Dörthe Weddige-Degenhard

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute vor 107 Jahren, am 14. Dezember 1900, präsentierte der Physiker Max Planck erstmals die nach ihm benannte Quantentheorie. Ein ihm zuge
schriebenes Zitat lautet:
„Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts.“
Ich hoffe sehr, dass uns die Enttäuschung über die angeblich so saubere, sichere und billige Atomenergie endlich weiterbringt, damit wir uns mit aller
Kraft alternativen Energien zuwenden und für die Gesundheit unserer Kinder Sorge tragen.
Meine Damen und Herren, es ist traurig, dass erst eine konkrete Grundwassergefährdung eintreten muss, bevor sich auch die Konservativen bewegen, zumindest wenn das Atommüllendlager in ihrem Wahlkreis liegt und Wählerstimmen in Gefahr sein könnten - nicht wahr, Herr Kollege Oesterhelweg?
Bei den Liberalen, Herr Dürr, Herr Sander, ist es leider noch nicht so weit. Sie glauben ja immer noch an die saubere Atomkraft.
Wie ist der Stand der Dinge in Asse II? - Seit 40 Jahren ist die Asse in der Region ein Thema. Seit 20 Jahren fließt Wasser in die Asse. Seit einem Jahr ist endlich Bewegung in der Frage der Schließung des Salzbergwerks entstanden. Das verdanken wir Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, der sich intensiv dieses Themas angenommen hat.
Vor gut einem Jahr habe ich an dieser Stelle die mangelnde Standfestigkeit des Salzbergwerkes
vor unserer Haustür angemahnt
und den Wunsch nach einem Schließungsverfahren nach Atomrecht geäußert. Ich habe auf die tickende Zeitbombe hingewiesen, die 12 kg Plutonium, 8 t Thorium und 102 t Uran beinhaltet, ergänzt durch chemische Stoffe.
Trotz vieler Informationsveranstaltungen der Betreibergesellschaft GSF blieb immer ein schaler Beigeschmack. Die Anwohnerinnen und Anwohner hatten immer das Gefühl, es werde ihnen etwas vorenthalten. Es ist dringend nötig, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, das durch den Atomkraftbefürworter und Umweltminister
Sander schwer gestört wurde.
Bei der ersten Lesung dieses Antrags wurde von allen Parteien die lange Geschichte des Atommülllagers bemüht. Ich denke, bei der zweiten Lesung können wir darauf verzichten und nach vorn
schauen. Dank Sigmar Gabriel und dem Wolfenbütteler Landrat Röhmann sind wir einen großen Schritt weitergekommen.
Endlich brachte die von Jörg Röhmann geleitete - seien Sie doch ganz gelassen! - und von der Braunschweiger Zeitung moderierte Informationsveranstaltung am 21. November in Schöppenstedt Bewegung in die Sache und neue Erkenntnisse, Herr Kollege.
Experten aus ganz Deutschland, u. a. von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und dem Institut für Gebirgsmechanik, beurteilten die Standfestigkeit des Bergwerks kritisch. Risse und Verformungen lassen einen noch stärkeren Wassereinbruch wahrscheinlicher werden, sodass das Bergwerk - in der Sprache der Bergleute - absaufen könnte. Der Vertreter des Instituts für Gebirgsmechanik in Leipzig wollte sich nicht auf eine Jahreszahl für die Garantie der Standsicherheit festlegen lassen, er nannte jedoch das Jahr 2014 als kritische Größe für die Bewegung des Bergwerks.
Das heißt auch, die Zeitbombe tickt, meine Damen und Herren. Wir müssen bald die Entscheidung treffen, ob die Asse geschlossen wird oder ob man den mittelradioaktiven Müll wieder herausholt. Das Bundesumweltministerium, das Wissenschaftsministerium und das Niedersächsische Umweltministerium haben sich endlich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Fünf Maßnahmen sollen mit einer Zeitbegrenzung bis Mitte 2008 die Sicherheit der Bevölkerung verbessern und die Risiken verringern.
Ganz besonders wichtig ist, dass eine Begleitgruppe mit Vertretern der regionalen Bevölkerung gebildet wird. In diesem Zusammenhang wünschen
sich die umliegenden Gemeinden die Unterstützung von Fachleuten in diesem Gremium. Das Bundesumweltministerium hat jede Akteneinsicht und absolute Transparenz zugesichert. Ein nächstes Treffen ist für Januar 2008 vorgesehen.
Ich bin sehr froh, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir in der Asse-II-Frage endlich weiterkommen. Dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitisches Geplänkel.
Herrn Dürr würde ich empfehlen, Asse II als Lehrstück anzusehen, wenn Sie wieder von längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke oder sogar von Atommeilern träumen. Vielleicht schafft es Wissenschaftsministerin Schavan ja auch einmal, sich den Asse-Schacht anzuschauen.
Meine Damen und Herren, die Zeit ist über den Antrag von Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hinweggegangen.
Nein, das möchte ich nicht.
Teile sind inzwischen überholt. Es ist bedauerlich, dass es uns trotz der viel beschworenen gemeinsamen Linie nicht gelungen ist, eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung zu formulieren. Aber das Thema bleibt auf dem Tisch. Deshalb kann sich die SPD-Fraktion der Ausschussablehnung nicht anschließen. - Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege
Oesterhelweg, Kollege Dürr, Kollege Sander, das Problem ist nicht, dass wir eigentlich alle in einem Boot sitzen. Alle Parteien waren in diesen
40 Jahren am Thema Asse beteiligt. Der feine Unterschied ist, dass Sie Atomenergie immer noch für eine sichere Energiequelle halten
und das Wissen, das wir in der Asse erlangt haben und immer noch erlangen, nicht anwenden können.
Herr Dürr, es ist nicht so, dass keine neuen Erkenntnisse vorlägen. Vielmehr hat das letzte Hearing in Schöppenstedt durchaus neue Erkenntnisse gebracht. Es ist etwa zutage getreten, dass die Standsicherheit dieses Bergwerks enorm abgenommen hat.
Von daher hat sich die Situation im Vergleich zu den vielen Jahren vorher eminent verändert. Wir sollten nach vorne gucken und nicht immer nur alte Kamellen aufarbeiten. Es geht darum, wie wir die Erkenntnisse, die wir in der Asse gewinnen, in unser heutiges Leben umsetzen und wie wir in Zukunft mit der Atomkraft umgehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zur Landwirtschaftlichen Sozialversicherung Niedersachsen-Bremen als Träger der gesetzlichen Sozialversicherung für die Landwirtschaft gehören die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, die Landwirtschaftliche Alterskasse, die Landwirtschaftliche Krankenkasse und die Landwirtschaftliche Pflegekasse - alle zusammen unter der Aufsicht des niedersächsischen Sozialministeriums -, die bislang die Aufgabe haben, die soziale Absicherung der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer, der dort tätigen Unternehmer und ihrer Familienangehörigen sicherzustellen.
Wie alle Sozialversicherungszweige ist auch dieser vom demografischen Wandel in unserer Gesell
schaft belastet. Immer weniger junge Beitragszahler stehen immer mehr älteren Leistungsempfängern gegenüber. Dazu kommt aber noch der Strukturwandel speziell in der Landwirtschaft. Jedes Jahr werden etwa 3 % der landwirtschaftlichen Betriebe aufgegeben. Je nach Belastungsgrad werden deshalb die Zweige der LSV unterschiedlich hoch aus dem Bundeshaushalt bezuschusst.
