Wer den Antrag in der Fassung des Änderungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 4214 annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Zweite war die Mehrheit. Somit ist der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.
Wer den Antrag in der Fassung des gemeinsamen Änderungsantrags der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP in der Drucksache 4226 annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.
Da der soeben angenommene gemeinsame Änderungsantrag der weiter gehende ist, ist der Antrag in der Drucksache 4186 nach § 39 Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung des Landtages abgelehnt.
Zu diesem Antrag findet antragsgemäß die erste Beratung statt. Eingebracht wird dieser Antrag von der Abgeordneten Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung hat in keinem anderen Politikfeld so versagt wie in der Flüchtlingspolitik.
Das hat der Rücktritt zweier Mitglieder der Härtefallkommission eindrücklich bestätigt. Seit Antritt dieser Landesregierung müssen wir Grüne immer wieder dagegenhalten, um für mehr Flüchtlingsrechte, für mehr Respekt vor der Lebenssituation der Flüchtlinge und einfach für mehr Menschlichkeit zu kämpfen. Meine Damen und Herren von
CDU und FDP, ich fordere von Ihnen ein Bekenntnis: Wollen Sie den abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern - es geht um die abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerber - in Härtefällen eine Perspektive bieten: ja oder nein?
Ich weiß, viele couragierte Bürgerinnen und Bürger haben Ihnen, Herr Minister Schünemann, das Leben zu Recht schwer gemacht. Darauf sind wir wahrlich stolz. Aber nicht nur von dieser Seite haben Sie Druck bekommen, nein, auch in Ihren eigenen Reihen kann man Ihre Politik nicht mehr mit ansehen.
Meine Damen und Herren, die Härtefallkommission hat der Innenminister wider Willen eingerichtet. Das wissen wir. Entsprechend sieht die Verordnung dazu auch aus. Herr Schünemann, Sie haben mit dieser Verordnung eines bewiesen: Den Sinn einer Härtefallkommission, eine Entscheidung nach humanitären Gesichtspunkten dort herbeizuführen, wo die übrigen Institutionen und Verfahren der besonderen Härte eines Falles nicht gerecht werden konnten, haben Sie noch nicht verstanden.
Sie schließen, Ihrer unbegründeten und diffusen Angst vor Zuwanderung in die Sozialsysteme folgend, sozial Schwache vom Zugang zur Härtefallkommission aus. Sie lassen Kinder für ihre Eltern haften, und Sie schreiben - das wurde in dieser Woche auch von Herrn Schmalstieg als Kommissionsmitglied ausdrücklich kritisiert - eine Dreiviertelmehrheit für eine Anerkennung als Härtefall vor. Das ist mehr, als man für eine Verfassungsänderung braucht.
Sie schließen die Fälle, bei denen schon ein Abschiebetermin feststeht oder bereits Abschiebehaft angeordnet wurde, von der Behandlung in der Kommission aus. Diese Kriterien sprechen aber nicht gegen einen Härtefall, und sie sollten auch nicht gegen einen Härtefall sprechen. Das sollten Sie doch aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt haben.
Ich sage es noch einmal ganz deutlich. Das Härtefallverfahren soll - ich zitiere § 23 a des Aufenthaltsgesetzes
„abweichend von den in diesem Gesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltser
„dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet
Abweichend! Meine Damen und Herren, deshalb brauchen wir endlich eine Kommission, die humanitären Grundsätzen entspricht.
Nur damit können wir ihrem Zweck gerecht werden und ähnliche Anerkennungszahlen wie die anderen Bundesländer erreichen. Aus diesen Gründen schließen sich die Grünen der Kritik der Kirchen, der kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften und der Wohlfahrtsverbände an. Herr Famulla vom Paritätischen hat Recht, wenn er die Ausschlusskriterien als - ich zitiere - viel zu streng und rigoros bezeichnet und die unter allen Regelungen in den Bundesländern wohl einzige Sippenhaftregelung kritisiert.
Eine breite Front der Kritik, der auch Herr Flitta von der Arbeiterwohlfahrt und Superintendent Meyer aus Hameln angehören, erhebt sich gegen die Strangulierung der Kommission. Da ist angesichts der - Zitat Superintendent Meyer bundesweit
geringsten Fallzahl von einer - Zitat Flitta - Farce die Rede. Und was machen Sie, Herr Innenminister Schünemann? - Sie geben sich verwundert und verweisen auf das Bleiberecht, das ja ach so viele Fälle gelöst habe.
Dass aber auch dieses Instrument, Herr Schünemann, in seiner Entstehung aufs Schärfste bekämpft wurde und in seiner Anwendung ignoriert und sabotiert wird, muss hier noch einmal deutlich gesagt werden, um die Verhältnisse ins rechte Licht zu rücken.
