Protokoll der Sitzung vom 17.11.2004

Auf Antrag der Ausschussmitglieder von CDU und FDP wurde in § 6 Abs. 3 die Regelung zur Förderung der Volkshochschulen im ländlichen Raum erheblich erweitert. Das gilt einerseits für die größere Bandbreite des Gewichtungsfaktors in Satz 2 und andererseits für die nähere Bestimmung der Verordnungsermächtigung in den Sätzen 3 bis 5. Die Ausschussmehrheit hat ihren Vorschlag damit begründet, dass die besondere Förderung des ländlichen Raums auch sonst ihrer politischen Schwerpunktsetzung entspreche.

Eingehend erörtert wurde in den Ausschussberatungen die Frage, inwiefern das Förderungssystem in erster Linie die Ausweitung des Bildungsangebots bewirke und inwieweit ein daraus möglicherweise folgender Wettlauf um zusätzliche Unterrichtsstunden gesetzlich begrenzt werden sollte. Dieser Begrenzung dienen die Empfehlungen zu § 5 Abs. 4 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 2; dabei gilt § 5 Abs. 4 aufgrund der Verweisungen in § 6 Abs. 5 und § 7 Abs. 4 der Beschlussempfehlung auch für die Volks- und Heimvolkshochschulen.

Da § 8 Abs. 3 des Gesetzentwurfs den Katalog der Bildungsmaßnahmen erheblich erweitert, schlägt der Ausschuss vor, die Möglichkeiten zur Steuerung des Bildungsangebots in den vorgesehenen Verordnungsermächtigungen erheblich auszubauen. So soll der Erhöhungsfaktor nach Satz 2 nun in

einem Rahmen zwischen 1,5 und 3,5 bestimmt werden können. Die neuen Sätze 6 und 7 ermöglichen es zudem, diese Faktoren für die einzelnen Einrichtungsgruppen sowie für einzelne Bildungsmaßnahmen unterschiedlich festzulegen. Hintergrund der Erweiterung der Verordnungsermächtigung ist die Ausschussdiskussion um die Frage, inwieweit ganz bestimmte Bildungsmaßnahmen eine besondere Schwerpunktsetzung erfordern. Dabei geht es um die politische, wert- und normorientierte Bildung sowie um Maßnahmen des zweiten Bildungswegs und der Integration von Zuwanderern. Hierzu weise ich darauf hin, dass wir uns heute Morgen kurz vor Beginn der Plenarsitzung darauf geeinigt haben, dass wir die Gewichtung in diesem Bereich mit dem Faktor 1,7 festlegen, damit ein Konsens über das Gesetz erzielt wird.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Bei § 9 möchte ich die Ergänzung des Absatzes 2 Satz 2 um die Förderung von Modellkursen im dünn besiedelten ländlichen Raum hervorheben. Die Förderung derartiger Modellkurse soll von den Landesverbänden der Erwachsenenbildung durchgeführt werden. Bemerkenswert ist in § 9 außerdem der neu erarbeitete Absatz 3, mit dem ein Anreiz für Strukturbereinigungen im Bereich der Einrichtungen gesetzt werden soll. Die Neuregelung gilt für alle Einrichtungsgruppen und ermöglicht mit ihrem Ermessensspielraum einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Einrichtungen und dem Interesse des Landes bei der Aufteilung der Vorteile, die mit Kooperationslösungen verbunden sind.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die für die nächsten Jahre wichtigen Übergangsvorschriften im neuen § 13 wurden aufgrund eines Änderungsvorschlags der Ausschussmitglieder der CDU- und der FDP-Fraktion in der abschließenden Beratung noch einmal grundlegend überarbeitet.

