Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

denn das dokumentiert, dass der Radwegebau in Niedersachsen künftig wieder einen festen Platz hat.

Der Antrag der Fraktion der Grünen ist insofern zu begrüßen, als er im Windschatten der Tempomacher aus CDU und FDP fährt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Bedeutung des Fahrrads als umweltfreundliches, ressourcenschonendes und die Gesundheit förderndes Verkehrsmittel ist eben schon herausgestellt worden. Sie hat in den letzten Jahren zugenommen, und zwar sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Aber man könnte fragen - das alles war ja schon vor ein, zwei Jahren bekannt -: Was hat denn die alte Landesregierung aus dieser nicht neuen Erkenntnis gemacht? Während andere Bundesländer massiv in den Radwegebau investiert haben und die Bundesregierung einen nationalen

Radverkehrsplan ausgerufen hat, wurde in Niedersachsen am Ende der Regierungszeit der SPD beim Radwegebau die Notbremse gezogen. Das war sozusagen der Offenbarungseid. Die SPD-Regierung hat verfügt: erstens keine neuen Radwege mehr an Landesstraßen und zweitens auch vonseiten der SPD keine neuen Planungsaufträge mehr für Radwege. Was blieb, war eine traurige Restabwicklung der wenigen im Bau befindlichen Maßnahmen, und das in einem Flächenland wie Niedersachsen. Das ist besonders für den ländlichen Raum inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deswegen haben wir in den letzten Jahren viel Terrain verloren und müssen Niedersachsen auf diesem Feld wieder nach vorne bringen. Wir wollen die Niedersachsen wieder aufs Rad bitten. Die Haushaltsnotlage engt uns zwar ein, aber wir wollen bei den Straßenbauinvestitionen das notwendige Umsteuern Schritt für Schritt vornehmen, meine Damen und Herren. Deswegen sage ich: Der Baustopp von neuen Radwegen an Landesstraßen ist ab sofort aufgehoben,

(Beifall und Bravorufe bei der FDP und bei der CDU)

ebenso das Planungsverbot für neue Radwege. Damit gehört die so genannte Closed List - eine interessante neudeutsche Wortschöpfung von 2001 bis 2006 der Vergangenheit an.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Und da wir schon einmal beim Entrümpeln sind, wird auch die noch immer gültige Methodik zur Ermittlung des Radwegebedarfs aus dem Jahre 1977 - Sie haben richtig gehört: aus dem Jahre 1977 - aufgehoben.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man nicht alle Versäumnisse der letzten Jahre auf die Schnelle beheben. Wir müssen Prioritäten setzen, und diese Prioritäten werden sich an drei Dingen ausrichten: Radwege dort, wo sie wirklich notwendig sind, also erstens im Zusammenhang mit sicheren Schulwegen,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

zweitens Lückenschlüsse dort, wo Radwege nicht vollständig sind, und drittens der Aspekt Radtourismus, denn das Vorhandensein von Radwegen gehört zu einem florierenden Tourismus dazu. Ich erwähne das geplante Niedersachsennetz mit seinen 15 quer durch Niedersachsen verlaufenden Radwegrouten. Wir werden auch den jährlichen Wettbewerb um den Landespreis „Fahrradfreundliche Kommune“ weiterhin ausloben; das ist überhaupt keine Frage.

Wir sind uns darin einig, dass das alles wahrscheinlich nicht ausreichen wird. Aber die katastrophale Etatlage, die uns die SPD hinterlassen hat, zwingt uns dazu, uns zunächst auf einige wichtige Maßnahmen zu beschränken und die Dinge Schritt für Schritt anzugehen.

(Heidrun Merk [SPD]: Aha, aha, aha, wie spannend!)

- Was soll denn dieses „Aha“? Meine Damen und Herren, jemand, der mit dafür gesorgt hat, dass der Radwegebau in Niedersachsen gestoppt worden ist, sagt, wenn ich „Schluss mit dem Stopp“ sage: „Aha, aha, aha“.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist eine Entfernung von der Wirklichkeit, die schon bemerkenswert ist, meine Damen und Herren.

