Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Was Sie hinterlassen haben!)

Die CDU und Herr Wulff haben gesagt: Wir werden Kleinstförderprogramme - er sprach einmal von 1 Million Euro - abschaffen. - Im Sozialministerium beträfe dies Frauen- und Familienprojekte, Gesundheitsförderung, Selbsthilfe, Aids, Sucht, Schuldnerberatung, familienentlastende Dienste, Betreuungsvereine und, und, und.

Ich sage Ihnen, es ist auch kein Problem mehr, Planungssicherheit zu schaffen: Wenn Sie nichts mehr zu verteilen haben, brauchen Sie auch keine Planungssicherheit mehr für die Betroffenen zu schaffen.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Glauben Sie das selbst?)

Wenn sich jedenfalls der Innenminister mit seiner Liste und seiner Vorgehensweise durchsetzt und auch der Finanzminister, Frau von der Leyen, bleibt vom Sozialministerium nichts weiter als eine Propagandaabteilung ohne eigenen Aufgabenbereich übrig.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Das ken- nen wir doch aus der Vergangenheit! - Heinz Rolfes [CDU]: Zweieinhalb Millionen Euro für Propaganda!)

- Sie werden das ja alles unter Beweis stellen. Herr Kollege, ich habe einen Riesenvorteil: Ich habe Ihre gigantischen Wahlversprechungen - auch im Sozialetat - mit über 180 Millionen Euro alle im Kopf. Die werden wir nacheinander abarbeiten, und dann werden wir sehen, was davon hinterher übrig bleibt.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von den GRÜNEN: Was vorher gewesen ist! - Norbert Böhlke [CDU]: Wenn Sie un- sere Wahlaussagen realisieren wollen, sind Sie herzlich eingeladen!)

- Sie werden noch ganz still werden, und zwar nicht, was das Organ, sondern was die Inhalte betrifft. Da bin ich mir ganz sicher.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Sie un- terschätzen den Kollegen Böhlke!)

In einem Großteil ihrer bisherigen Aussagen stand die Sozialministerin der SPD inhaltlich näher als der Programmatik ihrer eigenen Partei. Ich will das an drei Beispielen deutlich machen.

Erstens. Während die Ministerin betont, dass Frauen in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft besser beteiligt werden müssen, spiegelt sich exakt diese Aussage in der Kabinettzusammensetzung nicht wider.

(Beifall bei der SPD)

Was die Frage der Verteilung von Führungsfunktionen in der CDU-Fraktion betrifft, werden die Frauen durch ihren Fraktionsvorsitzenden bekanntlicherweise lieber zu Tupper-Parties geschickt, wobei er der Auffassung ist, sie könnten diese nicht organisieren.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Überle- gen Sie sich, was Sie sagen! So nicht!)

- Ich habe das nicht gesagt. Das hat er gesagt.

(Zuruf von der CDU: Das war „wit- zig“!)

- Nein, ich fand das überhaupt nicht witzig, ich fand das unverschämt. Aber es ist eine Frage des Selbstverständnisses der Frauen Ihrer Fraktion, wie sie sich von ihrem Fraktionsvorsitzenden an die Kandare nehmen lassen.

(Beifall bei der SPD - Irmgard Vogel- sang [CDU]: Das ist billig, was Sie machen!)

- Ich scheine ja genau getroffen zu haben. Herzlichen Dank.

Zweitens. Die Ministerin setzt sich zu Recht für die Ganztagsbetreuung ein. Die Zuständigkeiten für die Kindertagesstätten wurden ihr aber entzogen und in das Kultusministerium verlagert.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Da ge- hört es auch hin, weil Bildung mit drin ist!)

Drittens: Jugendarbeitslosigkeit. Darüber haben wir auch gestern diskutiert. Anstatt sich um das Thema zu kümmern, hat bei Ihnen erst einmal das Chaos regiert.

(Zuruf von der CDU: Ha, ha, ha!)

Erst Chefsache, dann MS, dann mit der Jugendabteilung ins MK, dann MW, und jetzt haben Sie die Instrumente und Programme im Sozialministerium und die dazugehörige Arbeitsmarktabteilung im Wirtschaftsministerium.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Wer hat das vorher hin- und hergeschoben? Ich finde, dies ist eine absolute „Glanzleistung“, und ich finde es unglaublich, wie Sie mit dieser Zielgruppe umgehen. Das ist etwas ganz anderes als das, was Herr Rösler hier gestern verkündet hat. (Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Lächerlich, die Verantwortung liegt bei der Bundesebene! - Irmgard Vogelsang [CDU]: Wenn Sie eine Er- folgsbilanz vorzeigen könnten, wäre das in Ordnung!)

Im Übrigen ließe sich diese Liste der Erklärungen auf der einen Seite und des bisherigen Handelns auf der anderen Seite ziemlich konsequent fortsetzen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich wünsche mir für das Umsetzen Ihrer inhaltlichen Positionen mehr Durchsetzungskraft als bei der Frage, wie Ihr Ministerium von Ihren Kollegen auseinander genommen worden ist. Das Sozialministerium ist in einer Art und Weise gefleddert worden, dass Sie zwar für die Aussagen wirklich zuständig sind, aber für die Zuständigkeiten in vielen Bereichen zwischenzeitlich Querschnittsaufgaben organisieren müssen. Das hat es vorher nicht gegeben.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Wie war das mit Gender Mainstreaming? Ist das keine Querschnittsaufgabe?)

Ich kann Ihnen versichern: Sie werden die SPD an Ihrer Seite haben, wenn es darum geht, gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen endlich die Phase der Sprechblasen zu verlassen. Sie können sich auch darauf verlassen, dass wir zusammen mit Ihnen sorgfältig darauf achten werden, dass die niedersächsische Sozialpolitik nicht unter dem Diktat der leeren Kassen und dieses Finanzministers ausblutet und dass Sie Ihre Wahlversprechen einlösen können. Wenn Sie da einmal Probleme haben, können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir werden die nacheinander aufrufen, da können Sie sich ganz sicher sein.

(Beifall bei der SPD - Irmgard Vogel- sang [CDU]: Wir werden beweisen, was Sie überall geleistet haben!)

Bevor ich der Abgeordneten Meißner das Wort erteile, gestatten Sie mir zwei Hinweise.

Erster Hinweis: Wegen der im Anschluss an die Vormittagssitzung stattfindenden Sitzung des Ältestenrats bitte ich um Verständnis dafür, dass die Vorstellung von Mitarbeitern der Landtagsverwaltung für die neuen Landtagsabgeordneten nunmehr heute um 14.10 Uhr im Plenarsaal erfolgen soll.

Zweiter Hinweis: Die Fraktionen sind übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 17 - Hilfe für Intensivtäter - gleich nach der Mittagspause zu beraten. Das heißt also, dass wir, nachdem wir den

Tagesordnungspunkt 16 behandelt haben, in die Mittagspause gehen werden.

Ich rufe nun Frau Meißner auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt einiges gesagt worden, bei dem ich den Eindruck habe, dass die Opposition vielleicht nicht richtig zugehört oder einiges missverstanden hat.

(Beifall bei der FDP)

Ich gehe jetzt auf das ein, was Herr Schwarz und auch Frau Helmhold gesagt haben. Frau Helmhold sprach von verschiedenen „Untiefen“, die dieser Antrag ganz offensichtlich beinhalte. Ich sehe diese Untiefen nicht. Wenn man genau hinguckt, kann man auch sehen, was damit wirklich gemeint ist.

Außerdem haben sowohl Frau Helmhold als auch Herr Schwarz davon gesprochen, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Sozialpolitik auf Landesebene und den Kommunen selbstverständlich ist und es auch immer so gewesen ist. Das ist ganz offensichtlich nicht so gewesen. Es gibt viele Beispiele dafür, dass sich die Kommunen von der letzten Landesregierung im Stich gelassen fühlten. Dass wir es jetzt besser machen wollen, ist eine eindeutige Absichtserklärung, die wir damit unterstreichen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Eine weitere Sache: Es wurde auch die Sitzung am 26. März, die ausgefallen ist, angesprochen. Ganz kurz dazu: Das geschah nicht nur, weil die Zuständigkeiten des Ressorts nicht klar waren. Das, was wirklich nicht klar war, war nicht die Schuld der Ministerin. Vielmehr sind das einfach Dinge, die sich bei einer Regierungsbildung ergeben können. Eine Begründung war auch, dass gar nicht genug Eingaben da waren, die behandelt werden konnten, und dass von daher gesehen, im Gegensatz zu anderen Ausschüssen, dieser spezielle Termin nicht unbedingt notwendig war. Wir werden noch viele weitere Termine haben, an denen wir sehr wohl eine volle Tagesordnung haben, die wir dann auch abarbeiten werden.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Eine weitere Bemerkung zu dem, was Sie gesagt haben. Sie meinten, dass Frau Mundlos überhaupt keine konkreten Vorschläge gemacht habe. Ich

habe eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen gehört, z. B den, dass sie gesagt hat: Wir wollen mehr Geld für den Menschen und weniger Geld für die Bürokratie. - Das ist auch eine eindeutige Absichtserklärung gewesen, die wir durch viele Akte des Handelns und der Gesetzgebung belegen werden.

(Beifall bei der FDP)

Was kann man noch sagen? - Als „Alibi für Sozialabbau“ haben Sie, Herr Schwarz, das, was Frau von der Leyen gesagt hat, bezeichnet. Ich sehe das ganz anders. Schließlich haben wir einen desolaten Haushalt übertragen bekommen und müssen jetzt sehen, wie wir das wenige Geld, das wir haben, möglichst sinnvoll einsetzen. Im sozialen Bereich soll sicherlich nicht total gespart werden - allerdings muss in allen Ressorts gespart werden, das ist klar -, sondern wir müssen, wie gesagt, versuchen, das Geld, das wir haben, möglichst sinnvoll und effektiv für die Menschen in unserem Land einzusetzen. Das wollen wir auch tun.

(Beifall bei der FDP)

Man kann nicht sagen, dass das Sozialabbau wäre. Genau den wollen wir nämlich nicht. Wir wollen ihn vielmehr verhindern, indem wir anders vorgehen, als man es vorher getan hat.

Jetzt noch etwas zu den drei Beispielen, die Sie, Herr Schwarz, genannt haben, als Sie meinten, Frau von der Leyen habe zwar so geredet, würde aber völlig anders handeln.

Das erste Beispiel war die Besetzung des Kabinetts. - Dass die Besetzung des Kabinetts so ist, wie sie ist, hat sicherlich nicht Frau von der Leyen zu verantworten. Auf Ihre Aussage zu den CDUFrauen gehe ich gar nicht erst ein, weil ich das schon fast als Beleidigung empfunden habe.