Auf Drängen des Bundesrechnungshofes wird auf Bundesebene seit Langem eine Modernisierung dieses Sozialversicherungszweiges diskutiert. Die Große Koalition hat es sich zum Ziel gesetzt, die Systeme zu modernisieren, ihre Beiträge und Leistungen chancengleich an die anderen Sozialsysteme anzupassen und sie schrittweise mit den allgemeinen sozialen Sicherungssystemen zu verzahnen. Der Vorschlag des Bundesrechnungshofes, den die Große Koalition in ihrer Koalitionsvereinbarung aufgreift, sieht vor, dass die bislang in regionaler Zuständigkeit befindlichen landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger zu einem Träger auf Bundesebene zusammengeführt werden sollen und die Zuständigkeit folglich beim Bund angesiedelt werden soll.
Angesichts der gravierenden Unterschiede zwischen den norddeutschen und den süddeutschen Ländern in Bezug auf die Ausgabenhöhe je Hektar und damit unterschiedlichen Beiträgen in Unfall- und Krankenversicherung sowie unterschiedliche Unfallrisiken und Betriebsstrukturen dürfen bundesweit einheitliche Maßstäbe nicht zu einer Benachteiligung der niedersächsischen Landwirte führen.
Ein spürbarer Anstieg der Beiträge niedersächsischer Landwirte würde die Arbeit der Landwirtschaft verteuern und Arbeitsplätze vernichten.
Der SPD-Fraktion lag deshalb mit ihrem im Juni 2006 eingebrachten Antrag daran, im Sinne der niedersächsischen Landwirte den Landeseinfluss zu sichern. Das Land Niedersachsen trägt Mitverantwortung für eine qualitativ hochwertige und versichertennahe Betreuung im Flächenland Niedersachsen. Regionalität und Berücksichtigung der Interessen der Beschäftigten müssen Verhandlungsmaximen für die Landesregierung sein.
Die LSV Niedersachsen-Bremen hat Vorarbeiten für eine Strukturveränderung geleistet, indem sie im Einvernehmen mit der Personalvertretung den Personalbestand von 1999 bis 2005 um 18,3 % und die Zahl der Verwaltungsstellen von zwölf auf zwei reduziert hat. Es ist daher unser Anliegen, die Landesregierung bei ihren Bemühungen um ein akzeptables Ergebnis für die niedersächsischen Landwirte zu unterstützen.
Es hat lange gedauert, bis sich der Ausschuss auf eine gemeinsame Beschlussempfehlung einigen konnte. Wir sind froh darüber, dass es gelungen ist. Nur ein starkes Auftreten Niedersachsens als Agrarland Nummer eins in Deutschland sichert die Interessen der in der Landwirtschaft Tätigen und ihrer Familienangehörigen. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Wir haben ja jetzt unterschiedliche Betreiber für die ehemaligen Landeskrankenhäuser. In diesen unterschiedlichen Häusern haben wir auch Bedienstete mit unterschiedlicher Bestellung. Wir haben in den sicherheitsrelevanten Bereichen nach wie vor von Landesseite angestelltes Personal. Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, dass dieses Personal in den einzelnen Einrichtungen unterschiedlich besoldet wird? Gibt es unterschiedliche Vergütungsrichtlinien für dieses Personal?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus.
Es ist ja ein bisschen pikant. Sie sprechen die Fleischesser an, und jetzt haben wir die Organspende am Wickel.
- Wenn es zu Ihrer Aufmerksamkeit beiträgt, bin ich zufrieden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, wie diese Landesregierung mit dem Parlament umgeht.
Die Mehrheitsfraktionen bringen im April 2004 einen Entschließungsantrag ins Parlament ein, in dem sie die Landesregierung auffordern, ein niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz des Bundes vorzulegen. Kollege Dr. Winn begründete damals für die CDU-Fraktion den Antrag u. a. mit den Worten - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:
„Die Organspende ist eine verdienstvolle Tat, der als Ausdruck großherziger Solidarität mehr gesellschaftliche Anerkennung geschenkt werden sollte. Durch Organtransplantationen können Lebensdauer und Lebensqualität vieler Schwerkranker weitgehend verbessert werden. Für diese Gemeinschaftsaufgabe muss sich auch die Politik intensiver einsetzen."
Im Juni 2004 verabschiedet der Landtag einstimmig diese Entschließung. Die damals zuständige Ministerin von der Leyen begrüßt diesen Auftrag. Doch siehe da: Plötzlich entdeckt die Landesregierung im Mai 2005, also ein Jahr später, verfassungsrechtliche Bedenken, obwohl sechs Bundesländer bereits ein solches Ausführungsgesetz haben.
Niedersachsen war schon immer etwas Besonderes, meine Damen und Herren.
Das merken wir ja gerade beim Nichtraucherschutz.
Wie ging es nun weiter? - Die SPD-Fraktion brachte im Juni 2005 erneut einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Landesregierung aufforderte, den Fraktionen Hinweise auf verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber Landtagsbeschlüssen ausführlich und mit rechtlicher Stellungnahme frühzeitig zukommen zu lassen. Weiterhin forderte die SPD eine Erklärung dafür, dass in Niedersachsen verfassungswidrig sein soll, was in anderen Bundesländern augenscheinlich nicht verfassungswidrig ist. Dies hat die Landesregierung bis heute nicht plausibel erklären können.
Außerdem wurde die Landesregierung aufgefordert, ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Transplantationsausführungsgesetz vorzulegen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es geht hier nicht um Rechthaberei. Es geht darum, todkranken Menschen das Leben zu ermöglichen.
Nach den Statistiken der DSO Region Nord wären im Jahr 2005 441 Organentnahmen bzw. Organspenden möglich gewesen. Davon sind aber nur 183 Wirklichkeit geworden. In 128 Fällen gab es Ablehnungen. Das heißt, die Zahl der Organspenden hätte fast doppelt so hoch sein können, wenn die Angehörigen ihre Zustimmung gegeben hätten oder ein Organspenderausweis vorhanden gewesen wäre.
Jeden Tag sterben drei Patienten, die auf der Warteliste stehen, weil sie nicht rechtzeitig ein neues Organ erhalten. Bundesweit gibt es etwa 11 000 Patientinnen und Patienten, die auf eine neue Niere warten. Sie müssen im Durchschnitt fünf Jahre auf ein Organ warten, wenn sie es denn können. Bei der Lebertransplantation ist die Situation noch dramatischer. Im Moment sterben 15 bis 20 % der Patienten, die auf eine neue Leber warten.
Die Zahl der Transplantationen liegt in Niedersachsen mit 11 pro 1 Million Einwohner unter dem Bundesdurchschnitt von 14 pro 1 Million. In Ländern mit einer Widerspruchsregelung - d. h. nur wer nicht mit einer Organspende einverstanden ist, muss dieses erklären -, wie z. B. in Österreich und Spanien, liegt die Zahl bei 30 bis 40 pro 1 Million Einwohner. In der Anhörung im Juni 2006 erklärte Professor Dr. Klempnauer von der MHH, dass es zur Verbesserung der Organspende einer Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb der Krankenhäuser, der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Transplantationszentren bedürfe. Professor Dr. Kirste von der DSO betonte den Sinn eines Landesgesetzes. Bayern macht es uns mit positiven Ergebnissen vor. Aus diesem Grund sollte dieses Gesetz Vorbild für Niedersachsen sein. Darüber waren wir uns fraktionsübergreifend im Landtag einig. Wir können uns nicht mit den Stadtstaaten vergleichen, wohl aber mit einem Flächenland wie Bayern, das mit seinem Landesgesetz positive Ergebnisse erzielt.
Was für ein Selbstverständnis als Parlamentarier haben Sie eigentlich, liebe Kolleginnen und Kolle
gen der Fraktionen der CDU und der FDP, wenn Sie Ihre eigenen Anträge nicht ernst nehmen?
