Max Matthiesen
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch das Thema Leitstellen ansprechen. Es ist sehr gut, dass der Innenminister gesagt hat, er bleibt so lange Minister, wie es notwendig ist, um die Leitstellen erfolgreich wirken zu lassen. Das wird ja noch eine ganze Weile dauern, weil die Integration ein langer Prozess ist. Sie ist Bestandteil der guten Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den Kommunen. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur die Stichworte Integrationslotsen und Integrationsberatung.
Speziell zu den Leitstellen möchte ich gerne wissen, ob Sie schon jetzt konkrete Erfolge in den Kommunen benennen können, in denen es diese Leitstellen gibt.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs betrifft die den Kommunen vom Bund im Zuge der sogenannten Hartz-IV-Reformen zugesagte Entlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro deutschlandweit und in Höhe von 250 Millionen Euro für Niedersachsen. Nach den derzeitigen Finanzstatistiken bringt der Bund seinen Entlastungsanteil nach wie vor leider nicht voll auf. Niedersachsen dagegen tut seine Pflicht.
An dieser Stelle verdient das Verhandlungsgeschick unseres Ministerpräsidenten noch einmal ausdrückliche Anerkennung.
- Ach so. - Er hat es geschafft, den Anteil des Bundes an den Unterkunftskosten von 29,1 % auf 31,2 % für 2007 deutlich zu steigern. Kurz zuvor hatte sogar noch eine deutliche Reduzierung des Bundesanteils zur Debatte gestanden. Niedersachsen ist gegenüber seinen Kommunen vertragstreu. Auch in Zukunft leitet das Land die Wohngeldmittel in vollem Umfang an seine Kommunen weiter, die es in Folge von Hartz IV gespart hat. Das bedeutet für 2007 einen Betrag in Höhe von 136 Millionen
Euro. Gegenüber dem Vorjahresbetrag in Höhe von 105 Millionen Euro ist das eine Steigerung um 31 Millionen Euro oder um rund 30 %. Die Kommunen erhalten denselben Jahresbetrag bis zum Jahr 2010 einschließlich. Jährlich sind dies 136 Millionen Euro. Danach muss neu entschieden werden, je nachdem, wie sich die Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten darstellen wird, die die Kommunen zu tragen haben.
Die kommunale Planungssicherheit bis zum Jahre 2010 wird von uns sehr hoch eingeschätzt. Sie ist ein weiterer Beleg für die kommunalfreundliche Politik der CDU/FDP-Landtagsmehrheit.
Der Gesetzentwurf löst folgendes Problem: Die einheitliche Beteilungsquote des Bundes von 31,2 % an den Unterkunftskosten trägt den unterschiedlichen Be- und Entlastungen der einzelnen niedersächsischen Kommunen nicht Rechnung, die als Folge der Ablösung des alten Sozialhilferechts durch das neue SGB II entstanden sind. Nach der einheitlichen Bundesquote und dem bisherigen Verteilungsschlüssel des Landes werden Kommunen begünstigt, die hohe Unterkunftsund Heizungskosten zu finanzieren haben. Die Kommunen mit niedrigen Unterkunftskosten und eingetretenen Mehrbelastungen aber werden benachteiligt. Das war zusammenzubringen. Dies hat im Gesetzgebungsverfahren auch zu harten Auseinandersetzungen geführt. Einerseits Städtetag, andererseits Landkreistag: Die einen waren für den Ausgleich nach den Unterkunftskosten, die anderen waren für einen Mehrbelastungsausgleich.
Die jetzt vorgesehene gesetzliche Regelung zeigt einen salomonischen Lösungsweg auf und berücksichtigt beide Positionen jeweils zur Hälfte. Die Landesmittel in Höhe von 136 Millionen Euro werden zu 50 % nach den Leistungen für Unterkunft und Heizung und zu den verbleibenden 50 % nach der Mehrbelastung verteilt.
An dieser Stelle muss ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass das absolut nichts mit einem Raubzug des Landes durch irgendeine kommunale Kasse zu tun hat, wie von einzelnen Leuten aus dem kommunalen Bereich zu hören war, die dem SPD-Landesvorstand angehören und den Wahlkampf des Kollegen Jüttner etwas anfachen woll
ten. Ich freue mich sehr darüber, dass die nunmehr gefundene salomonische Lösung so gut gelungen ist und dass die kommunalen Spitzenverbände sowie die Fraktionen des Hauses dem Gesetzentwurf im federführenden Sozialausschuss zugestimmt haben.
Ich möchte jetzt noch auf zwei Kritikpunkte zu sprechen kommen.
Erstens haben einzelne Kommunen kritisiert, dass der Bundesanteil von 31,2 % an den Unterkunftskosten in die Verteilungsrechnung überhaupt einbezogen worden ist. Nach Meinung der Kommunen hätte dieser Anteil gänzlich außen vor bleiben und direkt überwiesen werden müssen. Das zieht aber nicht; denn die jeweilige Kommune soll ihren Anteil an den 2,5 Milliarden Euro Entlastung bekommen. Deshalb müssen die Bundesmittel voll in die Rechnung zum Mehrbelastungsausgleich, der dem Gesetzentwurf zugrunde liegt, einbezogen werden.
Der zweite Kritikpunkt, der insbesondere von der Region Hannover geäußert worden ist, bezieht sich darauf, dass der Mehrbelastungsausgleich nicht den hohen Sozialhilfevorbelastungen pro Kopf entspricht, die vor Inkrafttreten des SGB II existiert haben. Es wurde gesagt, die behaupteten Verwerfungen würden dadurch nicht reduziert. Aber auch das zieht nicht. Ziel des SGB II ist nicht ein Ausgleich der hohen Sozialhilfelasten einzelner Kommunen vor Inkrafttreten des Gesetzes. Vielmehr soll ein Ausgleich auf der Basis der vorhandenen Belastungen getroffen werden. Das ist insofern von Bedeutung, als in dem Gesetz auch berücksichtigt werden soll, dass sich einzelne Kommunen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besonders angestrengt haben. Wo dies nicht der Fall war, darf nicht voll ausglichen werden.
Der Gesetzentwurf berücksichtigt die unterschiedlichen Interessen optimal und verdient Zustimmung. - Danke.
Lieber Herr Kollege Hagenah, die Gesamtkonzeption des Gesetzentwurfs ist sozial und gerecht.
Das, was Sie unter Bezugnahme auf die Region Hannover bzw. die Landeshauptstadt Hannover fordern, nämlich allein auf die tatsächlichen Sozialhilfekosten abzustellen und spitz abzurechnen, macht heutzutage kein Mensch mehr, weil das der Unwirtschaftlichkeit und der Schluderei Vorschub leistet. Es kommt vielmehr darauf an, die Sozialhilfebedürftigkeit aktiv zu bekämpfen. Die Landeshauptstadt Hannover ist eine große Gebietskörperschaft, die in den letzten Jahren einige Hausaufgaben auf diesem Gebiet nicht gemacht hat.
Dies hat zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit über dem Landesdurchschnitt geführt, obwohl die Landeshauptstadt beste Voraussetzungen im Hinblick auf ihre Wirtschaftsstruktur hat. Trotz Verkehrsinfrastruktureinrichtungen und trotz einer leistungsfähigen Wirtschaft ist die Arbeitslosigkeit hier überdurchschnittlich hoch. Dafür ist die Stadt Hannover selbst verantwortlich, auch Sie als Hannoveraner. Sie können nicht verlangen, dass andere Landkreise, vor allen Dingen die CDU-geführten Landkreise, die bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gut abgeschnitten haben, dies mitfinanzieren sollen.
Insofern ist es von großer Bedeutung, dass ein Ausgleich gefunden wird, der gegenüber Städten wie beispielsweise der Stadt Hannover sozial ist - -
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Trägerwechsel der niedersächsischen Landeskrankenhäuser bedingt die Änderung des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes. Das Gleiche gilt für das Niedersächsische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch kranke Menschen. Inzwischen hat der Kabinettsbeschluss vom 16. Januar den Trägerwechsel zu bestimmten Bewerbern in Aussicht genommen. Danach werden Erwerber in der ganzen Bandbreite aus kommunalem Bereich, freier Wohlfahrtspflege und Privatwirtschaft zum Zuge kommen. Es ist nicht nur das größte Transaktionsverfahren, das es bisher im deutschen Gesundheitswesen gegeben hat, sondern es ist auch das rechtsstaatlich sorgfältigste im Ländervergleich.
Die stationäre psychiatrische Versorgung in Niedersachsen unterscheidet sich im Maßregelvollzug von der in anderen Bundesländern durch den besonderen niedersächsischen Weg. Er beinhaltet die organisatorische und inhaltliche Verzahnung von Allgemeinpsychiatrie und forensischer Psychiatrie und den regionalisierten und dezentralen Maßregelvollzug. Dieser Weg hat sich für Patienten und Mitarbeiterschaft in vielen Jahren bewährt. Bei Trägerwechseln aus dem staatlichen in den kommunalen, privaten oder frei-gemeinnützigen Bereich wird der künftige Maßregelvollzug auf eine verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage gestellt. Die Erwerber der einzelnen Landeskrankenhäuser übernehmen neben den verschiedenen psychiatrischen Aufgaben auch den Maßregelvollzug, und zwar im Wege der Beleihung. Damit können wir den niedersächsischen Weg fortsetzen.
Dabei wird aber im Kernbereich des Maßregelvollzuges mit besonders intensiven Grundrechtseingriffen die Übertragung von Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Träger ausgeschlossen. Das trägt dem Demokratieprinzip gemäß Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes Rechnung. Dies regelt der Vorbehaltskatalog, angefangen bei Entscheidungen über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bis hin zu Entscheidungen über den Abbruch von Besuchen. Dem entspricht es, dass der Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung von einer staatlichen Vollzugsleitung einschließlich ihrer Stellvertretungen übernommen wird. Sie ist auch gegenüber dem Personal eines beliehenen Trägers weisungsbefugt.
Die Regierungsfraktionen haben sich vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst überzeugen lassen, selbst bei Gefahr im Verzug keine gesetzlichen Ausnahmen vom Vorbehaltskatalog im Maßregelvollzug zugunsten des Personals beliehener Krankenhausträger zuzulassen. Dies haben wir mit Rücksicht auf den Funktionsvorbehalt des Artikels 33 Abs. 4 des Grundgesetzes getan. Danach darf bekanntlich die ständige Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel nur Beamten übertragen werden. An dieser Stelle danke ich dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst na
mens meiner Fraktion sehr herzlich für die gründliche und gekonnte Beratung und Hilfestellung. Die Fälle von Gefahr im Verzug werden nun mittels antizipierter allgemeiner Weisungen der Vollzugsleitung gelöst. In deren Rahmen dürfen Beschäftigte des beliehenen Trägers im Bereich des Vorbehaltskataloges zur Gefahrenabwehr etwa durch Entscheidungen über die Anwendung unmittelbares Zwanges tätig werden. Sie müssen die Vollzugsleitung von einer derartigen Vollziehung der allgemeinen Weisungen unverzüglich und umfassend unterrichten, und die Vollzugsleitung überprüft dann die Maßnahmen und entscheidet über die Aufrechterhaltung.
