Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Reinhold Coenen [CDU]: Das ist ge- waltig!)

Es ist schon außerordentlich schwierig, wenn man einspart und gleichzeitig Schwerpunkte setzt. Es ist auch schwierig, Ihnen dann noch erklären zu müssen, was man Gutes und Richtiges für die Polizei tut. Ich will noch eines hinzufügen: Die zweigeteilte Laufbahn werden wir - wie es auch die alte Landesregierung angekündigt hat - bis 2005 für die letzten Beamtinnen und Beamten, die noch ausstehen, umsetzen. Auch das haben wir haushaltsmäßig abgesichert. Das ist ebenfalls erfreulich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben für das System NIVADIS - von der alten Landesregierung vorbereitet - rund 10 Millionen Euro eingestellt. Auch wenn, wie wir gehört haben, dieses System noch unter einigen anfänglichen Schwierigkeiten leidet, sind wir dennoch der Meinung, dass es für die polizeiliche Arbeit eine gewaltige Erleichterung darstellt und eine bessere Kommunikation ermöglicht. Wir werden dafür sorgen müssen, dass dieses System tatsächlich im Alltagsbetrieb funktioniert.

Ich will die weiteren Haushaltsposten jetzt nicht im Einzelnen besprechen, aber ich will noch etwas zu den Kommunalfinanzen sagen. Die Situation der kommunalen Kassen ist ebenso dramatisch wie die des Landes und des Bundes.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Trotz intensiver Einsparung bei den freiwilligen Leistungen steigt das strukturelle Defizit ständig weiter. Aufgrund der Sparpolitik haben die Kommunen inzwischen kein Ausgabeproblem mehr, sondern sie haben ein massives Einnahmeproblem. Es gilt, sich diesem Problem zu stellen und es zu lösen.

Die Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit durch die Neuordnung des Finanzausgleiches ist eine Aufgabe, die schnellstens erledigt werden muss.

(Zustimmung bei der CDU)

Man kann nur hoffen, dass das auch gelingen wird.

Ziel der Koalitionsfraktionen ist es, wo irgend möglich Zuschussmittel des Landes und des Bundes, soweit es rechtlich möglich ist, in den kommunalen Finanzausgleich zu überführen.

Ich will auf das Konnexitätsprinzip hinweisen, das gestern angesprochen worden ist. Da Sie uns immer wieder daran erinnern, dass wir das in die Verfassung einführen wollen, gehe ich davon aus, dass ich das als ihre Zustimmung verstehen und deshalb damit rechnen kann, dass Sie, Herr Kollege Lennartz, wenn es soweit ist, dem auch mit Freude zustimmen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme jetzt noch zu den Punkten - das wird Sie besonders interessieren -, die die Regierungsfraktionen an dem eingebrachten Haushalt verändert haben. Wir haben zusätzlich 100 000 Euro für die Aufgabe der Konversion eingestellt, weil dieser Bereich ursprünglich auf null gesetzt worden war. Für wichtig halten wir es, dass dieser Haushaltstitel insbesondere im Interesse der betroffenen Kommunen - Herr Kollege Hogrefe ist betroffen - erhalten bleibt.

Wir haben - das ergibt sich analog zu dem, was ich vorhin gesagt habe - den Haushaltstitel für die Ausrüstung und Ausstattung der Polizei um weitere 120 000 Euro angehoben. Ich gehe davon aus, Herr Kollege Bartling, dass Sie dem zustimmen werden. Denn wir waren uns einig, dass dafür nie genügend Mittel vorhanden waren. Deswegen ist es doch gut, dass wir sie angehoben haben.

Zusätzlich haben wir 35 000 Euro für die Arbeit des Landesfeuerwehrverbandes eingestellt. Damit stärken wir das ehrenamtliche Engagement. Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Die Feu

erwehren sind in der Tat die einzig zuverlässigen und erfolgreichen Roten in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zudem, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, arbeiten sie überwiegend ehrenamtlich. Deshalb werden sie von uns besonders unterstützt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Reinhold Coenen [CDU]: Wir sind zuverlässig! - Zuruf von Axel Plaue [SPD])

Meine Damen und Herren, wir werden uns bei der Aus- und Fortbildung der Polizei auf die Kernaufgaben beschränken müssen. Deshalb haben wir dort gekürzt, weil wir der Auffassung sind, dass z. B. Seminare für Polizeibedienstete zur Vorbereitung auf den Ruhestand sicherlich erfreuliche, aber nicht notwendige Maßnahmen sind. Deshalb kann man hier einsparen.

