Protokoll der Sitzung vom 25.06.2004

Anlage 32

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 37 des Abg. Dieter Möhrmann (SPD)

Zukunft von Schulstandorten mit erheblich zurückgehenden Schülerzahlen am Beispiel der Einheitsgemeinde Wietzendorf im Landkreis Soltau-Fallingbostel

Auch nach Umsetzung der Schulreform verbleibt am Standort Wietzendorf eine Grund- und Hauptschule. Versuche in der Vergangenheit, den Schulstandort durch die Einrichtung einer Sekundarschule oder einer verbundenen Haupt- und Realschule aufzuwerten, sind meist kommunalpolitisch, aber auch landespolitisch gescheitert. Abgesehen von einer mit dem Stand vom 12. Februar 2004 nur 86,2-prozentigen Unterrichtsversorgung steht den Schülerinnen und Schülern nun ins Haus, dass die Hauptschulklassen 5 und 6 sowie 7 und 8 zum 1. August 2004 zusammengelegt werden sollen. Ursache ist der Klassenbildungserlass, nach dem bei Klassengrößen bis 24 Schüler Kombiklassen zu bilden sind. Obwohl die Schulentwicklungsplanung für die Klasse 5 28 Schülerinnen und Schüler und für die Klasse 6 20 Schülerinnen und Schüler für das Jahr 2004/2005 prognostizierte, sind die voraussichtlichen Anmeldezahlen für 2004/2005 deutlich geringer, und zwar jeweils 13 Schülerinnen und Schüler für die Klasse 5 und 6. Die Eltern vor Ort berufen sich auf die politischen Zusagen, die Hauptschulen zu stärken, und kritisieren die Zusammenlegung der Klassen auch vor dem Hintergrund, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es spätestens nach Klasse 6 zu Rückläufern aus der Realschule in Soltau kommen kann. Als besondere Belastung für den Schulträger und die Schüler kommt hinzu, dass dieser Schulweg mit 30 km Hin- und Rückfahrt sehr lang ist.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. An welchen Schulstandorten in Niedersachsen sind ähnliche Rahmenbedingungen für

Schüler und Schulträger vorhanden, und wie sind die Probleme jeweils gelöst worden, und wie lösen andere Bundesländer ähnliche Probleme zurückgehender Schülerzahlen?

2. Welche Bedingungen müssen an einem Schulstandort erreicht werden, damit es nicht zur Zusammenlegung von Klassen kommt, an welchen Standorten ist dies in Niedersachsen der Fall, und wann sind bisher mit welcher Begründung Schulstandorte von Hauptschulen in Niedersachsen aufgeben worden?

3. Mit welchen Maßnahmen soll die Gefährdung von Hauptschulstandorten niedersachsenweit und an diesem konkreten Standort vor dem Hintergrund weiter zurückgehender Schülerzahlen und dem Trend zu Realschule und Gymnasium vermieden werden?

Nach den gegenwärtig vorliegenden Anmeldezahlen für die Hauptschulklassen der Grund- und Hauptschule Wietzendorf können gemäß dem Bericht der Bezirksregierung Lüneburg in den Schuljahrgängen 5 bis 9 insgesamt drei Jahrgangsklassen und eine kombinierte Klasse gebildet werden. Bei insgesamt 67 Schülerinnen und Schülern in vier Klassen beträgt die durchschnittliche Klassenfrequenz somit 16,8 Schüler. Die Klassenfrequenz aller Hauptschulen liegt bei 20,7 Schülern.

Die Hauptschule in Wietzendorf ist damit ein gutes Beispiel dafür, dass die Landesregierung den kommunalen Schulträgern die Möglichkeit gibt, auch bei rückläufigen Schülerzahlen den Schulstandort zu halten. Das vom Landtag am 25. Juni 2003 verabschiedete Schulgesetz beschreibt in seinem Titel die Zielsetzung: „Gesetz zur Verbesserung der Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten“. Um im Flächenland Niedersachsen trotz zurückgehender Schülerzahlen beide Ziele zu erreichen, können laut Verordnung zur Schulentwicklungsplanung (VO SEP) Schulen unter bestimmten Bedingungen einzügig geführt werden, wenn der Schulträger nach § 106 NSchG ein entsprechendes Bedürfnis feststellt. Die Führung einzügiger Hauptschulen ist aber nur zulässig, wenn eine ständige pädagogische und organisatorische Zusammenarbeit der einzügigen Schule bzw. der einzügigen Schulzweige mit einer benachbarten mehrzügigen Schule derselben Schulform vereinbart wird. Diese Verpflichtung zur Zusammenarbeit soll in den kleinen Systemen die erforderliche Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung gewährleisten, ein differenziertes Schulangebot ermöglichen und sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler den Anforderungen der zentralen schriftlichen Vergleichsarbeiten sowie der zentralen Abschlussprüfungen entsprechend

beschult werden. In der Durchführungsverordnung des § 3 der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung werden die inhaltlichen Anforderungen für eine ständige pädagogische Zusammenarbeit (§ 25 NSchG) zwischen Schulen festgelegt.

Um die lange vernachlässigte Schulform „Hauptschule“ wieder zu einer tragenden Säule des Schulsystems zu machen, hat die Landesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen. Mit dem neuen Schulgesetz, dem neuen Grundsatzerlass, dem Hauptschulprofilierungsprogramm und der bevorzugten Behandlung bei der Genehmigung von Ganztagsschulen sind wesentliche Weichen zur Aufwertung der Hauptschule gestellt worden.

