Wir sind gewaltig hinter unserer Zeitplanung, nämlich um eine Stunde. Ich darf Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen vereinbart haben, den Tagesordnungspunkt 23 - Stichwort: DDR-Unrechtsregime ohne Aussprache zu behandeln und den Tagesordnungspunkt 20 - Programm zur Finanzierung von Arbeit statt Arbeitslosigkeit - unmittelbar nach der Mittagspause zu behandeln.
sichern - Landesregierung muss den Karmann-Beschäftigten zur Seite stehen - Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/4225
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das kann doch nicht sein! Wir haben den Antrag veranlasst! - Weitere Zurufe)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 1. Oktober erfuhr die Region Osnabrück, dass die Firma Karmann in Rheine und Osnabrück 1 770 Arbeitsplätze abbauen will. Damit nicht genug: Wenn bis zum 1. Juli 2008 kein neuer Fahrzeugauftrag eingeht, muss der Fahrzeugbau in Osnabrück komplett eingestellt werden. Das hätte weitere 750 Entlassungen zur Folge. Mit den Betroffenen der Zulieferbetriebe geht es dann um ca. 14 000 Arbeitsplätze.
Hiobsbotschaften hat es in der jüngsten Vergangenheit einige gegeben. Durch „Anpassungsmaßnahmen“, wie es so schön heißt, sind bis 2004 schon 2 500 Arbeitsplätze abgebaut worden. Heute sind bei Karmann noch 3 500 Menschen beschäftigt. Bis 2004 waren es 7 000.
Das Unternehmen ist immer noch der größte Arbeitgeber in der Region Osnabrück. Wir wollen, dass das so bleibt.
Menschen am 3. November gezeigt. Oberbürgermeister Boris Pistorius hat dort deutlich gemacht, es dürfe nicht sein, dass in Osnabrück Arbeitsplätze verloren gingen, weil anderswo falsche Entscheidungen getroffen würden.
Er hat völlig recht. Karmann hat viele Jahre innovative und hochwertige Produkte geliefert und sich besonders durch Flexibilität ausgezeichnet. Davon hat die deutsche Automobilindustrie profitiert. Wir erwarten, dass sich die Vorstände jetzt daran erinnern - und auch daran, dass sie eine volkswirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Mitverantwortung tragen.
Die Firma Karmann ist kein Sanierungsfall. Sie gehört z. B. bei den Patentanmeldungen zu den 50 erfolgreichsten Unternehmen bundesweit. Kar
mann ist ein modernes und äußerst konkurrenzfähiges Unternehmen, das nur eines braucht: Aufträge, und zwar jetzt. Wenn sich die Manager der deutschen Automobilindustrie in einigen Jahren an Karmann erinnern, wird es zu spät sein. Für hochwertige Produkte braucht man hochqualifiziertes Personal. Noch ist es vorhanden.
Ein solches Unternehmen zugrunde gehen zu lassen, wäre auch volkswirtschaftlicher Unsinn. Deshalb gilt es für den Erhalt zu kämpfen.
Alle müssen dazu ihren Beitrag leisten. Mit dieser Forderung ist der Ministerpräsident dieses Landes ganz besonders gemeint.
Herr Wulff, es reicht nicht, in Interviews festzustellen, Karmann sei für Ihre Regierung das größte ungelöste Problem, auch wenn Geschäftsführung und Betriebsrat wissen, dass am Ende kein Politiker in der Lage ist, einen Auftrag zu erteilen. Sie haben durch Ihren Sitz im Aufsichtsrat von VW mehr Möglichkeiten als andere politisch Verantwortliche.
Frühere Ministerpräsidenten haben diese besonderen Möglichkeiten auch im Interesse von Karmann erfolgreich genutzt. Das erwarten wir und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens auch von Ihnen.
Wir müssen allerdings feststellen, dass Ihr Agieren bei VW zu klimatischen Verstimmungen geführt hat, die keine gute Voraussetzung für eine Vermittlung in dieser Angelegenheit sind.
Trotzdem erwarten wir, dass Sie Ihrer Verantwortung gerecht werden und dabei keine Rücksicht auf Ihren Koalitionspartner nehmen.
(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Was hat die FDP damit zu tun? Wer hat Ihnen das denn aufge- schrieben?)
Gestern haben wir in der Aktuellen Stunde, bezogen auf VW, von Herrn Rösler gehört, das Land solle sich aus der Wirtschaft heraushalten und der Markt werde es schon regeln. In unserem Antrag werden deshalb Sie besonders angesprochen,
Herr Ministerpräsident. Herr Hirche kommt nicht vor, auch wenn er ebenfalls im Aufsichtsrat von VW sitzt, weil wir von ihm in dieser Angelegenheit nichts erwarten.
(Reinhold Coenen [CDU]: Was haben Sie denn getan? - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Worüber reden wir hier eigentlich?)
Bisher haben wir aus dem Wirtschaftsministerium nichts auch nur annähernd Konstruktives zu diesem Thema gehört.
(Norbert Böhlke [CDU]: Hier geht es um die Arbeitnehmerinteressen! - Zu- ruf von der CDU: Das ist doch uner- träglich!)
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat die Initiative ergriffen, dass sich der Landtag mit Karmann befasst. Es ist gut, dass die anderen
Fraktionen dies unterstützen; wir bedanken uns dafür ausdrücklich. Aus unserer Sicht hätte in dem Entschließungsantrag deutlicher zum Ausdruck
kommen sollen, was wir von der Landesregierung insgesamt erwarten. Leider waren die Mehrheitsfraktionen dazu nicht bereit. Aber im Interesse eines starken einvernehmlichen Signals dieses Landtages haben wir unsere Bedenken zurückgestellt.
Osnabrück und seine Region sind ein starker Wirtschaftsstandort. Wir haben starke und leistungsfähige Unternehmen. Unsere Hochschulen bilden hervorragende Fachkräfte aus und geben gute Impulse in die Wirtschaft. Der Abzug der britischen Streitkräfte wird in den nächsten Jahren zusätzlich erhebliche Entwicklungschancen bieten. Insofern brauchen Osnabrück und die Region kein Mitleid. Wir brauchen Aufträge für ein Unternehmen mit einer langen Tradition,
auf das wir stolz sind und das die Region wesentlich mitgeprägt hat. Osnabrück und die Region wollen auf Karmann nicht verzichten. Dasselbe sollte für das Land Niedersachsen gelten.
Da wir diesen Antrag gemeinsam formuliert haben und uns sicherlich auch einig sind, dass es keinen Beratungsbedarf in den Ausschüssen gibt, beantrage ich sofortige Abstimmung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Graschtat, ich fand es unglaublich, was Sie hier abgeliefert haben.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das die Meinung Ihrer Fraktion ist. Herr Jüttner hatte doch - ich zitiere aus dem Rundblick - noch gestern gesagt, das Thema Karmann eigne sich nicht für einen Streit zwischen Opposition und Regierung im Niedersächsischen Landtag. Genau so sind wir es angegangen. Ich hatte schon den Eindruck, dass Sie hier alle Gemeinsamkeiten aufkündigen, indem Sie eine solche Schärfe in die Diskussion bringen.