Protokoll der Sitzung vom 30.04.2004

Fazit: Man kann sich Besseres vorstellen, aber unter den derzeitigen Bedingungen gibt es kaum eine andere Lösung. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das müs- sen wir erst einmal abwarten!)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir schließen deswegen die Besprechung zu der Großen Anfrage.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 30: Schwer kranke Kinder in Niedersachsen besser versorgen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/952

Die Fraktionen sind überein gekommen, dass dieser Antrag ohne erste Beratung direkt in die Ausschüsse Ausschuss überwiesen wird.

Federführend soll sich mit diesem Antrag der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit beschäftigten, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Jetzt kommen wir zu

Tagesordnungspunkt 32: Besprechung: Privatisierung der niedersächsischen Spielbanken - Große Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/792 - Antwort der Landesregierung - Drs. 15/976

Die schriftliche Antwort der Landesregierung liegt Ihnen vor.

Eigentlich sollte zuerst der Fragesteller sprechen. Mir liegt aber noch keine Wortmeldung vor.

Dann spricht jetzt die Landesregierung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Möllring. Bitte!

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie geht das denn? Sie stellen eine Große An- frage, aber es spricht keiner? Das ist ja ganz toll!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offenkundig ist es uns gelungen, die SPDFraktion mit unseren Antworten auf ihre 125 Fragen so erschöpfend zu informieren, dass sie keine Zusatzfragen hat.

Damit beende ich meine Wortmeldung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Wortmeldung: Herr Rickert von der FDP-Fraktion!

(Zurufe von der CDU: Zurückziehen! - Klaus Rickert [FDP]: Ich ziehe zu- rück!)

- Herr Rickert hat seine Wortmeldung zurückgezogen.

Jetzt liegt mir eine Wortmeldung von Herrn Lennartz von der Fraktion der Grünen vor. Herr Lennartz, ich erteile Ihnen das Wort.

(Zurufe von der CDU: Zurückziehen! Spielverderber! - Bernd Althusmann [CDU] meldet sich zur Geschäftsord- nung.)

Herr Althusmann hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das hat sich erledigt!)

- Das hat sich erledigt. - Herr Lennartz, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich zwar kurz fassen, aber ich möchte etwas zu dieser Großen Anfrage und der Antwort sagen, nämlich zu der Grundfrage, um die es geht.

Wir haben dieses Thema bereits im vergangenen Jahr in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der FDPFraktion hin diskutiert. In Anknüpfung daran, auch wenn die Entwicklung weitergegangen ist, sage ich erstens: Man wird nicht ernsthaft behaupten können, dass der Betrieb von Spielbanken zu den Kernaufgaben staatlicher Gemeinwohlvorsorge gehört.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das heißt übersetzt: Man kann Spielbanken in staatlicher Form oder in quasi staatlicher Form - etwa wie es derzeit in Niedersachsen organisiert ist - betreiben, man kann sie aber auch in klassisch privater Form betreiben. Die Große Anfrage gibt ja eine Reihe von Vergleichen an die Hand, wie die Spielbanken in den verschiedenen Bundesländern organisiert sind.

Es geht um die Frage, ob der Weg, den die Landesregierung einschlägt und den die SPD-Fraktion mit ihrer Anfrage offensichtlich kritisch betrachtet, der richtige Weg ist. Betriebswirtschaftlich gibt es zwei Möglichkeiten: Die eine favorisieren Sie, die Landesregierung, d. h. Sie versuchen, ein zurzeit defizitäres Unternehmen loszuwerden bzw. zu verkaufen, solange es noch zu verkaufen ist. Unter den Bedingungen, die die Spielbanken GmbH jetzt aufweist - die Defizite sind bekannt und in der Anfrage auch noch einmal aufgelistet -, werden Sie aber unter Umständen keinen Käufer finden. Gleichwohl sehen Sie den Verkauf als die einzige Möglichkeit. Sie müssten wahrscheinlich, um die Chancen auf einen Käufer zu erhöhen, die Belastungen reduzieren, die die Gesellschaft derzeit zu tragen hat. Ein erster Schritt ist im vergangenen Herbst im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes getan worden. Der reicht nach unserer Einschätzung aber nicht aus, um das Unternehmen in seiner derzeitigen Form für Käufer attraktiv genug zu machen.

Die zweite betriebswirtschaftliche Variante, die ich angesichts der Rahmenbedingungen für die Gesellschaft sehe, ist eine so genannte Restrukturierung, d. h. in der bisherigen Form fortzufahren, aber die Gesellschaft zu restrukturieren. Dies bedeutet auch eine Kostensenkung. Das bedeutet auch, unrentable Standorte der Gesellschaft zu schließen, auch wenn die Betriebsräte beispielsweise gestern in ihrer Resolution an den Landtag bzw. an die Fraktionen noch einmal dafür eingetreten sind, in Hittfeld und Bad Pyrmont von einer Schließung abzusehen. Unabhängig davon, wie man unmittelbar landsfrauschaftlich oder landsmannschaftlich betroffen ist, meine ich, dass daran kein Weg vorbeigeht.

Zweitens geht es darum, neue Zielgruppen zu identifizieren und zu gewinnen. Dafür sind Marketingmaßnahmen erforderlich.

Drittens muss es das Ziel sein, die Belastungen für das Unternehmen herunterzufahren.

In diesem Zusammenhang geht es also wiederum um die Spielbankenabgabe. Den Weg, den Sie, die Landesregierung, beschreiten, ist ein möglicher Weg, aber er führt für unsere Begriffe noch nicht weit genug. Die Spielbanken profitieren zwar im Augenblick von der Veränderung, also von der Reduzierung der Belastung, aber es müsste mehr sein. Zwischen den beiden Alternativen, die wir sehen, nämlich Verkauf oder Restrukturierung, favorisieren wir - das hat sich gegenüber unserer Position in der Aktuellen Stunde im letzten Jahr nicht geändert - den zweiten Weg, also nicht den Verkauf, sondern eine Restrukturierung der Gesellschaft zu versuchen und mithin die Spielbanken in Niedersachsen in der bisherigen Rechtsform weiter zu betreiben. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Bartling von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich zunächst einmal bei meiner eigenen Fraktion und auch beim Landtag dafür entschuldigen, dass meine Zeit als parlamentarischer Geschäftsführer schon so lange zurückliegt, dass mir die Usancen nicht mehr so geläufig sind. Ich war tatsächlich der Auffassung, dass zunächst einmal die Landesregierung die Große Anfrage im Plenum beantwortet. Deswegen war ich am Anfang nicht anwesend. Ich bitte um Entschuldigung.

(Bernd Althusmann [CDU]: Die Ant- wort hat Sie gar nicht interessiert! - Heiterkeit bei der CDU)

- Herr Althusmann, das wäre ein Irrtum. - Meine Damen und Herren, das ist ein interessantes Thema, weil das Thema Spielbanken in Niedersachsen in der politischen Diskussion eine lange Tradition hat. Zu den Vertretern dieser Geschichte der Spielbank zählt unser Wirtschaftsminister, der 1989 nicht nur den damaligen Spielbankenskandal hautnah miterlebt hat, sondern auch deren Übernahme in staatliche Regie in der damaligen Koalition mitgetragen hat. Heute soll das, was damals nach meiner Auffassung völlig zu Recht zur Be

gründung für die staatliche Trägerschaft vorgetragen wurde, nicht mehr gelten.

Meine Damen und Herren, die Minister des Kabinetts gestalten dieses wichtige - nach meiner persönlichen Erfahrung auch schwierige - Aufgabenfeld nicht, sondern spielen bei diesem Thema Roulett. Aus der Antwort der Landesregierung lassen sich jedenfalls zwei wesentliche Schlussfolgerungen ziehen: Erstens können die Fraktionen der CDU und der FDP keine sachliche Rechtfertigung für die etwa hier im Landtag bereits vor einem Jahr lauthals propagierte Privatisierung der Spielbanken liefern, und zweitens verstecken sie sich deswegen, wie in der Vorbemerkung zur Beantwortung geschehen, hinter optionalen Prüfüberlegungen der alten Landesregierung. Das ist mehr als dürftig, aber war auch nicht anders zu erwarten.

Meine Damen und Herren, die sachlichen inhaltlichen Defizite bei der Begründung der Privatisierung sind so offensichtlich, dass dies eigentlich keiner weiteren Erläuterung bedarf. Aber ich möchte es gerne für die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP hier noch einmal aufzeigen.