Jeder von uns kann in die Lage kommen, auf eine lebensrettende Organspende angewiesen zu sein. Ich appelliere an die Landesregierung: Die Herausgabe eines Faltblattes, ein Gespräch von Frau von der Leyen mit Transplantationsmedizinern, eine Eröffnungsrede des Staatssekretärs bei einer Fachtagung, eine Telefonaktion und eine Informationskampagne sind nicht genug, um zu einer nennenswerten Steigerung der Organspenden zu kommen. Das sind typische Showaktionen dieses Ministeriums.
Was wir brauchen, sind konkrete Taten, Frau Ministerin. Die todkranken Menschen warten darauf. Am kommenden Sonntag ist übrigens der Tag der Organspende. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte nur ganz kurz noch einmal feststellen, dass niemand von Ihnen, Frau Ministerin und liebe Kolleginnen von den Koalitionsfraktionen, verfassungsmäßige Gründe genannt hat, weshalb Sie unserem Antrag nicht zustimmen können. Sagen Sie doch einfach, dass Sie den Kassen die Kosten nicht zumuten wollen! Das wäre ehrlicher; denn das ist doch der eigentliche Grund, der dahintersteckt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich finde es wirklich sehr lobenswert, alle Akteure an einen Tisch zu bringen. Eine Vernetzung in diesem Bereich ist sicherlich ganz wichtig. Wie schätzen Sie aber überhaupt die Möglichkeiten der Kommunen, die ja in der Pflicht sind, hier konkret tätig zu werden, unter dem Aspekt ein, dass das Land die finanzielle Ausstattung der Kommunen enorm beschnitten hat? Sie erwarten aber zugleich, dass die Kommunen nun in die Bresche springen und ganz konkret die Arbeit am Kind übernehmen. Dies ist meine erste Frage.
Ich habe noch eine zweite Frage. Es ist sicherlich wichtig, dass es eine Vernetzung gibt, dass es
mehr Informationen gibt und dass auch die Ärzte sehr viel fitter hinsichtlich der Diagnose von Misshandlungen werden. Frau Ministerin, würden Sie mir aber nicht zustimmen, dass es noch wichtiger ist, dass wir ganz viel Personal vor Ort haben, das auch wirklich in die Familien hineingehen und den Kindern konkret helfen kann?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Schluss mit den Marathondiensten!“ hieß die Forderung der Klinikärzte bei ihren Protesten gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern und für die Umsetzung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, wir teilen Ihre Sorgen um die Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern. Keiner von uns möchte von einem Arzt operiert werden, der 24 Stunden Dienst plus Bereitschaftsdienst hinter sich hat.
Eine gute Gesundheitsversorgung ist nur mit qualifiziertem und motiviertem Personal möglich. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie, bei der es um die Anrechnung der Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit geht, muss umgesetzt werden. Im November 2006 ist es nach langem Ringen endlich gelungen, einvernehmliche, tarifvertragliche Regelungen abzuschließen. Das bringt Ruhe in die Kliniken, setzt diese bei gedeckeltem Budget aber in finanziellen Zugzwang. Bis zur Jahresmitte 2005 hatte ein Drittel der Krankenhäuser neue Arbeitszeitmodelle umgesetzt. Inzwischen liegt die Umsetzungsquote bei 50 %. Aktuelle Zahlen liegen noch nicht vor, aber ich gehe davon aus, dass die Umsetzung mit
Unterstützung der Gewerbeaufsichtsämter in den meisten Kliniken erfolgt ist.
Die Krankenhäuser stehen durch die Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen und die stetig steigenden Patientenzahlen unter großem finanziellen Druck. Sie bemühen sich jedoch, durch Veränderungen in der Organisation, z. B. durch zeitversetzte Tagdienste bzw. eine Verkürzung der Bereitschaftsdienste an Werktagen, die Anforderungen zu erfüllen. Laut Bericht des Deutschen Krankenhausinstituts haben sich die Krankenhäuser durch Arbeitszeit- bzw. Arbeitsdichteanalysen, Tätigkeitsaufzeichnungen, das Einrichten von Arbeitsgruppen zur Arbeitsorganisation oder durch die Anschaffung elektronischer Arbeitszeiterfassungssysteme auf die Umsetzung dieses Gesetzes vorbereitet. Etwa 88 % der Häuser haben für 2005 einen zusätzlichen Betrag für arbeitszeitbedingte Budgetsteigerungen geltend gemacht, den die letzte Bundesregierung zur Verfügung gestellt hatte. Diese haben dann nach Bewilligung jeweils etwa 1,5 Vollkräfte zusätzlich eingestellt.
Die für die Umsetzung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie vorgesehene Übergangszeit wurde um ein Jahr verlängert. Das hat ohne Zweifel zu Wettbewerbsverzerrungen in der Krankenhauslandschaft geführt. Allerdings war es für viele Kliniken besonders im Osten kaum möglich, die benötigten Ärzte auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Laut Bericht des Deutschen Krankenhausinstituts konnten rund 22 % der befragten Krankenhäuser offene Stellen im ärztlichen Dienst nicht besetzen. Rund ein Viertel der Häuser in den neuen Bundesländern bemüht sich um die Einstellung ausländischer Ärzte. Ende 2004 waren durchschnittlich 4,5 ausländische Ärzte und 12 ausländische Pflegekräfte je Krankenhaus beschäftigt. Besonders in den neuen Bundesländern haben wir einen Ärztemangel, der es den Krankenhäusern schwer macht, neue Arbeitszeitmodelle umzusetzen und so die EU-Richtlinie zu erfüllen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Ärzte sind überarbeitet und stöhnen über die Bürokratie. Besonders die im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern starke Hierarchie in den deutschen Krankenhäusern führt zu einer ungleichen Belastung der Krankenhausärzte: ganz oben die Chefärzte, ganz unten die Assistenzärzte. Ich bin froh, dass Bundesarbeitsminister Müntefering die Revision der Arbeitszeitrichtlinie, wie sie von den Klinikarbeitgebern gefordert wurde, nicht auf die Tagesordnung der deutschen Ratspräsidentschaft ge
setzt hat. Nur mit vernünftigen Arbeitsbedingungen wird es uns gelingen, dem Ärztemangel entgegenzuwirken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ihr Antrag enthält zum Teil richtige Einschätzungen, zum Teil ist er erledigt. Wir werden uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine meiner Fragen ist beantwortet bzw. zumindest in Teilen beantwortet worden; denn so ganz klar ist ja nicht zum Ausdruck gekommen, ob es Kommunen gibt, die durch diesen neuen letzten Verteilungsschlüssel benachteiligt werden. Das haben Sie ja nicht so deutlich ausgedrückt. Sie haben uns nur die Mittel genannt, die die Kommunen jetzt bekommen. Sie haben uns aber keine Gegenüberstellung machen können, welche Gewinne und Verluste es gegeben hat.
Ich frage die Landesregierung: Werden bei der Verteilung für das Jahr 2007 die Anstrengungen der Kommunen, die sich schon heute um die Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in besonderem Maße ausgezeichnet haben, entsprechend mit berücksichtigt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist der letzte Tagesordnungspunkt. Ich hoffe, Sie halten noch durch.
Gott sei Dank, der Kelch ist an uns vorübergegangen. Wir sind noch einmal davongekommen.
Die gefürchtete Entstehung einer InfluenzaPandemie oder - verständlicher ausgedrückt - einer weltweiten Vogelgrippe-Epidemie unter Menschen ist bisher nicht eingetreten. Aber das ist weder das Verdienst der Fraktionen der CDU und der FDP noch der Landesregierung.
Dieses Thema kann jederzeit wieder auf uns zukommen.