Bei zwangsweisen Unterbringungen nach dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke verbleibt es dagegen bei der bisherigen Rechtslage. Das Personal der mit der zwangsweisen Unterbringung betrauten beliehenen Krankenhausträger darf im Rahmen der Unterbringung die erforderlichen Grundrechtseingriffe vornehmen, ohne an einen Vorbehaltskatalog zugunsten einer staatlichen Vollzugsleitung gebunden zu sein. Dies ist vor allem mit Blick auf die im Unterschied zum Maßregelvollzug stets gegebene zeitliche Befristung der Unterbringung vertretbar. Hinzukommt demzufolge die durchschnittliche Verweildauer untergebrachter Patienten von durchschnittlich nur zwanzig Tagen gegenüber mehr als sechs Jahren im Maßregelvollzug.
Die gefundene Lösung ist vor allem auch deshalb mit Blick auf das Demokratieprinzip und den Funktionsvorbehalt gemäß Artikel 33 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich abgesichert, weil es überzeugende sachliche Gründe für einen Trägerwechsel der Landeskrankenhäuser in den nicht staatlichen Bereich und damit auch für das Tätigwerden des Personals beliehener Krankenhausträger im Maßregelvollzug und bei der Unterbringung gibt. Ich nenne hier nur fünf Gründe:
Erstens. Der Trägerwechsel ist ein Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der qualitativ hochwertigen und ortsnahen stationären psychiatrischen Versorgung. Das Sozialministerium geht nach dem Stand der Beratungen im Sozialausschuss am 10. Januar davon aus, dass trotz der Aufstockung der Platzzahl um 100 im Maßregelvollzug in den letzten Jahren noch immer rund 200 Plätze gebraucht werden und das sogenannte Fließgleichgewicht dann im Jahre 2010 erreicht sein wird. Angesichts des nach wie vor hoch defizitären Landeshaus
halts kann das Land die dafür benötigten Investitionsmittel nicht aufbringen. Allein die erforderlichen Mittel für den Abbau des aktuellen Investitionsstaus hat das Landessozialministerium seinerzeit mit rund 57 Millionen Euro beziffert.
Zweitens. Unter dem zunehmenden Kosten-, Anpassungs- und Wettbewerbsdruck ist die Trägerschaft des Landes an unternehmerische Grenzen gestoßen. Andere Träger sind beweglicher und finden schneller hin zu den gebotenen qualitativen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungen. So ist es unter Fachleuten unbestritten, dass die psychiatrische Versorgung in einigen Landesteilen heute bereits erheblich ortsnäher und stärker regionalisiert sein könnte, als sie es zurzeit tatsächlich ist.
Drittens. Die Tätigung der benötigten Investitionen und die höhere unternehmerische Beweglichkeit werden ihren Beitrag zur Gewährleistung von Sicherheit für die Bevölkerung, die Patienten und das Personal leisten.
Viertens. Der Trägerwechsel wird die vorhandenen Arbeitsplätze sichern und es ermöglichen, neue qualifizierte Arbeitsplätze in einem zentralen Feld medizinisch-therapeutischer Versorgung zu schaffen.
Fünftens. Der erzielte Verkaufserlös von 107 Millionen Euro ist ein merklicher Beitrag zur dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung des Landes. Diese geschieht aber nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerschaft. Schon jetzt verdienen Ärzte in privaten psychiatrischen Kliniken mehr als in den Landeskrankenhäusern. Vor allem aber erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den vereinbarten Personalüberleitungsvertrag Rechtssicherheit. Betriebsräte und Finanzministerium verdienen Anerkennung für das erzielte Verhandlungsergebnis. Betriebsbedingte Kündigungen sind für alle Beschäftigten über 45 Jahre dauerhaft ausgeschlossen. Für jüngere Beschäftigte sind sie für mindestens sechs Jahre ausgeschlossen. Das Tarifrecht für den öffentlichen Dienst gilt mindestens bis 2012. Im Falle der Insolvenz oder Liquidation eines neuen Krankenhausträgers haben die Beschäftigten das Recht auf Rückkehr in den Landesbereich. Die betriebliche Altersversorgung wird unter Besitzstandswahrung bei einer öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtung fortgeführt. Schließlich bleiben auch Umfang und Qualität der Ausbildung erhalten.
Im Ergebnis haben wir ein neues Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz und ein neues Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke, wobei die Rechte der psychisch kranken Menschen bei jeder Form der Krankenhausträgerschaft gewährleistet werden. Die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben gewahrt. Damit setzen wir einen wichtigen Baustein für den Trägerwechsel der Landeskrankenhäuser, der den Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Namens der CDU-Fraktion danke ich allen sehr herzlich, die zu diesem Erfolg beigetragen haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist auffällig, dass Frau Helmhold und der Kollege Schwarz den beiden Gesetzen den Stempel der Verfassungswidrigkeit aufdrücken wollen. Das sind diese Gesetze nun gerade nicht; denn wir sind aus den Gesetzesberatungen mit zwei sehr guten Gesetzen herausgegangen, die die Verfassungswidrigkeit sicherstellen.
Wir bewegen uns hier im Allgemeinen. Ich habe den Gesetzentwurf mitgebracht. Gucken wir uns einmal an, was der Vorbehaltskatalog alles beinhaltet. Da ist minutiös geregelt, welche Entscheidungen der Vollzugsleitung vorbehalten sind, nämlich Anordnungen des unmittelbaren Zwangs, Beschränkungen der Verfügbarkeit über das Taschengeld, Entscheidung über die Bildung von Überbrückungsgeld,
Entscheidung über die Einschränkung oder Untersagung von Besuchen. Da sind ganz genau die intensiven Grundrechtseingriffe aufgezählt, von denen Sie gesprochen haben.
Das ist ja das, was Frau Meißner zu Frau Helmhold gesagt hat.
Also ist das Gesetz verfassungswidrig.
Ja, liebe Frau Elsner-Solar. - Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zielsetzung der CDU-Fraktion ist die passgenaue und treffsichere Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Wir wollen Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen stärken. Auf dieser Linie liegt der Grundsatzantrag von CDU und FDP zur Eingliederungshilfe von Menschen mit Behinderungen, den wir im Mai-Plenum eingebracht haben.
Passgenaue Eingliederungshilfe bedeutet gerade nicht, die stationäre Heimbetreuung in Misskredit zu bringen. Liebe Frau Helmhold, ich habe den Eindruck, dass so etwas aus Ihrem Antrag herauszulesen ist. Die CDU lehnt das jedenfalls ab. Wir dürfen nicht die eine Hilfeform gegen die andere ausspielen. Der Ausbau ambulanter Angebote und hier besonders des betreuten Wohnens muss also mit Augenmaß erfolgen. Hierbei lässt sich folgender Rahmen abstecken: Der Ausgangspunkt ist, dass die Einführung von Hilfebedarfsgruppen von Stufe 1 bis 5 nach dem Metzler-Verfahren es im Ergebnis ermöglicht, deutlich mehr Menschen als bisher mit ambulanten Angeboten anstelle stationärer Angebote zu unterstützen, was übrigens auch kostengünstiger ist. Heute gehört etwa ein Drittel der stationär betreuten Leistungsberechtigten den niedrigen Hilfebedarfsgruppen 1 und 2 an. Es erscheint möglich, die meisten dieser Menschen und einen Teil der Hilfebedarfsgruppe 3 künftig ambulant zu betreuen.
Die neuen Hilfebedarfsgruppen machen die ambulante Betreuung auch für Leistungsanbieter interessant, weil sich die Vergütung inzwischen am Hilfebedarf ausrichtet und damit auch höher sein
kann. Wir können schon jetzt als Erfolg im Land Niedersachsen verzeichnen, dass sich der Aufwand für betreutes Wohnen von 2001 bis Ende vergangenen Jahres von 13 Millionen Euro auf 38 Millionen Euro verdreifacht hat. Land und Kommunen sind gemeinsam schon ein gutes Stück vorangekommen, in der Eingliederungshilfe von stationär zu ambulant umzusteuern. Wir werden weitere Schritte unternehmen. Ich nenne hierzu vier Punkte.
Erstens komme ich auf die Hilfebedarfsplanung zu sprechen. Arbeitsgruppen von Landes- und Kommunalfachleuten haben bereits wichtige Vorarbeiten geleistet und Verfahren zur abgestimmten Bedarfsfeststellung von ambulant bis stationär im Einzelfall erarbeitet. Aus dieser Arbeit ist Ende letzten Jahres die niedersachsenweite Tagung in Hildesheim zur Einführung einer modernen Hilfeplanung durch den Einsatz von Fachstellen für Bedarfsplanung und Hilfeplanung sowie Hilfekonferenzen hervorgegangen. Dies bezieht sich nicht nur auf den Bereich seelischer Behinderungen, sondern auf alle Behinderungsarten. In dieser Hinsicht ist der Antrag der Grünen noch nicht ganz auf der Höhe. Mit diesem Instrument lässt sich besonders bei Neubedarfen in Richtung ambulante Betreuung umsteuern. Die Kommunen rechnen hier mit einem Zuwachs der Aufwendungen von jährlich 15 bis 20 % in den nächsten Jahren. Vermehrt werden auch Leistungsberechtigte aus den niedrigen Hilfebedarfsstufen 1 und 2 aus stationären in ambulante Wohnformen wechseln können.
Nach wie vor ist es in der Praxis von sehr großer Bedeutung, vor dem Einzug in eine Einrichtung das passgenaue und gegebenenfalls ambulante Angebot zu finden. Gerade hier haben wir sehr gute Erfahrungen mit den kommunalen Fachstellen für Bedarfsfeststellung und Hilfeplanung zu verzeichnen, vor allem wenn sie den Fachverstand des Sozial- und Gesundheitsfachbereiches in einer Stelle gebündelt haben. Daran fehlt es vielfach noch. Die Veranstaltung im vergangenen Dezember hat gezeigt, dass schon eine ganze Reihe von niedersächsischen Kommunen intensiv mit diesem Instrument arbeitet. Es muss nun so schnell wie möglich flächendeckend für alle Behinderungsarten eingesetzt werden.
