- Natürlich habe ich damit gerechnet, dass Sie an dieser Stelle einhaken. Sicherlich - das gebe ich hier unumwunden zu - gibt es auch im Bereich der Hauptschulen Nachholbedarf.
Die spannende Frage ist aber, Herr Ontijd, auf welchen Weg man sich begibt. Sie haben während dieses Plenarsitzungsabschnittes Ihr so genanntes Hauptschulprofilierungsprogramm auf den Weg gebracht. Die spannende Frage wird sein, ob damit die schulische Ausbildung und damit die Voraussetzungen für die Ausbildung in der Hauptschule besser oder schlechter werden. Wie wir gehört haben, soll die Anzahl der Schulstunden reduziert werden, meine Damen und Herren.
Wenn Jugendlichen nicht bereits in der Schule hinreichende Grundqualifikationen vermittelt werden, dann ziehen sich die Defizite durch die gesamte Berufslaufbahn. Hören Sie endlich mit Ihrer ideologischen Diskussion auf, in der Sie immer wieder behaupten, dass man mit Begabung geboren werde.
Jeder von Ihnen weiß doch, dass auch die Sozialisation bei der Frage wichtig ist, wie sich der oder die Einzelne entwickeln kann.
Insofern besteht hier Handlungsbedarf. Deswegen fordern auch wir mehr Sprachförderung, damit insbesondere die Jugendlichen mit Migrationshintergrund bessere Chancen haben. Deshalb haben wir einen Antrag eingebracht, die Qualität der Grundschule zu steigern und zu festigen.
Deswegen fordern wir: nicht weniger Unterricht an den Hauptschulen, sondern mehr Unterricht, um die Voraussetzungen zu verbessern.
Auch in der Berufsausbildung fehlt es an Ausbildungskonzepten für lernschwache Jugendliche. Ein kritischer Blick auf die pädagogischen Qualifikationen der Ausbilder und der Berufsschulen sei in diesem Zusammenhang einmal angebracht.
Wenn an diesen Rahmenbedingungen nichts verändert wird, wird die Zahl der Jugendlichen mit schlechten Schulabschlüssen nicht abnehmen, sondern zunehmen. Wenn diese Jugendlichen dann auch noch in Kurzausbildungen kommen sollen, wird es mittelfristig schlecht um den Wirtschaftsstandort Deutschland bestellt sein. Gerade die Arbeitsplätze für Ungelernte oder gering Qualifizierte sind von der Verlagerung ins osteuropäische Ausland bedroht. Was wir und was in erster Linie die Wirtschaft brauchen, sind qualifizierte Fachkräfte,
und zwar nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft. Der Mangel, den im Übrigen auch Sie häufig an die Wand malen und der zugegebenermaßen in Kürze herrschen wird, wenn wir nicht gegensteuern, ist absehbar und in einigen Berufen teilweise sogar schon vorhanden. Deshalb muss es in erster Linie darum gehen, alles daranzusetzen, Jugendliche dafür zu qualifizieren, später einen anspruchsvollen Beruf zu entwickeln, und man darf ihnen nicht nur eine Schmalspurausbildung zukommen lassen.
Glauben Sie nur nicht, dass für die verkürzten Ausbildungen die Betriebe Schlange stünden, Herr Hermann. Ich bin nicht so zuversichtlich wie Sie.
Auch für diese Ausbildungsgänge muss gezielt geworben werden. Es müssen Betriebe gefunden werden, die dazu bereit sind. Nicht jeder Betrieb ist darauf vorbereitet, sofort gerade mit lernschwachen Jugendlichen klarzukommen. Auch hier müssen zunächst Qualifizierungsmaßnahmen entwikkelt und durchgeführt werden.
Ihre Hoffnung auf viele zusätzliche Ausbildungsbetriebe - auch auf solche, die von Migranten betrieben werden -, teile ich nicht. Sie haben das in Ihrem Beitrag eben ja auch nicht dargestellt.
Der von der Bundesregierung beschlossene Wegfall der Ausbildereignungsprüfung - den ich im Übrigen kritisiere
- das habe ich ja gerade gesagt - hat zumindest bis dato diesen Schub bei den Ausbildungsplätzen nicht gebracht. Woher soll dann ein anderer Schub kommen? Ich glaube kaum, dass er durch solche Maßnahmen ausgelöst wird.
Es fehlt nämlich nach wie vor an normalen Ausbildungsplätzen. Herr Hermann, auch wenn Sie eine schöne Aufrechnung machen und behaupten, dass in Niedersachsen de facto nur 700 Ausbildungsplätze fehlen, wissen Sie genauso wie ich, dass das regional ganz anders aussieht.
Wir alle wissen ja auch, dass der Auftrag der Betriebe ein ganz anderer ist, nämlich eine deutlich höhere Anzahl an Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen, als Bewerber vorhanden sind. Auch diesem Anspruch haben wir in Niedersachsen nicht Genüge getan.