In dem nach Abschaffung der Orientierungsstufe nun wieder fünf- bis sechsjährigen Bildungsgang wird eine langfristige, durchgängige und erfolgreiche Förderung der Schülerinnen und Schüler möglich. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl, die Stärkung der Fächer Deutsch und Mathematik, die Senkung der Klassenobergrenze auf nur 26 Schülerinnen und Schüler, die verbindliche Festschreibung einer informationstechnischen Grundbildung, die Durchführung berufsorientierender Maßnahmen in Zusammenarbeit mit berufsbildenden Schulen und regionalen Betrieben, die Verpflichtung zur individuellen Förderung und zur Erarbeitung eines Erziehungskonzeptes und die sozialpädagogischen Unterstützungsmaßnahmen werden die Zukunftschancen der Hauptschülerinnen und -schüler nachhaltig verbessern und damit die Hauptschule nachhaltig stärken.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Da die Anmeldezahlen und die Statistik landesweit noch nicht vorliegen, kann die Frage zurzeit nicht beantwortet werden. Im Schuljahr 2003/04 waren bei den öffentlichen Hauptschulen im 7. Jahrgang 1 % der Schulen kleiner als einzügig, 24,2 % waren ein- bis unter zweizügig. Eine bundesweite Erhebung ist im Rahmen dieser Anfrage nicht möglich.

Zu 2: An Hauptschulen müssen in zwei aufeinander folgenden Jahrgängen mindestens 25 Schülerinnen und Schüler beschult werden, damit Jahrgangsklassen gebildet werden können. Müssen bei weniger als 25 Schülerinnen und Schülern Klassen kombiniert werden, so erhalten diese

Klassen Zusatzbedarfe von vier bis sechs Stunden zur Teilgruppenbildung.

Zu der Anzahl der Standorte kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Angabe getroffen werden, es bedarf der Erhebung bis zum Statistiktermin im September 2004.

Die Entwicklung der Anzahl der öffentlichen Hauptschulen und der Schulen in freier Trägerschaft ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen:

Jahr Schulen Schüler

1990 558 76136

1991 548 75391

1992 544 76276

1993 538 78755

1994 532 80939

1995 532 83228

1996 528 83696

1997 521 82872

1998 519 82661

1999 514 83264

2000 512 86690

2001 513 89746

2002 512 90689

2003 508 88812

Gründe, warum seit 1990 Hauptschulstandorte aufgegeben wurden, liegen hier im Einzelnen nicht vor. Gemäß § 106 NSchG obliegt die Entscheidung den Schulträgern. Unter anderem könnte aber auch eine Umwandlung in Gesamtschulen in Betracht kommen. Nach letztem Erkenntnisstand wird es im Schuljahr 2004/05 voraussichtlich drei neue Hauptschulen und drei neue Hauptschulzweige geben.

Zu 3: Siehe Vorbemerkung.

Anlage 33

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 38 des Abg. Andreas Meihsies (GRÜNE)

Situation der Anstaltsbeiräte der niedersächsischen Justizvollzugsanstalten

Gemäß § 162 des Strafvollzugsgesetzes sind Beiräte bei den Justizvollzugsanstalten zu bilden. Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Sind an allen niedersächsischen Justizvollzugsanstalten die vorgesehenen Beiräte eingerichtet?

2. Gibt es Schwierigkeiten bei der Besetzung der Beiräte, wenn ja, an welchen Standorten?

3. Wie werden die Gefangenenmitverantwortungen in die Arbeit der Anstaltsbeiräte einbezogen, und wie werden die Anstaltsbeiräte für ihre Aufgaben vorbereitet und in ihrer Arbeit unterstützt?

In den niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen wirken bereits seit 1973, also vor In-KraftTreten des Strafvollzugsgesetzes, ehrenamtliche Anstaltsbeiräte als Vertreter der Öffentlichkeit bei der Gestaltung des Vollzuges und bei der Betreuung der Gefangenen mit. In ihrer Eigenschaft als Mittler zwischen Öffentlichkeit und Vollzug bringen die Mitglieder der Anstaltsbeiräte die Belange des Vollzuges der Öffentlichkeit näher, nehmen jedoch auch durch beratende und kontrollierende Tätigkeit Einfluss auf dessen Ausgestaltung.

Rechtsgrundlagen für die Bildung von Anstaltsbeiräten sind die §§ 162 bis 165 des Strafvollzugsgesetzes sowie die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften. In den Niedersächsischen Ausführungsvorschriften für den Strafvollzug - NAV - ist zu § 162 StVollzG darüber hinaus Näheres über die Bildung der Anstaltsbeiräte bestimmt.

Die Mitglieder der Anstaltsbeiräte werden auf Vorschlag des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dem sich die Justizvollzugsanstalt befindet, vom Niedersächsischen Justizministerium ernannt. Zurzeit sind in den 18 selbständigen Justizvollzugseinrichtungen und den angeschlossenen Abteilungen 94 Beiratsmitglieder tätig. Je nach Größe der Anstalt und der Zahl ihrer Abteilungen gehören den Beiräten drei bis sieben Mitglieder an.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt: