Protokoll der Sitzung vom 25.06.2004

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ja.

Zu 2: Schwierigkeiten bei der Ernennung der Beiratsmitglieder sind aus hiesiger Sicht bisher nicht aufgetreten. Ob und inwieweit in den entsendenden Gremien Probleme bei der Erstellung der Vorschlagslisten entstanden sind, ist hier nicht bekannt geworden.

Zu 3: Grundsätzlich obliegt es dem Anstaltsbeirat festzulegen, wie die umfassenden und vielschichtigen Aufgaben, die mit dem übernommenen Amt verbunden sind, in der Praxis wahrgenommen werden sollen. Erfahrungsgemäß findet jedoch in der Regel ein Austausch in gemeinsamen Sitzungen sowohl mit der Gefangenenmitverantwortung als auch mit der Anstaltsleitung statt.

Die Mitglieder der Anstaltsbeiräte werden von den Anstaltsleitungen auf ihre Aufgabe vorbereitet und mit den Anstaltsbegebenheiten vertraut gemacht. Zusammen mit ihrem Ernennungsschreiben erhalten sie alle notwendigen Merkblätter und Bestimmungen. Eine Einführungsveranstaltung für neue Beiratsmitglieder wird im Niedersächsischen Justizministerium durchgeführt. Ferner werden alle Beiratsmitglieder einmal jährlich zu einer zweitägigen Tagung mit Vertretern der Justizvollzugsverwaltung eingeladen. Diese Veranstaltung bietet neben der Behandlung eines Schwerpunktthemas und der Erörterung von Einzelfragen auch Raum für den Erfahrungsaustausch der Beiratsmitglieder untereinander. Darüber hinaus wird die Arbeit der Anstaltsbeiräte auch finanziell unterstützt, indem bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Sitzungspauschalen, Verdienstausfallentschädigungen und Reisekosten gewährt werden.

Anlage 34

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 39 der Abg. Petra Emmerich-Kopatsch (SPD)

Zusammenlegung von Arbeitsgerichtsbarkeit und ordentlicher Gerichtsbarkeit?

In einem Interview mit der Nordwest-Zeitung vom 7. Juni 2004 hat die CDU-Justizministerin die Zusammenlegung von Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichten sowie von ordentlichen und Arbeitsgerichten für notwendig erklärt. Eine Zusammenführung kann nach Aussagen der Justizministerin zu mehr Effizienz und zu einer Vereinfachung für den Bürger führen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Tatsache, dass sich in einer vom Rechtsausschuss des Landtages durchgeführten Expertenanhörung zum Thema Zusammenlegung der Arbeitsgerichtsbarkeit mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit nahezu alle Fachleute einhellig für den Erhalt einer eigenständigen Arbeitsgerichtsbarkeit ausgesprochen haben, und welche Überlegungen veranlassen die Justizministerin, von diesem Expertenvotum abzuweichen?

2. Welche konkreten Einsparpotenziale sieht die Justizministerin in der Zusammenlegung von Arbeits- und ordentlicher Gerichtsbarkeit, und durch welche konkreten Maßnahmen sollen „mehr Effizienz“ und eine „Vereinfachung für den Bürger“ jeweils erreicht werden?

3. Welche konkreten Standortschließungen plant die Landesregierung im Zuge der von ihr beabsichtigten Zusammenlegung von Arbeitsund Sozialgerichtsbarkeit?

Die Justiz muss angesichts der knappen Ressourcen sämtliche Einsparpotenziale, die ohne Qualitätsverlust erreichbar sind, ergreifen. Das schließt ein, dafür Sorge zu tragen, dass die vorhandenen personellen Kapazitäten auch bei Belastungsschwankungen zwischen den derzeitigen Gerichtsbarkeiten kurzfristig dahin verlagert werden können, wo die Belastung am größten ist. Derzeit kann ein Personalausgleich zwischen den selbständigen Gerichtsbarkeiten nur langfristig durch Stellenverlagerungen sichergestellt werden. Nach einer Zusammenlegung von ordentlicher Gerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit kann das jeweilige Präsidium vor Ort kurzfristig für einen angemessenen Belastungsausgleich auch zwischen diesen Rechtsgebieten sorgen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Zu 1: Die Expertenanhörung bedarf noch einer abschließenden Bewertung. Das gilt zumindest vor dem Hintergrund, dass es nach dem erklärten Ziel der Landesregierung innerhalb der aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit gebildeten gemeinsamen Gerichtsbarkeit bei einer Bearbeitung der arbeitsrechtlichen Verfahren durch spezialisierte Spruchkörper ebenso bleiben soll wie bei der Mitwirkung von nichtrichterlichen Beisitzerinnen und Beisitzern aus den Reihen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen in diesen Spruchkörpern. Jedenfalls die Mehrzahl gerade der Experten, die sich gegen eine Zusammenlegung auch dieser Gerichtsbarkeiten ausgesprochen haben, ist insoweit offenbar von anderen Voraussetzungen ausgegangen. Zudem liegt derzeit noch kein Entwurf des Bundesgesetzgebers für eine Öffnungsklausel vor, die eine Zusammenlegung der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit ermöglicht. Demzufolge kann es auch keinen Entwurf des Landesgesetzgebers für die konkrete Umsetzung geben, sodass eine abschließende Bewertung verfrüht wäre. Das Fehlen der konkreten Ausgestaltung haben auch mehrere der angehörten Experten bemängelt. Im

Übrigen begründen die in der Vorbemerkung genannten Gründe das Vorhaben der Justizministerin.

