Protokoll der Sitzung vom 05.03.2003

(Sigmar Gabriel [SPD]: Wenn die lie- be Sonne lacht, hat das die CDU ge- macht!)

Meine Damen und Herren, wir als Union bekennen uns klar und deutlich zur Verantwortung des Landes für VW und damit zum VW-Gesetz. Der Ministerpräsident hat unsere volle Unterstützung bei den schwierigen Verhandlungen zu diesem Thema in den nächsten Wochen und Monaten.

(Beifall bei der CDU und Zustim- mung bei der FDP)

Sie hinterlassen einen finanziellen Scherbenhaufen. Sie hinterlassen eine finanziell dramatische Bilanz. Weil die Haushaltslage so dramatisch ist, werden wir ganz besonders sparsam mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger umgehen und Maß halten, den Hebel umlegen in Richtung Schuldenabbau, um die Zinslast zu senken, mit einer neuen Prioritätenliste die wirklich notwendigen und wichtigen Ziele vorantreiben, eine radikale Aufgabenüberprüfung einleiten, indem jedes Ressort Aufgaben und Ausgaben begründen muss. CDU und FDP werden deshalb eine Haushaltstrukturkommission einsetzen, um ohne Tabus durch - -

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Noch eine Kommission? - Uwe Harden [SPD]: Sie wollen doch keine Kommissio- nen!)

- Herr Harden, das ist der Unterschied. Unsere Haushaltsstrukturkommission besteht aus Mitgliedern dieses Hauses. Es sind gewählte Abgeordnete und keine Professoren und Gutachter von außerhalb. Ich danke für diesen Zwischenruf.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben dabei sehr ehrgeizige Ziele: die Nettokreditaufnahme schrittweise abzusenken und die Investitionsquote im Landeshaushalt schrittweise zu steigern, um bis 2013 hier einen ausgeglichen Landeshaushalt vorzulegen.

(Walter Meinhold [SPD]: So lange regieren Sie nicht!)

Um das alles zu erreichen - das sind ehrgeizige Ziele -, werden wir uns in den nächsten Tagen und Wochen folgende Fragen stellen und diese Fragen dann auch beantworten: Wie viel Staat können wir uns heute noch leisten? Welche Aufgaben nimmt der Staat wahr? Welche dieser Aufgaben können Private besser oder zumindest genauso gut wahrnehmen? Wie können wir die verbliebenen Aufgaben beim Staat möglichst effektiv und kostengünstig wahrnehmen? Das ist die alles entscheidende Frage der niedersächsischen Landespolitik: Wie viel Staat können wir uns im Lande noch leisten? Deshalb werden wir umgehend eine Verwaltungsreform einleiten, in der wir gezielt entbürokratisieren, deregulieren, privatisieren und 6 000 Stellen bis 2008 sozialverträglich abbauen, damit wir neue Spielräume für die wirklich wichtigen Aufgaben schaffen. Der Unterschied zwischen Herrn Schünemann und Ihnen, Herr Bartling, ist: Sie hätten zu Anfang - wie wir es kennen - erst einmal für drei Jahre eine Kommission eingesetzt. Wir wollen in drei Jahren die Verwaltungsreform durchgezogen haben. Das unterscheidet uns von Ihnen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Uns ist dabei klar, dass das nicht von heute auf morgen gehen wird. Uns ist auch klar, dass nicht von heute auf morgen eine deutliche Besserung zu spüren sein wird. Aber unser Ziel ist glasklar: weniger Personalkosten und weniger Pensionslasten, damit wir mehr Handlungsfreiheit für sinnvolle Projekte der Landespolitik erhalten. In der Tat: Jetzt ist die Zeit für harte Einschnitte gekommen, und zwar schnell. Und wir werden uns bei der Verwaltungsreform, gerade auch als Christdemokraten, vom Gedanken der Subsidiarität leiten lassen. Wir möchten so viele staatliche Aufgaben wie möglich möglichst ortsnah bei Gemeinden, Städten, Landkreisen und der Region Hannover wahrnehmen lassen und möglichst wenige Aufgaben zentral auf der Landesebene. Auch das unterscheidet uns von Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb werden alle Aufgaben einer Aufgabenkritik unterzogen, unnötige Doppel-, ja, unnötige Dreifachstrukturen, die es in diesem Lande gibt, abgeschafft, weil wir uns das nicht mehr leisten können. Deshalb werden die Bezirksregierungen und zahlreiche Landesämter bis 2005 abgeschafft