(Heidrun Merk [SPD]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)

Vieles von dem, was in dem Entschließungsantrag steht, Herr Hagenah - das will ich ausdrücklich unterschreiben -, gehört zu den Bausteinen, über die sich der Ausschuss sicherlich gemeinsam verständigen wird. Ich meine, auch hier gilt, was ich schon bei dem Thema Zufahrt zum Hafen Emden gesagt habe: Wo Gemeinsamkeit möglich ist, werden wir im Interesse der Bürger des Landes Niedersachsen die Gemeinsamkeit suchen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es ist empfohlen worden, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und

zur Mitberatung an die Ausschüsse für Haushalt und Finanzen sowie Ernährung, Landwirtschaft und ländlicher Raum zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Was ist mit Gesundheit?)

- Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann haben Sie so beschlossen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Aktionsprogramm „Klimaschutz schafft Arbeitsplätze“ - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/62

Zur Einbringung erteile ich Herrn Hagenah das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niedersachsen ist weiterhin Schlusslicht bei der Entwicklung der Baukonjunktur in Deutschland. Im letzten Jahr ging die Zahl der Beschäftigen des Baugewerbes erneut um 3 000 zurück. Mehr als 28 000 gemeldete arbeitslose Bauarbeiter stehen damit nur noch 86 000 Beschäftigten in diesem Bereich gegenüber. Das ist eine branchenbezogene Arbeitslosigkeit von 30 %.

(Bernd Althusmann [CDU]: Und Sie streichen im Bund die Eigenheimzu- lage!)

Angesichts dieser Zahlen forderte der Handwerkspräsident Kurt Rehkopf Anfang März erneut von der neuen Landesregierung, das schon seit langem diskutierte Programm für Klimaschutz und Arbeitsplätze aufzulegen. Im Mittelstandskonzept hatte die alte Landesregierung das schon versprochen, aber dann leider immer wieder verschoben. Dort hieß es:

„Ziel dieses Aktionsprogramms muss es sein, durch geeignete Maßnahmen“ - -

(Zuruf von Bernd Althusmann [CDU])

- Was einmal gut war, kann man ja dann, wenn es gut ist, auch tatsächlich umsetzen. - Es hieß dort:

„Ziel dieses Aktionsprogramms muss es sein, durch geeignete Maßnahmen umfangreiche Investitionen in Niedersachsen auszulösen, die eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes bewirken können. Ein solches Programm bewirkt, dass mit einem sehr geringen Einsatz von Landesmitteln umfangreiche Investitionen in Milliardenhöhe ausgelöst werden, die zur Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen.“

Dieses Zitat aus dem alten Mittelstandskonzept ist präzise die Beschreibung der Inhalte unseres vorliegenden Antrages.

Der finanziellen Notlage des Landes haben wir dadurch Rechnung getragen, dass wir nur vorhandenes Geld aus dem Landeshaushalt zum Einsatz bringen wollen. Vor allem setzen wir auf die effiziente Verknüpfung der umfangreichen Bundesförderung für CO2-Minderung mit dem Kapital privater Bauherren. Hier liegt in Niedersachsen noch ein riesiges Potenzial brach, das über Jahre für mehr Beschäftigung in der Baubranche sorgen kann.

Mit dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau fördert die Bundesregierung die Altbaumodernisierung bereits seit 2000 mit 200 Millionen Euro im Jahr. Das Programm wurde ab diesem Jahr um weitere 160 Millionen Euro erhöht. Damit stehen jetzt jährlich 364 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung, die ein Darlehensvolumen von insgesamt 2 Milliarden Euro im Jahr bedienen. Voraussichtlich im April werden neue Förderrichtlinien erlassen, um zusätzliche Förderkomponenten, wie z. B. auch einen Teilschulderlass, bis zu 20 % des ursprünglichen Darlehensbetrages einzuführen. Damit ist das Programm endlich auch für die Wohnungswirtschaft hoch interessant und kann in viel größeren Stückzahlen eingesetzt werden.

