Protokoll der Sitzung vom 15.09.2004

In Absatz 2 findet sich nunmehr die in § 5 Satz 2 der Entwurfsfassung vorgesehene zeitliche Begrenzung und eine Bestimmung über das AußerKraft-Treten der Übergangsvorschrift des § 5/1.

Ich bitte Sie abschließend namens des federführenden Ausschusses, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 1274 zuzustimmen.

Vielen Dank für die Berichterstattung. Das Wort hat jetzt Herr Dr. Matthiesen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Fraktionen von CDU und FDP im Niedersächsischen Landtag sind die Schnellsten deutschlandweit. Wir haben als Erste den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in den Landtag eingebracht.

(Beifall bei der CDU)

- Danke schön. - Wir tun alles, um Hartz IV praxistauglich zu machen. Im Anhörungsverfahren haben wir seitens der kommunalen Spitzenverbände viel Zustimmung erhalten. Bezüglich der Anhörung im Sozialausschuss ist kritisch zu vermerken, dass die Arbeitsverwaltung trotz Einladung nicht erschienen war, sie hat nur einen kleinen Brief geschrieben. In Niedersachsen haben wir einen schönen Erfolg zu verbuchen. Das Niedersachsenkontingent von sechs kommunalen Optionen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist um mehr als das Doppelte überzeichnet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Beworben haben sich 13 Landkreise. Niedersachsen wird ihre Optionsanträge allesamt an das Bundeswirtschaftsministerium weiterleiten. Die Chance besteht, dass fast alle 13 Landkreise den Zuschlag bekommen, weil die anderen Bundesländer ihre Optionen zum Teil zurückgeben.

Ich möchte heute noch einmal betonen: Die kommunale Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die beste Lösung, die wir in Bund und Ländern immer wieder gefordert haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie ermöglicht, dass sich die Kommune aus einer Hand um erwerbsfähige Arbeitslose und ihre Familien kümmern kann. Die kreisfreien Städte und Landkreise und ihre kreisangehörigen Gemeinden behalten so ein zentrales Mittel erfolgreicher Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in der Hand und können an die bisherigen Erfolge in der Hilfe zur Arbeit anknüpfen.

Bei den Kommunen sind die Handlungs- und finanziellen Anreize am größten. Die Bürgerschaft nimmt ihre Kommune beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in die Pflicht und setzt sie unter Druck. Dieses Druckpotenzial besteht dagegen nicht gegenüber der bundeszentralistischen Ar

beitsverwaltung mit ihren vielen hausgemachten Problemen, die nicht abreißen.

Leider ist das Ergebnis des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom Dezember letzten Jahres nur sehr unzureichend umgesetzt worden. Bekanntlich sollte flächendeckend die Optionsmöglichkeit für alle Kommunen in Deutschland eingeführt werden. Dafür sollte das Bundesoptionsgesetz die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, vor allen Dingen bei der kommunalen Selbstverwaltung.

Herr Dr. Matthiesen, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die hinten im Raum stehen und sich unterhalten, sich entweder hinzusetzen oder hinauszugehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Herr Plaue!)

- Herr Plaue will das nicht hören.

Rot-Grün hat durch seine Blockade die erfolgreiche Umsetzung des ursprünglichen Optionsgesetzes verhindert, und wir haben jetzt praktisch den Salat. Deshalb wird für die CDU und die FDP auf der politischen Tagesordnung bleiben, die Kommunen insgesamt wieder umfassend in das Geschäft zu bringen.

Der vorgelegte Gesetzentwurf von CDU und FDP zum Niedersächsischen Ausführungsgesetz zeichnet sich durch besondere Kürze aus. Das haben auch die kommunalen Spitzenverbände sehr gelobt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nicht geregelt wird im Ausführungsgesetz der Betrag der finanziellen Entlastungen, den das Land an die Kommunen weiterleitet. Das ist auch nicht notwendig, entscheidend ist, dass der Gesetzentwurf das Berechnungsverfahren genau festlegt als Saldobildung aus Entlastungen und Belastungen des Landes infolge von Hartz IV.

