Protokoll der Sitzung vom 16.09.2004

(Zuruf von Heike Bockmann [SPD])

zusätzlich die Einführung eines Klagerechts aller drei kommunalen Spitzenverbände bzw. gemeinsam mit mindestens der Hälfte aller Gemeinderäte. Ich empfehle, an dieser Stelle einen Blick in die Verfassung zu werfen. Es gibt bereits jetzt ein Klagerecht der einzelnen Kommunen gemäß Artikel 54 Nr. 5 der Niedersächsischen Verfassung in Verbindung mit dem Staatsgerichtshofgesetz. Jede

Kommune kann bereits jetzt in Niedersachsen vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg Klage erheben, wenn sie meint, in ihren Rechten verletzt zu sein. Das ist auch gut so.

Ich sage aber auch deutlich, was wir als Christdemokraten nicht wollen, nämlich weitere Verbandsklagen im Land. Es geht vielmehr um die subjektive Befugnis bei einer Klage; das ist bereits jetzt sichergestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb bitte ich, dass Sie die nächsten Wochen und Monate der Ausschussberatungen nutzen. Wir sind sehr weit gekommen. Wir waren noch nie so weit, tatsächlich das Konnexitätsprinzip in die Verfassung hineinzuschreiben.

Eines ist ganz klar: Sie von den Sozialdemokraten werden die Verantwortung dafür tragen, wenn das scheitern sollte. Deshalb bitte ich alle Besonnenen, vor allem diejenigen Kräfte in Ihrer Fraktion, die ein Interesse an der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung haben, doch ihren Einfluss geltend zu machen. Wie gesagt: Wir brauchen zwei Stimmen aus der SPD-Fraktion, dann hätten wir die notwendige Zweidrittelmehrheit.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Immer müs- sen wir ran!)

Im Übrigen haben Bayern und Brandenburg bereits das strikte Konnexitätsprinzip jeweils mit den Stimmen der Sozialdemokraten in beiden Landtagen in ihre Verfassungen aufgenommen.

Zum Schluss: Wer A sagt, der muss auch B sagen. Wer A - Einführung des Konnexitätsprinzips in die niedersächsische Landesverfassung sagt, der muss sich ebenso dafür stark machen, dass das Konnexitätsprinzip endlich auch auf der Bundesebene Einzug ins Grundgesetz findet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen unseren Einfluss bei der CDU/CSUBundestagsfraktion geltend machen. Ich meine, die Liberalen werden das bei ihren Parteikolleginnen und -kollegen in Berlin auch machen. Wir bitten insbesondere die niedersächsische SPD, ihre guten Kontakte zum Bundeskanzleramt und zur Fraktionsführung in Berlin geltend zu machen, damit wir das in dieser Wahlperiode hinbekommen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Unsere guten Kontakte! Angesichts der großen Kommunalfreundlichkeit unseres Bun- deskanzlers!)

Wir müssen alle gemeinsam im Sinne der Kommunen an einem Strang ziehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir zum Ende des Jahres beschließen können: Wer die Musik bestellt, der muss sie auch tatsächlich bezahlen. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Meihsies.

Frau Präsidentin! Herr McAllister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion begrüßt ausdrücklich die jetzige Gesetzesinitiative der Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben Ihnen als Grünen-Fraktion bereits im Februar dieses Jahres einen durchdachten Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt. Im Grundsatz sind wir uns einig, Herr McAllister. Die Verankerung des Konnexitätsprinzips in unserer Landesverfassung ist viel zu lange verhindert worden. Dies hat zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust bei den Akteuren in der Kommunalpolitik geführt. Auch die jetzige Landesregierung hat schon mehrere Gesetze beschlossen und dabei das Konnexitätsprinzip verletzt. Herr McAllister, Sie sind also nicht ganz frei von Schuld, weil das Schulgesetz die Kommunen mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro belastet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nichtsdestotrotz - ich will kein Wasser in den Wein gießen - muss es unser gemeinsames Ziel sein, eine Vertrauensbasis zu den Kommunen aufzubauen. Dazu gehört aus unserer Sicht, dass wir den Kommunen keine weiteren Kosten und zusätzlichen Aufgaben aufbürden. Viel zu lange haben die unterschiedlichen Landesregierungen von dieser Stelle aus ohne Rücksicht auf die finanzielle Situation der Gemeinden und Kommunen Aufgaben nach unten verlagert. Damit muss unserer Ansicht nach Schluss sein.

