Protokoll der Sitzung vom 21.11.2003

- Wenn Sie die Argumente nicht nach ihrem Inhalt, sondern nur nach der Lautstärke gewichten, dann war es wunderbar, aber man sollte auch ein bisschen auf die Inhalte achten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe nun wirklich jahrelang Kommunalpolitik gemacht.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Ja, in Hil- desheim!)

Ich habe auch lange Zeit die Gewerbesteuereinnahmen beobachtet, weil ich in dieser Zeit fast immer in den Finanzausschüssen war. Ob wir das

wahrhaben wollen oder nicht, die Gewerbesteuer ist eine sterbende Steuer.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hört sich immer wieder gut an - so nach Doppelherz und Buer-Lecithin -, wenn von Revitalisierung gesprochen wird. Aber damit werden Sie keine Steuerpolitik machen. Das, was wir brauchen, ist ein Sofortprogramm für die Kommunen.

(Ursula Körtner [CDU]: Jawohl!)

Deshalb haben die Koalition von CDU und FDP in Niedersachsen und die CSU in Bayern ein Sofortprogramm in den Bundesrat eingebracht, das im Bundesrat auch beschlossen worden ist. Sie müssen mit Ihrer rot-grünen Mehrheit im Bundestag nur noch zustimmen. Dann ist den Kommunen ab dem 1. Januar 2004 sofort geholfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Man muss nicht in den Landtagen sagen, dass die Gewerbesteuerumlage von 28 % auf 20 % reduziert werden muss.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Man muss es im Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschließen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Man muss nicht in den Landtagen fordern, den Anteil an der Umsatzsteuer von 2,2 % auf 3 % zu erhöhen. Nein, man muss es im Bundestag beschließen. Dort liegt das Gesetz. Es ist als Gesetzentwurf im Bundesrat eingebracht. Es muss nur noch beschlossen werden. Dann tritt es ab 1. Januar 2004 in Kraft, und den Kommunen ist dann sofort geholfen. Das blockiert die rot-grüne Mehrheit im Bundestag. Das ist doch die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich wundere mich, wenn ich in Ihren Anträgen lese, dass die Dauerschuldzinsen, Leasingraten usw. zum Gewerbeertrag hinzugerechnet werden müssen. Da müssen Sie sich mit Ihrem Bundeskanzler einigen. Er hat gesagt, das wären Substanzbesteuerungen; das mache er nicht mit. Werden Sie sich in der SPD doch erst einmal einig, was Sie beantragen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Die sprechen doch nicht mehr miteinander!)

Sie können doch nicht in den Landtagen etwas beantragen, was im Bundestag durch den Bundeskanzler gerade als nicht möglich hingestellt worden ist. Sie reden doch mit doppelter Zunge.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dann ist da noch der Unsinn mit der Besteuerung der Selbständigen. Das sind 70 000 bis 75 000 Fälle. Die müssten wir zum ersten Erhebungstag, zum 15. Februar, erst einmal alle technisch erheben. Viele würden dann wegen der Freibeträge und der Freigrenzen wieder herausfallen. Das ist klar. Aber wir müssten vor allem erst einmal eine Erklärung zur Gewerbesteuervorauszahlung verlangen. Das müssten wir 75 000-fach bearbeiten. Hinterher müssten wir das alles noch einmal auf die Einkommensteuer anrechnen; denn in fast 90 % der Fälle wird das 1 : 1 von der Einkommensteuer wieder abgezogen. Ich verstehe nicht, warum wir den Kommunen dann nicht gleich einen erhöhten Anteil an der Einkommensteuer geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kenne das Argument, das die SPD und auch zum Teil die Gewerkschaften bringen, die sagen, dass jetzt auch noch der kleine Mann zur Finanzierung der Kommunen herangezogen werden soll. Wir wollen nur die Betriebe heranziehen. Daran verstehen Sie nur eines nicht: Auch heute zahlt jeder von uns an seine Kommune 15 % seiner Einkommen- bzw. Lohnsteuer. Er merkt es nur nicht. Das wird automatisch vom Finanzamt gemacht. Aber jeder ist schon heute beteiligt. Wenn 15 % gerecht sind, dann kann auch ein Anteil von 18 % oder 19 % Anteil gerecht sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gott sei Dank kehrt nun auch langsam auf Bundesebene einigermaßen Vernunft ein.

(Ursula Körtner [CDU]: Das möchte ich aber bezweifeln!)