Nun komme ich zu dem, was ganz bestimmte wenige, aber doch engagierte Kreise - auch in diesem Haus - berührt. Wir haben die Förderung der Geschäftsführung des Niedersächsischen Flüchtlingsrates in Höhe von 46 000 Euro gekürzt, und zwar nicht, weil uns die Nase oder die Gedanken der Betroffenen dort nicht gefallen, sondern weil wir angesichts der dramatischen Finanzlage der Auffassung sind, dass wir die Geschäftsführungstätigkeit von Vereinen nicht mehr fördern können und uns stattdessen mehr auf gezielte Projektförderung einlassen wollen. Ich bin sehr dankbar, dass der Flüchtlingsrat das offensichtlich bereits im Vorfeld unserer Entscheidung verstanden hat; denn er hat einen Rundbrief an alle Interessierten und Freunde geschrieben - ich habe auch einen bekommen -, in dem er mitteilte: Wir werden in Zukunft leider mehr auf ehrenamtliche Arbeit setzen müssen, weil die Zuschüsse gekürzt worden sind; jetzt muss das eine oder andere auch unentgeltlich getan werden. - Das finde ich sehr richtig. Wir haben z. B. ein Schreiben von der Flüchtlingsinitiative in Bremen bekommen. Die haben sich immer der Hilfe des Flüchtlingsrates bedient, was ja gut ist. Aber warum sollen wir in Niedersachsen für die Arbeit in Bremen bezahlen? - Man kann denen nur empfehlen: Dann macht so etwas in Bremen auf und zahlt selbst. Wir können das nicht mehr.

Meine Damen und Herren, eines zum Schluss: Ich fand es sehr gut, dass der Flüchtlingsrat gesagt hat, dass er mehr Spenden und mehr bürger

schaftliches Engagement braucht. Das ist ein guter und richtiger Weg. Ich gehöre zu den ersten Spendern. Noch bevor wir gekürzt haben, hatte ich bereits meine Spende geleistet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei den GRÜNEN)

Ich würde gerne Herrn Dr. Lennartz, Frau Harms, Herrn Gabriel, Herrn Bachmann und viele andere fragen, ob sie sich dem nicht anschließen können. Dann können wir durch bürgerschaftliches Engagement dafür sorgen, dass sich die Haushaltslage des Landes Niedersachsen verbessert. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Bartling das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Biallas, Herr Dr. Lennartz hat gefragt, wie viel Sie denn gespendet haben, damit er sich daran orientieren kann. Vielleicht sagen Sie ihm das einmal. Das wäre sehr interessant.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das sage ich Ihnen nachher!)

Meine Damen und Herren, was wir gestern in der Generaldebatte über den Haushalt erlebt haben, kann man heute nahtlos fortsetzen. Hier wird eine Politik der Anscheinserweckung betrieben.

(Beifall bei der SPD)

Hier wird mit Phrasen, mit lauten Sprüchen etwas angekündigt, und man hält sich darauf zugute, man setze tatsächlich das um,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das kennt man ja!)

was man gesagt hat. So etwas kommt dann in Schwierigkeiten, wenn man konkret an dem gemessen wird, was man tut. Deshalb erlauben Sie mir, beispielhaft nur einige wenige Dinge zu nennen.

