Unser Recht ist sehr ausgeformt. Reformen des Rechts sind sinnvoll, wenn sie neue Entwicklungen in der Gesellschaft aufgreifen. Solche Entwicklungen vollziehen sich meist sehr allmählich. Insofern ist jugendlicher Tatendrang, Herr Briese, bei Reformen des Rechts kein guter Ratgeber. Vielmehr ist es eine der wichtigsten Aufgaben von Rechtspolitik, als Politikerin oder Politiker zunächst einmal zu versuchen, die Öffentlichkeit für ein Problem zu sensibilisieren und so einen Auffassungswandel in der einen oder anderen Rechtsmaterie einzuleiten. Deshalb ist es gut, wenn unsere Justizministerin beharrlich und unbeirrt auf Reformen drängt, statt sich darauf zu beschränken, das Bestehende zu verwalten.
Wo diese Koalition aus FDP und CDU die Möglichkeit hatte, neues Recht zu setzen, nämlich beim Strafvollzug, haben wir das getan - beherzt und mit Augenmaß zugleich. Das niedersächsische Justizvollzugsgesetz, das wir gestern beschlossen haben, wird sich in der Praxis bewähren müssen. Ich bin sicher: Es wird sich im Großen und Ganzen bewähren.
Das Gesetz weicht inhaltlich an einigen wichtigen Stellen vom ursprünglichen Regierungsentwurf ab. Darauf ist Frau Peters gestern ausführlich eingegangen. Es ist jetzt in der Tat ausgewogen und homogen.
Zu diesen Änderungen haben - das darf ich in aller gebotenen Bescheidenheit feststellen - auch die konstruktiven rechtspolitischen Vorstellungen meiner Fraktion entscheidend beigetragen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Satz zu den Ausführungen des Kollegen Briese. Herr Kollege Briese, Sie versuchen ständig in diesem Haus, einen Konflikt zwischen innerer Sicherheit und Rechtsstaat zu konstruieren, was völlig verfehlt ist.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Den gibt es ja! Wir können doch nicht so tun, als ob es den nicht gebe!)
Innere Sicherheit ist ein unverzichtbares Element des Rechtsstaates. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen; ansonsten sind Sie auf einem völlig falschen Kurs.
Ein wichtiger Punkt der inneren Sicherheit ist der Strafvollzug. Der Strafvollzug in Niedersachsen ist ausgesprochen gut aufgestellt. Er hat in den
nächsten fünf Jahren alle Chancen, exzellente Arbeit zu leisten. Das liegt insbesondere daran, dass diese Landesregierung sehr konsequent alle Fehl- und Missstände abgebaut hat, die vor fünf Jahren bestanden haben. Wir haben die Überbelegung abgebaut, indem wir zwei der modernsten neuen Haftanstalten in Deutschland gebaut haben. Hier haben wir zig Millionen investiert. Durch die Einführung von Sicherheitsstufen haben wir die Sicherheit verbessern können, auch weil wir die sicheren Haftanstalten haben. Damit haben wir die
Wir haben ein neues Justizvollzugsgesetz. Wenn Herr Briese von „ambulanten Sanktionen“ spricht, bedeutet das nichts anderes, als dass er Menschen, die zurzeit aufgrund eines Gerichtsurteils inhaftiert sind, freilassen möchte. Das bedeutet diese verklausulierte Formulierung „ambulante Sanktionen“.
Wir haben Vollbeschäftigung in den Haftanstalten erreichen können. Das ist für uns in der Tat Teil eines Programms. Wir möchten den Menschen lieber Arbeit als Urlaub geben, weil wir glauben, dass die Resozialisierung besser gewährleistet ist, wenn man sie in geregelte Tagesabläufe zurückführen kann.
Wir haben die Bildungsangebote und die Sozialtherapie verbessern können, und wir haben ein neues, modernes niedersächsisches Gesetz geschaffen, das Rechtsgrundlage für die zukünftige Arbeit wird. Damit können wir in den nächsten fünf Jahren im Vollzug gute Dinge gestalten.
Ich möchte ein Wort sagen zu PPP oder, wie die SPD es nennt, ÖPP, also zu der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung durch private und öffentliche Einrichtungen. Es gibt in Niedersachsen keine einzige Haftanstalt - das ist bekannt -, in der nicht private Einrichtungen Aufgaben wahrnehmen:
medizinische Aufgaben, Bildungsaufgaben, Verkauf, Einkauf usw. Es macht Sinn und ist klug, auszuprobieren, ob man all diese Einzelinitiativen zusammenführen kann, um eine Anstalt dann gemeinsam mit den Wahrnehmern von hoheitlichen Aufgaben effektiver und damit auch kostengünstiger betreiben zu können. Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass dort, wo hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden sollen, dies
selbstverständlich immer durch Beamte geschehen soll. Deswegen ist es schlichte Panik- und Angstmache und ein untauglicher Versuch, wenn sowohl die Grünen als auch die SPD in ihren Äußerungen zur bevorstehenden Landtagswahl von der „Privatisierung von Haftanstalten“ sprechen. Die vollständige Privatisierung ist nicht vorgesehen - Sie wissen das.
Das Justizvollzugsgesetz gibt uns die Möglichkeit, die durchgehende Betreuung zu verbessern. Darauf haben selbst die anderen Fraktionen hingewiesen, darüber freue ich mich sehr.
Wir werden die Zusammenarbeit mit den Anlaufstellen, mit der Bewährungshilfe, mit dem TäterOpfer-Ausgleich und vielen anderen privaten und staatlichen Einrichtungen verbessern können, eine Aufgabe, die die nächsten fünf Jahre mit sich bringen.
Deswegen ist es für mich von besonderer Bedeutung, dass es uns in den vergangenen fünf Jahren und für die Zukunft gelungen ist, das Personal seinen Aufgaben angemessen zu bezahlen. Zusammen mit den Vertretern des Personals, insbesondere mit dem VNSB, haben wir uns darüber unterhalten - es geht ja nicht alles gleichzeitig, was übrig geblieben ist -, was am wichtigsten ist, was zuerst und danach kommen kann. Man hat uns damals gesagt: Am wichtigsten ist es, zunächst einmal die Menschen im gehobenen Dienst so zu bezahlen, wie sie es verdienen. - Denn Beförderungen, die hätten ausgesprochen werden können, sind nicht ausgesprochen worden und stehen noch aus.
Also haben wir diesen Punkt zuerst in Angriff genommen und gesagt: Dort, wo wir die Stellenobergrenzen ausschöpfen können, wollen wir es tun. Das ist abgeschlossen. Dann haben wir gesagt: Ab 2009 können wir den nächsten Schritt gehen und den mittleren Dienst besser bezahlen. - Wir haben sogar gesagt: Wenn wir es uns leisten können, dann sind wir sogar bereit, diesen Schritt vorzuziehen und bereits 2008 damit zu beginnen. - Wir können es uns leisten, wir wollen es uns leisten. 145 Hebungen stehen für den mittleren Justizvollzugsdienst in unserem Haushalt - Hebungen, die bedeuten, dass wir mehr bezahlen, und zwar nicht, indem wir - wie im gehobenen Dienst - die Stellenobergrenzen ausschöpfen, sondern indem wir die Stellenobergrenzen verändern. Das heißt, wir können elf Personen, die jetzt in der Besoldungsgruppe A 9 sind, künftig A 9 mit Zulage bezahlen. 28 Personen, die in der Besoldungsgruppe A 8 sind, können nach A 9 befördert werden. Insbesondere können 106 Personen, die in der Besoldungsgruppe A 7 sind, nach A 8 befördert werden. Das heißt, Menschen, die sehr genau mit dem rechnen müssen, was sie bekommen, können befördert werden. Darauf sind wir sehr stolz, das kommt bei den Menschen gut an. Denn das zeigt ihnen, dass wir ihre Arbeit hoch einschätzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich auf die nächsten fünf Jahre mit dieser Landesregierung, weil ich glaube, dass wir insbesondere im Bereich des Strafvollzuges auch zukünftig exzellente Ergebnisse werden erzielen können.
