Protokoll der Sitzung vom 24.06.2004

„Die Landesregierung wird gebeten, für einen effektiven und vorausschauenden Hochwasserschutz die im Bedarfsfall erforderlichen Retentionsflächen durch gemeinsame Anstrengungen mit den betroffenen Bürgern sicherzustellen. Dabei haben sich die Entscheidungen sachgerecht an den örtlichen Verhältnissen und Notwendigkeiten zu orientieren. Da die Bundesregierung mit ihrer unverhältnismäßigen Hochwasserschutzpolitik diesen Anforderungen nicht gerecht wird, sollte die Landesregierung mit

Nachdruck unnötige, pauschale Ackerbauverbote auf selbst selten überschwemmten Flächen verhindern.“

Genau dazu möchte ich Ihnen jetzt ein Zitat vortragen:

„Würden Trittins Pläne Gesetz, müssten viele Ackerbauflächen in Grünland umgewandelt werden. Das käme einer teilweisen Enteignung der Landwirte gleich und würde viele Existenzen gefährden.“

Meine Damen und Herren, gesagt hat das HansPeter Kemper, Chef der nordrhein-westfälischen Landesgruppe der SPD im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Das hat im Bundestag dazu geführt, dass dieser Gesetzentwurf von der Tagesordnung geflogen ist und erst in der letzten Woche - allerdings in unveränderter Form - erneut eingebracht wurde.

Wir freuen uns, dass wenigstens einige in der SPD in Berlin so vernünftig sind, zu versuchen, Schlimmeres zu verhindern. Aber Sie haben diesen Antrag erneut unverändert in Berlin eingebracht. Deswegen bleiben wir bei unserer Position: Niedersachsen lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Für ihn wird es auch in Zukunft keine Mehrheit im Bundesrat geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Steiner, wenn Sie der Auffassung sind, dass Veränderungen vorgenommen werden sollen, dann nehmen wir das gerne zur Kenntnis. Aber wir warten ab, ob das 100-jährige Hochwasser - ursprünglich waren von Ihnen ja schon einmal 200 Jahre angedacht

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das ist nicht wahr! Es gibt weiterhin 100- jähriges Bemessungshochwasser. Da können Sie sicher sein!)

wirklich zu einem 10-jährigen Hochwasser herabgestuft wird. Auch das ist in der Diskussion. Wir warten einmal ab, wer sich in der SPD und bei den Grünen in Berlin durchsetzt. In dieser Form werden wir dem jedenfalls nicht zustimmen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Ich habe gesagt, wie es im Gesetz steht! Gu- cken Sie es sich doch einmal an!)

Wir sind dagegen, Frau Steiner, dass 50 000 Hektar in Niedersachsen aus der Produktion herausgenommen werden. Der Kollege Ripke hat in einer der letzten Sitzungen deutlich gemacht, dass es in Sachen Wasserabfluss - das ist der entscheidende Punkt - zwischen Acker- und Grünland keine nennenswerten Unterschiede gibt.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Da ist nicht wahr! Das war schon das letzte Mal eine falsche Erklärung!)

- Das ist richtig. Das ist auch wissenschaftlich belegt, Frau Steiner.

Im Übrigen sind wir uns einig, was die Bereitstellung größerer Rückhalteflächen angeht. Auch das Landvolk ist im Übrigen dafür. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir uns dafür einsetzen, dass die naturnahe Gewässergestaltung in Zukunft noch sehr viel breiteren Raum einnimmt.

Niedersachsen ist beim Hochwasserschutz auf einem guten Weg. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit mehrfach betont, welche Anstrengungen hierbei unternommen werden.

Meine Damen und Herren, wenn Sie fordern, dass alle zwei Jahre Zwischenberichte vorgelegt werden sollen, so ist die Landesregierung mit Sicherheit gerne dazu bereit, denn wir reden gerne über unsere Erfolge und über die positiven Dinge, die wir für unser Land erreichen. Wir machen Politik mit den Menschen und auch mit der Landwirtschaft.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Ich finde es ungerecht, dass er doppelt so viel Redezeit hat wie ich!)

Ich möchte noch eines hinzufügen: Es ist natürlich auch wichtig, dass die Eigenverantwortung der Bürger, die Eigenverantwortung der Kommunen mit in die Diskussion einbezogen wird und nicht nur Land und Bund gefordert sind.

Meine Damen und Herren, Ihre Ideologie gegen den Ackerbau und für die Wiedervernässung landwirtschaftlicher Flächen - Sie fordern ja sogar den Rückbau von Entwässerungsanlagen - werden wir nicht mitmachen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Wir warten mal, bis das nächste Hoch- wasser kommt!)

