Protokoll der Sitzung vom 24.06.2004

(Beifall bei der CDU)

Jeder, der das anders sieht, sollte die Briefe und Flugblätter der Ärzte, die an die Eltern gegangen sind, einmal lesen. Wer droht, ohne ihn ginge nichts, darf sich nicht wundern, wenn er unsanft auf dem Boden der Realität wieder aufwacht.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Anders als die SPD, die die Abschaffung der KZV anmahnt, vertrauen wir allerdings dennoch darauf, dass die Selbstverwaltung künftig in der Lage ist, mit weiterem Konfliktpotenzial durchaus konstruktiv umzugehen, und dass sie aus der Entwicklung der Dinge selbst ihre Lehren zieht.

Die SPD-Fraktion hat den Ärzten vorgeworfen, auf dem Rücken der Patienten politische Ziele durchsetzen zu wollen. Sie sollte nun aber auch so ehrlich sein zuzugeben, dass ihr diese Entwicklung sehr gelegen kam, konnte man doch so einmal wieder die alte Forderung nach Abschaffung der KZVN thematisieren.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD will keine andere Sozialpolitik, sie will nur eine andere Sozialrhetorik.

(Zuruf von der SPD: Wer hat Ihnen denn das gesagt?)

Der Antrag der SPD-Fraktion kann angesichts der Ereignisse und des konsequenten Handelns der Landesregierung hier und heute als überholt abgelehnt werden. Das werden wir auch tun. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke sehr. - Das Wort hat Herr Kollege Gabriel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Mundlos, ich habe nicht verstanden, warum Sie dann nicht einen Änderungsantrag gestellt haben, in dem Sie den ersten beiden Punkten des SPD-Antrages zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Das verstehe ich also nicht. Vielleicht haben Sie ihn nicht gelesen, bevor Sie die Rede verfasst haben. Ich lese es Ihnen einmal vor:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. den Sicherstellungsauftrag für die kieferorthopädische Versorgung in den von Unterversorgung betroffenen Regionen Niedersachsens unverzüglich auf die Krankenkassen zu übertragen,“

- das hat Ihre Ministerin inzwischen getan; Sie hätten begrüßen können, dass die Ministerin dem gefolgt ist

„2. bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen unverzüglich die Einhaltung von Recht und Gesetz sicher zu stellen...“

(Zuruf von der CDU: Auch erledigt!)

- Das ist eben nicht erledigt, Herr Kollege. - Was die KZVN unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Schirbort tut, ist ein Wiederholungsfall. Das sind Wiederholungstäter in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Wir hatten schon einmal einen solchen Fall. Damals hat die Landesregierung übrigens einen Staatskommissar eingesetzt, weil wir nicht vor den Lobbyinteressen eingeknickt sind. Meiner Meinung nach müssen wir uns mit dem Thema etwas intensiver auseinander setzen, und zwar nicht nur deshalb, weil das Wiederholungstäter sind, sondern weil es ein wirklich unglaubliches Beispiel von Unverfrorenheit ist, wie in diesem Fall eine Lobbyistengruppe meint, in diesem Lande über Recht und Gesetz zu stehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen in einer unparlamentarischen, aber dafür sehr klaren Sprache, was meine feste Überzeugung ist: Da sitzen in diesem Verband Lobbyisten und Mitglieder - nicht alle, aber eine ganze Menge -, die den Hals nicht voll kriegen. Darum geht es, meine Damen und Herren, um nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Während in diesem Land die Politik unabhängig von ihren Unterschieden darum ringt, wie wir Sparmaßnahmen machen, wie wir bei der Arbeitslosenhilfe und bei der Sozialhilfe kürzen, ob Leute Praxisgebühren zahlen müssen, ob wir Rentnerinnen und Rentnern die Rente kürzen müssen, gibt es eine Lobbygruppe, die zwar auf Bundesebene der Absenkung ihrer Vergütungen zustimmt, aber hier im Lande meint, über dem Gesetz zu stehen, nur - ich wiederhole - weil sie den Hals nicht voll kriegen. Dagegen werden wir wohl etwas unternehmen müssen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU)

- Nein, wir müssen auch einmal mit einer Sprache sprechen, damit klar wird, dass das so nicht geht.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben einen ganz schwierigen Haushalt vor sich, wir auch. Sie müssen in Bereiche hineingehen, bei denen ich ganz sicher bin, dass es bei Ihnen viele Kollegen gibt, die das auch nicht machen wollen. Ich glaube nicht, dass die Landesregierung und die Kolleginnen und Kollegen in der CDU und in der FDP freudig alle Kürzungsbeschlüsse vollziehen, die sie wahrscheinlich vollziehen müssen. Sie werden sich das schwer machen. Sie werden Menschen treffen, denen es nicht gut geht. Da muss man zur politischen Hygiene in Niedersachsen und in Deutschland auch denjenigen einmal etwas ins Stammbuch schreiben, die meinen, sie seien von nichts betroffen. Die Leute haben die Nase voll davon, dass bei Frau Christiansen fünf oder sechs Leute sitzen, die zwei Dinge sagen: Erstens. Zumutungen für die Bevölkerung. Aber zweitens: Wir sind von keiner Zumutung betroffen. - Das geht so nicht weiter.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Da haben Sie oft genug gesessen!)