Damit schließe ich meinen mündlichen Bericht zu dem Gesetz und bitte Sie namens des Wissenschaftsausschusses um Ihre Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Seeringer, ich gehe davon aus, dass Sie jetzt die Redezeit der CDU-Fraktion in Anspruch nehmen.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Es tut mir Leid, das war etwas länger als üblich.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Erwachsenenbildungsgesetzes in veränderter Fassung liegt uns nun vor, und ich möchte namens der CDU-Fraktion noch einmal klarstellen, warum uns die Novellierung dieses Gesetzes so wichtig ist. Nur eine lernende Gesellschaft ist zukunftsfähig. Da die Entwicklung, bedingt auch durch den immer größer werdenden Einfluss der Medien in unserer Gesellschaft, immer schneller vorangeht, müssen wir ihr folgen. Wenn ich an die Werbung Baden-Württembergs denke - das kostbarste Kapital eines Landes sind seine Köpfe -, dann wird noch deutlicher, dass auch wir in der niedersächsischen CDU die Persönlichkeit des Menschen und die Entwicklung seiner Fähigkeiten in den Mittelpunkt stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen das deshalb so deutlich, weil ich das Gefühl hatte, dass das während der letzten Diskussion im Plenum von einigen missverstanden wurde. Nicht erst der PISA-Schock hat uns dazu geführt, dass die Anstrengungen im Bildungsbereich intensiviert wurden. Nach der Übernahme der Regierung durch CDU und FDP haben wir, wie im Wahlprogramm deutlich gesagt, das auch getan ich erinnere an die Schulreform.

Meine Damen und Herren, die Bildungspolitik ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit, und dazu gehört auch die Erwachsenenbildung. Daher hatte die CDU-Fraktion beschlossen, das Erwachsenenbildungsgesetz den gesellschaftlichen Erfordernissen anzupassen. Wir wollen allen Bildungsträgern die Chance geben, sich zu bewähren, und lehnen jede Form von Klientelpolitik ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD - Wolfgang Jüttner [SPD] lacht)

Das Gesetz wird zu mehr Qualität, Innovation, Leistung und zu einem effizienteren Mitteleinsatz

führen. Wichtige Aspekte, Herr Jüttner, sind die Bildungsberatung - sie ist heute wichtiger denn je -, die durch den Faktor 1,5 erhöhte Förderung in den elf von uns vorgeschlagenen Bereichen und die Herausnahme der vorhin im Bericht genannten zwei Bereiche. Zu diesen zwei Bereichen zählt auch die politische Bildung. Wir schließen zwar die Landeszentrale für politische Bildung, aber wir stehen dazu, dass wir eine um den Faktor 1,7 höhere Bewertung erreichen. Wenn ich an die Diskussion von heute Morgen - Stichwort „Integration von Ausländern“ - denke, dann meine ich, dass es wichtig ist, dass wir auch diesen Bereich, zweiter Bildungsweg mit Deutsch für Ausländer und Integration, mit dem Faktor 1,7 höher bewerten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen auf die gesellschaftliche Entwicklung eingehen. Um extremen Bewegungen begegnen zu können, müssen auch gesellschaftliche und politische Zusammenhänge von Kindheit an erläutert werden. Wir müssen alles tun, um Menschen zu schulen, dass sie die Befähigung erhalten, einen Beruf auszuüben und ihre Aufgaben in Ehe, Familie, Gesellschaft und Staat zu übernehmen. Das wird leider - das möchte ich der SPD sagen - von der Bundesregierung nicht so gesehen, wie die Hartz-Gesetze und die Streichung der finanziellen Mittel für den zweiten Bildungsweg zeigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auf diese Weise - das finden wir als CDU bedauerlich - haben viele Einrichtungen erhebliche finanzielle Mittel verloren, und darunter müssen junge Menschen leiden, die heute auf Wartelisten der Volkshochschulen stehen, um ihren Schul- und Berufsweg erfolgreich abschließen zu können. Hier haben wir uns also auf die höhere Gewichtung, auf 1,7, geeinigt.