Meine Damen und Herren, wir haben einen umfassenden Antrag vorgelegt und hatten gehofft, die SPD auf diesem Weg mitzunehmen. Aus parteipolitischen Gründen ist das aber leider nicht gelungen. Dann werden wir diese Anträge heute eben alleine beschließen. Wir werden auf unserem Weg weitergehen. Der Hochwasserschutz ist bei dieser Landesregierung in guten Händen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bernd Althusmann [CDU]: In besten Händen!)

Wenn Sie, meine Damen und Herren, meinen, Sie müssten sich vor die Bundesregierung stellen, dann stehen Sie im Abseits. Gott sei Dank hat Herr Trittin hier in Niedersachsen nichts mehr zu sagen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Herr Behr, das war zu billig!)

Meine Damen und Herren, von der SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dehde zu Wort gemeldet.

(Bernd Althusmann [CDU]: Viel kann das aber nicht sein!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir hier leidvoll hören müssen - Stichwort Elbvertiefung -, wie rücksichtslos sich diese Koalition, diese Landesregierung über die Interessen der Menschen an der Unterelbe hinwegsetzt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Das ist eine bösartige Unterstellung!)

Heute - das hat der Kollege Behr eben eindrucksvoll untermauert - müssen wir erleben, wie die Koalition die Bagatellisierung des Hochwasserschutzes im Binnenland vorantreibt. Ich muss sagen, Herr Behr: Das ist erschreckend.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist ja nur noch peinlich!)

Meine Damen und Herren, was Sie hier machen, ist der Missbrauch eines existenziellen Themas. Sie benutzen das Thema einzig und allein dazu, Stimmung gegen den Hochwasserschutz zu machen. Das ist nicht akzeptabel.

(Karsten Behr [CDU]: In Berlin wisst ihr doch auch nicht, was ihr wollt!)

Sie rufen zu Protestaktionen auf, um das Artikelgesetz zu verhindern. In Rethem wird Widerstand gegen das Hochwassergesetz angekündigt. Herr Ripke ruft zu Protestaktionen und Unterschriftenlisten gegen etwas auf, das er offensichtlich gar nicht genau kennt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist unglaublich!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in diesem Land keine Stimmungsmache.

(Ilse Hansen [CDU]: Fassen Sie sich mal an die eigene Nase!)

Sie von der CDU- und von der FDP-Fraktion müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass dem Hochwasserschutz die höchste Priorität zu gelten hat. Ich sage: Bürgerschutz muss vor Lobbyistentum gehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist Polemik, Herr Dehde!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen im Bereich der Elbe länderübergreifende Konzepte; keine Frage. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie hier einen Eingriff in Länderkompetenzen beklagen. Es geht darum, dass der Bund die Rahmengesetzgebung ausübt, die ihm zusteht; denn wir wissen doch, dass es Lösungen nur dann geben kann, wenn sich die Flussanrainer zusammentun. Der Bund hat etwas auf den Weg gebracht. Das ist der richtige Weg. Davon bin jedenfalls ich fest überzeugt.

Alle durchgeführten Anhörungen, insbesondere die von Vertretern der Versicherungswirtschaft, zeigen - ich empfehle Ihnen, sich das einmal genau anzuschauen -, wie nötig die vielfältigen Maßnahmenpakete sind, die die Kollegin Steiner hier noch einmal erläutert hat und die wir in unserem Änderungsantrag noch einmal aufgeführt haben. Hochwässer machen nun einmal nicht vor Ihrem Lobbyistentum halt. Wenn sie weiter so agieren, wie

Sie das jetzt tun, lassen Sie die Bevölkerung in den Überschwemmungsgebieten ins offene Messer laufen. Ich halte das für nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im August des Jahres 2002 haben wir die Hochwässer gehabt. Im Oktober hat es hier im Landtag eine gemeinsame Entschließung gegeben. Damals hat der Vorsitzende des Umweltausschusses gesagt:

„Meine Damen und Herren, es ist gut, dass wir mit dem gemeinsamen Antrag eine neue Basis für die Verbesserung und Sicherung des Hochwasserschutzes und für die Sicherung der Gebiete in unserem Land auf den Weg bringen werden.“

Genau dies haben wir in unserem Antrag explizit ausgewiesen.

Meine Damen und Herren, Sie werden doch wenigstens Ihrem Kollegen Dr. Stumpf trauen, den ich jetzt noch einmal zitieren darf:

„An uns wird es liegen, nachhaltig zu prüfen, dass die Worte dieses Antrages nicht nur Worte auf dem Papier bleiben, sondern dass der Antrag auch tatsächlich so umgesetzt wird.“

Das scheint bei Ihnen gänzlich in Vergessenheit geraten zu sein. Es reicht eben nicht aus, dass Ihre Minister jetzt die ganzen Maßnahmen einweihen, die wir damals auf den Weg gebracht haben, sondern es muss mit konstruktiven Maßnahmen weitergehen, auch wenn diese nicht jedem recht sind.