Meine Damen und Herren, ich stelle deshalb fest: Die sächliche und die personelle Ausstattung, die wir der Justiz mit dem Haushalt 2008 zur Verfügung stellen, wird der Belastungssituation der Gerichte gerecht. Sie ist angemessen. Die Justiz ist und bleibt bei uns in Niedersachsen in guten Händen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Eckdaten der Justiz sind den Eingeweihten bekannt; sie sind hier auch schon angesprochen worden. Gut 1 Milliarde Euro geben wir in Niedersachsen für den Rechtsstaat aus. Damit bezahlen wir Richterinnen und Richter, Staats- und Amtsanwälte, Rechtspfleger, Bewährungshelfer
und nicht zuletzt auch Anstaltsleiter und Vollzugsbedienstete. Einen großen Teil refinanziert die Justiz durch Strafgelder und Bußgelder selbst. Insgesamt fließen der Justiz 3 % des Gesamthaushalts zu. Mehr ist uns in Niedersachsen der Rechtsstaat nicht wert.
Trotz chronischer Unterfinanzierung - wir wissen ja aufgrund unserer Gespräche mit den Richterinnen und Richtern oder den Staatsanwälten, dass die Arbeitsbelastung hoch ist - ist unser Rechtssystem immer noch ein gutes. Das ist ein großer Standortvorteil. Unser Rechtssystem genießt in der Bevölkerung auch ein großes Vertrauen. Dieses Vertrauen sollten wir auch nicht durch das ständige Fordern nach weiteren Reformen, Veränderungen und Zwangsumzügen auf Spiel setzen. Wenn wir mit den Richterinnen und Richtern sowie den Verbänden sprechen, hört man sehr häufig: Lasst uns einfach mal in Ruhe, wir sind sehr reformmüde!
Es wäre gut, wenn die Politik die Justiz einfach einmal gut ausstatten und in Ruhe arbeiten lassen würde. Weniger, dafür aber bessere Gesetze wären wirklich von Vorteil. Ich kann nicht erkennen, dass die niedersächsischen Gesetze in dieser Legislaturperiode verständlicher, besser oder
rechtssicherer geworden wären. Sie haben sich wirklich viele Niederlagen vor den Verfassungsgerichten eingefahren.
- Herr Busemann, soll ich Ihnen das einmal aufzählen? - Polizeigesetz, Mediengesetz, Rundfunkstaatsvertrag, nachträgliche Sicherungsverwah
rung, Lüchow-Dannenberg-Gesetz. Ich kann gerne die ganze Palette auflisten. Aber Sie müssten das eigentlich selber wissen; denn Sie sind ja Rechtsanwalt und Notar. Es waren eine ganze Menge Verfahren vor den höchsten Gerichten anhängig, vor dem Bundesverfassungsgericht und vor dem Staatsgerichtshof.
Natürlich darf die Justiz weder effizienzblind sein noch betriebswirtschaftliche Elemente übersehen. Aber das macht sie auch nicht. Wir haben eine in diesem Bereich relativ aufgeschlossene Justiz. Wir haben die Kosten-Leistungs-Rechnung, und außerdem verfügt die Justiz über eine gute
IT-Ausstattung. Die Gerichte befinden sich aber nach wie vor in einem schlechten baulichen Zustand, energetisch und auch ästhetisch. Mit besten Grüßen aus dem Bredero-Hochhaus!
Nachdem das MJ sehr lange darauf hingewiesen hat, dass die personelle Ausstattung ganz wunderbar sei und dass vor diesem Hintergrund nichts geändert zu werden brauche, statten Sie die Justiz nun aber doch mit etwas mehr Personal aus, weil Ihnen das Bundesverfassungsgericht eine Rüge ausgesprochen hat. Es ist nicht korrekt, Kollege Biester, wenn Sie sagen, dass das ein Ausnahmefall gewesen sei und dass das immer und immer wieder einmal passieren könne. Das hängt schlicht und ergreifend damit zusammen, dass insbesondere die Gerichte in Hannover chronisch überlastet sind und einfach nicht genug Personal haben. Dann kommt es dazu, dass die Leute 18 Monate in U-Haft sitzen und in solchen Fällen eine Haftbeschwerde vor dem Verfassungsgericht natürlich Erfolg hat. Wenn Sie die Justiz vernünftig ausstatten, kommt es dazu nicht; das ist doch gar keine Frage.
Auch bei den Sozialgerichten haben Sie nachgesteuert. Der Sozialgerichtsbarkeit sind aber eben auch zahlreiche neue Arbeitsfelder zugewiesen worden. Von daher war das auch dringend notwendig.
rechtspolitische Großreform jedenfalls ist ad acta gelegt worden. Das ist aber auch kein wirklicher Schaden. Vor allem im Bereich Rechtspflege und Rechtswesen sind Privatisierungen eine hochsensible Angelegenheit. Man kann durchaus darüber diskutieren, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben reduziert. Aber in seinen hoheitlichen Aufgaben darf man den Staat nicht wirklich entkernen. Das ist das wirklich Fragwürdige an der Politik, die Sie hier praktizieren: dass Sie das Gewaltmonopol des Staates immer wieder in Frage stellen, z. B. beim Maßregelvollzug, bei der Privatisierung von Gefängnissen oder auch bei der Privatisierung von Gerichtsvollziehern. Das ist auf jeden Fall falsch. Wir werden diese Maßnahmen auch nicht mittragen.