Ich würde mich auch nicht auf dem ausruhen, was gemacht worden ist, denn die Vorgängerregierung hat einiges auf den Weg gebracht, was die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit anbetrifft.
Dennoch sage ich, meine Damen und Herren: Die SPD-Landtagsfraktion ist bereit, hierzu mit Ihnen intensiv in die Diskussion zu kommen.
- Ja, ja, hört, hört! Nicht immer alles im Voraus kritisieren, sondern erst einmal ordentlich zuhören, denn am Ende kommen wir vielleicht doch auf einen gemeinsamen Dampfer.
Zweijährige Ausbildungsgänge sind nach unserer Auffassung weiterzuentwickeln; denn trotz aller Anstrengungen wird möglicherweise ein Teil der Jugendlichen an Grenzen stoßen. Dabei ist für uns wichtig, dass diese zusätzlichen - ich betone: zusätzlichen! - zweijährigen Ausbildungsgänge nicht qualifizierte Ausbildungsplätze, die wir dringend brauchen, substituieren. Das will ich ganz deutlich unterstreichen.
Für uns ist auch wichtig - wie das in Ihrem Antrag zum Teil auch formuliert ist -, dass die Durchlässigkeit gegeben ist, sodass diejenigen, die es, egal woher sie kommen, in diesen zwei Jahren schaffen, sich zu stabilisieren, und die zeigen, dass sie doch mehr Fähigkeiten haben, auch die Möglichkeit bekommen, darauf aufzubauen, um am Ende möglichst doch noch einen hoch qualifizierten Beruf zu erlernen.
Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind - wir werden uns im Ausschuss sicherlich weiter darüber unterhalten -, dann, glaube ich, bestehen gute Chancen, dass wir als Landtagsfraktion der SPD mit Ihnen gemeinsam daran arbeiten, um noch mehr Ausbildungsberufe in dieser Richtung zu entwickeln und damit eine Initiative in diesem Land voranzubringen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Das waren versöhnliche Worte! Wenn Herr Gabriel mal so reden würde!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Rolfes, ich komme auf einen Zuruf zurück, den Sie vorhin gegen meinen Kollegen Wenzel gerichtet haben. Ich meine die Sache mit den offenen Türen und wie es ist, wenn man die
Es gibt diese zweijährige modulare Ausbildung nämlich schon. In 28 Ausbildungsberufen mit zwölf Abschlüssen gibt es schon nach zwei Jahren - in der ersten Stufe - einen Abschluss. Nach drei Jahren - in der zweiten Stufe - sind 16 Abschlüsse möglich. Genau das ist die Richtung, in die wir gehen müssen. Wir müssen erreichen, dass die Ausbildung modular aufgebaut ist. Ich nenne als zusätzliche Beispiele zu denjenigen, die vorhin schon genannt worden sind, den Ausbaufacharbeiter im Baubereich mit den Ausbaustufen Trockenbaumonteur, Estrichleger, Fliesenleger, Stuckateur, Zimmermann usw.
Unsere Gesellschaft ist auf dem Weg, hier mehr Türen aufzumachen. Wir wollen gerne mit Ihnen zusammen auch politisch Flagge zeigen, in dieser Hinsicht mehr zu tun. Wir können auch nur Flagge zeigen. Wir müssen die Sozialpartner auffordern, miteinander ins Gespräch zu kommen und zusätzliche Ausbildungsberufe in diesem Bereich anzubieten.
Das wird nicht einfach sein; darauf hat Herr Lenz gerade auch schon hingewiesen. Sie wissen ja, dass für die Betriebe die Auszubildenden erst im dritten Jahr so richtig produktiv sind. Erst dann lohnt sich ein Auszubildender im Handwerk so richtig. Aber eine zweijährige Ausbildung hört nun einmal schon nach zwei Jahren auf.
Das führt dann danach zu einem höheren Einkommen. Daher werden die Betriebe hier nicht Schlange stehen. Es ist genau so, wie Herr Lenz es beschrieben hat.
Die angesprochene Klientel, die Sie hier so schönfärbend als praktisch besonders begabt bezeichnen, bedarf nach aller Erfahrung eines erhöhten Betreuungsaufwands. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass auch in dieser Ausbildung den Betrieben einiges abverlangt wird. Darauf sind sie bisher nicht vorbereitet.
Der Antrag, den Sie heute einbringen, setzt im Grunde eine Diskussion fort, die vor einigen Monaten im Bundestag stattgefunden hat. Damals hat sich zumindest die FDP noch einseitig auf die Arbeitgeber als diejenigen ausgerichtet, von denen erwartet wird, dass sie zusätzliche Ausbildungsplätze anbieten. Jetzt haben Sie sich in Kooperation mit der CDU beiden Sozialpartnern geöffnet. Diese Scheuklappen gibt es also nicht mehr.