und zu Kompetenzzentren an unterschiedlichen Standorten im Land aufgewertet.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Rebecca Harms [GRÜNE]: Umbenannt!)

Wir werden Verwaltungsvorschriften, Gesetze und Erlasse mit dem Ziel streichen, hier drastisch zu entschlacken. Ich bin Abonnent des Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblattes. Ich lese mir jede Ausgabe durch. Ich glaube, da ist eine ganze Reihe von Vorschriften, die wir in Niedersachsen nicht brauchen, und es merkt auch niemand, wenn wir die zukünftig nicht mehr haben werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schon Montesquieu hat gesagt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. - Auch wir werden uns an diese Maxime halten. Die kommunale Selbstverwaltung ist ein Bereich, der besonders unter Ihrer Politik gelitten hat. Wir sind uns mit der FDP einig - wir haben es auch so in den Koalitionsvertrag geschrieben -, dass wir durch einen Pakt die kommunale Selbstverwaltung stärken. Dazu werden wir Vereinbarungen mit den kommunalen Spitzenverbänden über einen Konsultationsmechanismus nach österreichischem Vorbild anstreben. Wir werden das umsetzen, was viele immer in Sonntagsreden gefordert haben. Wir werden das Konnexitätsprinzip in unserer Verfassung verankern: Wer bestellt, der hat auch zu bezahlen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Schwarz [SPD]: Kriegen Sie die Mehrheit für die Verfassungsände- rung?)

Noch einmal zum Konsultationsmechanismus: Wir legen großen Wert darauf, dass wir mit den Kommunen in einem vernünftigen Verfahren miteinander reden. Der Ort für Auseinandersetzungen und Beratungen zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden sind Tische in den Ministerien oder hier im Hause, aber mit Sicherheit nicht der Staatsgerichtshof in Bückeburg, wo Sie sich jedes Jahr die Klinke in die Hand gegeben haben. Das ist der Unterschied zwischen uns und den Sozialdemokraten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden in der Bildungspolitik gemeinsam mit der Landesregierung Christian Wulff sehr zügig neue Wege gehen. Union und FDP sind in den Koalitionsverhandlungen übereingekommen, dass zum Schuljahresbeginn in diesem Jahr im August die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für 2 500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden. Wir wollen endlich Schluss machen mit dem skandalösen Unterrichtsausfall in diesem Land.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Uns geht es um mehr Unterricht in den Schulen, und es geht uns um einen besseren Unterricht in den Schulen. Deshalb werden wir zusammen mit den Freunden aus der FDP-Fraktion noch in diesem Monat ein neues Schulgesetz präsentieren, in den Landtag einbringen, und wir werden damit dann in Ruhe und ohne Hast, aber ganz präzise die jahrelange Diskussion in diesem Hause zu einem guten Ende führen. Das heißt, die Orientierungsstufe wird abgeschafft, und, Herr Gabriel, Ihre komische Förderstufe kommt erst gar nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden das Schulgesetz zügig und präzise im Landtag beraten, und wir werden dann den kommunalen Schulträgern ein Jahr Zeit geben, sich auf die Veränderungen vorzubereiten. Unser Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse zum Schuljahresbeginn 2004 auf die weiterführenden Schulen gehen, und die beginnen ab Klasse 5. Das Abitur soll flächendeckend an allen Gymnasien nach zwölf Jahren abgelegt werden.

