Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, aber die Beschlussempfehlung des Ausschusses.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? Das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 12: Zweite Beratung: a) Novellierung der Handwerksordnung: Durch sinnvolle Reformen die Zukunft des deutschen Handwerks sichern - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/239 - b) Chancen durch Liberalisierung der Handwerksordnung für Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/251 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Drs. 15/530
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet zu a) auf Annahme und zu b) auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Wir treten in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Bley von CDU-Fraktion. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im JuniPlenum wurden die Anträge der CDU- und der FDP-Fraktion sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema der Novellierung der Handwerksordnung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen. Die Fraktionen der CDU und der FDP hatten beantragt, die vorliegende Fassung der Bundesregierung zur geplanten Reform der Handwerksordnung abzulehnen und die Zukunft des deutschen Handwerks durch sinnvolle Reformen zu sichern.
Die Fraktionen der CDU und der FDP sprechen sich, wie im Antrag aufgelistet, für eine Novellierung der Handwerksordnung aus, die Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schafft und eine hohe Ausbildungsbereitschaft sowie Ausbildungsleistung garantiert.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bat in ihrem Antrag um die Unterstützung Niedersachsens für die Teilbereiche, die auf Bundesratsebene erforderlich ist. Im Rahmen der Landtagsdebatte zur Handwerksordnung führte der Oppositionsführer, Herr Gabriel, der sich jetzt verflüchtigt hat, aus, dass es in Südtirol durch den Wegfall der Handwerksordnung zu einer Vielzahl von Existenzgründungen und zu einem deutlichen Anstieg der Beschäftigtenzahlen gekommen sei. Diese Einschätzung ist im Wesentlichen zu revidieren. Die Grundlagen neuer Betriebe Ende der 80er-Jahre waren bedingt durch die konjunkturelle Entwick
lung im Tourismusbereich in Südtirol. Insbesondere durch den starken Anstieg im Tourismus wurde auch das Baugeschäft belebt.
Meine Damen und Herren, der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie der mitberatende Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit haben meiner Meinung nach eine weise und kluge Entscheidung getroffen:
erstens den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen und zweitens den Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion in unveränderter Form anzunehmen. Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren, heute dem Votum des Ausschusses zu folgen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch einige Erläuterungen zum Meisterbrief geben. Warum Ja zum Meisterbrief? - Damit die Verbraucher auch weiterhin ihren Handwerkern vertrauen können, damit Jugendliche auch in Zukunft eine qualifizierte Ausbildung erhalten
840 000 Handwerksbetriebe mit 5,3 Millionen Beschäftigten und 530 000 Lehrlingen versorgen Deutschland mit hochwertigen Produkten und Dienstleistungen. Damit das so bleibt, brauchen wir ein Zukunftsprogramm mit dem Handwerk und nicht gegen das Handwerk.
Die bisherigen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung bedeuten aber genau das Gegenteil, nämlich Zerschlagen statt Modernisieren: erstens weniger Verbraucherschutz, zweitens weniger Ausbildung, drittens weniger Mittelstand und viertens mehr Schwarzarbeit.
Daher muss das Ziel einer wirklichen Modernisierung der Handwerksordnung die Förderung marktfähiger Existenzen mit Bestand sein, die Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Deshalb: Ja zum Meisterbrief!
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat den starken Widerstand gegen die Novellierungsabsichten wohl wahrgenommen. Man wollte das nicht zustimmungspflichtige Kleinunternehmergesetz von der Handwerksordnungsnovelle trennen. Bundeswirtschaftminister Clement beabsichtigte, die große Novelle so lange hinauszuschieben, bis über die kleine Novelle entschieden worden wäre. Damit hätte man mit dreimonatiger Anlernzeit die Handwerksordnung unterlaufen können.
Der Bundesrat hat bei der Novellierung der Handwerksordnung eine entscheidende Rolle. Der Vermittlungsausschuss hat in seiner Sitzung am 13. November - also vorige Woche - entschieden, in Sachen Kleinunternehmergesetz eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesrates und Bundestages einzusetzen. Kleinunternehmergesetz und Handwerksordnung sollen einer gemeinsamen Beratung und Behandlung zugeführt werden. Der Ausschuss wird dann am 26. November dieses Jahres erneut beraten, wobei auch die Anträge der Fraktionen der CDU und der FDP und anderer Bundesländer wichtige Grundlagen für die Beratungen sein werden.
Herr Gabriel, es hat den Anschein, dass doch noch alles gut wird - im Sinne des Handwerks, im Sinne Deutschlands, aber auch vielleicht auch in Ihrem Sinne. Ich denke an den Pressebericht der Braunschweiger Zeitung vom 7. Mai 2001 anlässlich einer Meisterfeier der Handwerkskammer Braunschweig. Ich zitiere:
„dem Großen Befähigungsnachweis im Handwerk, ab. Der stehe für Qualität und wirksamen Verbraucherschutz.“
„Die berufliche Qualifikation und damit auch der Meisterbrief sei die Basis deutscher Qualitätsarbeit und damit eine Kernkompetenz unseres Landes.“
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort der Abgeordnete Hagenah. Ich erteile es ihm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte zum Großen Befähigungsnachweis im Handwerk scheint mittlerweile, entgegen den Interessen einiger konservativer Scharfmacher, in einen konstruktiven Dialog einzumünden.