Die Arbeitsgruppen von Land und Kommunen zur Hilfebedarfsplanung werden hierbei weiterhin Hilfestellung leisten.
Als zweiten Punkt nenne ich das Quotale System. In dem ganzen Zusammenhang sind auch die Möglichkeiten des Quotalen Systems mit der gemeinsamen Finanzverantwortung von Land und Kommunen noch längst nicht ausgereizt. Wenn die Kommune ambulantes Wohnen anbietet, wird der finanzielle Aufwand dafür nach dem neuen niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch XII zur Hälfte auf dem Konto des Landes verbucht, obwohl die Kommune zuständig ist.
Der dritte Punkt bezieht sich auf die Experimentierklausel. Ab 1. Januar 2007 werden das Land und voraussichtlich fünf Kommunen von der neuen Experimentierklausel nach dem niedersächsischen Ausführungsgesetz zum SGB XII Gebrauch machen. Es soll die Hilfe aus einer kommunalen Hand vor Ort durch Übernahme der Landesaufgaben in der Eingliederungshilfe erprobt werden. Die Modellkommunen profitieren noch einmal zusätzlich, wenn sie bedarfsgerechte ambulante Hilfeangebote ausbauen; denn ihr Finanzanteil am gemeinsamen quotalen Topf mit dem Land bleibt während der Dauer des Experimentierzeitraums fest und steigt nicht um die Kosten der ambulanten Versorgung.
Der vierte Punkt schließlich betrifft das persönliche Budget. Mit den persönlichen Budgets ist ebenfalls die Chance verbunden, den ambulanten Bereich auszubauen. Für die Umsetzung sind die Kommunen zuständig. Liebe Frau Helmhold, ich finde es bedauerlich, dass gerade in der großen Region Hannover die rot-grüne Mehrheit noch im Mai dieses Jahres die Einführung des persönlichen Budgets abgelehnt hat.
Hier ist die politische Begleitung notwendig. Ich bitte Sie, entsprechend tätig zu werden.
- Ach so. Wir haben doch aber gerade gehört, dass die Bedingungen gut sind. Das verstehe ich jetzt nicht. - Die Landesregierung wird jedenfalls nicht nachlassen, Überzeugungsarbeit bei den Kommunen unter Hinweis auf den Erfolg des niedersächsischen Modellversuchs zur Einführung des persönlichen Budgets zu leisten.
Über diese vier Punkte hinaus meint der Antrag der Grünen das Zaubermittel gefunden zu haben, um bis 2009 5 % der vorhandenen stationären Plätze durch Zielvereinbarungen mit den Einrichtungsträgern in ambulante Angebote umzuwandeln. Die dafür ins Feld geführte Rahmenzielvereinbarung der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe enthält aber nur die Pflicht der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, auf die Einrichtungsträger einzuwirken. Sie sind an diese Vereinbarung also gar nicht gebunden. Ich bin gespannt, ob es wirklich zu der erwähnten Umwandlung kommt.
Für die CDU-Fraktion ist entscheidend, dass jeder Mensch mit Behinderung passgenaue und treffsichere Hilfe erhält. Dafür wollen wir die Möglichkeiten ambulanten Wohnens einschließlich rehabilitativer und begleitender Angebote wie Tagesstätten, Kontaktstellen und Krisenintervention voll ausschöpfen. Es ist damit aber unvereinbar, die vor Ort verantwortlichen Kommunen von oben mit festen Quoten - diese können zu niedrig oder zu hoch sein - zu bevormunden oder sogar an ihnen vorbei mit anderen Partnern Quoten zu vereinbaren.
CDU und FDP beabsichtigen, anhand des Grundsatzantrages beider Fraktionen eine Anhörung zur Eingliederungshilfe durchzuführen. Sie soll die Frage zum Gegenstand haben, welche weiteren Schritte zur Fortentwicklung der Eingliederungshilfe in Niedersachsen notwendig und gangbar sind. An dieser Stelle danke ich im Namen der CDU-Fraktion abschließend allen sehr herzlich, die auf Landes- und kommunaler Ebene in den Verbänden und Einrichtungen vorbildliche Arbeit leisten und dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen auch in Zukunft mit einer guten und menschlichen Unterstützung rechnen können. - Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In den letzten Jahren haben wir in Niedersachsen ein sehr gutes Netz an Angeboten der Eingliederungshilfe aufgebaut,
angefangen von Wohnen bis Arbeiten, von Frühförderung und Bildung bis jetzt zunehmend zur Tagesstruktur für ältere Menschen. Unser Ziel ist es, Menschen mit einer Behinderung bestmöglich in unsere Gesellschaft einzugliedern und ihnen ein Leben nach ihren Vorstellungen und Wünschen zu ermöglichen.
Unser Dank und unsere Anerkennung gelten allen, die das möglich gemacht haben und heute mit
großem persönlichen Einsatz für die Menschen mit Behinderungen da sind.
Ich nenne besonders die Angehörigen, die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vielen Ehrenamtlichen und natürlich die Verbände, die hier Bewundernswertes leisten.
Die Eingliederungshilfe hat sich zum zentralen Feld niedersächsischer Sozialpolitik entwickelt. Das zeigt sich auch im Einsatz von Landesmitteln und kommunalen Mitteln. Allein der Landeshaushalt 2006 setzt fast 1,3 Milliarden Euro netto an. Das ist weit mehr als die Hälfte des Sozialhaushalts.
Heute steht die Eingliederungshilfe in Niedersachsen vor großen Herausforderungen. Die Nettoausgaben steigen jährlich um durchschnittlich rund 50 Millionen Euro, und zwar trotz Nullrunden bei den Pflegesätzen seit 2004. Die Zahl der 60jährigen und älteren Menschen mit Behinderung steigt dynamisch und wird sich bis 2014 verdoppeln. Ebenso verzeichnen wir einen stark ansteigenden Anteil behinderter Kinder an allen Kindern im Vorschulalter. Das bedeutet: Inzwischen fragt rund jedes zehnte Kind im Vorschulalter Angebote der Eingliederungshilfe nach.
Dem stark steigenden Hilfebedarf stehen die immer noch verfassungswidrigen Haushalte des Landes Niedersachsen gegenüber. Die Sparanstrengungen der neuen CDU/FDP-Mehrheit müssen deshalb unvermindert fortgeführt werden.
Umso mehr Handlungsbedarf löst deshalb die Tatsache aus, dass es noch nicht gelungen ist, das Leistungs- und Vergütungssystem der Eingliederungshilfe aus seiner Erstarrung zu befreien. Nullrunden lösen das Problem nicht, sondern können sogar bei Einrichtungen die Insolvenzgefahr begründen, die jahrelang sparsam gewirtschaftet haben und nun am unteren Ende des Vergütungskorridors liegen.
Der Entschließungsantrag nennt deshalb vordringliche Herausforderungen in der Eingliederungshilfe:
Der erste Punkt ist der deutlich steigende Bedarf an zusätzlichen Wohn- und Werkstattplätzen.
Zweiter Punkt ist die Schaffung von Wohnformen und Tagesstruktur für ältere Menschen mit Behinderungen, die aufgrund ihres Alters, nachlassender Kräfte oder Demenz nicht mehr in der Werkstatt oder Fördergruppe tätig sein können. Zu diesem Fragenkreis hat im Dezember vergangenen Jahres ein Treffen der leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Wohnbereichen der Lebenshilfe stattgefunden. Daraus hat die Lebenshilfe ein sehr interessantes Positionspapier gemacht. Es enthält gute Praxisbeispiele und Lösungsvorschläge, beispielsweise in den Bereichen Tagesstruktur, ambulant unterstütztes Wohnen, Wohnstätten und Tagesstätten.
Dritter Punkt der Herausforderungen ist das Schaffen von Ausbildungs-, Förder- und Beschäftigungsangeboten sowie Wohnangeboten für Menschen mit hohem und sehr hohem Hilfebedarf, die innerhalb ihrer Familien nicht mehr betreut werden können. Hierbei zeigt sich das Problem, dass alt gewordene Eltern vielfach nicht mehr imstande sind, die Belastungen zu tragen. An dieser Stelle sage ich deutlich: Spezielle Pflegeeinrichtungen zu eröffnen, wäre ein deutlicher Schritt zurück gegenüber dem, was moderne Eingliederungshilfe und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft ausmachen.
Wir sollten uns nicht mehr die Frage stellen, ob Leistungen der Eingliederungshilfe für die Frage der Wahl der Einrichtung oder Leistungen der Pflege im Vordergrund stehen, sondern wir sollten die Frage stellen, ob die jeweilige Einrichtung in der Lage ist, den gesamten Betreuungs- und Pflegebedarf des Menschen mit Behinderungen zu decken.
Zur Fortentwicklung der Eingliederungshilfe gibt es seit geraumer Zeit vertiefte Anstrengungen von Land und Kommunen. Zuletzt hat es eine sehr gute Veranstaltung des Sozialministeriums im Dezember vergangenen Jahres im Landkreis Hildesheim gegeben. Daran haben fast alle niedersächsischen kommunalen Sozialhilfeträger teilgenommen. Thema waren Kriterien und Verfahren zur Feststellung einer abgestimmten ambulanten, teilstationären oder stationären Versorgung. Am 17. März fand gerade die Fachtagung des Paritätischen Niedersachsen in Hannover zur Zukunft der Eingliederungshilfe statt.
Die Fachdiskussion zeigt nun, dass noch viele ungenutzte Chancen in den modernen Instrumenten der Eingliederungshilfe liegen, die jetzt zuneh
mend entwickelt werden. Sie reichen von Fachstellen für Bedarfsfeststellung und Hilfeplanung über Hilfekonferenzen bis hin zum persönlichen Budget. Noch ein größerer Teil der in stationären Einrichtungen lebenden Leistungsberechtigten könnte ambulant betreut wohnen.
Es wird in den nächsten Jahren sehr darauf ankommen, bei der Neuinanspruchnahme von Eingliederungsangeboten zu einer Kappung im stationären Bereich dank der neuen Möglichkeiten zu kommen. Dabei ist unbestritten, dass die stationäre Eingliederungshilfe auch in Zukunft ihren Platz haben wird. Ich stimme Herbert Burger, dem Chef der niedersächsischen Lebenshilfe, zu, dass wir nicht zu einer Vereinsamung aus Kostengründen kommen dürfen, die anstelle von Integration und Miteinander tritt.
Beim Abbau unsinniger bürokratischer Anforderungen ist noch viel zu tun; das wird immer wieder gesagt. Gerade im Tagesgeschäft müssen unbedingt Erleichterungen kommen, die nicht zu Mehrkosten, sondern sogar zu weniger Kosten führen werden.