In der 8. Plenarsitzung am 16. Mai hat der Innenminister hier Folgendes zum Ausdruck gebracht:

„Herr Dr. Lennartz oder Herr Bartling haben gesagt, dass wir beim Weihnachts- und Urlaubsgeld Kürzungen vornehmen, um jetzt mehr Personal einstellen zu können. Wir haben vor der Wahl gesagt, dass wir das Beamtenbund-Modell umsetzen wollen. Dieses besagt, dass man das Weihnachtsgeld auf 65 % absenkt, den Betrag dann auf zwölf Monate umlegt und zum Bestandteil des Grundgehalts macht. Das ist genau das, was die Landesregierung jetzt anstrebt. An das Urlaubsgeld gehen wir nicht heran. Sie sollten deshalb auch nichts anderes behaupten. Diese Landesregierung ist so gestartet, dass wir genau das getan haben, was wir vor der Wahl gesagt haben.“

Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie wissen, was Sie in diesem Haushalt beschließen, nämlich das Gegenteil von dem, was hier zum Ausdruck gebracht worden ist. Das ist nur ein Beispiel.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich will Ihnen gerne ein weiteres Beispiel nennen. In derselben Plenarsitzung sagte der Herr Innenminister:

„Durch die Polizeireform in den 90erJahren haben wir mehr Stäbe, mehr Beamte in den Arbeitsgruppen bekommen. Das wiederum bedeutet, dass wir nicht genügend Polizeibeamte haben, die im Vollzugsdienst und im operativen Bereich tätig sind. Auch hier werden wir noch in diesem Jahr eine Lösung präsentieren. Mit dem Direktionsmodell werden wir weniger Stäbe und mehr Polizeibeamte im operativen Bereich, mehr Polizei in der Fläche haben.“

(Beifall bei der CDU)

„Das ist genau das, was wir versprochen haben.“

Meine Damen und Herren, jetzt schauen Sie sich das an, was bisher auf dem Tisch liegt: Sechs Direktionen, das sind sechs Stäbe. - Man hat auch jetzt sechs Stäbe. Wenn wir einmal eine konkrete Antwort darauf kriegen würden, welche Funktionen in diesen Polizeidirektionen im Vergleich zu den

sechs Stäben, die wir jetzt haben, wegfallen, dann könnte man eine solche Ansage als realistisch und wahr hinnehmen. Ich habe darauf aber noch keine Antwort bekommen. Auf die Frage der Folge der Organisationsentscheidung für die Polizeiinspektionen hin wird uns über die Öffentlichkeit gesagt: Na ja, so ein paar Leute aus der Spitze der Inspektionen gehen dann zu der Inspektion, die für zwei Landkreise zuständig sein wird. Auch dort sehe ich nicht, dass jetzt Kolleginnen und Kollegen in Streifenwagen für die Bevölkerung massiv präsent sind.

Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass man immer, wenn es konkret wird, feststellen muss: Luftblasen, hohles Gerede, nichts von dem, was angekündigt worden ist, wird wahr.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Ansage, der Grund für die Polizeireform sei das, was man vollmundig verkündet habe, wird nun durchaus auch von Leuten, denen man zuhören sollte, widersprochen. Wir haben von Herrn Staatssekretär Koller im Innenausschuss im Wortsinne zur Kenntnis nehmen müssen: Machen Sie mich, Koller, bitte nicht dafür verantwortlich, dass die Bezirksregierungen aufgelöst werden. Ich komme aus Bayern. Aber weil politisch entschieden worden ist, dass die Bezirksregierungen aufgelöst werden, muss ich, Koller, eine neue Polizeiorganisation machen. - Das ist der Grund, nicht diese hohlen Sprüche, die wir hier hören.

(Beifall bei der SPD)

Herr Biallas hat seine Freude über unsere Damen und Herren von der Feuerwehr zum Ausdruck gebracht. Die Folge einer solchen Organisationsentscheidung ist z. B. die skurrile Vorstellung, dass die Brandschutzdezernate in Zukunft bei den Polizeidirektionen angesiedelt sein werden, und wenn es kreisübergreifende Lagen gibt, dann wird die Polizei unsere freiwilligen Feuerwehren kommandieren.

(Widerspruch bei der CDU - Hans- Christian Biallas [CDU]: Ach!)

- Ich weiß nicht, ob Sie die Organisation nicht kennen. Dann müssen Sie sich einmal damit befassen.