Bei der Beantwortung der rund 120 Einzelfragen wird als einziger Grund für die Privatisierung der Spielbanken in der Vorbemerkung ausgeführt: Die alte Landesregierung habe eine solche ins Auge gefasst. Verwiesen wird dabei auf die mittelfristige Finanzplanung, in der es aber tatsächlich heißt, dass nach einer Optimierung der Spielbanken zu prüfen ist, ob eine Veräußerung an einen privaten Betreiber in Betracht kommt oder ob die erreichte Struktur bei weiterer Optimierung beibehalten werden soll - nicht mehr und nicht weniger.

Sie hätten mit der Beantwortung der Großen Anfrage die Chance gehabt, das Ergebnis Ihrer Prüfung hier vorzulegen. Sie hatten die Chance, dem Landtag und der Öffentlichkeit darzulegen, warum die vor einem Jahr hier verkündete Heilsideologie, wonach die Grundsätze von freier Marktwirtschaft auf die Spielbanken zu übertragen sind, richtig ist. Sie sind die Antwort auf diese Frage schuldig geblieben.

Eine große Anzahl unserer Fragen, beispielsweise danach, weshalb - nämlich aus guten Gründen die Masse der anderen Bundesländer mit den umsatzstärkeren oder sogar umsatzstärksten Spielbanken diese unmittelbar bzw. mittelbar in staatlicher Regie führt, wird mit Hinweis auf die Nicht

kommentierung der Meinungsäußerungen anderer Landesregierungen einfach nicht beantwortet. Es geht nicht darum, was der bayerische oder der baden-württembergische Gesetzgeber meint, sondern welche sachlichen Gründe in Bayern und Baden-Württemberg dafür sprechen, anders zu verfahren, als dies in Niedersachsen beabsichtigt ist.

Meine Damen und Herren, in diesen Ländern ist eine sachliche, rechtlich abgesicherte Entscheidung gegen den privaten Betrieb von Spielbanken getroffen worden. Die in diesen Ländern zugrunde liegenden Beweggründe haben Sie in Bausch und Bogen verworfen, obwohl Sie doch selbst genau diese Prüfung hätten vornehmen müssen.

Wir wollen doch nur wissen, warum Herr Rösler hier verkündet, dass die Spielbanken nach Überzeugung der FDP-Fraktion möglichst schnell privatisiert werden müssen, aber beispielsweise die bayerische Staatsregierung sagt, dass die durch den Betrieb der öffentlichen Hand mögliche Effektivität und Flexibilität der Betriebssteuerung im sicherheitsrechtlichen Interesse, aber auch in der Kontrolle durch staatliche Auflagen und staatliche Aufsicht über private Spielbankunternehmen nicht erreicht werden kann. Bei dieser Frage geht es keineswegs um die Bewertung der Meinungen anderer Ländern, sondern um eine vernünftige Abwägung aller Argumente. Leider dokumentieren Sie durch die Nichtbeantwortung unserer diesbezüglichen Fragen, dass Sie an einer vernunftbestimmten Entscheidungsfindung überhaupt kein Interesse haben. Möglicherweise gibt es aber auch keine vernünftigen Gründe, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Herr Rösler oder der Herr Finanzminister nennen könnte.

Vor diesem Hintergrund erscheint es ausgesprochen interessant, dass die Landesregierung bereits auf die erste unserer 120 Fragen antwortet, dass Spielbanken gerade keine Wirtschafsbetriebe mit Gewinnmaximierungszielen sind, sondern dass mit dem Betrieb von Spielbanken ein besonderer ordnungsrechtlicher Auftrag verbunden ist. Die Zulassung öffentlicher Spielbanken dient gerade dazu, das illegale Glücksspiel einzudämmen, indem für die vorhandene Nachfrage nach Glücksspielen ein staatlich überwachtes Angebot geschaffen wird.

(Heinz Rolfes [CDU]: Lesen Sie den letzten Satz auf die erste Frage!)

- Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen - vielleicht haben Sie das nicht mitbekommen -, dass wir sogar in der SPD-Fraktion eine sehr intensive Diskussion darüber geführt haben, ob das überhaupt sein kann. Das hat auch im Landtag eine Rolle gespielt, weil hier offen darüber diskutiert wurde, ob der Staat so etwas überhaupt machen dürfe. Da gibt es einen prominenten Vertreter, nämlich KarlHeinz Funke, der so etwas grundsätzlich als Teufelszeug abgelehnt hat.

(Heinz Rolfes [CDU]: Grundsätzlich?)