Es tagt der Vermittlungsausschuss. Es wird im Zweifelsfall vielleicht eine vernünftige Lösung dabei herauskommen, weil die großen Parteien zusammen mit ihren jeweiligen Koalitionspartnern aufeinander zugehen müssen. Deshalb wäre es das Vernünftigste, ein Sofortprogramm für die Kommunen und ab 2005 eine vernünftige

Steuerreform, die allen hilft, den Kommunen, den Ländern und dem Bund, auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Kollege Gabriel hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir soeben von den Fraktionen von CDU und FDP erleben, ist der härteste Schlag, den man überhaupt gegen die niedersächsischen Kommunen führen kann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Heinz Rolfes [CDU]: Ihr gehört ja zu den Tätern!)

Meine Damen und Herren, diese Koalition hat soeben erklärt,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

ab dem Jahre 2004 in jedem Jahr auf mehr als 500 Millionen Euro für die niedersächsischen Städte und Gemeinden zu verzichten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist das Ergebnis der Gemeindefinanzreform, die im Deutschen Bundestag beschlossen wurde. Der Finanzminister weiß nicht eimal, dass der Beschluss, den er zur Senkung der Gewerbesteuerumlage gefordert hat - und zwar nicht auf 20 %, wie Sie wollen, sondern auf 19 % -, bereits im Bundestag gefasst worden ist. Nicht einmal das wissen Sie. Dagegen stimmen Sie hier.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was wir hier erleben, ist deshalb ein Schlag ins Gesicht jedes CDU-Politikers und vieler FDP-Politiker in den Städten und Gemeinden, weil die alle das, was im Bundestag beschlossen worden ist, gefordert haben.

(Zustimmung von Rebecca Harms [GRÜNE])

Sie führen Ihre eigenen Leute vor. Ich glaube, Herr Götz hat hier den Ausschussbericht vorgetragen. Herr Götz hat mit mir an einer Podiumsdiskussion

teilgenommen. Da ist unisono gefordert worden, dass dem Gesetzentwurf der Bundesregierung als Kompromiss zugestimmt werden soll. Das ist ein Präsidiumsbeschluss im Deutschen Städtetag. Meine Damen und Herren, dagegen stimmen Sie hier. Sie führen die Städte und Gemeinden vor!

Weil Ihr Geschichtsbewusstsein maximal immer nur 13 Jahre zurückreicht, merken Sie offensichtlich auch nicht, dass Sie Ihren früheren Ministerpräsidenten Albrecht richtig vorführen; denn er hat gefordert, endlich die Hauptlast von den Kommunen zu nehmen, nämlich die Sozialhilfe für Arbeitslosigkeit. Genau das passiert mit dem Gesetzentwurf!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es war der Ministerpräsident Ernst Albrecht, der gefordert hat, dass nicht das, was im Einzelfall als Hilfe für in Not geratene Bürger gemeint war, nämlich die Sozialhilfe, zur allgemeinen Lohnersatzleistung für Arbeitslosigkeit werden kann. Recht hat er gehabt. Er hat dafür die Strukturhilfe eingehandelt. Diese sollte bis 1998 laufen. Sie ist aber 1994 nach der deutschen Einheit abgeschafft worden. Jetzt kommt ein Gesetzentwurf, in dem endlich die größte Last - ich kenne den Kollegen nicht so gut, der hier vorne für die CDU-Fraktion geredet hat; der hat immer so getan, als ginge es um Landespolitik -, nämlich die Frage, wer die Sozialhilfe zahlen soll, geregelt werden soll, und die CDU bringt es fertig, die Kosten der Arbeitslosigkeit weiter in die Kassen der Kommunen zu schieben. Das ist der Tort, den Sie den Ländern, Städten und Gemeinden antun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ihr Vorschlag zum Sofortprogramm ist von allen Spitzenverbänden abgelehnt worden. Die Kommunalpolitiker sind gegen Ihr Programm, weil Sie wissen, dass das für ein Jahr hilft und wir noch nie so nahe an einer grundlegenden Reform der Gemeindefinanzen waren, die Sie auf den SanktNimmerleins-Tag verschieben.

Der Finanzminister soll doch einmal sagen, wieso er bei seinem Haushalt zusätzlich auf 150 Millionen Euro verzichtet, die durch das Sofortprogramm dem Land Niedersachsen verloren gehen. Meine Damen und Herren, das ist Ihre Politik. Sie haben keine Ahnung davon, was Sie hier eigentlich erzählen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung der Kollege Althusmann.