- Herr Althusmann, bei Ihnen gibt es garantiert auch Kollegen, die ein solches Verhalten mit Zorn sehen. Ich finde, dann muss man das auch öffentlich sagen. Es geht dann aber nicht an, dass in Ihrer Fraktion, wenn Ihre Ministerin aus meiner Sicht schlicht und ergreifend Recht und Gesetz vollzieht - - - Ich möchte mich übrigens in den Streit über die Frage, zu welchem Zeitpunkt man das machen kann - das hat hier in der letzten Sitzung eine Rolle gespielt -, nicht einmischen, weil ich

mich noch daran erinnere, wie es beim ersten Mal war, als wir einen Staatskommissar einsetzen wollten. Denn es gibt Gründe dafür, dass man so etwas Schritt für Schritt vollzieht. Ich habe genau zugehört. Ich war damals übrigens im Sozialausschuss, meine Damen und Herren. Deswegen erinnere ich mich noch ganz gut daran.

(Zuruf von Heidemarie Mundlos [CDU])

- Frau Mundlos, als wir das seinerzeit hier durchgezogen haben, sind Sie noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gerannt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Und Sie hinterher!)

- Herr Althusmann, ich glaube, Sie haben damals noch versucht, Munster in Körperlängen auszumessen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

- Ich habe Ihnen nicht empfohlen, dabei zu bleiben, Herr Althusmann. So weit bin ich nicht gegangen.

Ich lese Ihnen einmal vor, wie die KZVN mit Ihrer Fraktion umgeht. Was uns sehr nachdenklich macht, ist, dass es die KZVN für angebracht hält, einen Brief zu veröffentlichen, der ausschließlich an Mitglieder der CDU-Fraktion gegangen ist und den die KZVN in ihrer interessanten Postille veröffentlicht hat.

(Zurufe von der CDU)

- Nein, der ist veröffentlicht worden. Sie müssen einmal dieses Zahnärzteblättchen lesen. Das ist ganz interessant. - Dieser Brief ist an Frau Mundlos, Frau Jahns, Herrn Dr. Winn adressiert, in dem der Vorsitzende der KZVN, Herr Dr. Schirbort, und sein Stellvertreter, Herr Dr. Liepe, den CDUAbgeordneten und mutmaßlichen Mitstreitern für die gerechte Sache - das ist ein Zitat - seitenlang darlegt, mit welchen Argumenten man den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion im Landtag ablehnen könnte. Der Brief endet mit den Worten - ein schönes Zitat für die gerechte Sache -:

„Wir hoffen, Ihnen hinreichend Sachargumente gegen den Antrag der SPD-Fraktion geliefert zu haben.“

Das ist der Lobbyismus, den wir hier in der letzten Sitzung von Herrn Dr. Winn hören durften, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Das geht noch munter weiter. Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte - angesichts der Proteste gegen polnische Zahnärzte ist das ja ein schöner Titel „Freier Verband Deutscher Zahnärzte“ in einem größer gewordenen Europa; das ist hoch interessant - hat inzwischen vorsorglich ein paar Drohungen gegen alle diejenigen Zahnärzte ausgesprochen, die bereit sind, die Versorgungslücke zu füllen, welche diejenigen bei Kindern aufreißen, die sich über Recht und Gesetz in unserem Land stellen. Das ist die Wahrheit über diese Leute.

Interessant ist, dass Sie keine der Begründungen wiederholt haben, die Ihnen die KZVN geliefert hat, damit Sie unseren Antrag ablehnen. Frau Mundlos, ich hätte gerne einmal gehört, wie Sie dazu stehen. Was sagen Sie zu den Argumenten der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, die da aufgezählt sind? Sie lehnen das ab. Wie ist eigentlich die Begründung? Warum stimmen Sie nicht zu, dass diese Leute endlich auf Recht und Gesetz festgenagelt werden müssen, notfalls über einen Staatskommissar?

Ich sage Ihnen: Ich bin froh - nicht immer; das gebe ich zu - -

Herr Kollege, nach Recht und Gesetz ist Ihre Redezeit abgelaufen.

In Ordnung. - Ich bin froh, Herr Präsident, meine Damen und Herren, dass wir hier eine Sozialministerin haben - das will ich bei allem Respekt sagen -, die sich trotz der betroffenen Standeskollegen hier durchgesetzt hat. Mein Eindruck ist aber, in ihrer eigenen Fraktion gibt es nicht viele, die bereit sind, sie offensiv zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD)