Protokoll der Sitzung vom 19.09.2003

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Verehrte Kollegen! Ich eröffne die 14. Sitzung im 5. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode und stelle fest, dass ich die Beschlussfähigkeit zur gegebenen Zeit feststellen werde.

Geburtstag hat heute unsere Kollegin von der SPDFraktion Petra Emmerich-Kopatsch. Herzlichen Glückwunsch! Wir gratulieren ganz herzlich.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen zur Tagesordnung. Ich weise darauf hin, dass wir die heutige Sitzung mit der Fragestunde, Tagesordnungspunkt 31, ganz regulär beginnen werden. Es folgt dann Tagesordnungspunkt 2, die Eingaben - das ist die Fortsetzung. Anschließend ziehen wir Tagesordnungspunkt 36 vor. Dann geht es so weiter, wie Sie es in der Tagesordnung vorliegen haben.

Die heutige Sitzung soll aller Voraussicht nach gegen 15.10 Uhr beendet werden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst erinnere ich Sie alle.

Nunmehr folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Für heute haben sich entschuldigt von der Landesregierung der Herr Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Hirche, von der Fraktion der SPD Frau Wörmer-Zimmermann und von der Fraktion der FDP die Kollegen Rickert und Schwarz.

Herzlichen Dank.

Tagesordnungspunkt 31: Mündliche Anfragen - Drs. 15/400

Ich stelle fest, es ist 9.02 Uhr. Wir können mit der Fragstunde beginnen. Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die an die Fragestunde

anschließend nicht mehr aufgerufen werden, werden zu Protokoll gegeben.

Zu der ersten Frage rufe ich den Abgeordneten Klaus-Peter Bachmann auf.

Frage 1: Ist die Notarztversorgung noch flächendekkend sichergestellt?

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ist die Notarztversorgung noch flächendeckend sichergestellt? Am Rettungsdienst in Niedersachsen beteiligte Berufsfeuerwehren und Hilfsorganisationen haben darauf hingewiesen, dass es Bestrebungen von am Notarztdienst beteiligten Krankenhäusern in Niedersachsen gibt, die Notarztgestellungsverträge zu kündigen. Dabei soll es sich ausschließlich um zwischenzeitlich privatisierte Krankenhäuser handeln, deren Träger beabsichtigen, aus der Notarztgestellung im Rettungsdienst auszusteigen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Trifft der geschilderte Sachverhalt zu?

2. In welchen Rettungsdienstbereichen sind bereits Verträge zur Notarztgestellung gekündigt worden, bzw. welche Krankenhausträger sind bereits ausgestiegen?

3. Was gedenkt die Landesregierung zur Sicherstellung der Notarztversorgung in diesen Bereichen zu veranlassen?

Herzlichen Dank, Herr Kollege Bachmann. - Für die Landesregierung antwortet der Innenminister, Herr Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Aufgabe des bodengebundenen Rettungsdienstes wird in Niedersachsen von den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie von drei weiteren Großen Selbständigen Städten und der Stadt Göttingen im eigenen Wirkungskreis erledigt. Im Rahmen ihres gesetzlichen Sicherstellungsauftrages haben diese

Kommunen auch die notärztliche Versorgung zu gewährleisten.

In Hinblick auf das in der Anfrage angesprochene Problem haben wir, soweit dies in der Kürze der Zeit möglich war, Stellungnahmen aller an der Gestellung der Notärzte Beteiligten eingeholt. Gleichzeitig wurde im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport ein umfangreiches Hearing zur allgemeinen Situation im Rettungsdienst veranstaltet. In Auswertung der jeweiligen Ergebnisse lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Versorgung mit Notfallärzten in Niedersachsen sichergestellt, aber nicht überall unproblematisch ist.

Dass die Verpflichtung von Notärzten nicht völlig reibungslos funktioniert, ist allerdings kein spezifisch niedersächsisches Problem. Nach einer aktuellen Länderumfrage tauchen diese Probleme auch anderswo, besonders außerhalb der Ballungsgebiete, auf.

Nach unserem ersten Eindruck scheint das indessen nicht Ausfluss der Krankenhausprivatisierung zu sein. Vergleichbare Probleme treten auch in Bereichen auf, in denen sich die Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft befinden. Natürlich führt Privatisierung in der Regel zu kostenbewussterer Gestaltung der Arbeitsabläufe; gleichwohl liegt der Kostendruck ebenso auf den kommunalen Häusern.

Probleme bei der Sicherstellung der Notarztversorgung lassen sich nicht auf eine Ursache zurückführen. Zum einen gibt es insbesondere im ländlichen Raum Strukturprobleme. Es gibt kleine Krankenhäuser, die Schwierigkeiten haben, ihre Assistenzarztstellen zu besetzen, weil dort nicht immer eine uneingeschränkte Facharztweiterbildung erfolgen kann. Ein entscheidender Aspekt findet sich in der Arbeitszeitproblematik. Hier erscheint es oft schwierig, zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit der Krankenhausärzte zu differenzieren. Sobald die Notarzttätigkeit als unselbständige im Rahmen des Anstellungsvertrages durchgeführte Tätigkeit angesehen wird, belastet sie das Arbeitszeitkonto und begrenzt wiederum zeitlich die dem Krankenhaus zur Verfügung stehende Leistung des Arztes. Hier kann es zu Interessenkonflikten kommen; denn die Begrenzung der ärztlichen Arbeitszeit auf das gesetzlich Zulässige ist besonders wegen der Be- und Überlastungssituationen entscheidend für die fundamentale Ver

antwortung gegenüber den kranken oder verletzten Menschen.