Die Entscheidung über den genauen Entlastungsbetrag, auf den noch alle warten, wird jetzt mit der Beratung des Haushaltsgesetzes 2005 kommen. Dafür werden wir auch qualifizierte Zahlen haben. Diese sind besonders an das Herz von Herrn Staatssekretär Hoofe mit seiner „Arbeitsgruppe

Quantifizierung“ gelegt. Wir werden auf solide Zahlen zurückgreifen können, und niemand wird mehr behaupten können, dass irgendjemand bei der Weiterleitung der Landesersparnisse beschubst worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weiterhin lässt sich der Entwurf des Gesetzes davon leiten, dass die kommunale Selbstverwaltung so viel wie möglich an Spielräumen erhalten soll. Deswegen wird die Aufgabe auch im eigenen Wirkungskreis erfüllt und nicht als staatliche Aufgabe. Auf dieser Linie liegt es auch, im Verhältnis von Landkreis und kreisangehörigen Gemeinden es so zu regeln, dass die Landkreise ihre Gemeinden nur per Vereinbarung zur Durchführung der Grundsicherung heranziehen können, also nicht durch eine Satzung. Das wird nur in einem Übergangszeitraum gehen. Dieses Konsensprinzip entspricht der bisherigen kommunalen Praxis, die allgemein verbreitet ist.

Jetzt komme ich noch zum springenden Punkt, zur Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften zwischen Arbeitsagenturen und Kommunen. Diese ist leider überhaupt nicht klar. Das führt bei den Kommunen zu großer Unsicherheit. Sie haben die Aufgaben aus der Heranziehung zur Sozialhilfe nicht mehr, aber gleichzeitig noch das Personal, und der Personalwechsel in die Arbeitsgemeinschaften hakt. An dieser empfindlichen Stelle kann das niedersächsische Ausführungsgesetz leider noch keine Regelung treffen. Das liegt an der abenteuerlichen Regelung der Bundesvorschriften in § 44 b SGB II. Sie ist verfassungsrechtlich leider überhaupt nicht durchdacht. Es ist eine Mischverwaltung vorgesehen, die einen einheitlichen Bescheid der Arbeitsgemeinschaft bei zwei Verwaltungen vorsieht, nämlich einer Bundesverwaltung und einer Kommunalverwaltung, also einer zweigeteilten Zuständigkeit. Das ist sehr problematisch, genauso wie die Frage der Hoheitsverwaltung bei Gesellschaften mit privater Rechtsform. Wenn ich das hier erzähle, es ist schon kaum zu verstehen. Damit soll sich jetzt die Praxis herumschlagen. Deswegen hat der Landesgesetzgeber darauf verzichtet, schon jetzt Aussagen zur Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften zu machen. Wir müssen erst einmal den Bund, der zuständig ist, hören. Wenn dann der Bund gesprochen hat, können wir entsprechende landesrechtliche Regelungen hier in Niedersachsen treffen. Das soll auch geschehen.

Zum Schluss spreche ich meinen sehr herzlichen Dank auch im Namen der Fraktionen von CDU und der FDP an alle in Bund, im Land, in den Arbeitsagenturen und in den Kommunen aus, die jetzt die schwierige Aufgabe haben, Hartz IV, das SGB II, umzusetzen, um die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu einem Erfolg werden zu lassen. Es ist sicherlich nicht übertrieben, davon zu sprechen, dass hier ein Test für unsere Demokratie bevorsteht. Wir wollen hoffen und daran arbeiten, dass dieser Demokratietest erfolgreich ausgeht. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Helmhold.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern hat die Landesregierung die Liste der 13 Landkreise veröffentlicht, die nach dem Optionsgesetz die Aufgaben des Hartz-IVGesetzes vollständig übernehmen wollen. Wir werden bald, d. h. spätestens ab 1. Januar 2005, erleben, dass die auch hier 2003 und 2004 geprobte Auseinandersetzung über den besseren Weg zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Wesentlichen ideologisch überhöht und parteipolitisch funktionalisiert war. Wir sind mit Schreckens- und Horrorszenarien über die bösen Absichten der Bundesregierung konfrontiert worden. Die CDURegierung hier war sich nicht zu schade, in die Fußstapfen von Herrn Koch zu treten und den so genannten niedersächsischen Weg zu propagieren - Herr Dr. Matthiesen, Sie haben das ja eben noch einmal erzählt -, der das ganze Land zwangsweise mit der Optionslösung beglücken wollte und von einem gehörigen Maß an politischem Realitätsverlust gekennzeichnet war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Städte und Gemeinden haben Ihnen in diesem Prozess die ganze Zeit über unentwegt erzählt, was sie von diesem Weg hielten, nämlich gar nichts. Da wähnten Sie aber immer noch die Landkreise geschlossen hinter sich. Wenn nun aber von 38 niedersächsischen Landkreisen nur 13 den Antrag auf Option stellen, dann nenne ich das quasi eine Abstimmung mit den Füßen. Die große Mehrheit will Ihnen auf diesem Weg offenbar nicht folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren, es ist ja gut, dass wir jetzt eine für den Wettbewerb zwischen optierenden Kreisen und Arbeitsgemeinschaften ausreichende Zahl von Kommunen haben, die dann beweisen können, wer was wie besser macht. Dabei wird sich herausstellen, dass die optierenden Kommunen auf die Arbeitsagenturen angewiesen sind und umgekehrt. Es wird zu einer vielfältigen Verschränkung der Aufgaben in der Praxis kommen, und das wird auch gut sein.

