist uns unverständlich. Die Grundlage ist nicht gegeben, die Finanzierung steht in den Sternen.

Doch eines sei angemerkt. Die besten Programme nutzen nichts, wenn es nicht gelingt, die Arbeitsuchenden mit den Betrieben zusammenzubringen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe im September und Oktober dieses Jahres einen Auszubildenden für das Programm

„2 000 x 2 500“ gesucht. Ein ausbildender Betrieb hatte sich an mich gewandt, weil er mithilfe der Arbeitsagentur keinen Auszubildenden fand. Ich hielt es anfangs für eine leichte Aufgabe, den begehrten Ausbildungsplatz eines Groß- und Außenhandelskaufmanns zu besetzen. Ich musste feststellen, dass es unter Einschaltung aller möglichen Fördereinrichtungen zur Vermittlung von arbeitslosen jungen Menschen, die es hier in Hannover und in der Region Hannover gibt, immerhin sechs Wochen dauerte, einen Auszubildenden für diesen Platz zu finden.

Hier haben wir noch vieles zu tun, die Arbeitsuchenden möglichst schnell und effizient mit den Betrieben zusammenzubringen. Insofern gebe ich Ihnen recht, Herr Hagenah: Zum Ausruhen ist nicht die Zeit. Es sind weiterhin volle Anstrengungen von uns allen gefordert. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Hermann das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Arbeitslosenquote von 9,6 % auf 8,1 %. Bei den Arbeitslosen über 50 Jahre ging die Zahl gegenüber dem Monat Oktober 2006 sogar um 15,7 % zurück. Deutlich ist auch der Rückgang der Zahl der Langzeitarbeitslosen; Frau Konrath erwähnte das

schon. Hier gibt es sogar einen Rückgang von 22,7 %.

Diese Zahlen zeigen deutlich - ich wiederhole gerne meine Aussage vom Juni -: Wachstum ist die beste Arbeitsmarktpolitik.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das haben die nicht begriffen!)