Mit dem neuen Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch XII haben SPD - Entschuldigung, die SPD diesmal nicht, aber in der Vergangenheit vielleicht -, haben also CDU und FDP die Rechtsgrundlage für die deutlich stärkere Herunterzonung der Durchführung der überörtlichen Landessozialhilfeaufgaben auf die kommunale Ebene gelegt.
In diesem Zusammenhang gewinnt die neue Experimentierklausel Bedeutung. Sie ermöglicht die Heranziehung einzelner kommunaler Körperschaften im Bereich der überörtlichen Sozialhilfe zur Erprobung der stärkeren kommunalen Verantwortung, z. B. im Vertragsrecht mit den Leistungsanbietern. Zurzeit verhandelt das Land mit den Kommunen, die an der Wahrnehmung der Experimentierklausel interessiert sind. Wesentlicher Konfliktpunkt ist die Bemessung der Budgets für die Kommunen.
Wir haben die Bitte an das Sozialministerium, die Bemessung so vorzunehmen, dass die Kommunen, die die Experimentierklausel nutzen wollen, zumindest nicht schlechter gestellt werden. Wir
hoffen, dass die Experimentierklausel möglichst bald mit Leben erfüllt werden kann.
Nun muss auch das Sozialministerium die Konsequenzen aus dem neuen Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover ziehen, das sich zur Wirksamkeit bzw. rechtlichen Einordnung der Landesrahmenverträge geäußert hat. Hier liegt nach unserer Auffassung nun die Chance, das neue niedersächsische Konzept zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe mit den aktuellen inhaltlichen und finanziellen Herausforderungen zu verbinden, die wir zu diskutieren haben. - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der niedersächsische Modellversuch zum persönlichen Budget hat im Bundesvergleich sehr gut abgeschnitten. Er ist Ende 2005 mit zuletzt 52 Teilnehmern zu Ende gegangen. Namens der CDU-Fraktion danke ich den Kommunen, den Leistungsanbietern und allen Beteiligten sehr herz
lich, die den Modellversuch zu einem Erfolg gemacht haben und auch künftig mit dem persönlichen Budget arbeiten wollen.
Ich bitte die übrigen Landkreise und kreisfreien Städte, dies als Ansporn zu nehmen und ebenfalls das persönliche Budget mit den Leistungsberechtigten, anderen Kostenträgern und Leistungsanbietern unverzüglich abzustimmen und in die Tat umzusetzen.
Am 1. Dezember 2005 habe ich auf Einladung des Sozialministeriums an einer sehr guten niedersachsenweiten Veranstaltung zur Eingliederungshilfe im Kreishaus des Landkreises Hildesheim teilgenommen. Dort zeigte sich die sehr große Bereitschaft der zahlreichen anwesenden kommunalen Sozialhilfeträger, die Eingliederungshilfe mit modernen Instrumenten weiterzuentwickeln. Übereinstimmung bestand darin, dass noch viele unausgeschöpfte Möglichkeiten bestehen, die Qualität der Eingliederungshilfe zu verbessern und die knappen öffentlichen Finanzmittel mit einer deutlich höheren Treffsicherheit einzusetzen.
Die Kommunen sind mit neuen Instrumenten wie Fachstellen für Bedarfsfeststellung und Hilfeplanung sowie mit Hilfekonferenzen schon ein gutes Stück vorangekommen. Die weiteren Schritte sind nun die flächendeckende Einführung des persönlichen Budgets und auf mittlere Sicht die Kommunalisierung des Vertragsrechts, für die der Landtag im Dezember 2004 gesetzliche Grundlagen geschaffen hat.
Für den flächendeckenden Ausbau des persönlichen Budgets in Niedersachsen sind nach jetzigem Erkenntnisstand und vorbehaltlich der Auswertung des Abschlussberichts zum Modellversuch sechs Eckpunkte von besonderer Bedeutung: erstens der Ausbau ambulanter Strukturen, zweitens die Einbeziehung von Pflegeleistungen im Wege des trägerübergreifenden Budgets, drittens die Entdeckelung des Pflegebudgets, viertens die funktionierende Budgetassistenz, fünftens unbürokratische Verwendungsnachweise und sechstens die Verhinderung von Schwarzarbeit.
Ich begrüße es, dass das Sozialministerium diese schon in der ersten Beratung von der CDUFraktion angesprochenen Punkte aufgenommen hat; das ist in der Ausschussberatung deutlich geworden.
In den kommenden Jahren wird die Zahl der Menschen mit Behinderungen deutlich zunehmen. Mithilfe des persönlichen Budgets ist es auch nach Auffassung des Ministeriums möglich, den parallelen Anstieg der stationären Betreuung zu kappen und erheblich stärker in den ambulanten Bereich zu gehen, und dies bei einer qualitativ gleichwertigen oder sogar besseren Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen. Das quotale System bietet den kommunalen Trägern dafür finanzielle Anreize.
Nach Auffassung der CDU-Landtagsfraktion könnte auch ein großer Teil der bereits in stationären Einrichtungen lebenden Leistungsberechtigten ambulant betreut wohnen. Das sollte in den weiteren Gesprächen mit den kommunalen Trägern deutlich werden.
In diesem Zusammenhang ermuntert die CDUFraktion das Ministerium, wie in der Ausschussberatung angekündigt, mit dem Ziel auf die Pflegekassen zuzugehen, nunmehr trägerübergreifend über den Bereich der Eingliederungshilfe hinaus das Budget auf Pflegeleistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz auszudehnen. Es ist erfreulich, dass die Beteiligten in Braunschweig dabei sind, Wege zu finden, dieses trägerübergreifende Budget einschließlich der Pflegeleistungen aus einer Hand an die Leistungsberechtigten auszuzahlen.
Um die Möglichkeiten des persönlichen Budgets umfassend zu nutzen, muss die im Modellversuch verfolgte Deckelung auf eine Höchstzahl von Fachleistungsstunden pro Woche wegfallen. Fachlich und kostenmäßig müssen dabei sicherlich die unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten im ambulanten Bereich verglichen werden, also Sachleistungen oder persönliches Budget. Die gesetzliche Kostenobergrenze ergibt sich dabei immer aus den Kosten der stationären Betreuung.
Von besonderer Bedeutung für den Durchbruch des persönlichen Budgets ist die so genannte Budgetassistenz. Im Verlauf des Modellversuchs haben Betreuer, Hilfeanbieter und Angehörige diese Arbeit übernommen. In der Ausschussberatung war zu hören, dass das Sozialministerium nun in begrüßenswerter Weise einen Schritt weiter denkt. Zu Beginn des persönlichen Budgets könnte der Budgetassistent aus dem persönlichen Budget finanziert werden, um die passgenaue Hilfe abzurufen.
Erfreulich ist auch, dass sich nach den Erfahrungen des Modellversuchs eine einfache verwaltungsmäßige Handhabung insbesondere bei den Verwendungsnachweisen zur Zielerreichungskontrolle abzeichnet. In diesem Zusammenhang werte ich es als sehr positiv, dass das Sozialministerium sein Augenmerk auf die Verhinderung von Schwarzarbeit legt und hierzu den Erfahrungsaustausch mit dem Bund und den anderen Bundesländern sucht. Für das persönliche Budget passt eventuell eine Regelung, wie sie bei der Pflegeversicherung besteht. Danach ist das Pflegegeld bei der Pflege durch Familienangehörige kein steuerliches Einkommen; im Übrigen müssen es die Träger dann versteuern.
Es gibt also noch viel zu tun. Es ist notwendig, bei allen Beteiligten in ganz Niedersachsen Vertrauen zu schaffen. Die Leistungsangebote müssen ausgebaut werden, ohne die vorhandenen Leistungsanbieter und ihre Angebote in Misskredit zu bringen. Das persönliche Budget darf nicht an der fehlenden Infrastruktur scheitern.
Deshalb begrüßt die CDU-Fraktion die Idee des Sozialministeriums, in Kürze eine Abschlussveranstaltung zu dem Modellversuch durchzuführen und bei allen kommunalen Sozialhilfeträgern intensiv für die unverzügliche Einführung des persönlichen Budgets in ganz Niedersachsen zu werben. Der heute zu erwartende einstimmige Landtagsbeschluss wird hierfür hoffentlich Rückenwind bringen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst spreche ich der Belegschaft und dem Betriebsrat von Conti Stöcken die volle Solidarität der Fraktionen von CDU und FDP aus.
Herr Kollege Jüttner, wir lassen uns nicht einlullen. Letzten Mittwoch bin ich mit einigen CDA-Kollegen beim Betriebsrat in Stöcken gewesen. Wir haben volle Einigkeit über das Ziel hergestellt. Konzernchef Wennemer muss die Kündigung der Standortsicherungsvereinbarung für die Pkw-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken schnellstens aus der Welt schaffen.
Der zugrunde liegende Vorstandsbeschluss muss rückgängig gemacht werden. Die Kündigung der erst im Mai geschlossenen Betriebsvereinbarungen ist ein nie da gewesener Vertrauensbruch.
Herr Wennemer stellt aus Kostengründen mittelfristig die gesamte deutsche Reifenproduktion der Conti mit der Folge des Verlustes von tausenden von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen in Deutschland in Frage. Es soll nur noch dort entwickelt und produziert werden, wo es am billigsten ist. Würde diese Unternehmensphilosophie in Deutschland Schule machen, so wäre das die Selbstaufgabe des Wirtschaftsstandortes Deutschland verbunden mit einer unübersehbaren wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe.
Wir dürfen nicht diejenigen - ob Arbeiter, Ingenieure oder Manager - im Stich lassen, die mit ihrem Wissen und Können, ihrer Motivation und Leistungsbereitschaft dieses Unternehmen aufgebaut haben. Herr Wennemer entspricht dem Typ des geldgetriebenen Managers. Für ihn zählt nur das, was in Geld ausgedrückt werden kann. Er hat kein Verantwortungsgefühl für Region, Land und Gesellschaft, von der er letzten Endes selbst lebt.
Hier geht es um die Grundsatzfrage, wie Unternehmen in Deutschland unter den Bedingungen der Globalisierung geführt werden sollen. Der Typ des geldgetriebenen Managers entspricht nicht der sozialen Marktwirtschaft des Grundgesetzes.
Die Sozialbindung des Eigentums ist eine Verpflichtung, die sich an Unternehmensführer richtet und auch an den Staat, der sie notfalls zu erzwingen hat. Dies sollte das heutige parteiübergreifende Signal des Niedersächsischen Landtages sein.