Aber, meine Damen und Herren, der Gipfel der Kaltschnäuzigkeit kam von Ministeriumssprecher Engemann. Meine Damen und Herren, ich zitiere
Damit hat sich das also, Herr Schünemann. So gehen Sie mit ehrenamtlichen Mitgliedern einer von der Landesregierung eingerichteten Kommission um. Es ist beschämend, wie wenig Ihnen dieses Engagement bedeutet. Ich wage nicht, die Zahl der Tage und Wochenenden abzuschätzen, die Mitglieder in ihre Kommissionsarbeit investieren. Ja, dieses Engagement ist Ihnen sogar ein Dorn im Auge. Dessen bin ich mir absolut sicher.
Herr Minister Schünemann, für Sie bedeutet die Härtefallkommission scheinbar: Härte zeigen! - Für uns und für die Mitglieder der Härtefallkommission ist diese als Instrument der humanitären Lösungen zu verstehen. Deshalb fordern wir Sie und die Damen und Herren von der CDU und der FDP mit unserem Antrag auf: Ändern Sie die Verordnung! Die Kommission braucht Luft zum Atmen. Das haben die Mitglieder eindeutig gesagt. Sie brauchen Luft zum Atmen, und ihre Mitglieder brauchen Raum zum Handeln. Stimmen Sie unserem Antrag zu, der die Kritik der Kommissionsmitglieder aufgreift, und brechen Sie das Korsett der Kommission auf, in dem die Menschlichkeit zu ersticken droht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit nunmehr einem Jahr und zwei Monaten haben wir in Niedersachsen eine Härtefallkommission. Diese Kommission arbeitet objektiv, intensiv und hervorragend. Mit den Härtefalleingaben ist sie intensivst beschäftigt. Das ist ein gutes Zeichen für unser Land.
Nun mussten wir vor einigen Wochen leider vernehmen, dass der Vertreter der Wohlfahrtsverbände und sein Stellvertreter die Arbeit in der Härtefallkommission nicht mehr weiterführen möchten. Dieser Ausstieg war im Vorfeld nicht erkennbar. Meine Damen und Herren, wer würde außer der taz einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Landtagswahl sehen?
Meine Damen und Herren, auf Basis des Beschlusses der Innenministerkonferenz und entsprechend der niedersächsischen Bleiberechtsanordnung vom 6. Dezember 2006 haben in Niedersachsen insgesamt 2 381 ausreisepflichtige Ausländer ein auf Dauer angelegtes Bleiberecht erhalten. Hierdurch wurde ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen mit langjährigen Aufenthalten in Deutschland die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 30. September 2007 eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen. Diese Bilanz bestätigt den seit Anfang des Jahres erkennbaren positiven Trend bei der Entwicklung der Bleiberechtszahlen. Viele weitere ausreisepflichtige Ausländer profitieren darüber hinaus von der gesetzlichen Bleiberechtsregelung des Bundes, nach der noch bis Ende 2009 Aufenthaltserlaubnisse beantragt werden können.
Diese positive Entwicklung ist der Grund dafür, dass sich die Zahl der Fälle zur Bearbeitung in unserer Härtefallkommission erheblich reduziert hat. Das wird auch dazu führen, dass sie sich auch in Zukunft reduzieren wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kritik der Opposition, die Härtefallkommission berate im Vergleich zu anderen Ländern nur eine relativ geringe Zahl von Eingaben, ist haltlos. Aufgrund der vielen positiven Veränderungen im Bleiberecht verzeichnen wir einen realen Rückgang der Zahl der Eingaben, wie eben schon beschrieben. Sie sehen daher, dass dies überhaupt nichts mit den Verfahrensregeln der Härtefallkommission zu tun hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es ist wirklich sehr schade, dass Sie bei Ihren Recherchen so unprofessionell vorgegangen sind und den Vergleich anderer Länder mit Niedersachsen so fehlerhaft dargestellt haben. Sie wissen, dass wir beispielsweise die Eingaben, die sich durch das geänderte Bleiberecht erledigt haben, nicht in unsere Statistik aufnehmen; andere Länder tun das sehr wohl.
Meine Damen und Herren, warum wollen Sie eigentlich den Eindruck erwecken, dass diese Härtefallkommission inhumane Bedingungen zur Grundlage hat? - Ich sage es Ihnen: Weil das in Ihr Weltbild passt, weil wir kurz vor der Landtagswahl stehen und weil Sie jede Chance, aber auch wirklich jede Chance nutzen, um negative Aspekte zu konstruieren und diese auch noch in die Öffentlichkeit zu transportieren.
(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir wären froh, wenn die Härtefallkommission funktionieren würde! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)