Zu 2: Einsparpotenziale werden insbesondere gesehen bei Personal, das im Bereich der Gerichtsverwaltung im engeren Sinne (Behörden- und Ge- schäftsleitungen und deren unmittelbar zuarbei- tendes Personal) sowie für sonstige Querschnittsaufgaben eingesetzt ist. Darüber hinaus sind bei einer gemeinsamen Unterbringung Einsparungen im Sachkostenbereich zu erwarten (gemeinsame Nutzung der Sitzungssäle, Biblio- thek, Informations- und Kommunikationstechnolo- gie).

Vereinfachungen für die Allgemeinheit gibt es schon dadurch, dass die verwirrende Anzahl vieler Gerichtsbarkeiten und deren Zuständigkeiten eingeschränkt wird.

Zu 3: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit zusammenzulegen.

Anlage 35

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 40 der Abg. Heike Bockmann (SPD)

Abschaffung des Widerspruchsverfahrens Arbeitet der Innenminister mit falschen Zahlen?

Die CDU/FDP-Landesregierung plant die nahezu vollständige Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in Niedersachsen. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern ein kostengünstiger, einfacher, schneller und wirksamer Rechtsschutz gegen behördliche Entscheidungen genommen. Verwaltungsexperten befürchten, dass die Abschaffung der Widerspruchsverfahren nicht nur zu einer Verkomplizierung und Verteuerung des Rechtsschutzes für die Bürgerinnen und Bürger führen wird, sondern durch das Entfallen eines zentralen Instruments der Selbstkontrolle der Verwaltung auch eine Verschlechterung der Qualität der Verwaltungsentscheidungen in Niedersachsen die Folge sein wird.

Vor dem Hintergrund der gravierenden Auswirkungen auf Bürger und Verwaltung bedarf die Entscheidung der Abschaffung des Widerspruchsverfahren einer sorgfältigen Abwägung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welcher Datengrundlage basiert die Angabe der Landesregierung, dass der Anteil der aus rechtlichen oder aus fachaufsichtlichen

Gründen von den Bezirksregierungen korrigierten Ausgangsbescheide in den Jahren 2002 und 2003 im Schnitt bei etwa 15 % lag?

2. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass laut Statistik der Bezirksregierungen im Jahr 2002 24,2 % und im Jahr 2003 23,4 % der von den Bezirksregierungen durchgeführten Widerspruchsverfahren durch Abhilfe, Stattgabe oder sonstige Erledigung endeten?

3. Erfassen diese Zahlen auch solche Widersprüche, denen bereits durch die Ausgangsbehörde abgeholfen worden ist? Wenn nein, wie hoch liegt die „Erfolgsquote“ unter Einbeziehung dieser Zahlen?

Die Anfrage der Abgeordneten Bockmann beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Daten wurden Anfang März aufgrund einer Anfrage des Ministeriums für Inneres und Sport von den Bezirkregierungen geliefert und basieren auf den Statistiken der jeweiligen Dezernate.

Zu 2: Eine Erledigungsquote von 24,2 % bzw. 23,4 % ist für die Beurteilung einer etwaigen Abschaffung des Vorverfahrens wenig ergiebig. Lediglich die Abhilfequote als Teilmenge der Erledigungsquote gibt einen Hinweis darauf, wie hoch der Anteil der in der Sache begründeten Widersprüche war. Erledigungen außerhalb des Vorverfahrens haben meist Gründe, die nicht in der Qualität des Bescheides liegen. In der Mehrzahl der Rechtsgebiete liegt die Abhilfequote nur bei ca. 15 %. In einigen wenigen Rechtsgebieten liegt diese Quote erheblich höher. Dies ist beispielsweise im Baurecht mit fast 2 000 Widerspruchsverfahren jährlich und einer Abhilfequote von 25 %, im Schulrecht mit über 800 Verfahren und einer Abhilfequote von fast 40 % sowie auch im Umweltrecht mit ebenfalls 25 % der Fall. Hier hat die Landesregierung entsprechend reagiert und das Vorverfahren, insbesondere zur Vermeidung einer überproportionalen Steigerung verwaltungsgerichtlicher Klagen, beibehalten. In allen anderen Fällen führt die Beibehaltung des Widerspruchsverfahrens zu einer unnötigen Verzögerung des Verwaltungsrechtsweges und dient nicht dem Rechtsfrieden.