An dieser Stelle spreche ich namens der Fraktionen der CDU und der FDP allen Unternehmen in Deutschland
- wenn ihr zustimmen wollt, könnt ihr es ja tun; ich hoffe das auch - Dank und Hochachtung dafür aus, die die bessere Unternehmensstrategie verfolgen: Sie produzieren weltweit einschließlich der Entwicklungs- und Produktionsstandorte in Deutschland. Das ist bei schwarzen Zahlen möglich. Auch die Conti-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken wirft jährlich einen Gewinn von 40 Millionen Euro bei Spitzenleistungen von Ingenieuren und Arbeitern ab. Es gibt in Deutschland viele Unternehmen, die mit dieser Strategie Erfolg haben. So hat der Barsinghäuser Motorenteilehersteller TRW weltweit Produktionsstandorte für Ventile. Hochwertige Metallventile werden in Barsinghausen gefertigt. Die eigenen, bei TRW ausgebildeten Facharbeiter haben Maschinen gebaut, die es nirgendwo zu kaufen gibt. Einfachere Ventile werden im Ausland produziert. Insgesamt geht die Rechnung auf. Die Konkurrenten von Conti denken nicht daran, ihre Produktionsstandorte in Deutschland aufzugeben, sondern sie investieren gezielt, um sie noch profitabler zu machen.
Wir müssen Herrn Wennemer und allen anderen Managern seines Schlages nun parteiübergreifend klar machen: Die am Shareholdervalue ausgerichtete Unternehmensführung ist der systematische Weg in den Misserfolg.
Das nächste Datum, bei dem Herr Wennemer zur Umkehr bewegt werden kann, ist das Datum der Aufsichtsratssitzung am 14. Dezember 2005. Im Namen der Fraktionen von CDU und FDP appelliere ich an den Aufsichtsrat, die Rücknahme des Vorstandsbeschlusses zur Schließung der PkwReifenproduktion herbeizuführen.
Die Regierungsfraktionen begrüßen es sehr, dass Herr Wirtschaftsminister Hirche vorgestern beim Betriebsrat zu Gast gewesen ist und Wege aus der Krise sucht. Ich bin voll davon überzeugt, dass es klappen wird, auf diesem Wege noch weiter voranzukommen, auch in Verbundarbeit mit dem VWKonzern. Es wird dabei auch um die Frage gehen, wie die Wettbewerbsnachteile der Conti beispielsweise im steuerlichen internationalen Wettbewerb, etwa im Verhältnis zu Tschechien, abgebaut werden können. Ich hoffe, dass wir parteiübergreifend
nicht locker lassen werden, an der Sache dranzubleiben, und dass wir es erreichen, dass der jetzt gebotene Schritt doch erfolgt, die geschlossene Standortvereinbarung für die Pkw-Reifenproduktion wie vereinbart umzusetzen und die Zeit zu nutzen, über ein tragfähiges Anschlusskonzept zu verhandeln. - Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der zweijährige niedersächsische Modellversuch zur Einführung persönlicher Budgets in der Eingliederungshilfe endet 2005. Damit ist die Zeit für eine Zwischenbilanz und für Überlegungen, wie es weitergehen soll, gekommen. Zwischenzeitlich ist die Zahl der Teilnehmer in den Modellkommunen Braunschweig, Osnabrück und Emsland auf 50 gestiegen, wobei der Löwenanteil mit 35 Teilnehmern auf Braunschweig entfällt.
Für das persönliche Budget in der Eingliederungshilfe kommt jeder Mensch mit Behinderungen in Betracht. Im Zwischenbericht zum niedersächsischen Modellversuch sind als Budgetnehmer vorrangig Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung angegeben, seltener mit körperlichen Behinderungen.
Während der Tagung des Landesfachbeirates Psychiatrie Ende letzten Jahres in Loccum wurde das persönliche Budget als außerordentlich wichtiges Instrument eingestuft, um die psychiatrische Versorgung personenbezogen zu organisieren. Budgetfähige Leistungen sind nach dem neuen § 17 Abs. 2 SGB IX Leistungen, die sich auf alltägliche, regelmäßig wiederkehrende und regiefähige Bedarfe beziehen und insbesondere als Geldleistungen erbracht werden können. Mit dem persönlichen Budget entscheidet der behinderte Mensch über seine benötigten Leistungen, wie persönliche Betreuung, betreutes Wohnen, Begleitung, und beim trägerübergreifenden Budget mehrerer Sozialleistungsträger auch über die Pflege.
Der niedersächsische Modellversuch sieht das persönliche Budget als Leistung zur Teilhabe, um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Auf dieser Linie zeigt der niedersächsische Modellversuch Erfolge auf. Das Budget eröffnet die Chance, den ambulanten Bereich auszubauen und die zum Teil gegebene Überfinanzierung und Überversorgung im stationären Bereich abzubauen. Klar ist dabei, dass beispielsweise stationäre Wohnplätze nur abgebaut werden können, wenn die ambulanten Hilfen bedarfsgerecht und insoweit nicht gedeckelt erbracht werden. Erfahrungen zeigen auch, dass mancher behinderte Mensch trotz aller Anstrengungen mit der größeren Selbständigkeit nicht zurechtkommt und wieder in das Wohnheim zurückkehrt.
Das persönliche Budget erlaubt sehr differenzierte Hilfen. Fachleute schätzen, dass bei entsprechen
der Ausgestaltung trägerübergreifender persönlicher Budgets auf Dauer etwa 15 bis 20 % der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen das persönliche Budget nutzen können. Das bedeutet, dass wir schon jetzt sagen können, dass die Einführung des persönlichen Budgets in Niedersachsen zum Erfolg werden muss.
Dazu brauchen wir alle Kommunen in Niedersachsen. Wir wollen sie für das persönliche Budget gewinnen.
Für die flächendeckende Einführung des persönlichen Budgets als trägerübergreifendes Budget nach Auslaufen des Modellversuchs ist allerdings eine ganze Reihe von Maßgaben zu beachten. Es muss noch eine Vielzahl von Detailfragen geklärt werden. Dafür empfiehlt sich die Fortführung der wissenschaftlichen Begleitung auch in weiteren Regionen Niedersachsens, Herr Präsident Biel. Insbesondere geht es darum, ein standardisiertes Verfahren der Bedarfsmessung zu entwickeln. Den federführenden Kommunen könnten Rahmenrichtlinien an die Hand gegeben werden, die mindestens Regelungen über Preis, Umfang und Art des Verwendungsnachweises festlegen. Diese verbindlichen Empfehlungen im Rahmen des Hilfeplanverfahrens müssen allerdings den einzelnen Kommunen Gestaltungsspielraum lassen. So liegt es auf der Hand, dass der Preis für eine Fachleistungsstunde im Rahmen des Modellversuchs in Höhe von 35 Euro nicht mit dem Preis einer Fachleistungsstunde für das betreute Wohnen in der Region Hannover von mehr als 60 Euro verglichen werden kann. Die im Modellversuch vorgenommene Deckelung des persönlichen Budgets auf sechs Fachleistungsstunden pro Woche sollte in der künftigen Praxis nicht weiter verfolgt werden. Es kommt darauf an, ob der Mensch mit Behinderungen mit Hilfe des persönlichen Budgets klarkommt oder nicht. Kostenvergleichsmaßstab kann dabei die stationäre Betreuung oder eine sonstige alternative Betreuung sein. Wir sollten möglichst auf bürokratischen Aufwand verzichten. Es genügt, wenn nachgewiesen wird, dass das Ziel der Hilfe erreicht wird. Keinesfalls ist eine Belegprüfung erforderlich.
Jetzt kommt ein sehr wichtiger Punkt für die Frage der Vergabe von Arbeit: Wir sollten sorgfältig darauf achten, dass der Budgetnehmer nicht als Arbeitgeber im großen Stil Schwarzarbeit als so genannte Nachbarschaftshilfe finanziert.
Ob das persönliche Budget in Niedersachsen zum Tragen kommen kann, hängt auch von einer guten Budgetassistenz ab. Bisher haben rechtliche Betreuer, Hilfeanbieter und Angehörige diese Arbeit übernommen, denen ich dafür meinen herzlichen Dank ausspreche.
Das wird aber nicht ausreichen, um dem persönlichen Budget zum Durchbruch zu verhelfen. Auf der Grundlage des § 17 Abs. 3 SGB IX ist zu prüfen, wie ein regelmäßiger Bedarf an Budgetassistenz im Einzelfall im persönlichen Budget verankert werden kann.
Weiterkommen wollen wir in Niedersachsen auch bei der Umsetzung des trägerübergreifenden Budgets mehrerer Sozialleistungsträger, beispielsweise Pflegekassen oder Kommunen. Speziell bei den ambulanten Leistungen gibt es einen neuen Anreiz für die örtlichen Sozialhilfeträger. Der gemeinsame Ausschuss nach dem quotalen System hat am 28. Oktober 2005 beschlossen, die Kosten für ambulant betreutes Wohnen jeweils zur Hälfte dem überörtlichen und örtlichen Träger zuzurechnen. Damit übernimmt das Land freiwillig die Hälfte der Kosten für betreutes Wohnen, auch im Rahmen eines persönlichen Budgets.
Der springende Punkt ist die Auszahlung von Pflegesachleistungen als Teilleistung eines persönlichen Budgets, d. h. es wird nicht mehr die Sachleistung gewährt, sondern Geld an die Hand gegeben. In einigen Fällen kann nur auf diese Weise ambulante Betreuung ermöglicht werden. Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass die Landesregierung selbst mit der Landesebene der Pflegekassen verhandeln muss, um sie zu einer Beteiligung am persönlichen Budget zu bewegen.
Das Instrument des persönlichen Budgets zu nutzen, fügt sich in die Bestrebungen der Regierungsfraktionen ein, die Durchführung der überörtlichen Sozialhilfeaufgaben noch viel stärker auf die kommunale Ebene herunterzuzonen, insbesondere in der Eingliederungshilfe. Dafür haben wir mit dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum SGB XII im vergangenen Dezember die Grundlagen geschaffen.
Ich appelliere an die niedersächsischen Kommunen, das persönliche Budget künftig als wichtiges Instrument zur dringend notwendigen Steigerung der Treffsicherheit und Wirtschaftlichkeit der Sozialhilfe zu nutzen, zum Wohle der Menschen mit
Behinderungen. Für den Erfolg brauchen wir ebenso die Verbände der Menschen mit Behinderungen, die Leistungsanbieter sowie die freie Wohlfahrtspflege. Bitte helfen Sie mit, das persönliche Budget in Niedersachsen zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der SPD-Antrag behauptet, dass die CDU/CSU mit ihrem arbeitsrechtlichen Programm aus der sozialen Marktwirtschaft aussteigt. Das Gegenteil ist richtig!