Lassen Sie uns zurückschauen! Ende 2003 wurde die so genannte Vogelgrippe zuerst als hoch ansteckende Geflügelkrankheit in Korea entdeckt. 2004 gibt es einen Fall, bei dem Experten von einer Ansteckung unter Menschen ausgehen. Ein Jahr später verbietet die EU-Kommission den Import von Lebendgeflügel und Federn aus der Türkei nach dem Auftreten des Virus H5N1. Danach wird das Virus in Rumänien, Kuwait, der Türkei, in Afrika und im Februar 2006 schließlich in Italien und Griechenland diagnostiziert. An die Stallpflicht für das Geflügel haben wir uns inzwischen gewöhnt. Die Angst vor enormem wirtschaftlichen Schaden hat im Agrarland Niedersachsen schnell zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen geführt.
Zurück zu unserem Entschließungsantrag. Ihm vorausgegangen waren meine Anfrage vom 24. März 2005 sowie eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen vom 16. September 2005 nach der Umsetzung des nationalen Pandemieplanes im Land Niedersachsen und nach der Bevorratung von antiviralen Mitteln.
Meine Damen und Herren, es dauerte fast ein Jahr, bis das Land in der Lage war, einen solchen Plan zu erstellen. Der erste Pandemieplan war im Januar 2006 zu erhalten. Er wurde im Oktober dieses Jahres fortgeschrieben.
Auch bei der Bevorratung mit antiviralen Mitteln, also mit Tamiflu und Relenza - das kennt ja inzwischen jeder -, zeigte sich Niedersachsen noch un
ter Ministerin von der Leyen sehr zögerlich. Während die WHO und Ärzteorganisationen eine Vorratshaltung für 20 % der Bevölkerung empfahlen, bewegte sich Niedersachsen mit 6,3 % am unteren Ende der Skala der Bundesländer. Bayern und Nordrhein-Westfalen hielten immerhin für 15 % der Bevölkerung diese Medikamente vor.
- Da haben Sie Glück gehabt, Herr Coenen.
Inzwischen wird der Vorrat sukzessive aufgestockt. Jetzt haben wir die Zeit. Auch bei der Entwicklung eines Impfstoffs sind Forschungsinstitute und Pharmafirmen auf gutem Wege.
Bislang haben wir Glück gehabt. Das Vogelgrippevirus ist nicht mutiert, ist nicht mit dem menschlichen Grippevirus verschmolzen. Die Bevölkerung ist aufmerksamer geworden. Das Interesse an der normalen Grippeimpfung ist gestiegen. Das ist gut so.
Allerdings gilt das nicht in gleichem Maße für das Krankenhauspersonal. Trotz einer Aktion zur Steigerung der Beteiligung an der Influenzaimpfung ließen sich im Sommer/Herbst 2005 von den 78 312 erfassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Krankenhäusern nur ganze 18,2 % vorsorglich impfen. Das ist sehr bedauerlich, zumal im Falle einer Epidemie die Erkrankten auf gesunde Mitarbeiter in den Kliniken angewiesen sein werden.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, warum Sie unserem Antrag vom 28. September 2005 nicht zustimmen können, ist mir unerfindlich. Ist das die Arroganz der Macht?
Im Laufe des vergangenen Jahres sind die Nrn. 1 und 4 des Antrages abgearbeitet worden. Zusätzlich hat uns das Landesgesundheitsamt durch Herrn Professor Windorfer und Herrn Dr. Feil im Sozialausschuss regelmäßig über den Fortgang der Pandemie-Prophylaxe auch auf Bundesebene informiert. Beiden sage ich auch von hier aus ein herzliches Dankeschön für ihren engagierten Einsatz.
Über Nr. 3 unseres Antrages, in dem es um die Mittel zur Verstärkung der Forschung zur Entwicklung neuer Technologien der Impfstoffproduktion
geht, hätte man streiten können. Der Bund ist in diesem Bereich inzwischen ja auch tätig geworden.
Die Nr. 2 unseres Antrages bezieht sich auf die Verbesserung des Impfschutzes gegen die gängigen Influenzaviren. Dies bleibt durchaus auch weiterhin ein Auftrag an die Landesregierung, besonders wenn wir an den Krankenhausbereich denken.
Meine Damen und Herren von der CDU und FDP, da Sie keinen eigenen Antrag und auch keinen Änderungsantrag eingebracht haben, empfehle ich Ihnen unseren Antrag zur Annahme. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie 8 km entfernt von einem Atommüllendlager lebten,
in dem 125 000 Fässer mit leichtradioaktivem und 1 300 Fässer mit mittelradioaktivem Material lagern? Nach Angaben der GSF befinden sich 12 kg Plutonium, 8 t Thorium und etwa 102 t Uran in diesem Bergwerk. Hinzu kommen erhebliche Mengen chemischer Stoffe.
Früher hat man uns erzählt, in der Asse lagere Krankenhausmüll. Wer, meine Damen und Herren, ist nicht daran interessiert, gut behandelt zu werden, im Krankenhaus, wenn es denn sein muss, auch mit radioaktivem Material behandelt zu werden? Das muss auch irgendwo entsorgt werden; das war immer sehr einleuchtend. Aber inzwischen wissen wir: 50 % der radioaktiven Abfälle stammen aus dem Forschungszentrum Karlsruhe, 20 % aus Betriebsabfällen aus Kernkraftwerken,
10 % aus dem Kernforschungszentrum Jülich, 20 % aus der kerntechnischen Industrie und aus Sammelstellen.
Der mittelradioaktive Müll stammt zu 98 % aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe. Das ist weit weniger beruhigend: Wärme entwickelnder mittelradioaktiver Müll, gekippt in ein Bergwerk, in dem - wie Herr Wenzel es geschildert hat - die Fässer kreuz und quer liegen. Man kann sie aus gebührendem Abstand anschauen.
Seit 1991 fließt - zuerst waren es 10 m³, inzwischen sind es 12 m³ täglich - Salzlauge in den Schacht hinein. Woher das Wasser kommt, weiß keiner. Das wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GSF nicht, die wirklich ihr Bestes tun - auch das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen -, um dieses Bergwerk zu sichern.
Seit 1995 füllt die Gesellschaft für Strahlenforschung Haldensalz aus Ronnenberg zur Stabilisierung in dieses Bergwerk ein. Schutzfluid aus Magnesiumchlorid soll der Zersetzung des Salzgesteins entgegenwirken.
Kein Mensch - auch die GSF nicht - bezweifelt, dass die Fässer im Laufe der Zeit wegrosten werden. Was passiert, wenn sich die Lauge, die eigentlich im Berg eingeschlossen werden soll, einen Weg sucht, genau wie die jetzt eintretenden Laugenzuflüsse, die auch die GSF nicht orten kann?
Man weiß nicht, woher es kommt. Woher wissen wir, welchen Weg das Wasser nehmen wird? Die Gefahr der Verseuchung des Grundwassers steigt täglich.
Auftrag der GSF ist es, das Bergwerk nach Bergrecht wartungsfrei zu schließen. Sie können sich vorstellen, meine Damen und Herren, dass die Aussicht, an einem solchen Pulverfass zu wohnen, um das sich nach Abschluss des Verfahrens niemand mehr kümmert, die Menschen rund um die Asse um ihren Schlaf bringt. Mit Recht erwarten die Menschen in Remmlingen, in Schöppenstedt, in Klein Vahlberg, in Groß Vahlberg, in Mönchevahlberg, in Groß Denkte, in Wittmar und in Wolfenbüttel, dass dieses Bergwerk dauerhaft überwacht wird. Sie wollen eine Informationsstelle, damit auch die Generationen, die später geboren werden, noch wissen, um was es sich in der Asse handelt.
Der Landkreis Wolfenbüttel und die Samtgemeinden haben in Resolutionen Forderungen an das Umweltministerium und das Bundesforschungsministerium gerichtet: Die Rückholbarkeit muss geprüft werden. Sie fordern, die mündlichen Zusagen, die es bisher dazu gibt, dieses Bergwerk nach bergrechtlichem Verfahren zu schließen, freiwillig um eine schriftliche Vereinbarung zu ergänzen. Falls das nicht funktioniert, muss wirklich nach Atomrecht geschlossen werden.