Zu 3: Die Zahlen zu 2. (Erledigungsquote) stellen keine „Erfolgsquote“ dar. Die Zahlen zur maßgeblichen Abhilfequote, die die Landesregierung erhoben hat, erfassen nur die Verfahren, die den Bezirkregierungen zur weiteren Widerspruchsbearbeitung zugeleitet wurden bzw. bei denen die Bezirkregierung Ausgangsbehörde war. Eine Erhebung der Abhilfequote bei allen Ausgangsbehörden, d. h. bei den gesamten Kommunen, wäre zu

umfangreich geworden. Die positive Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Anhörung zur Abschaffung des Vorverfahrens lässt eine solche Erhebung auch nicht angezeigt erscheinen.

Anlage 36

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 41 der Abg. Meta Janssen-Kucz (GRÜNE)

Übergewicht bei Kindern

In Deutschland ist ein Besorgnis erregender Trend zur Übergewichtigkeit von Kindern zu beobachten. Neueren Untersuchungen zufolge sind hier bereits jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche übergewichtig. 7 bis 8 % der Schulkinder sind fettsüchtig. Diese zunehmende Übergewichtigkeit wird zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Schon bei Kindern sind inzwischen Fälle von Altersdiabetes festgestellt worden.

Dem Vorbild der Bundesregierung folgend, plant deshalb auch die niedersächsische Sozialministerin eine Initiative gegen Übergewichtigkeit bei Kindern.

Um dem Trend zur Übergewichtigkeit von Kindern zu begegnen, müssen vor allem die Bewegungsangebote verbessert und auf eine gesündere Ernährung hingewirkt werden. Hierbei kommt auch den Kindertagesstätten und Schulen eine große Bedeutung zu.

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchen Maßnahmen will sie darauf hinwirken, dass in den Kitas und Schulen flächendeckend - und nicht nur in einzelnen Vorzeigeeinrichtugen - eine nachhaltige Ernährungserziehung durchgeführt wird, und welche Fortbildungsangebote für Erzieherinnen, Erzieher und Lehrkräfte wird sie dafür finanzieren?

2. In welcher Weise wird die Landesregierung dazu beitragen, dass den Kindertagesstätten und Schulen ausreichende Finanzmittel bereitstehen, damit sie selbst ein gesundes Mittagessen anbieten können?

3. Welche Finanzmittel werden der Sozialministerin für die von ihr angekündigte „Initiative gegen Übergewicht bei Kindern“ zur Verfügung stehen, und ist die Landesregierung bereit, auch die Mittel für Ernährungsberatung beim Ministerium für Landwirtschaft - Kapitel 09 05, Titelgruppe 72 - aufzustocken und nicht, wie bereits in der Vergangenheit, weiter zu kürzen, um daraus diese Initiative unterstützen zu können?

Die Landesregierung teilt die in der Anfrage dargelegte Problemeinschätzung. Bei der Lösung sieht sie jedoch die Notwendigkeit für ein multifaktorielles Konzept. Denn der Trend zu Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen ist von wirklich erheblicher gesundheitlicher und gesundheitspolitischer Bedeutung und hat viele Ursachen, denen nicht allein mit Ernährungserziehung begegnet werden kann. Es sind detailliertere Strategien zu entwickeln, wie gerade Kindern und Jugendlichen handlungsorientierte Präventionsempfehlungen nahe gebracht werden können.

Gesundheitspolitik muss gerade für Kinder und Jugendliche in ihrem Lebensumfeld ganzheitlich ansetzen. Wir wissen, dass 80 % der übergewichtigen Kinder auch später als Erwachsene darunter zu leiden haben und dass vielfach Jugendliche durch ihr Ernährungs-, Bewegungs- und Konsumverhalten bereits ein relevantes Risiko für HerzKreislauf- und Stoffwechselerkrankungen oder bereits ernsthafte Manifestationen (wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus Typ II) erwerben. Eine effektive Prävention im Hinblick auf gesunde Ernährung und ein Gleichgewicht zwischen Ernährung, Bewegung und Entspannung ist ein Schlüsselfaktor, nicht nur im Hinblick auf die Verhütung von Herzerkrankungen, sondern auch für die Prävention von z. B. Stoffwechselerkrankungen, Krebs und Osteoporose.

Die Landesregierung hatte sich bereits in der Antwort auf die Große Anfrage „Gesundheitsversorgung und Gesundheitsberichterstattung im Kinderund Jugendbereich“ der Fraktionen der CDU und der FDP in der letzten Plenardebatte ganz entschieden dafür ausgesprochen, dem Übergewicht und dem Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen entgegenzutreten, insbesondere unter dem Aspekt, dass die gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen im Kindes- und Jugendalter geprägt werden. Eine nachhaltige Vermittlung von Ernährungsbildung und Bewegungsförderung kann allerdings nicht allein durch Bildungseinrichtungen erfolgen, sondern muss in erster Linie die Eltern in gemeinsame Strategien und Maßnahmen einbinden. Kassen, Gesundheitsorganisationen, Sportvereine und viele andere Einrichtungen und Verbände haben sich als kompetente Partner dafür erwiesen.