Die SPD im Bund und bis 2003 auch im Land hat die Fundamente der sozialen Marktwirtschaft unterhöhlt und Arbeitnehmerrechte massiv abgebaut.
Nicht die Beschränkung des Kündigschutzes auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten beraubt langfristig Millionen Familien in Deutschland ihrer sozialen Sicherheit - so wird es in Ihrem Antrag behauptet -, sondern die katastrophale Wirtschaftsund Sozialpolitik von Rot-Grün der letzten Jahre hat Millionen Menschen um ihre soziale Sicherheit gebracht.
Allein seit Verkündung des Hartz-Konzepts am 16. August 2002 müssen wir einen Abbau der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland um 1,5 Millionen auf nur noch 26,1 Millionen verzeichnen. Damit fehlen immer mehr Beitragszahler zur Finanzierung von insgesamt rund 74 Millionen Sozialversicherten. Das hat der gesetzliche Kündigungsschutz à la SPD nicht nur nicht verhindert, sondern sogar noch befördert.
Gleichzeitig ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 0,5 Millionen auf 1,8 Millionen angestiegen.
Das hängt wesentlich mit Hartz IV zusammen. Gegen den Willen von CDU/CSU hat Rot-Grün die Zuständigkeit für die Vermittlung und Qualifizierung Langzeitarbeitsloser von den Kommunen auf die zentralistische Bundesagentur für Arbeit übertragen. Im Chaos der Arbeitsagenturen und Arbeitsgemeinschaften ist die Vermittlung fast zum Erliegen gekommen. Dafür können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nichts; die nehme ich ausdrücklich in Schutz. Aber die Folge sind hunderttausende zusätzlicher Arbeitsloser durch Ihr Hartz-IV-Konzept.
Jahr für Jahr haben wir rund 40 000 Firmenpleiten. Das bedeutet, wir haben nun rund 5 Millionen offen Arbeitslose. Zusätzlich haben wir über 2 Millionen verdeckt Arbeitslose, die kein Arbeitslosengeld beziehen, aber arbeiten wollen. Das heißt, über 7 Millionen Menschen in Deutschland haben keine Teilhabe am Arbeitsleben, obwohl sie gerne arbeiten würden. Sie haben damit überhaupt keine Arbeitnehmerrechte. Das ist sozial ungerecht, und das widerspricht der sozialen Marktwirtschaft.
Dafür trägt die SPD die Verantwortung. Die CDU wird diesen Menschen neue Brücken in den Arbeitsmarkt bauen.
Unter rot-grüner Verantwortung hat die Zahl der Bezieher von Transferleistungen mit 27,4 Millionen erstmals die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland überstiegen. Dem eigenen Armutsbericht zufolge hat die Armut unter der rot-grünen Bundesregierung in den letzten Jahren noch zugenommen. Mehr als 1 Million Kinder leben von der Sozialhilfe. Inzwischen bangen die Rentner unter Rot-Grün um ihre Renten. Ich kann mich noch gut an die Großdemonstration in Hannover Anfang letzten Jahres erinnern, bei der rund 10 000 Teilnehmer gegen die rot-grüne Kürzungspolitik protestierten.
Nun ist das Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz in Kraft. Aber es droht die Illiquidität der Rentenversicherung. Der Bund wird wohl jetzt mit
einem Kredit aushelfen müssen. Das alles zeigt: Wenn soziale Marktwirtschaft und Arbeitnehmerrechte verteidigt werden müssen, dann gegen RotGrün.
Dazu gehört auch das Kapitel SPD und VW. Wir verfolgen gebannt die Aufdeckung der Verzahnung von SPD, Betriebsräten und IG-Metall bei VW, ob mit oder ohne Lustreisen. Der Ausdruck „Kartell“ ist dafür das richtige Wort - zumindest bis zum Regierungswechsel in Niedersachsen. Der breiten Öffentlichkeit ist inzwischen klar geworden, was da gang und gäbe war: Jemand ohne SPD-Parteibuch und ohne IG-Metall-Mitgliedsausweis war fast ohne Chance, bei VW eingestellt zu werden.
- Herr Plaue, Sie sind ja Architekt,
aber SPD-Landtagsabgeordnete hatten dafür umso bessere Chancen, neu anzufangen, nachdem sie gerade auf ihre VW-Bezüge verzichtet hatten, weil sie dafür keine Arbeitsleistung erbracht hatten.
Es geht noch weiter. Im VW-Aufsichtsrat spielten sich bis zum Regierungswechsel SPD-Landesregierung und SPD-Arbeitnehmervertreter - Herr Peters z. B. - gegenseitig die Bälle zu.
Es gab einmal einen Juso-Vorsitzenden namens Johano Strasser - das war noch vor der Zeit des Kollegen McAllister -; der hatte dafür ein Wort: Staatsmonopolkapitalismus. - Den wollen wir nicht.
Die CDU ist die Partei der sozialen Marktwirtschaft.
Wir haben sie gegen die SPD durchgesetzt.
Das bedeutet: Die CDU hat die Tarifautonomie, das Betriebsverfassungsgesetz, das Personalvertretungsgesetz, den Kündigungsschutz und die Mitbestimmung eingeführt. Das sind zentrale Bestandteile der sozialen Marktwirtschaft.
Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, von der sozialen Marktwirtschaft, von diesen Errungenschaften, abzurücken.
Das ist nämlich Inhalt der Sozialpartnerschaft, die Linkssozialisten bis heute ablehnen. Deswegen verdienen SPD und Ihre neue USPD, genannt „Linkspartei“, besondere Aufmerksamkeit.
Die CDU jedenfalls wird das Arbeitsrecht zukunftsfähig machen - beim Kündigungsschutz beispielsweise -, sodass es den älteren Arbeitnehmern endlich einmal wieder Chancen eröffnet. Dazu gehört auch eine größere betriebliche Flexibilität durch Anbindung an die Tarifautonomie mit einem Einspruchsrecht der Tarifpartner, wenn die vernünftigen Regelungen umgesetzt werden. Wer also - -
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bekanntlich bin ich Chef der niedersächsischen CDA, der Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft.
Ich kann es nicht auf der CDU sitzen lassen, dass Herr Gabriel so tut, als ob die SPD die Gewerkschaften gepachtet habe. Das kam nämlich hier wieder zutage.
Sie tun so, als ob Sie als Einzige gewerkschaftliche Weisheiten gepachtet hätten. Das ist totaler Unfug.
Ich weise darauf hin, dass die Christlich Demokratische Union den Sozialstaat in Deutschland geprägt hat. In den 50er-Jahren fing das an. Alle modernen Sozialgesetze in Deutschland sind im Wesentlichen von der CDU gebracht und bis heute fortentwickelt worden. Das werden wir auch weiterhin tun.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der federführende Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit empfiehlt Ihnen in der Drucksache 1537, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Die mitberatenden Ausschüsse für Rechts- und Verfassungsfragen, für Inneres und Sport sowie für Haushalt und Finanzen haben dieser Empfehlung mit Ausnahme der Änderungsvorschläge zugestimmt, die sich jeweils erst in den anschließenden Beratungen der anderen Ausschüsse ergeben haben. Die Beschlüsse kamen jeweils mit den Stimmen der Ausschussmitglieder von CDU und FDP bei Stimmenthaltung der Ausschussmitglieder von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zustande.
Zum 1. Januar 2005 wird das Bundessozialhilfegesetz durch das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuches ersetzt. Dadurch wird auch das Niedersächsische Gesetz zur Ausführung des BSHG gegenstandslos und muss ersetzt werden. Außerdem werden teilweise Änderungen vorgenommen, die im Zusammenhang mit den Gesetzen zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen stehen.
Auf einige wesentliche Änderungsvorschläge weise ich besonders hin.
Zu Artikel 1: Der federführende Ausschuss empfiehlt auf Initiative der Freien Wohlfahrtspflege, in § 3 die Beteiligungsrechte des beim Sozialministe
rium gebildeten Beirats gegenüber dem Gesetzentwurf zu stärken.
Ferner wird in § 6 eine Regelung aufgenommen, die eine einheitliche Leistungsgewährung auch bei teilstationären Leistungen wie bisher auf Kosten des Landes sicherstellt.
Zu § 7 Abs. 2 empfiehlt der federführende Ausschuss eine Ergänzung: Dem Land soll die Möglichkeit eingeräumt werden, zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe über die in der Entwurfsfassung genannten kommunalen Körperschaften hinaus auch selbständige Gemeinden heranziehen zu können. Diese Heranziehung setzt allerdings voraus, dass die betroffenen kommunalen Körperschaften damit einverstanden sind.
In § 8 Abs. 5 Satz 2 ist vorgesehen, dass die zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe herangezogenen Kommunen auch in diesem Bereich die Widerspruchsbescheide erlassen sollen. Hierfür war bislang eine Landesbehörde zuständig. Diese Regelung war im Rahmen der Anhörung u. a. von der LAG der Freien Wohlfahrtspflege abgelehnt worden und ist auch bei den Vertretern der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im federführenden Ausschuss auf Ablehnung gestoßen. Sie wird jedoch von der Ausschussmehrheit befürwortet.
Der federführende Ausschuss empfiehlt, einen neuen § 9/1 einzufügen, der im Wesentlichen dazu dienen soll, dem Sozialministerium auch im Bereich der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Kommunen im begrenzten Umfang Aufsichtsrechte und vor allem Informationsrechte einzuräumen. Eine ähnliche Regelung ist auch bereits in § 2 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buchs des SGB getroffen worden.
Zu § 12 Abs. 3 Satz 2 empfiehlt der Sozialausschuss mehrheitlich, im Gesetz ausdrücklich zu regeln, dass die Mehraufwendungen, die den Kommunen durch die Veränderung beim Landesblindengeld ab dem 1. Januar 2005 entstehen, im Quotalen System nur nach Maßgabe des Landeshaushalts vom Land übernommen werden.
Ferner empfiehlt der federführende Ausschuss umfangreiche Änderungen zu § 12 Abs. 6, die verdeutlichen sollen, in welchen Fällen und in welchem Umfang das Sozialministerium durch Verordnung die Abrechnung nach dem Quotalen
System rückwirkend ändern oder als solche aussetzen kann.
Jetzt komme ich zu meinem eigenen Plenarbeitrag. Dazu stelle ich zunächst für die Fraktionen von CDU und FDP einen Änderungsantrag, der in der Drucksache 1572 festgehalten ist und die Übergangsvorschriften in Artikel 3/1 betrifft. Das Landessozialamt soll demnach noch über alle Widersprüche entscheiden, die ihm bis Ende dieses Jahres vorgelegt werden. Das nunmehr zu beschließende Niedersächsische Ausführungsgesetz zum SGB XII regelt die Durchführung der Sozialhilfe in Niedersachsen durch Landes- und Kommunalbehörden. Es ist von erheblicher Bedeutung für den Großteil des Haushalts des Sozialministeriums; denn es bezieht sich auf Nettosozialhilfeausgaben des Landes in Höhe von mehr als 1,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Das sind mehr als 60 % der Gesamtnettoausgaben des Haushalts des Sozialministeriums.
Das Gesetz liefert zunächst durch die Straffung des Verwaltungsverfahrens einen kostenbegrenzenden Beitrag zur Verwaltungsreform in Niedersachsen. Die kommunale Ausgangsbehörde wird zugleich Widerspruchsbehörde, auch im Bereich des überörtlichen Sozialhilfeträgers; das ist das Land. Bisher war das Landessozialamt Widerspruchsbehörde. Damit ist keine Benachteiligung der Sozialhilfebezieher verbunden.
Dies zeigt der Blick auf die kommunale Praxis im Bereich der örtlichen, also der kommunalen Sozialhilfeaufgaben. Dort wird heute bereits unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter reibungslos über Widersprüche entschieden. Allein in der Region Hannover waren es im vergangenen Jahr rund 1 800 Widerspruchsbescheide. Dies wird nun genauso auch im Bereich des überörtlichen Sozialhilfeträgers klappen. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Land und Kommunen hängt vielfach nur vom Alter der Sozialhilfebezieher, aber nicht vom Inhalt der Aufgabe ab. Dies gilt besonders für die großen Bereiche der Eingliederungshilfe und der stationären Pflege.
In einem zentralen Punkt macht das Gesetz einen Schritt in die richtige Richtung. Es schafft die Rechtsgrundlage für die deutlich stärkere Herunterzonung der Durchführung der überörtlichen Sozialhilfeaufgaben auf die kommunale Ebene insbe
sondere in der Eingliederungshilfe. Das gilt insbesondere für das Vertragsrecht mit den Leistungsanbietern. Gemäß § 7 Abs. 2 kann das Sozialministerium erstmals neben den örtlichen Sozialhilfeträgern sogar selbständige Gemeinden zur Durchführung der Landessozialhilfeaufgaben durch Verordnung heranziehen, wenn die Gemeinden und die betroffenen örtlichen Sozialhilfeträger, also die Landkreise, mit der Heranziehung einverstanden sind.
In diesem Zusammenhang gewinnt die neue Experimentierklausel an Bedeutung. Sie ermöglicht die Heranziehung einzelner kommunaler Körperschaften im Bereich der überörtlichen Soziahilfeaufgaben zur Erprobung der stärkeren Verantwortung der kommunalen Ebene, z. B. im Vertragsrecht mit den Leistungsanbietern. So können nun aus einer kommunalen Hand sowohl auf Kreisebene als auch auf Gemeindeebene alle Aufgaben erfüllt werden, wenn mindestens die Größenklasse der selbständigen Gemeinde erreicht wird. Die künstliche Unterscheidung zwischen der Zuständigkeit für 60-jährige und ältere Sozialhilfebezieher und für jüngere mit der Folge unterschiedlicher Zuständigkeiten bei Kommunen und Land kann nun in der Praxis überwunden werden. Das ist wichtig, um ein nach wie vor bestehendes Grundproblem zu lösen: Viele Einrichtungen bieten vergleichbare Leistungen erheblich teurer als andere an. Dies ist die Folge früherer Entscheidungen und der Fortschreibung von Vorgabewerten für die Vergütungen seit sehr vielen Jahren. Während im stationären Bereich zum Teil überteuerte Überversorgung anzutreffen ist, könnten ambulant viel mehr Menschen betreut werden.
Für die Übertragung von Verantwortung einschließlich des Vertragsrechts vom Land auf die kommunale Ebene spricht, dass die Kommunen näher an der Aufgabe selbst dran sind. Sie könnten Verkrustungen, Fehlversorgungen und Unwirtschaftlichkeiten gezielter und besser knacken und Neuerungen eher anpacken und umsetzen als das vergleichsweise schwerfällige Land.
Wie wichtig mehr Treffsicherheit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der überörtlichen Sozialhilfe sind, zeigt nicht zuletzt der riesige Posten von 1,2 Milliarden Euro netto allein an Landesmitteln für die überörtlichen Sozialhilfeaufgaben. Ich will nicht verschweigen, dass die Freie Wohlfahrtspflege Befürchtungen hinsichtlich eines verstärkten
Tätigwerdens der Kommunen im Bereich der überörtlichen Sozialhilfe hegt. Sie befürchtet Standardsenkungen. Dem lässt sich jedoch mit dem Hinweis auf Rahmenverträge entgegentreten, die gemäß § 79 SGB XII geschlossen werden können. Ein ähnliches Instrument hat sich bereits in der Pflegeversicherung bewährt.
Lassen Sie mich noch anfügen, dass es wichtig ist, dass jetzt das Quotale System fortgeführt werden kann. Das sorgt für Treffsicherheit und Wirtschaftlichkeit der Sozialhilfe. Dies geschieht, obwohl der große Brocken der Sozialhilfe für Erwerbsfähige ins neue SGB II ausgegliedert wird und damit künftig aus dem Quotalen System herausfällt.
Ohne die konstruktive Mitarbeit der kommunalen Spitzenverbände wäre die Fortführung des Quotalen Systems nicht möglich gewesen. Dafür danke ich den kommunalen Spitzenverbänden im Namen der CDU-Fraktion ausdrücklich.
So ist es weiterhin möglich, dass Land und Kommunen als überörtliche und örtliche Träger der Sozialhilfe zwar unterschiedliche Zuständigkeiten haben. Aber durch das Quotale System wirtschaften sie aus einem gemeinsamen Topf. Die treffsichere und sparsame Sozialhilfegewährung lohnt sich also für beide Seiten auf jeden Fall. Das sollte in der Praxis noch mehr zum Tragen kommen.
Wegen des Übergangs auf das neue SGB XII kann in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden für 2006 und 2007 zwar die Abrechnung nach Quotenklassen ganz oder zum Teil ausgesetzt werden - diese Regelung haben wir auf Wunsch der kommunalen Spitzenverbände aufgenommen -; sie wird aber wohl nicht genutzt zu werden brauchen; denn vorrangig ist die Überprüfung der Angemessenheit der Quoten bis 2007 mit der Möglichkeit der rückwirkenden Änderung der Zuordnung bei entsprechendem finanziellen Ausgleich.
Mit dem Wegfall des Landesblindengeldes werden kommunale Aufwendungen für die sozialhilferechtliche Blindenhilfe verbunden sein. Das Land wird sie übernehmen. Nach Maßgabe des Landeshaushalts brauchen die Kommunen im Quotalen System nicht die Finanzverantwortung für die sozialhilferechtliche Blindenhilfe zu tragen. Im Haushaltsjahr 2005 stehen dafür 21 Millionen Euro Landesmittel zur Verfügung. Der Betrag wird bei weitem nicht ausgeschöpft werden.
Das heißt, die Kommunen werden aus eigener Kasse nichts für die sozialhilferechtliche Blindenhilfe aufwenden. Das wird auch später nicht der Fall sein. Hier gilt die Aussage des Finanzministers, dass die Kommunen den vollen finanziellen Ausgleich für den Wegfall des Landesblindengeldes im Form des Nachteilsausgleichs erhalten werden.
Ich komme zum Schluss. - Insgesamt stößt das neue Ausführungsgesetz zum SGB XII die Tür zur dringend notwendigen Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Treffsicherheit der Sozialhilfe in Niedersachsen auf. Die CDU-Landtagsfraktion und sicherlich auch die FDP-Landtagsfraktion bitten die Landes- und Kommunalbehörden, durch diese Tür zu gehen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In Niedersachsen plagen sich die Kommunen und Arbeitsagenturen mit der pünktlichen Umsetzung von Hartz IV, also der Grundsicherung für Arbeit Suchende, zum kommenden Januar. Der Bundesgesetzgeber hat die Bildung von Arbeitsgemeinschaften durch Arbeitsagenturen und Kommunen vorgeschrieben, sofern die Kommune nicht optiert hat. Das am 15. September 2004 verabschiedete Niedersächsische Gesetz zur Ausführung des Sozialgesetzbuches II - Grundsicherung für Arbeit Suchende - konnte zur zentralen Frage der Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften noch keine Regelung treffen. Das geschieht mit dem jetzt vorgelegten Änderungsgesetz. Das ändert aber nichts daran, dass die bundesgesetzliche Regelung der Arbeitsgemeinschaften durch das Sozialgesetzbuch II nach wie vor äußerst unbefriedigend ist.
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Herr Weise, hat bei einem Gespräch am 13. Oktober in Schleswig-Holstein eingeräumt, dass die durch den Bundesgesetzgeber gewählte Form der Zusammenarbeit zwischen Bundesagentur und Kommunen in Arbeitsgemeinschaften eine denkbar schlechte Lösung darstelle. Seine Behörde müsse sich nun genauso wie die Kreise
und kreisfreien Städte mit dieser unglücklich gewählten Konstruktion auseinander setzen und gemeinsam mit den Kommunen versuchen, im Interesse der Arbeit Suchenden das Beste aus der verfahrenen Lage zu machen.
Nach gut begründeter Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Niedersächsischen Landtages verstoßen die Arbeitsgemeinschaften als Mischverwaltung aus Bundes- und Landesbehörden gegen das grundgesetzliche Verbot der Mischverwaltung. Die Kompetenz zu landesrechtlichen Regelungen der Arbeitsgemeinschaften über den § 44 b SGBII hinaus sei zwar zweifelhaft. Nach der bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage können unterschiedliche Rechtsformen des öffentlichen oder Privatrechts für die Arbeitsgemeinschaften gewählt werden. Der Bund hat es aber versäumt, eine klare und verfassungsrechtlich einwandfreie Rechtsgrundlage für die Arbeitsgemeinschaften zu schaffen. Dies war auch Kritikpunkt der kommunalen Seite bei unserer Anhörung am 1. November. Dieses Versäumnis kann der Bund nur selbst beheben. Dazu ist er aber bislang nicht bereit.