Die Antworten des Bundesforschungsministeriums auf die Anfragen der Bündnisgrünen lassen viele Fragen offen. Was heißt es, wenn man sagt, dass bei einem Schließungsverfahren nach Bergrecht grundsätzlich die gleichen Maßstäbe anzulegen sind wie bei einem Verfahren nach Atomrecht? Wir alle kennen die einschränkende Bedeutung des Wortes „grundsätzlich“.
Berichte über die Rückholbarkeit sollten bis Mitte des Jahres vorliegen. Es gibt sie bisher nicht. Die Zeit drängt, weil die Standsicherheit des Bergwerks nicht mehr gegeben ist.
- Ich beeile mich. - Was sagt unser Umweltminister? Mit der Schließung der Asse, sagt er, wird erstmals in Deutschland eine Endlagerung radioaktiver Abfälle vollzogen. Da kann man ja auch ganz beruhigt längere Laufzeiten für alte Kernreaktoren fordern oder vielleicht sogar den Bau neuer Atomkraftwerke ins Auge fassen, wie es CDU und FDP gerne möchten.
Okay. - Ich denke, Herr Umweltminister, Sie sind gefordert. Tun Sie endlich etwas! Sorgen Sie für die Bewohnerinnen und Bewohner im Land Niedersachsen und natürlich ganz besonders rund um die Asse. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Schönen Dank, Herr Präsident! - Mit dem Kompromiss zur Gesundheitsreform sind zahlreiche Änderungen sowohl bei der künftigen Finanzierung des Gesundheitswesens als auch bei der Erbringung medizinischer Leistungen geplant. Unklar bleibt dabei, was die verabredeten Regelungen für die niedersächsischen Versicherten, Patientinnen und Patienten und Arbeitgeber bedeuten.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. In welchem Umfang würden niedersächsische Versicherte und Arbeitgeber durch die vor dem
Start des Gesundheitsfonds vorgesehene Entschuldung der gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere durch den Abfluss von Versichertengeldern der schuldenfreien AOK Niedersachsen an andere, verschuldete Landes-AOKs belastet?
2. Welche finanziellen Folgen hätte die im Zuge der Gesundheitsreform vorgesehene Änderung im Risikostrukturausgleich für die niedersächsischen Krankenversicherten und Arbeitgeber?
3. Welche Konsequenzen hätten die im Zuge der Gesundheitsreform vorgesehenen organisatorischen und finanziellen Veränderungen für die medizinische Versorgung in Niedersachsen, insbesondere für den Krankenhausbereich?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie haben gerade die hohen Belastungen der Krankenhäuser in Niedersachsen geschildert, d. h. die Belastungen, die jetzt noch auf die Krankenhäuser zukommen werden. Die Krankenhäuser sind in den letzten Jahren zu vielen Einsparungen genötigt worden und haben wirklich ihre Einsparpotenziale ausgeschöpft.
Wie versucht die Landesregierung angesichts der Kürzungen, die auf die Kliniken zukommen, weiterhin eine gute, flächendeckende stationäre Versorgung in Niedersachsen zu gewährleisten? Sie haben noch nicht von der Entwicklung der Bettenpauschale gesprochen, welche die Landesregierung offenbar auch noch plant.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung angesichts der Tendenzen zur Zentralisierung im Zuge der Gesundheitsreform: Welche Möglichkeiten werden die niedersächsischen Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen in Zukunft noch haben, um eigene Projekte der Gesundheitsförderung durchzuführen?
Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Personal- und Richterräte große Bedenken gegen dieses Projekt haben: Können Sie diese Bedenken konkretisieren? Warum stimmen Personal- und Richterräte Ihrem Ansinnen nicht zu? Warum sind sie von diesem Projekt nicht begeistert?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landeskabinett hat in seiner Sitzung am 25. April 2006 unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ und offenbar ohne reguläre Kabinettsvorlage den Verkauf der meisten der niedersächsischen Landeskrankenhäuser beschlossen.
Wenige Tage später wurde das europaweite Bieterverfahren eröffnet. Bis zum Ende des Jahres 2006 soll die Privatisierung abgeschlossen sein.
Die von der Entscheidung des Kabinetts offensichtlich überraschte, aber zumindest noch formal zuständige Sozialministerin Frau Ross-Luttmann konnte nur noch im Nachhinein hilflose Versuche
unternehmen, der Öffentlichkeit die bewusste Gefährdung der sehr guten psychiatrischen Versorgung im Lande zu erklären.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Verkaufsentscheidung fachfremde Erwägungen zugrunde liegen und die von der Landesregierung immer wieder geäußerte Dialogbereitschaft mit allen Beteiligten nur vorgeschoben ist, um eben diese Beteiligten und die Öffentlichkeit ruhig zu stellen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie stellt sich für sie der weitere zeitliche Ablauf des Verkaufsverfahrens dar?
2. Warum hat sie entgegen wiederholten öffentlichen Ankündigungen der formal zuständigen Sozialministerin Frau Ross-Luttmann das Gutachten des Instituts für betriebswirtschaftliche und arbeitsorientierte Beratung (BAB) über betriebswirtschaftlich begründete Alternativen zum Verkauf der Landeskliniken nicht ernsthaft geprüft und in ihre Entscheidung einbezogen?
3. Wie will sie sicherstellen, dass bei der von ihr angestrebten künftigen Trägervielfalt auch regionale bzw. freigemeinnützige Anbieter zum Zuge kommen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, die Finanzen sind ja der Hauptgrund für den Verkauf der Landeskrankenhäuser. Ich frage Sie: Wie sieht es nach dem Verkauf der Maßregelvollzugsbetten aus? Ist das Land auch nach dem Verkauf noch für die Bezahlung der Pflegesätze zuständig bzw. den Bedingungen, die für die Maßregelvollzugsbetten gelten, unterworfen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits seit Oktober 2005 prüft die Landesregierung die rechtliche Zulässigkeit des Volksbegehrens zur Wiedereinführung des Landesblindengeldes. Nach nunmehr einem halben Jahr hat die Prüfung offenbar immer noch kein Ergebnis gebracht. Gleichzeitig sollen laut Presseberichten vom 11. März 2006 verschiedene Kompromissmodelle zwischen Landesregierung und Landesblindenverband diskutiert werden. Es verstärkt sich der Eindruck, dass die Landesregierung das Volksbegehren mit einer Verzögerungstaktik „aussitzen“ will.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Bis wann ist mit einem Ergebnis der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Volksbegehrens zur Wiedereinführung des Landesblindengeldes durch die Landesregierung zu rechnen?
2. Welchen Stand haben die laut Presseberichten laufenden Gespräche zwischen der Landesregierung und den Initiatoren des Volksbegehrens zur Wiedereinführung des Landesblindengeldes erreicht?
3. Wird die Landesregierung im Zuge dieser Gespräche die seit 2005 vorgeschriebene und zahlreiche Blinde in die Sozialhilfe treibende Bedürftigkeitsprüfung aufgeben, um blinden Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen?
Es wäre natürlich interessant zu erfahren, wie viel Geld inzwischen durch diesen Blindenhilfefonds ausgegeben worden ist.
Ich frage die Landesregierung außerdem: Kann es sein, dass ein Grund für die bisherige geringe Inanspruchnahme dieses Fonds in der Konstruktion dieses Fonds liegt?
Ich komme noch einmal auf die Gefährdung für die Menschen zurück. Frau Ross-Luttmann, Sie haben gesagt, dass die Landesregierung für 6,3 % bis 6,5 % der Bevölkerung antivirale Medikamente bevorratet. Ich frage die Landesregierung: In welcher Höhe bevorraten andere Bundesländer diese antiviralen Medikamente?