Wir wollen mit dem Konnexitätsprinzip eine neue Partnerschaft mit den Kommunen eingehen. Wir wollen eine verfassungsändernde Mehrheit in die

sem Hause haben. Überzogene Forderungen, die zurzeit von der SPD mit dem Vetorecht aufgebaut werden, lehnen wir ab.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kollege Gabriel, der zur Zeit seiner Regierungsarbeit untätig geblieben ist und jetzt in der Opposition seine neue Radikalität entdeckt, ist nicht besonders glaubwürdig.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Beifall bei den Grünen, bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass Sie mir acht Jahre voraus waren?)

- Okay. - Das von der SPD geforderte Vetorecht - darauf möchte ich noch einmal eingehen - lehnen wir ab.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Bis 1994 wa- ren Sie Täter!)

- Da waren wir Mittäter, das ist wahr. Aber mir wurde die Gnade der späten Geburt zuteil.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der späte Einzug in den Landtag macht mich als neuen Abgeordneten frei von dieser Schuld. Deshalb kann ich hierzu unbefangen und freien Herzens sprechen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Herr Kollege.

Herr Kollege Gabriel, dieses Vetorecht lehnen wir ab. Es würde zu einer Selbstblockade des Parlaments führen.

Herr Schünemann, wir wollen ein echtes Konnexitätsprinzip, so wie Sie es uns am 28. Februar von dieser Stelle aus dargelegt haben. Sie haben damals unserem Gesetzentwurf zugestimmt und - so würde ich einmal sagen: - freudig erregt gesagt, dass dies ein guter Entwurf sei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir schlagen Ihnen vor, ein vernünftiges Konsultationsverfahren einzurichten, Herr McAllister, das diesen Namen auch verdient, um die Vertrauensbasis zu den Kommunen zu verfestigen. Wir schlagen Ihnen vor, eine Anhörung, wie Sie schon damals von der FDP zur Beratung unseres Gesetzentwurfes vorgeschlagen wurde, durchzuführen, um die noch offenen Fragen mit den Kommu

nen zu klären. Es gibt eine Reihe von offenen Fragen. Ich möchte das jetzt nicht weiter vertiefen, aber es gibt noch Fragen, die zu klären sind, damit eine breite Basis und Zustimmung auf dieser Ebene erreicht werden können.

Meine Damen und Herren, die verschiedenen Gesetzentwürfe müssen sich einer gründlichen Beratung und Prüfung durch die kommunalen Spitzenverbände stellen. Wir alle haben Gesetzentwürfe vorgelegt. Herr McAllister, unsere Fraktion ist im Interesse der Sache zu einem Kompromiss bereit. Wir hoffen, dass wir eine Mehrheit in diesem Hause bekommen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Bartling, Sie haben das Wort.

(Zuruf von der CDU: Ruhe bewahren!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist mittlerweile der dritte Gesetzentwurf zum Thema Konnexität, den wir im Landtag diskutieren. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen haben sich in der Tat viel Zeit gelassen.

(David McAllister [CDU]: Sie 13 Jah- re!)

- Wenn Sie das vergleichen wollen: gerne! - Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren bei einer ganzen Reihe von Gesetzen erlebt, dass sich diese Landesregierung in ihrer Politik nicht sonderlich um das Thema Konnexität gekümmert hat, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

Nur wenige Stichworte - das ist vorhin schon gesagt worden -: Schulstrukturreform mit Millionenausgaben für die Kommunen, Aufnahmegesetz, Tierkörperbeseitigung, Streichung des Landesblindengeldes und Streichung der Lernmittelfreiheit mit Auswirkungen auf die Höhe der Sozialhilfeausgaben.

Nein, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie das Konnexitätsprinzip als Selbstverpflichtung begreifen würden, dann könnten Sie

sich einen solchen Umgang mit den Kommunen nicht erlauben.

(Zustimmung bei der SPD)

Wie, wenn nicht als halbherzig und zögerlich, soll man Ihren Vorschlag zur Einführung eines strikten Konnexitätsprinzips bezeichnen? Er ist zögerlich, weil Sie sich zu viel Zeit gelassen haben. Er ist halbherzig, weil er weit hinter dem zurückbleibt, was eben von Ihnen, Herr McAllister, gesagt worden ist, und was Sie den Kommunen vor der Landtagswahl und auch unmittelbar danach versprochen haben. Ich erinnere an das kurz vor der Landtagswahl aufgelegte Sofortprogramm für die ersten 100 Tage einer CDU-geführten Landesregierung. Für die ersten 100 Tage war angekündigt:

„Wir werden mit den kommunalen Spitzenverbänden in Niedersachsen einen ‚Pakt zur Stärkung der Kommunen‘ schließen, in dem sich die neue Landesregierung zu einer kommunalfreundlichen Politik verpflichten wird, z. B. für die sofortige Einführung eines Vetorechts der Kommunen gegen kostenträchtige Rechtsvorschriften“