Wir fordern die Landesregierung auf, im Rahmen einer Gesamtkonzeption der zukünftigen Mittelstandsförderung das Bundesprogramm durch eigene Förderschwerpunkte für Klimaschutzmaßnahmen zu ergänzen, die auf spezielle niedersächsische Bedürfnisse und Zielsetzungen zugeschnitten sind. Unser gemeinsames Ziel muss es sein,

einen möglichst großen Anteil der Bundesförderung in die Belebung der niedersächsischen Bauwirtschaft zu lenken.

Der zweite Aspekt unserer Initiative ist ein Beitrag für die dringend nötige Klimaschutzaktivität, die in Niedersachsen bisher leider noch nicht allzu gut gegriffen hat. Die Bundesrepublik hat sich im Kyoto-Protokoll verpflichtet, den Ausstoß der sechs wichtigsten Treibhausgase von 1990 bis zum Jahr 2012 um 21 % zu reduzieren. Dem sind wir auch als Land verpflichtet. Niedersachsen hat aber seit 1990 bis heute seinen CO2-Ausstoß nicht senken können, sondern der CO2-Ausstoß ist bisher leider sogar noch gestiegen.

Die Hauptverantwortung für diese Steigerung in Niedersachsen hat insbesondere der Bereich der privaten Haushalte und der gewerblichen Kleinverbraucher mit einem Anstieg der CO2Emissionen z. B. von 1990 bis 1998 um 11,4 %. Das genau ist aber der Bereich, der durch dieses Investitionsprogramm zum Klimaschutz, wie wir es vorschlagen, am besten erfasst werden würde. Gerade die kleinen Betriebe, gerade die privaten Haushalte haben das größte Potenzial. Das ist die wichtigste Zielgruppe, um bei der CO2-Minderung etwas zu tun. Gleichzeitig wird dadurch eine Belebung der Baukonjunktur in unserem Land ermöglicht.

Der große Handlungsbedarf in diesem Bereich fällt zusammen mit der hohen Effizienz von energetischen Modernisierungsmaßnahmen. Hier fehlt es vielfach nur an der notwendigen Information und fachlichen Beratung, um die kurzen Amortisationsfristen und hohen Förderquoten durch Bundesprogramme für die Investoren erkennbar zu machen, die bisher eben nicht in ihr Mietshaus oder in ihren Betrieb investieren, weil sie gar nicht den Zugang zu all diesen Programmen für sich selber sehen, weil sie gar nicht diese kurzen Amortisationszeiten vor Augen haben. Da hat die Landesregierung eine wichtige Vermittlungsaufgabe, um hier privates Kapital für Investitionen anzuregen.

Die Einführung eines Energiepasses auch für bestehende Bauten nach dem Beispiel anderer Bundesländer wird einen zusätzlichen Anreiz geben, zu investieren, weil damit auch Käufern und Mietern ein transparenter Anhaltspunkt für die energetische Qualität der jeweiligen Bausubstanz an die Hand gegeben wird. Bisher haben wir die Konkurrenz um die günstigste Kaltmiete in unserem Land. Warum sollte Niedersachsen nicht damit anfangen,

dass die Warmmieten der Vermieter miteinander konkurrieren müssen? Nur so lenken wir das Augenmerk der Investitionsbereitschaft der Vermieter auch auf die Klimaschutzmaßnahmen, auch auf die Energieeffizienz, auf die Wärmedämmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die gesamte Baubranche und das Handwerk sind hier zur Kooperation und Mithilfe bereit. Dies hat die Anhörung zu unserem im Beratungsverfahren der letzten Wahlperiode leider festgefahrenen Antrag für eine Initialberatung zur energetischen Sanierung eindrucksvoll verdeutlicht. Niedersachsen verpasst bisher die Chance, mit einem solchen Aktionsprogramm gleichermaßen der Bauindustrie und dem Klimaschutz wichtige Impulse zu geben. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat nunmehr Frau Abgeordnete Heiligenstadt.