Frau Präsidentin! Die letzte Sozialministerin und auch die jetzige haben die geringe Bevorratung mit Tamiflu damit begründet, dass sie auf die Entwicklung eines Impfstoffes setzen. Ich frage die Landesregierung: Wie lange dauert die Entwicklung eines Impfstoffs, wenn dieses Virus mutiert ist?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind keine mehr da.
- Zumindest auf den Rängen nicht.
Schönen Dank für die Belehrung, Herr Präsident. Von den Fußfesseln zu den Kindern.
Kinder misshandelt, Kinder eingesperrt, Kinder totgeschüttelt, Kinder verhungert - solche Nachrichten erreichen uns häufig durch unsere Medien zu häufig, meine Damen und Herren!
Am Montag dieser Woche beantragte der Cottbuser Staatsanwalt eine lebenslängliche Freiheitsstrafe für die Eltern des kleinen Dennis, dessen Leiche im Juni 2004 in der Tiefkühltruhe entdeckt wurde. Dieses Kind wog im Alter von sieben Jahren noch ganze 7 kg. Wie kann so etwas mitten unter uns unentdeckt bleiben?
Dennis hatte die ersten eineinhalb Lebensjahre in einem Heim verbracht und war gesund in die Familie zurückgekehrt; das berichtet die behandelnde Ärztin. Danach versteckten ihn die Eltern und stellten ihn fünfeinhalb Jahre lang keinem Arzt mehr vor. - So etwas ist möglich in unserem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dennis hat an keiner Vorsorgeuntersuchung mehr teilgenommen. Er hat keinen Kindergarten besucht. Es war das Recht seiner Eltern, diese staatlichen Angebote nicht wahrzunehmen. - Wo bleibt eigentlich das Recht des Kindes?
Dieses Beispiel soll nicht verallgemeinert werden. Aber wir müssen uns die Frage gefallen lassen, was wir denn tun, um solche Fälle und vor allem die vielen Fälle, die nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen, zu verhindern.
Laut Statistik des Bundeskriminalamts wurden im Jahr 2004 2 916 Kinder misshandelt und vernachlässigt. Aber die Dunkelziffer ist sehr viel höher. Der Kinderschutzbund nennt eine Zahl von 50 000 als Untergrenze für die Zahl der Kinder, die erheblich vernachlässigt werden. Nach oben schwankt die Zahl zwischen 250 000 und 500 000.
Warum vernachlässigen oder misshandeln Eltern ihre Kinder? - Ein solches Verhalten gegenüber Säuglingen und Kleinkindern entsteht selten spontan in akuten Krisen, so der Deutsche Kinderschutzbund. Vernachlässigende Eltern sind meist überfordert, die alltäglichen Dinge des Lebens zu regeln und auf die Bedürfnisse eines Kindes ein
zugehen. Das betrifft sowohl Nahrung, Kleidung, Sauberkeit und Pflege als auch Zuwendung, Schutz, Zärtlichkeit und Wertschätzung. Dabei gelten als Risikofaktoren z. B. materielle Probleme und persönliche Belastungen wie Suchtprobleme, ungewollte Schwangerschaft oder eigene negative Kindheitserfahrungen. Auch Partnerschaftsprobleme oder eine hohe Krankheitsanfälligkeit können Risikofaktoren sein.
Eltern, die dermaßen belastet sind, reagieren mit Erschöpfung, Apathie oder Resignation und isolieren sich von ihrer Umwelt. Zu diesen hoch gefährdeten Kindern kommen noch die vielen bewegungsgestörten, zu dicken oder diabetesgefährdeten Kinder aus den so genannten normalen Familien hinzu. Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen uns fragen, wie wir allen Kindern eine körperlich und psychisch gesunde Kindheit ermöglichen können.
Uns ist durchaus klar, dass es kein Patentrezept gibt. Wie in anderen Bereichen kommt es aber auch hier auf einzelne Bausteine an, aus denen diese Brücke zu den Kindern gebaut wird. Dazu gehört natürlich auch die flächendeckende Schuleingangsuntersuchung nach gleichen Kriterien, die wir gerade im Zusammenhang mit dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst diskutieren.
Um einen weiteren Baustein geht es in dem von uns vorgelegten Antrag. Die von den Krankenkassen kostenlos angebotenen Vorsorgeuntersuchungen für Säuglinge und Kinder bis zum zwölften oder dreizehnten Lebensjahr werden leider nur von durchschnittlich 75 % der Familien wahrgenommen, von bildungsfernen Familien nur zu knapp 50 % - und das, obwohl alle Eltern das Untersuchungsheft ausgehändigt bekommen und von Kliniken und Hebammen darüber informiert werden. Deshalb hält es die SPD-Fraktion für dringend geboten, die Bundesratsinitiative des Saarlands und Hamburgs zu unterstützen, die zum Ziel hat, die U-Untersuchungen bis zur J 1 verpflichtend vorzuschreiben. Dass weitere Länder darüber nachdenken, zeigt auch eine vom brandenburgischen Landtagspräsidenten am vergangenen Montag gemachte Äußerung, die in die gleiche Richtung geht. Heute ist in der Süddeutschen Zeitung zu lesen, dass auch Berlin, NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz in diese Richtung denken.
Außerdem halten wir es für sinnvoll, die anonymisierten Daten aus diesen Untersuchungen auf Bundes- und Länderebene zu sammeln. Damit hätten wir endlich eine gesicherte Datenlage zur Kindergesundheit in unserem Land, die es uns ermöglichen würde, gezielte Präventionsprogramme auf den Weg zu bringen.
Der dritte Punkt unseres Antrags betrifft die Umsetzung der aus den Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse, die wir in weitere Bausteine wie z. B. eine aufsuchende Betreuung gefährdeter Familien einbinden müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht wegschauen, wenn Eltern ihre Pflichten nicht wahrnehmen. Wir müssen Kinderrechte schützen; denn Kinderrechte sind Menschenrechte. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Stumpf, ich hoffe, Ihr Appell an ein zügiges Vorgehen wird in diesem Fall erfolgreicher als im Bereich der Palliativmedizin sein.
Aber zum Thema. Attraktive Fußgängerzonen der 70er- und 80er-Jahre haben heute zu kämpfen: Ladenleerstände, Ladenketten, die überall gleich aussehen, Graffitischmierereien, keine einheitlichen Öffnungszeiten, unmoderne bauliche Gestaltung. Dagegen entstehen an anderer Stelle Shoppingcenter-Großprojekte mit stringentem Management. Während die Einzelhändler über sinkende Umsätze klagen, melden diese Einkaufszentren höhere Wachstumsraten als der übrige Handel. Gleichzeitig verschärfen diese durchgestylten Shoppingmalls den Wettbewerb zu den bestehenden Fußgängerzonen. Die Folge ist häufig: Nach der Eröffnung eines solchen Centers geben Traditionshändler an vielen Orten auf, was die älteren Fußgängerzonen noch unattraktiver macht.
Zwei Dinge kommen noch hinzu: Erstens. Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten der Kommunen werden Neu- oder Ersatzinvestitionen in den innerstädtischen Standorten zurückgestellt bzw. auf das Nötigste beschränkt. Zweitens. Die freiwilligen Interessengemeinschaften der Gewerbetreibenden leiden unter einer Trittbrettfahrerproblematik, d. h. einige wenige engagieren sich auch finanziell für ihr Umfeld, während die in der Stadt vertretenen Ladenketten häufig kein Interesse an der besonderen Gestaltung der jeweiligen Innenstadt haben.