Einen Satz noch zum konservativen Staatsverständnis insgesamt: Das Spannungsfeld zwischen Rechtsstaat, Sozialstaat und Präventionsstaat ist in diesem Land aus dem Ruder gelaufen. Sie sind hier ja mit der Ansage angetreten, Sie wollten mehr Effizienz, Sie wollen den schlanken Staat durchsetzen. Im Bereich der inneren Sicherheit gilt
In diesem Zusammenhang will ich auch noch einmal Kritik an der FDP äußern. Herr Bode hat das mit seinem Redebeitrag eben noch einmal sehr deutlich gemacht. Sie sparen im Bereich der inne
ren Sicherheit überhaupt nichts ein. Da rüsten Sie den Staat ständig auf. Da wollen Sie den großen Staat, da soll der Staat seine ganze Kraft und Herrlichkeit entfalten. Beim Rechtsstaat aber, der die Bürgerinnen und Bürger sowie die Grundrechte schützen soll, legen Sie auch gern einmal die Axt an. Jedenfalls mergeln Sie den Staat in diesem Bereich merklich aus. Daran erkennt man, wie sonderbar das ist. Sie wollen den starken Staat im Hinblick auf die innere Sicherheit, Sie wollen aber den schlanken Staat im Hinblick auf die Bürgerrechte. „Starker Staat und schwache Bürger“ - das ist das Staatsverständnis der Konservativen.
Da muss man wirklich Kritik an der FDP üben. Sie haben wenig getan, um den Rechtsstaat in diesem Land effektiv zu verteidigen. Was Sie hier abgeliefert haben, ist ziemlich armselig gewesen.
schlichtung. Es ist sehr schade, was in diesem Bereich passiert ist. Wir haben dort ein sehr innovatives Feld, auf dem auch Geld gespart werden könnte. Es geht da um Eigenverantwortlichkeit, ein Wort, das Sie sonst ja sehr gern in den Mund nehmen. Es geht um die eigenverantwortliche Konfliktschlichtung. Auf diesem wirklich sehr interessanten rechtspolitischen Feld ist in den letzten fünf Jahren aber wirklich gar nichts passiert, überhaupt nichts. Einmal im Jahr wird ein Kongress veranstaltet, aber der Täter-Opfer-Ausgleich ist nicht weiterentwickelt worden. Sie haben zwar ein Mediationsgesetz in den Landtag eingebracht,
aber das haben wir nicht ein einziges Mal andiskutiert, weil Sie mit Ihrem Strafvollzugsgesetz die ganze sonstige rechtspolitische Debatte lahmgelegt haben.
Im Bereich des Strafvollzugsgesetzes - darüber haben wir gestern hier diskutiert - könnte man, wenn man etwas mutiger wäre, wirklich sehr viel Geld sparen. Man könnte mehr ambulante Sanktionen durchsetzen. Das würde wirklich Geld sparen. Wissen Sie, was ein Gefängnis kostet? Ein Gefängnis kostet 100 Millionen Euro. Sie haben jetzt bei der Privatisierung oder Teilprivatisierung
sage Ihnen: Was Sie machen, ist nicht gut, und da werden wir definitiv nicht mitgehen. Haft ist wirklich eine unglaublich teure Sanktion. Es ist sehr schade, wenn wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermitteln können, dass diese Sanktion definitiv viel zu teuer ist. Man könnte in dem Bereich sehr viel Geld sparen.
Die Zeit für die Rechtspolitik ist schon wieder abgelaufen. Das ist sehr schade und bedauerlich. Die Justiz in Niedersachsen hätte eigentlich mehr verdient - mehr Aufmerksamkeit und auch mehr Mittel. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Jahr schon einmal, nämlich im Nachtragshaushalt für 2007, unter Beweis gestellt, dass uns die schwierige personelle Situation der niedersächsischen Justiz und speziell der Gerichte am Herzen liegt. Insgesamt 27 neue Stellen bei den Sozialgerichten haben wir damals eingerichtet - nach 49 zusätzlichen Stellen in 2006. Für 2008 haben wir als Fraktion über den Haushaltsentwurf unserer Regierung hinaus beschlossen, sechs
In den vergangenen Jahren haben wir an vier Orten in Niedersachsen neue Staatsanwaltschaften mit dem Schwerpunkt Korruptionsbekämpfung
geschaffen. Das ist eine Spezialisierung, wie es sie vorher in Niedersachsen nicht gab. Für 2008 richten wir, wiederum über den Regierungsentwurf hinaus, zwei weitere Stellen für Staatsanwälte neu ein. Hinzu kommen außerdem auf Initiative der Fraktionen zehn neue Stellen für Amtsanwälte, die die Staatsanwaltschaften in strafgerichtlichen Verfahren bei den Amtsgerichten vertreten.
Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Genug ist das noch nicht; denn Gerechtigkeit bedeutet Gerechtigkeit für jedermann.
Die Menschen haben ein Recht auf Gerechtigkeit in angemessener Zeit, seien sie nun Angeklagte, Kläger oder auch Opfer. Man mag in unserer Justiz einen Moloch mit feinsten Verästelungen sehen, wie unsere Justizministerin vor vier Jahren in diesem Hohen Hause formuliert hat, aber solange die Gesetze und Rechtswege so kompliziert sind, wie sie sind - die Parlamente und unsere Regierungen sind an diesem Zustand nicht unschuldig -, haben wir die Pflicht, den Bürgern diese Rechtswege erträglich zu gestalten.
In diesem Zusammenhang ein Wort zu „Pebbsy“, dem Personalbedarfsberechnungssystem in der Justiz. „Pebbsy“ ist kein Ersatz für eine ausreichende Ausstattung der Justiz. Neue Erhebungen nach neuen Kriterien würden auch kaum überraschende neue Ergebnisse zutage fördern, was die Belastung der Gerichte ebenso wie der meisten anderen staatlichen Bereiche der Justiz betrifft. Helfen werden nur weitere Rechtsvereinfachungen und Bürokratieabbau. Bürokratieabbau ist aber im Rechtsbereich nur begrenzt möglich.
Wie komplex und zwiespältig solche Versuche sein können, Bürokratie abzubauen, haben wir in den letzten Jahren bei der Abschaffung der Widerspruchsverfahren gesehen. Das Ziel der Rechtsvereinfachung haben alle mitgetragen. Aber die Maßnahme hat zu einer deutlichen Zusatzbelastung der Gerichte mit Klagen geführt, die früher im Vorverfahren geklärt werden konnten. Vielleicht ist der Anstieg der Klagen ein vorübergehendes Phänomen. Wir werden die wissenschaftliche Evaluation abwarten und in der nächsten Legislaturperiode zu überlegen haben, wo sich die Vereinfachung tatsächlich gelohnt hat und was wir gegebenenfalls ändern sollten.
Zurück zum Geld. Hoffentlich haben wir in Zukunft größere finanzielle Spielräume. Wir haben getan, im Bereich der Justiz wie auch sonst, was angesichts der ererbten roten Haushaltskatastrophe möglich war, aber wir sind auf einem guten Weg.
Nicht Haushaltserwägungen waren es in erster Linie, die diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen zu dem Plan bewogen haben, die hannoverschen Fachgerichte räumlich zusammenzufassen, sondern es geht darum, Gerichte als Orte, wo Recht für die Bürger gesprochen wird, bürgerfreundlich zu gestalten, sie also zentral und gut erreichbar anzusiedeln.
Vieles, was wir wollen und was sinnvoll wäre, liegt nicht in unserer Hand, weil es Bundesrecht ist. Keine Frage, es ist absolut richtig, dass wir in Deutschland ein einheitliches Rechtssystem haben. Unsere Justizministerin hat viele Initiativen ergriffen - in der Öffentlichkeit, über die Justizministerkonferenz der Länder, durch Bundesratsinitiativen -, um offensichtliche Fehlentwicklungen
und Auswüchse in unserem Rechtssystem zu thematisieren und zu korrigieren. Als Beispiele nenne ich die Prozesskostenhilfe, die große Justizreform, die Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten, die Neuordnung der Juristenausbildung. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sind nicht müde geworden, darauf hinzuweisen, zum Teil mit Häme, dass diese Initiativen bisher kaum zu greifbaren Ergebnissen geführt haben. Aber wenn Max Webers Wort vom geduldigen Bohren dicker Bretter irgendwo seine Berechtigung hat, dann bei Veränderungen im Rechtsbereich.
Unser Recht ist sehr ausgeformt. Reformen des Rechts sind sinnvoll, wenn sie neue Entwicklungen in der Gesellschaft aufgreifen. Solche Entwicklungen vollziehen sich meist sehr allmählich. Insofern ist jugendlicher Tatendrang, Herr Briese, bei Reformen des Rechts kein guter Ratgeber. Vielmehr ist es eine der wichtigsten Aufgaben von Rechtspolitik, als Politikerin oder Politiker zunächst einmal zu versuchen, die Öffentlichkeit für ein Problem zu sensibilisieren und so einen Auffassungswandel in der einen oder anderen Rechtsmaterie einzuleiten. Deshalb ist es gut, wenn unsere Justizministerin beharrlich und unbeirrt auf Reformen drängt, statt sich darauf zu beschränken, das Bestehende zu verwalten.