Abschließend - leider kann sie der heutigen Debatte nicht folgen - ein Wort zu meiner Kollegin Frau Müller von der SPD-Fraktion, die aus dem Landtag ausscheiden wird: Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich es immer als sehr konstruktiv empfunden habe, mit Frau Müller die unterschiedlichen Positionen auszutauschen. Ich würde mich freuen, wenn sie zukünftig etwas mehr Zeit findet, sich ihrer Familie und ihrem Privatleben zu widmen. Herzlichen Dank.
Ich möchte kurz auf den Redebeitrag des Kollegen Nacke eingehen. Er unterbreitet uns hier ja immer so schöne staatsphilosophische Erkenntnisse. Es stimmt: Die Konservativen und die Grünen haben ein unterschiedliches Staatsverständnis. Wir sehen innere Sicherheit und Rechtsstaat in einem Spannungsverhältnis und finden, dass es nicht besonders klug und bürgerfreundlich ist, dass Sie in Ihrer Regierungszeit auf der einen Seite im Bereich der inneren Sicherheit immer wieder neue Eingriffsund Ermittlungsinstrumente der Polizei durchgesetzt haben - das haben Sie in vielen Bereichen gemacht; wir haben ja gerade über Videoüberwachung geredet, ein weiterer Bereich ist die präventive Telefonüberwachung, die Ausweitung der
DNA-Analyse oder auch die Onlineüberwachung; dabei soll ja nicht einmal in Nachhinein das Recht auf einen effektiven Rechtsschutz durchgesetzt werden - und auf der anderen Seite immer mehr Rechtsmittel infrage gestellt haben, z. B. durch die funktionale Zweistufigkeit, die ja auch andiskutiert worden ist. Es gibt also weniger Rechtsmittel für die Bürgerinnen und Bürger, um sich gegen diesen Staat zu wehren und die Einhaltung der Bürgerrechte einzufordern. Ich finde, die Ausgewogenheit ist in einem Staat nicht mehr gewährleistet, wenn auf der einen Seite - Polizei - immer mehr Instrumentarien geschaffen werden und auf der anderen Seite - Bürger - immer mehr Instrumentarien abge
baut werden. Das Gleichgewicht zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern ist dann einfach nicht mehr gewährleistet. Das finden wir aus grüner Sicht fragwürdig; denn wir halten die Bürgerrechte hoch.
Noch einen Satz zu den ambulanten Sanktionen: Herr Nacke, Sie wissen ganz genau, dass eine Reihe von Strafgefangenen in unseren Gefängnissen Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen muss, weil sie kein Geld hat.
Mit diesen Strafgefangenen kann man gar nichts anfangen. Sie sitzen völlig überflüssig in den Gefängnissen. Die könnte man wirklich effektiver sanktionieren.
Ehrlich gesagt, Herr Kollege Briese, ich finde, das passt nicht zusammen: Einerseits freuen Sie sich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn irgendein Minister in den Reihen der Abgeordneten sitzt und Ihnen zuhört. Andererseits beschweren Sie sich, wenn sich auch andere Kabinettsmitglieder in der Rechtspolitik informieren.
Egal, wie oft Sie es wiederholen, Sie werden diesen Konflikt nicht begründen können. Sie tun der Rechtsprechung in Niedersachsen Unrecht, wenn Sie unterstellen, dass unser Rechtsstaat nicht effektiv ist. Das ist eine bodenlose Unverschämtheit gegenüber den Richterinnen und Richtern in Niedersachsen. Das müssen Sie einmal zur
Noch eine Bemerkung zu den Ersatzfreiheitsstrafen: Sie haben völlig recht, das ist ein Problem, das man angehen sollte. Da stimme ich Ihnen zu. In Ihrem Programm steht aber auch, dass Sie den Verkauf und den Genuss von Drogen straffrei stel
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meines Beitrages erst einmal allen Bediensteten in den niedersächsischen Justizvollzugsanstalten meinen Respekt und meine Wertschätzung für die geleistete Arbeit aussprechen, mit der sie einen wichtigen Beitrag für die Resozialisierung der Gefangenen und für die Sicherheit in diesem Lande leisten.