Das Problem ist jedoch nicht neu. Seit 2002 gibt es das von der damaligen Wirtschaftsministerin Susanne Knorre initiierte Programm „Ab in die Mitte!“ zur Stärkung der Attraktivität der Innenstädte, das von der jetzigen Landesregierung fortgeführt wird.
In einigen angelsächsischen Ländern ist aus der geschilderten Problematik heraus die Idee des BID entstanden: ein Zusammenschluss von Hauseigentümern und Gewerbetreibenden zu einer Standortgemeinschaft nach Art eines Business
Improvement Districts. Das kann auch in Niedersachsen eine Antwort sein.
Kritische Fragen zu einem derartigen Innenstadtprojekt von Industrie- und Handelskammertag, von kommunalen Spitzenverbänden und auch von der FDP-Fraktion, wie wir jetzt gehört haben, müssen in den Ausschussberatungen geklärt werden.
Das Land Niedersachsen, meine Damen und Herren, ist gefordert, Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Innenstädte sowie Anreize für freiwilliges privates Engagement zu schaffen. Während einige Bundesländer schon auf dem Wege sind, eine gesetzliche Grundlage für die Kommunen zu schaffen, die diesen Weg gehen wollen, und während Hamburg schon seit dem 1. Januar 2005 diese gesetzliche Grundlage geschaffen hat, gibt es in Niedersachsen noch Probleme, eine ministerielle Zuordnung zu erreichen.
Wie sieht es denn aus, Herr Minister Hirche - er ist leider nicht da -? Wer ist denn nun zuständig? Anfragen von Kommunen werden vom Wirtschaftsministerium zum Sozialministerium und zum Innenministerium weitergereicht. Sieht so Ihre viel gepriesene Wirtschaftsförderung aus?
Die SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, unterstützt grundsätzlich den Antrag der Mehrheitsfraktionen. Der SPD-Landesparteitag hat bereits am 5. November beschlossen, BIDs zu unterstützen.
Herr Kollege Stumpf, Ihr Kollege Oesterhelweg sprach auf einer Veranstaltung in Wolfenbüttel den Antrag der CDU-Fraktion an. In der Zeitungsüberschrift war Wolfenbüttel schon als Modellkommune erwähnt. Erstaunt war ich dann über die weichen Formulierungen in Ihrem Antrag! Die Bürgerinnen und Bürger Wolfenbüttels glauben doch, Sie forderten die Landesregierung zum Handeln auf. Aber in Ihrem Antrag geht es lediglich darum, die Landesregierung aufzufordern, zu berichten, einzuschätzen und aufzuzeigen.
Nein. - Markige Sprüche in der Öffentlichkeit, aber butterweiche Formulierungen im Landtag - meine Damen und Herren, das passt nicht zusammen!
Lassen Sie uns dieses Thema gemeinsam anpacken und die offenen Fragen zügig klären! - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Wochen verbreitete dpa einen Hilferuf aus Indonesien, die so genannte Vogelgrippe breite sich immer mehr aus. Der Sozialminister des Inselstaates berichtete, dass am 23. September 2005 mindestens 28 Menschen mit den Symptomen der hochansteckenden Influenza in Behandlung wären, mehr als doppelt so viele wie am Vortag. Die USBotschafterin in Jakarta bestätigte, dass die Vogelgrippe ein Problem nicht nur Indonesiens, sondern eine globale Angelegenheit sei. Die USA gaben bekannt, umgerechnet rund 20 Millionen Euro für den Kampf gegen das Virus in Indonesien, Kambodscha und Vietnam zur Verfügung stellen zu wollen.
Welches Problem steckt dahinter? - Die WHO warnt seit längerem vor einer länder- und kontinentgrenzenüberschreitenden Grippe- oder Influenza-Pandemie. Die Fachleute halten es für möglich, dass das Virus H5N1, das die Vogelgrippe hervorruft, mutieren und sich in eine Form verwandeln könnte, die sich leicht unter Menschen ausbreitet. Dass eine neue Influenza-Pandemie
kommen wird, wie wir sie schon 1917, 1957 und 1968 hatten, ist unumstritten. Was wir aber nicht wissen, ist, wann dieses Virus die Barriere zwischen Tier und Mensch überspringen wird. Gestern meldete Associated Press, dass die Gesundheitsbehörden in Indonesien eine Verbindung zwischen den sechs Toten durch die Vogelgrippe und in der Nähe lebendem Geflügel entdeckt hätten. So viel zum Hintergrund unseres Antrages.
Es geht also nicht um Panikmache oder um eine unnötige Verunsicherung der Bevölkerung. Vielmehr halten wir es für dringend geboten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Die katastrophalen Hurrikanerfahrungen in den USA können doch auch für uns nur eine Lehre sein. Mangelnde Vorsorge ist nur kurzfristig billiger.
Anfang des Jahres hat die Bundesregierung einen Nationalen Pandemieplan vorgelegt. Die Landesregierung ist spätestens jetzt in der Pflicht, einen niedersächsischen Influenza-Pandemieplan vorzulegen. Vogelgrippeviren vom Typ H5N1 wüten in Asien, und Minister Ehlen schickt die Hühner, Gänse und Enten in die Ställe, weil die Zugvögel aus den gefährdeten Gebieten in Richtung Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, somit zu uns, unterwegs sind. Wer ist besonders gefährdet? - Alle Menschen, die mit Federvieh in Berührung kommen, und das sind im Geflügelland Niedersachsen nicht wenige. Außerdem sind alle im Gesundheitssystem Beschäftigten sowie Kleinkinder, alte Menschen und alle, deren Immunsystem sowieso geschwächt ist, gefährdet.
Schönen Dank, Frau Präsidentin. - In ihrer Pressemitteilung vom 25. August 2005 erklärt die niedersächsische Gesundheitsministerin Frau von der Leyen, dass sich die norddeutschen Länder von Mecklenburg-Vorpommern bis Niedersachsen auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hätten und dass sie auf die schnelle Entwicklung und Produk
tion von Impfstoff setzten. Eine Zusammenarbeit ist sicherlich sinnvoll. Sie wäre sicherlich auch auf Bundesebene sinnvoll; denn weder Vögel noch Viren respektieren den deutschen Föderalismus. Aber ihr Hinweis, dass das Ausbreiten von länderübergreifenden Viruserkrankungen vor 40 bis 50 Jahren mehrere Monate gedauert hat, ist bei der heutigen Mobilität der Menschen und Güter nicht sehr Vertrauen einflößend. Das Problem dabei ist nämlich, dass es nicht möglich ist, gegen diesen wandelbaren Virus Impfstoff auf Vorrat zu produzieren. Für die Entwicklung benötigt man jedoch noch fünf bis sieben Monate Zeit. Was passiert in dieser Zeit? - Die zurzeit auf dem Markt befindlichen zwei Medikamente müssen innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der Symptome verabreicht werden - so die Fachärzte-Zeitschrift The Lancet. Ich möchte kein Schreckensszenario an die Wand malen, aber es beunruhigt mich schon, wenn für die erste Zeit in Niedersachsen nur für 4,5 % der Bevölkerung und in Brandenburg für 7 % der Bevölkerung antivirale Medikamente zur Verfügung stehen und die WHO 20 % empfiehlt. Diese Medikamente können immerhin Schwere und Dauer der Infektion mildern. Dabei gibt es weltweit nur zwei Produzenten dieser Medikamente, sodass es bei einer Pandemie mit Sicherheit zu Versorgungsengpässen kommen wird.