Ich sprach gerade von Deutsch als Fremdsprache und von der Möglichkeit zur Integration. Dies unterliegt der höheren Bewertung. Wir müssen lernen, toleranter miteinander umzugehen. Dazu gehört auch die Bereitschaft zur Integration. Deutschkurse in Friedland, wie sie jetzt gemeinsam mit dem Innenministerium und mit Dozenten der Volkshochschule durchgeführt werden, sind wirklich der Beginn einer interministeriellen Zusammenarbeit, die das Gesetz ermöglicht.

Wir müssen aber auch Ehrenamtliche ausbilden, meine Damen und Herren, die bereit sind, gemein

sam mit denen, die dann deutsch sprechen können, also mit ausländischen und deutschen Mitbürgern, Begegnungsgruppen zu leiten. Das ist Integration vor Ort.

(Beifall bei der CDU)

Unsere Haushaltslage erlaubt es nicht, die Fehlbeträge auszugleichen. Die CDU-Fraktion - das war auch eine Bedingung in der ersten Beratung wird nicht weiter kürzen und sichert den Ansatz von 45 Millionen Euro zu. Ich bin ganz erstaunt, dass ich heute in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung von Herrn Gabriel gelesen habe - er ist nicht anwesend,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Er ist jetzt nicht zuständig, erst heute Abend wieder!)

- also gut, dann warte ich auf heute Abend -, dass er, während es die CDU für ganz wichtig hält, hier nicht zu kürzen, auch bei den Heimvolkshochschulen kürzen möchte. Ich habe weiter gelesen, dass er auch bei den Landeseinrichtungen kürzen will. Ich meine, das ist genau das, was wir nicht wollen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen jedem Bürger und jeder Einrichtung die Chance geben, Bildung anzunehmen und Bildung anzubieten. Ich darf Sie auch daran erinnern, dass unsere Bürger für ihre Bildung doch schon viel Geld ausgeben. Davon leben unsere Einrichtungen. Diese haben in den letzten Jahren viele Sparrunden erlebt und trotzdem mit großem Engagement weitergearbeitet. Sie alle sind zertifiziert und behaupten sich auf dem Bildungsmarkt in Niedersachsen.

Die Heimvolkshochschulen erwirtschaften 4 000 Teilnehmertage und werden nach diesem Gesetz mit 12 000 Teilnehmertagen in der Leistung gedeckelt. Das ist einstimmig geblieben.

Wir haben alle Kritikpunkte, die sich im Laufe der Diskussion in der Kürze der Zeit ergeben haben, aufgenommen und den Gesetzentwurf verändert. Nach den neuesten Berechnungen von heute Morgen können auch Sie als Kommunalpolitiker jetzt von uns erfahren, welche finanziellen Mittel Ihre Volkshochschulen bekommen.

An dieser Stelle danke ich allen - dem Niedersächsischen Bund mit allen Einrichtungen sowie den Landesverbänden der Heimvolkshochschulen und

der Volkshochschulen - für die offene Diskussion und die sich heute hoffentlich auszahlende Zusammenarbeit. Mein besonderer Dank gilt der Mitarbeit des CDU-Facharbeitskreises und Herrn Minister Stratmann, insbesondere aber Herrn Gehlenborg, der engagiert die Verhandlungen mit geführt hat. Nach lebhaften Konsensdiskussionen, die, wie ich schon sagte, bis zur letzten Minute vor Beginn des Plenums gedauert haben, hoffe ich, dass die Vorlage dieses Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP heute einstimmig verabschiedet werden kann. Angesichts der großen Bedeutung der Erwachsenenbildung und der von allen langfristig geplanten Einrichtung einer Landesagentur sind wir - und ich kann Ihnen versichern, es ist der CDU nicht leicht gefallen - allen Faktionen des Landtages entgegengekommen und haben dieses Ergebnis vorgelegt. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden das Ganze in drei Jahren überprüfen und erneut über die Erwachsenenbildung in diesem Hause sprechen müssen. Die Haushaltslage - davon bin ich überzeugt - wird sich positiv entwickeln, und wir werden an anderer Stelle auch darüber diskutieren können, wie wir Bildung noch spezieller unterstützen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz und danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Wulf das Wort. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die niedersächsische Erwachsenenbildung - das wissen wir alle - hat sich in den letzten 30 Jahren in der Bundesrepublik auf eine qualitative Spitzenposition entwickelt. Grundlage dafür ist die Gesetzgebung in Niedersachsen mit dem Erwachsenenbildungsgesetz gewesen, das wir hier vielfach im Konsens verändert haben.