Noch ein Satz zu den Gesamtschulen, die Sie heute Morgen wieder so schön thematisiert haben: Wir sind der Auffassung, bestehende Gesamtschulen bleiben erhalten, sofern es die Eltern und die Schulträger vor Ort wünschen. Aber damit eines klar ist: Mit uns wird es keine einzige weitere Gesamtschule in Niedersachsen geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die innere Sicherheit gehört zu den Kernaufgaben des Landes. Wir werden zur Verbesserung der sichtbaren Polizeipräsenz in der nächsten Legisla

turperiode zusätzlich 1 000 Polizeianwärter einstellen und die Ausbildungskapazitäten entsprechend dem vorausgeplanten Bedarf erhöhen.

(Walter Meinhold [SPD]: In der Nächsten?)

- Verzeihen Sie bitte. Herr Meinhold, gut zugehört. Ich meine natürlich diese Legislaturperiode.

(Walter Meinhold [SPD]: Wir helfen ja, wo wir können!)

- Wir werden von 2008 bis 2013 ja auch regieren, keine Sorge. Da können wir noch weitere kluge Sachen machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir als Union wollen, dass die Polizei von vollzugsfremden Aufgaben und solchen Tätigkeiten entlastet wird, die keine hohe Sicherheitsrelevanz haben. Wir wollen in der Tat, dass die Polizei eine vernünftige rechtliche Grundlage bekommt. Wir werden deshalb sehr zügig das falsche, 1992 von Rot-Grün verabschiedete Gefahrenabwehrgesetz versenken und durch ein neues gutes Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ersetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Begriff der öffentlichen Ordnung als Schutzgut der polizeilichen Generalklausel wird wieder eingeführt, und wir schaffen Rechtssicherheit für unsere Polizisten, indem wir den so genannten finalen Rettungsschuss klar und eindeutig regeln, weil wir der Auffassung sind, dass unsere tüchtigen Polizeibeamten Rechtsklarheit und Rückendeckung durch die Politik brauchen, wenn sie in ihrem Kampf gegen die Kriminalität erfolgreich sein sollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden Veränderungen in der Justizpolitik vornehmen. Wir sind uns mit der FDP einig, dass Hafterleichterungen in diesem Land künftig sehr restriktiv gehandhabt werden müssen. Wir sind uns mit der FDP einig, dass Gewalt- und Sexualstraftäter verpflichtend von jeweils zwei externen Sachverständigen untersucht werden müssen, bevor sie Freigang oder Maßregelvollzug erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden in Kürze ein Straftäterunterbringungsgesetz in den Landtag einbringen, das uns die Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung für Gewalt- und Sexualstraftäter verschafft.

Auf Bundesebene bleiben wir bei unserer Forderung, ausländische Straftäter sollten ihre Haftstrafen möglichst im Heimatland verbüßen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Stratmann - jetzt Minister -, ich habe mich in den letzten Jahren immer über Landtagsdebatten in diesem Hause gewundert, wenn es um das Thema Graffiti ging. Wir werden eine erneute Initiative im Bundesrat starten oder unterstützen, weil wir endlich strafrechtliche Klarheit im Bundesrecht darüber schaffen wollen, dass illegale Graffiti-Sprühereien im Zweifelsfalle nicht Ausdruck künstlerischer Freiheit benachteiligter Jugendlicher sind, sondern schlicht und ergreifend Eigentumsverletzung und Sachbeschädigung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass sich diese neue bürgerliche Mehrheit im Leineschloss eindeutig zur bäuerlichen Landwirtschaft bekennt und für eine Gleichbehandlung von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft eintritt.

Wir in Niedersachsen machen diese Politik von Frau Künast nicht mit,

(Beifall bei der CDU)

dass sie die Landwirte einteilt in vermeintlich gute, nämlich ökologisch produzierende, und vermeintlich böse, nämlich klassisch-herkömmlich produzierende Landwirte.