Hinzu kommt, dass Impfviren bis heute auf Hühnereiern gezüchtet werden. Es kann bei einem Ausbruch der Vogelgrippe notwendig sein, große Hühnerbestände zu töten, sodass dementsprechend weniger Eier für die Impfserum-Produktion zur Verfügung stehen, so die Befürchtungen von Professor Windorfer, des Präsidenten des Landesgesundheitsamtes. Panikmache ist nicht angesagt, meine Damen und Herren, sondern planvolles Handeln. Wir benötigen einen niedersächsischen Pandemieplan. Wir brauchen eine Initiative zur Grippeimpfung, damit die besonders gefährdeten Personengruppen nicht einer doppelten Gefährdung ausgesetzt werden. Wir brauchen eine verstärkte Forschung im Bereich neuer Impftechnologien. Und last, but not least benötigen wir genügend antivirale Medikamente, die die Zeit bis zur Auslieferung eines neu entwickelten Impfstoffs überbrücken können.
Ihre Antworten auf meine Anfrage vom März und auf die Anfrage der Bündnisgrünen vom September dieses Jahres waren wenig konkret und nicht sehr beruhigend, Frau Ministerin. Eine Unterrichtung im Innenausschuss des Landtages machte deutlich, dass auch das Innenministerium, verant
wortlich für den Katastrophenschutz, seine Hausaufgaben in Sachen Pandemieplan noch nicht gemacht hat. Deshalb beantrage ich für die SPD-Fraktion die Mitberatung im Ausschuss für Inneres und Sport. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, vielen Dank. - Liebe Kollegin Mundlos, Sie konnten eine so tolle lange Liste aufzählen. Sie haben diese Informationen sicherlich aus dem Ministerium bekommen. Es wäre natürlich schön, wenn der Landtag insgesamt so gut informiert wäre.
Außerdem: Wenn das alles so toll ist, dann können Sie unserem Antrag doch mühelos zustimmen.
Ich möchte gerne noch auf einige andere Dinge eingehen. Frau Kollegin Janssen-Kucz, Sie halten diese Problematik für nicht so gravierend und nicht so gefährlich. Es geistern sehr viele Zahlen und Informationen durch das Internet und alle möglichen Quellen. Die letzte Pandemie 1968/69 hat meinen Informationen zufolge 750 000 Tote gefordert. Eine Pandemie, Frau Janssen-Kucz, ist - das sagt schon der Name - eine Grenzen und Kontinente überschreitende Krankheit. Das heißt, die Erkrankung würde sich nicht nur auf die Gegenden beschränken, in denen es zurzeit die Vogelgrippe gibt.
Eine weitere Anmerkung bezieht sich auf die beiden Medikamente und den Druck der Pharmafirmen, den es ganz bestimmt gibt. Ich denke, dem wird sich niemand aussetzen wollen. Das ist nicht der Punkt. Aber es gibt Produktionsprobleme, wenn wir wirklich nur zwei Anbieter haben. Dazu haben Sie nichts sagen können. Im Falle des Ausbruchs einer Pandemie gibt es eine große Nachfrage. Dann brauchen wir genügend antivirale Medikamente, um zumindest die Folgen abzumildern. Über die Prozentzahlen können wir uns sicherlich streiten. Die von mir genannte Zahl von 20 % ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern sie geht auf eine Empfehlung der WHO und des Robert-KochInstituts zurück. Das sind zwei Institutionen, denen man nicht gerade einen leichtfertigen Umgang mit diesen Zahlen unterstellen würde. Es besteht also Handlungsbedarf.
Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Ich hoffe, dass wir dann von sachkundiger Seite informiert werden. Nichts gegen Ihre Kompetenz als Ärztin, Frau Ministerin. Aber ich denke, es wäre sicherlich sinnvoll, uns da noch sehr viel breiter zu informieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Böhlke, die SPD-Fraktion kann dem nicht zustimmen. Auch ich rede zu der Eingabe, über die Sie eben gesprochen haben. Diese Familie hat die von Ihnen angeführten Hintergründe. Das bestreitet niemand. Seit zehn Jahren aber ist diese Familie strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Sie ist integriert. Die Kinder gehen hier in eine katholische Grundschule und in eine Hauptschule. Die Familie sichert ihren eigenen Lebensunterhalt. Das Einzige, was sie noch bezieht, ist Wohngeld. Das aber liegt daran, dass diese Familie aufgrund ihres ungesicherten Aufenthaltsstatus keine Möglichkeit zum Bezug von Kinder
geld hat. Anderenfalls wäre die Familie in der Lage, sich völlig selbständig zu unterhalten.
Die Demokratische Republik Kongo - meine Damen und Herren, lassen Sie sich bitte nicht durch diese Bezeichnung täuschen - ist ein Land, in dem keine staatliche Ordnung herrscht, in dem marodierende Kindersoldaten die Bevölkerung terrorisieren, in dem Frauen vergewaltigt und Menschen verschleppt werden. Die SPD-Fraktion kann es nicht verantworten, eine Familie, die integriert ist und nur Wohngeld bezieht, nach 14 Jahren in die Demokratische Republik Kongo zurückzuschicken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Justizbereich herrscht derzeit große Unruhe unter den Beschäftigten. Arbeitsverträge werden nicht verlängert, Ausgebildete nicht übernommen. Justizsekretärsanwärter, die zielgerichtet und einseitig fachorientiert ausgebildet werden und deshalb kaum Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben, werden von den Gerichten nur in geringem Umfang übernommen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Wie viele der ausgebildeten Nachwuchskräfte werden in diesem Jahr übernommen, und wie stellt sich dies in Prozenten dar?
2. In welche anderen Berufe können die nicht übernommenen Anwärter ausweichen?
3. Wie fördert das Land diese jungen Menschen, die flexibel auf diese Situation reagieren?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Pallium“ ist das lateinische Wort für „Mantel“. Die wie ein Mantel umhüllende Medizin hat im Gegensatz zur kurativen Medizin nicht das Ziel, den Kranken wieder gesund zu machen. Palliativmedizin kümmert sich um die körperlichen Symptome von Schwerstkranken, wie z. B. Schmerzen, Luftnot, Übelkeit und Erbrechen. Auch in diesem Bereich hilft das ständig steigende Fachwissen, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Die Palliativmedizin zeichnet sich jedoch besonders durch den Gesamtheitsansatz aus, der die seelischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse mit berücksichtigt. Die Palliativversorgung umfasst außer dem eben genannten ärztlichen auch noch den pflegerischen, sozialen und seelsorgerischen Bereich, der durch interdisziplinäre so genannte palliative care teams oder, eingedeutscht, PalliativCare-Teams sowohl stationär als auch ambulant geleistet werden kann.
Nun zu unserem Antrag. Seit dem Sommer letzten Jahres liegt das noch von der letzten Landesregie
rung vorbereitete und zusammen mit den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen von der jetzigen Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten zur Palliativversorgung in Niedersachsen vor. Diese umfangreiche Erhebung zur Pflegeund Behandlungssituation todkranker Menschen gibt uns einen guten Überblick über den Istzustand in Niedersachsen, zeigt neue Versorgungskonzepte auf und stellt die Kostensituation dar.
Die im Rahmen dieses Gutachtens erhobenen Befragungen ergaben, dass die Versorgung mit palliativmedizinischen Einrichtungen insgesamt nicht bedarfsgerecht ist, dass die Finanzierung nicht kostendeckend ist, dass adäquate Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten nur unzureichend vorhanden sind.
Insgesamt hat die Palliativmedizin einen geringen Stellenwert in unserer Gesundheitslandschaft im Vergleich zu anderen Versorgungsbereichen. Das, meine Damen und Herren, muss sich ändern. Dieses Thema geht uns alle ganz persönlich an.
Im Gutachten heißt es - ich zitiere -:
„Die generelle Sektorierung im Gesundheitswesen, die auch in anderen Bereichen eine zentrale Schwachstelle ist, kann als Barriere für eine effektive und effiziente Versorgung angesehen werden.“
Was muss sich also im Interesse der Schwerstkranken ändern?