Sogar Herr Westerwelle von der FDP hat deshalb inzwischen ein grundsätzliches neues Nachdenken zu diesem Thema für seine Partei angekündigt. Das ist vielleicht auch für den Vermittlungsausschuss spannend. Die Positionen nähern sich also an.
Unstrittig ist, dass wir die Inländerbenachteiligung durch die Regelungen der EU ebenso dringend beseitigen müssen, wie wir auch die Chancen der Selbständigkeit von Altgesellen verbessern müssen. Das wird zu mehr Existenzgründungen führen, und auch manche Sorge um die Betriebsnachfolge kann dadurch hoffentlich behoben werden.
Die CDU begründet ihre generelle Ablehnung der geplanten Veränderungen, wie von Herrn Bley gerade wieder ausgeführt, weiter damit, dass im Handwerk besonders strenge Regeln gelten müssten, damit die Qualität der Produkte und Dienstleistungen gewährleistet bleibt. Ich frage aber: Wo ist der Widerspruch? - Das rot-grüne Konzept zur Reform der Handwerksordnung kommt Ihnen doch entgegen. Der Ansatz, besonders gefahrenträchtige Tätigkeiten weiter unter den Vorbehalt des Meisterbriefes zu stellen, ist doch unstrittig. Nicht gefahrengeneigte Betriebe können künftig mit Gesellenbrief gegründet werden. Der Meisterbrief bleibt dort letztlich auch als Qualitätssiegel erhalten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können dann entscheiden, ob sie bei einem Meister- oder Gesellenbetrieb kaufen möchten. Ein Markt dafür ist vorhanden. Das gilt beson
ders, wenn es uns gelingt, dass, kombiniert mit der vorgezogenen Steuerreform, möglichst viel Schwarzarbeit durch legale Beschäftigung ersetzt wird.
Wir zeigen hier übrigens eine differenziertere Vorgehensweise im Reformansatz, als die CDU dies z. B. bei der Tarifautonomie und beim Flächentarifvertrag an den Tag legt. Darauf kommen wir ja später in der Tagesordnung noch zu sprechen.
Gegenwärtig wagt leider nur jeder zweite neue Handwerksmeister den Sprung in die Selbständigkeit. Seit 1994 stagniert die Zahl der Vollhandwerksbetriebe bei rund 660 000, während es gleichzeitig im handwerksähnlichen Gewerbe ohne Meisterzwang seit 1994 einen Zuwachs von 44 % zu verzeichnen gab. Das macht nun wirklich deutlich, dass die Handwerksordnung dringend modernisiert werden muss. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Vermittlungsverfahren wird uns dafür sicherlich eine vernünftige Lösung bieten, zu der am Ende auch Sie stehen werden. So haben es Vermittlungsverfahren ja an sich.
Ich hoffe, dass alle, die sonst immer betonen, wie wichtig ihnen der Vorschriftenabbau und Bürokratieabbau sind, dies an dieser Stelle auch ernst nehmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Modernisierung der Handwerksordnung schneidet im deutschen Wirtschaftsleben ein paar Zöpfe ab, die in dieser Art einmalig in Europa sind.
In Deutschland ist die Gründung einer Personengesellschaft im Bereich des Handwerks nicht zulässig, wenn man nicht selbst Handwerksmeister ist. Man darf nicht mal einen Handwerksmeister einstellen. Dieses Privileg haben nur Kapitalgesellschaften. Das ist das so genannte Inhaberprinzip. Es ist in meinen Augen eine verfassungswidrige
Beschränkung des Berufszugangs. Wir haben in Deutschland schon seit dem vorletzten Jahrhundert Gewerbefreiheit. In Artikel 12 des Grundgesetzes ist die Freiheit der Berufswahl gesichert. Der Staat darf nur unter ganz besonderen Voraussetzungen die Freiheit der Berufswahl, den Berufszugang beschränken. Wenn die Bundesregierung das jetzt macht und in nur noch 29 sicherheitsrelevanten Handwerksberufen einen Meisterbrief voraussetzt, dann ist das sachgerecht. Dass alle anderen Handwerksberufe in die so genannte Anlage B kommen und dort nicht mehr der Meisterzwang herrscht, wird dazu führen, dass sich mehr versierte, qualifizierte Handwerker selbständig machen. Wir beseitigen ein bürokratisches Hemmnis. Wir schaffen mehr Wettbewerb, mehr Möglichkeiten, Dienstleistungen im Handwerk zu erbringen.