Wir haben mit der letzten Änderung des Erwachsenenbildungsgesetzes den Schwerpunkt darauf gelegt, Qualitätskontrolle zu betreiben, eine Budgetierung einzuführen und eine Output-Orientierung im Hinblick auf besonders zu fördernde Bildungsmaßnahmen anzulegen; d. h. mit dem Geld,

das wir in die Erwachsenenbildung geben, wollen wir besonders notwendige Aufgaben fördern: gemeinwohlorientierte Arbeit, besonders im zweiten Bildungsweg, Integrationskurse, Alphabetisierung und dieses alles. Das sind die Schwerpunkte gewesen.

Wir haben dann auch den Einrichtungen durch die Möglichkeit, Vereinbarungen abzuschließen, Planungssicherheit gegeben. Vor diesem Hintergrund bestand aus unserer Sicht keine Notwendigkeit, das Gesetz zu ändern. Neue Arbeitsfelder, die man einführen möchte, hätte man auch durch Verordnungen einführen können.

(Zuruf von der CDU)

Gut, aber es ist das natürliche Recht von Mehrheiten, wie sie sich hier darstellen, ihre Position einzubringen. Wenn wir allerdings in der Konsenstradition Niedersachsens bleiben wollen, kommt es darauf an, dass man auch bei dieser Gesetzgebung aufeinander zugeht, Entgegenkommen zeigt.

(Zuruf von der CDU: Haben wir ge- macht!)

Wir haben uns bemüht, das zu realisieren. Allerdings bleiben auf unserer Seite einige schwer wiegende Bedenken. Zum Beispiel halten wir nach wie vor die Art der Mittelverteilung - direkt an die Träger der Volkshochschulen anstatt an die Kreise und Städte - für nicht richtig, weil dadurch der Fusionsdruck auf kommunale Einrichtungen nicht mehr vorhanden ist. Das aber hatte sich nach der letzten Änderung des Gesetzes bewährt. Es ist in der Tat in einigen Bereichen zu Fusionen gekommen, und das ist auch gut so gewesen. Wenn jetzt ein solcher Druck in diesem Gesetz nicht mehr enthalten ist, dann fehlen Anreize, und ich sehe im bestehenden Gesetz auch keine anderen Regelungen, die diesen Fusionskontext hinreichend abbildeten. Wir müssen uns gemeinsam darüber Gedanken machen, wie wir dieses herstellen können.

Wir halten auch den Parameter „Grund- und Leistungsförderung“, so wie er jetzt eingefügt worden ist, für nicht richtig, weil das dazu führt, dass ein Tonnagedenken und ein Run auf Unterrichtsstunden entstehen. Die 10-prozentige Steigerungsbegrenzung im ursprünglichen Entwurf war zu hoch angesetzt. Da haben wir insistiert und es gemeinsam geschafft, zu einer Übergangsregelung mit mäßigem Anstieg zu kommen und eine Begrenzung auf 7,5 % für einen Dreijahreszeitraum zu

erwirken. Das ist in der Tat eine Entschärfung. Die Zukunft wird zeigen, ob das ausreicht.

Gut ist, dass die Begrenzungen und Deckelungen nunmehr für alle drei Säulen der Erwachsenenbildung gelten. Das ist auch im Hinblick auf Planungssicherheit wichtig.