Deswegen haben sich die Regierungsfraktionen entschlossen, mit dem vorliegenden Änderungsgesetz den Kommunen und Arbeitsagenturen ein Angebot zu machen, das unter den gegebenen Umständen ein Optimum an Rechtssicherheit bedeutet. Kommunen und Arbeitsagenturen können nun ihre Arbeitsgemeinschaften als Anstalten des öffentlichen Rechts errichten. Damit besteht ein klarer Rechtsrahmen für Organisation, Personal, Finanzen und Haftung. Insbesondere hat die Anstalt neben ihrer Behördeneigenschaft auch die Dienstherrenfähigkeit. Dies ist in der vergangenen Diskussion ein sehr wichtiger Punkt bei der Frage gewesen, wie das Personal von den Kommunen auf die Arbeitsgemeinschaften übergehen kann. Damit leistet das Land Pionierarbeit. Wie zu hören ist, haben andere Bundesländer reges Interesse daran. Von dieser Rechtsform der Anstalt können die Arbeitsgemeinschaften mit In-Kraft-Treten des SGB II in Niedersachsen ab dem 1. Januar 2005 Gebrauch machen.
Entscheidend wird es nun sein, dass die Arbeitsgemeinschaften an die bisherige erfolgreiche kommunale Arbeitsmarktpolitik für Sozialhilfebezieher anknüpfen werden. Leider mehren sich aus der Praxis die Hinweise, dass es hierbei zu großen Problemen kommen wird, Frau Helmhold. Die Entwicklung geht nicht hin zur versprochenen
Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe zwischen Arbeitsagenturen und Kommunen, sondern die Arbeitsagenturen haben nach den vorliegenden Berichten das Sagen in den Arbeitsgemeinschaften. Sie sollen das machen, was sie wollen, und werden dabei aus Nürnberg zentralistisch und bürokratisch ferngelenkt. Die Erfahrungen und Vorschläge aus der kommunalen Praxis werden nicht aufgenommen, sondern mit „Geht nicht, können wir nicht“ abgeblockt. So lautet die Information, die ich bekommen habe. Es sieht nach der Fortsetzung des ineffektiven und unwirtschaftlichen Systems der zentralen Fördertöpfe der Bundesanstalt für Arbeit aus. Das bedeutet, dass die Arbeit der Arbeitsgemeinschaften weithin verpuffen wird. Besser dagegen wären Dezentralisierung und Spielraum an der Basis für die Fördermaßnahmen in Anknüpfung an die Erfahrungen der Kommunen. Das gilt auch für die viel diskutierten Ein-EuroJobs. Wenn sich die Überregulierer aus der Bundesagentur durchsetzen, dann werden künftig künstliche Qualitäts- und Qualifikationsmaßstäbe die gemeinnützige Arbeit zum Erliegen bringen. Der ineffektive Zentralismus der Bundesagentur scheint in den Arbeitsgemeinschaften fröhliche Urständ zu feiern.
Die Fraktionen von CDU und FDP bitten deshalb die Landesregierung, darauf ein Auge zu werfen, und die sich anbahnende Fehlentwicklung zu stoppen. Höchste Leistungsfähigkeit der Arbeitsgemeinschaften bei der Vermittlung und Eingliederung in Arbeit sind auch deshalb geboten, weil die zur Verfügung stehenden Bundesmittel mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit nicht Schritt gehalten haben. Nach neuer Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gibt es bereits in diesem Jahr 230 000 mehr zu aktivierende Leistungsberechtigte als für 2005 geschätzt, und zwar inzwischen rund 3,44 Millionen. Dabei ist gleichzeitig das Volumen der Eingliederungsleistungen des Bundes mit 6,35 Milliarden Euro unverändert geblieben. Das bedeutet, dass der Eingliederungsbetrag pro Kopf deutlich reduziert wird, und zwar um 20 % von 160 Euro auf nur noch rund 130 Euro. Das Kernziel der Reform, die Förderung und Eingliederung von Arbeitslosen, wird damit vom Bund nicht ausreichend unterstützt. Nun wird es darauf ankommen, den Start der Arbeitsgemeinschaften zum 1. Januar 2005 genau zu beobachten und - wo notwendig - unverzüglich nachzusteuern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Fraktionen von CDU und FDP im Niedersächsischen Landtag sind die Schnellsten deutschlandweit. Wir haben als Erste den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in den Landtag eingebracht.
- Danke schön. - Wir tun alles, um Hartz IV praxistauglich zu machen. Im Anhörungsverfahren haben wir seitens der kommunalen Spitzenverbände viel Zustimmung erhalten. Bezüglich der Anhörung im Sozialausschuss ist kritisch zu vermerken, dass die Arbeitsverwaltung trotz Einladung nicht erschienen war, sie hat nur einen kleinen Brief geschrieben. In Niedersachsen haben wir einen schönen Erfolg zu verbuchen. Das Niedersachsenkontingent von sechs kommunalen Optionen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist um mehr als das Doppelte überzeichnet.
Beworben haben sich 13 Landkreise. Niedersachsen wird ihre Optionsanträge allesamt an das Bundeswirtschaftsministerium weiterleiten. Die Chance besteht, dass fast alle 13 Landkreise den Zuschlag bekommen, weil die anderen Bundesländer ihre Optionen zum Teil zurückgeben.
Ich möchte heute noch einmal betonen: Die kommunale Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die beste Lösung, die wir in Bund und Ländern immer wieder gefordert haben.
Sie ermöglicht, dass sich die Kommune aus einer Hand um erwerbsfähige Arbeitslose und ihre Familien kümmern kann. Die kreisfreien Städte und Landkreise und ihre kreisangehörigen Gemeinden behalten so ein zentrales Mittel erfolgreicher Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in der Hand und können an die bisherigen Erfolge in der Hilfe zur Arbeit anknüpfen.
Bei den Kommunen sind die Handlungs- und finanziellen Anreize am größten. Die Bürgerschaft nimmt ihre Kommune beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in die Pflicht und setzt sie unter Druck. Dieses Druckpotenzial besteht dagegen nicht gegenüber der bundeszentralistischen Ar
beitsverwaltung mit ihren vielen hausgemachten Problemen, die nicht abreißen.
Leider ist das Ergebnis des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom Dezember letzten Jahres nur sehr unzureichend umgesetzt worden. Bekanntlich sollte flächendeckend die Optionsmöglichkeit für alle Kommunen in Deutschland eingeführt werden. Dafür sollte das Bundesoptionsgesetz die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, vor allen Dingen bei der kommunalen Selbstverwaltung.
- Herr Plaue will das nicht hören.
Rot-Grün hat durch seine Blockade die erfolgreiche Umsetzung des ursprünglichen Optionsgesetzes verhindert, und wir haben jetzt praktisch den Salat. Deshalb wird für die CDU und die FDP auf der politischen Tagesordnung bleiben, die Kommunen insgesamt wieder umfassend in das Geschäft zu bringen.
Der vorgelegte Gesetzentwurf von CDU und FDP zum Niedersächsischen Ausführungsgesetz zeichnet sich durch besondere Kürze aus. Das haben auch die kommunalen Spitzenverbände sehr gelobt.
Nicht geregelt wird im Ausführungsgesetz der Betrag der finanziellen Entlastungen, den das Land an die Kommunen weiterleitet. Das ist auch nicht notwendig, entscheidend ist, dass der Gesetzentwurf das Berechnungsverfahren genau festlegt als Saldobildung aus Entlastungen und Belastungen des Landes infolge von Hartz IV.
Die Entscheidung über den genauen Entlastungsbetrag, auf den noch alle warten, wird jetzt mit der Beratung des Haushaltsgesetzes 2005 kommen. Dafür werden wir auch qualifizierte Zahlen haben. Diese sind besonders an das Herz von Herrn Staatssekretär Hoofe mit seiner „Arbeitsgruppe
Quantifizierung“ gelegt. Wir werden auf solide Zahlen zurückgreifen können, und niemand wird mehr behaupten können, dass irgendjemand bei der Weiterleitung der Landesersparnisse beschubst worden ist.
Weiterhin lässt sich der Entwurf des Gesetzes davon leiten, dass die kommunale Selbstverwaltung so viel wie möglich an Spielräumen erhalten soll. Deswegen wird die Aufgabe auch im eigenen Wirkungskreis erfüllt und nicht als staatliche Aufgabe. Auf dieser Linie liegt es auch, im Verhältnis von Landkreis und kreisangehörigen Gemeinden es so zu regeln, dass die Landkreise ihre Gemeinden nur per Vereinbarung zur Durchführung der Grundsicherung heranziehen können, also nicht durch eine Satzung. Das wird nur in einem Übergangszeitraum gehen. Dieses Konsensprinzip entspricht der bisherigen kommunalen Praxis, die allgemein verbreitet ist.
Jetzt komme ich noch zum springenden Punkt, zur Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften zwischen Arbeitsagenturen und Kommunen. Diese ist leider überhaupt nicht klar. Das führt bei den Kommunen zu großer Unsicherheit. Sie haben die Aufgaben aus der Heranziehung zur Sozialhilfe nicht mehr, aber gleichzeitig noch das Personal, und der Personalwechsel in die Arbeitsgemeinschaften hakt. An dieser empfindlichen Stelle kann das niedersächsische Ausführungsgesetz leider noch keine Regelung treffen. Das liegt an der abenteuerlichen Regelung der Bundesvorschriften in § 44 b SGB II. Sie ist verfassungsrechtlich leider überhaupt nicht durchdacht. Es ist eine Mischverwaltung vorgesehen, die einen einheitlichen Bescheid der Arbeitsgemeinschaft bei zwei Verwaltungen vorsieht, nämlich einer Bundesverwaltung und einer Kommunalverwaltung, also einer zweigeteilten Zuständigkeit. Das ist sehr problematisch, genauso wie die Frage der Hoheitsverwaltung bei Gesellschaften mit privater Rechtsform. Wenn ich das hier erzähle, es ist schon kaum zu verstehen. Damit soll sich jetzt die Praxis herumschlagen. Deswegen hat der Landesgesetzgeber darauf verzichtet, schon jetzt Aussagen zur Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften zu machen. Wir müssen erst einmal den Bund, der zuständig ist, hören. Wenn dann der Bund gesprochen hat, können wir entsprechende landesrechtliche Regelungen hier in Niedersachsen treffen. Das soll auch geschehen.
Zum Schluss spreche ich meinen sehr herzlichen Dank auch im Namen der Fraktionen von CDU und der FDP an alle in Bund, im Land, in den Arbeitsagenturen und in den Kommunen aus, die jetzt die schwierige Aufgabe haben, Hartz IV, das SGB II, umzusetzen, um die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu einem Erfolg werden zu lassen. Es ist sicherlich nicht übertrieben, davon zu sprechen, dass hier ein Test für unsere Demokratie bevorsteht. Wir wollen hoffen und daran arbeiten, dass dieser Demokratietest erfolgreich ausgeht. - Danke.