Andererseits weigern sich auch Kostenträger, die damit zusammenhängenden Bereitschaftszeiten abzudecken. So kann es durchaus im Interesse des Krankenhausträgers liegen, dass der Arzt die Notarzteinsätze selbständig und unabhängig vom Krankenhausdienst gegen Honorar vornimmt.

Wie sich aber die noch nicht überall eingeführte Fallkostenpauschale auf die Ärzteversorgung der Krankenhäuser auswirkt, lässt sich noch nicht prognostizieren, ebenso wenig die Auswirkungen der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Der EuGH hat entschieden, dass Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit gelten, wenn sie an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort geleistet werden. Als Folge dieser Entscheidung wird es auch in Deutschland zu Rechts- und Tarifanpassungen kommen. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft hat darauf hingewiesen, dass schon aufgrund von Überprüfungen auf der Basis der bisher geltenden Arbeitszeitregelung vereinzelt Krankenhausärzte nicht mehr im bisherigen Umfang für Notarzteinsätze zur Verfügung gestanden hätten.

Unlösbare Probleme bei der Notarztversorgung sind insoweit aber noch nicht erkennbar geworden. Erfreulich ist immerhin, dass die Zahl der in Niedersachsen tätigen Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Rettungsmedizin“ im Anstieg begriffen ist. Im Jahr 2001 waren es 3 623, im Jahr 2003 3 705. Hier handelt es sich hoffentlich nur um ein temporäres Problem.

Die Aufgabenträger beschreiten zurzeit unterschiedliche Lösungswege. Es gibt private Ärztepools, die als eingetragene Vereine Vertragspartner der Kommunen sind. Es gibt Sicherstellungsverträge mit den karitativen Organisationen sowie die Einbindung einzelner niedergelassener Ärzte.

Die Situation erfordert es, die Entwicklung in diesem Bereich sehr aufmerksam zu beobachten, um rechtzeitig geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Welche das sein werden, lässt sich allerdings hier noch nicht umreißen, da die genannten rechtlichen und organisatorischen Entwicklungen abzuwarten sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Landesregierung sind bisher keine konkreten Hinweise darüber zugegangen, dass private Träger von Krankenhäusern in Niedersachsen die Notarztgestellungsverträge kündigen wollen.

Zu 2: Hierzu verweise ich auf die eben gegebene Antwort.

Zu 3: Für den Fall, dass die Sicherstellung der Notarztversorgung nicht gewährleistet ist, wird die Landesregierung nach Analyse der zugrunde liegenden Ursachen entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Danke schön, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage stellt der Herr Kollege Bachmann.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass nach einer uns vorliegenden Auskunft im Landkreis Goslar kurz vor Ablauf eines bereits gekündigten Vertrages zwar noch eine Einigung erzielt wurde, insofern also tatsächlich die Sicherstellung gewährleistet war, aber schon konkret gehandelt wurde? In den Städten Frankfurt/Oder, Schwerin, Stralsund und Wuppertal ist das schon ein offenes Problem. Sie haben zugegeben, wie etwas auf das Land zukommt. Halten Sie es für vorstellbar, die Krankenhäuser zu verpflichten, egal in welcher Trägerschaft sie sich befinden, durch das Rettungsdienstgesetz, durch eine Novelle oder durch einen konkreten Auftrag im Krankenhausgesetz in diese Versorgung einzubinden?

Danke schön, Herr Kollege Bachmann. Wir haben festgestellt, dass es sich hierbei um zwei Zusatzfragen handelt. - Herr Minister!

Zu Ihrer ersten Frage: Der konkrete Fall ist uns nicht bekannt. Die allgemeinen Probleme habe ich aber geschildert. Ich habe auch gesagt, dass es kein niedersächsischen Problem ist. Diese Probleme sind auch in anderen Bundesländern aufgetaucht.

Zur zweiten Frage: Die Krankenhäuser sind natürlich verpflichtet. Weil es ein Sicherstellungsauftrag ist, besteht die Verpflichtung allerdings seitens der Kommunen und nicht seitens das Land.

Danke schön. - Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Weddige-Degenhard.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass es bereits Bestrebungen gibt, das bisherige Notärztesystem ganz zu kippen und durch das amerikanische System des „first responder“ bzw. „paramedic“ zu ersetzen?

Herzlichen Dank. - Herr Minister!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Herr Minister, das hat Ihnen das Rote Kreuz konkret so vorgeschlagen!)

Ich habe mich eben noch einmal erkundigt. Dieses System ist konkret nicht in der Planung und uns auch nicht bekannt. Wir wollen es auch nicht einführen.

Weitere Wortmeldungen zu Zusatzfragen liegen nicht vor. - Zu

Frage 2: Evangelisches Dorfhelferinnenwerk Niedersachsen e.V.

rufe ich den Abgeordneten Herrn Poppe von der SPD-Fraktion auf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Anfrage betrifft das Evangelische Dorfhelferinnenwerk Niedersachsen e. V.

Das Evangelische Dorfhelferinnenwerk Niedersachsen e. V. hat ebenso wie die gleiche Organisation auf katholischer Seite die Aufgabe, Familien auf dem Lande durch Vertretung der Hausfrau in Notsituationen Hilfe zu leisten. Um eine einheitliche Handhabung der Einsatzbedingungen für die Dorfhelferinnen zu gewährleisten,