Meine Damen und Herren, die Bekämpfung der beklagenswert hohen Arbeitslosigkeit ist eine gemeinschaftlich von allen gesellschaftlich Beteiligten zu lösende Aufgabe. Schwarze-Peter-Spiele bringen den Betroffenen doch überhaupt nichts.

Für die zukünftigen ALG-II-Empfängerinnen bringt Hartz IV sicherlich einiges an Zumutungen. Ich möchte das hier nicht kleinreden. Aber wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wären die Zumutungen doch viel größer gewesen. Und wie schnell wollten doch neulich die Herren Milbradt und Stoiber z. B. nichts mehr von ihren eigenen Taten wissen. Das war wirklich eine peinlich populistische Entgleisung, die die Republik da erleben musste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bundesregierung dagegen hat schnell auf bestehende Webfehler reagiert und die notwendigen Korrekturen vorgenommen. Diese Arbeitsmarktreform bietet sehr viele Chancen, wenn die Instrumente vernünftig genutzt werden. Für den Übergang hat der Bundesgesetzgeber flexible Regelungen zur Fortzahlung der passiven Leistungen wie auch zur Fortführung kommunaler Beschäftigungsträger eingebaut.

Aber wir, meine Damen und Herren, werden zukünftig all diejenigen anprangern, die meinen, sie könnten nun mit Hartz IV reguläre Arbeitsplätze durch Ein- bis Zwei-Euro-Jobs ersetzen. Diese Jobs sind nur für einen kleinen Teil der Erwerbslosen brauchbar. Sie müssen zusätzlich sein, Qualifizierung bieten und zeitlich befristet werden.

Meine Damen und Herren, das ALG II ist noch nicht in allen Teilen so, wie wir es uns wünschen. Ich nenne als Beispiel nur die Regelung zum Zuverdienst, die auf Anregung der Damen und Herren von der CDU ja sehr unselig geworden ist.

Was das hier zur Verabschiedung vorliegende niedersächsische Gesetz angeht, so muss ich darauf hinweisen, dass es Lücken enthält, die die Landesregierung bei Einbringung eines Artikelgesetzes sicher hätte vermeiden können. Es ist hier zu keiner Klärung zwischen Wirtschaftsministerium und Sozialministerium in der strittigen Frage der notwendigen Rechtsform der zu bildenden Arbeitsgemeinschaften gekommen. In der Anhörung haben die kommunalen Spitzenverbände das auch bitter beklagt. Leider lassen Sie diese jetzt im Regen stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir werden diesem Ausführungsgesetz zustimmen, weil man damit nichts Falsches beschließt. Aber insuffizient im eben beschriebenen Sinne bleibt es doch allemal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Meißner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist fast schon eine unendliche Geschichte. Es ist eine Vorstufe zu dem, was wir bereits seit zehn Jahren wollen, nämlich zu unserem Bürgergeld. Das muss an dieser Stelle unbedingt erwähnt werden.

Die Hartz-Gesetzgebung zeigt, dass die rot-grüne Bundesregierung endlich begriffen hat, worum es geht, und das Ganze auch aufgegriffen hat.

(Zuruf von der SPD)

- Wir sind ja nicht gehört worden. Das ist unser Problem dabei, sonst hätte man schon vorher so weit kommen können.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Vor zehn Jah- ren waren Sie noch in der Bundesre- gierung!)