Protokoll der Sitzung vom 17.11.2004

Gut ist, dass die Begrenzungen und Deckelungen nunmehr für alle drei Säulen der Erwachsenenbildung gelten. Das ist auch im Hinblick auf Planungssicherheit wichtig.

Planungssicherheit haben wir auch erreicht, indem wir vonseiten der SPD und der Grünen darauf gedrängt haben, die so genannte Vertragsoption zu schaffen, d. h. Vereinbarungen für Heimvolkshochschulen abzuschließen, auch für Landeseinrichtungen und für die kommunalen Einrichtungen, die Volkshochschulen. Wichtig ist, dass das jetzt auch erfolgt; wir müssten gemeinsam daran arbeiten, dass die Einrichtungen das auch tun.

Positiv ist, dass wir uns gemeinsam darauf verständigt haben, bei den Heimvolkshochschulen eine Obergrenze hinsichtlich der anrechenbaren Teilnehmertage festzulegen, und dass Sie unserer Forderung gefolgt sind, dass die Mitarbeiterfortbildung wieder gesetzliche Aufgabe der Landesverbände ist.

Wir hatten - das will ich ganz klar sagen - große Bedenken hinsichtlich des Faktors für den ländlichen Raum. Wir haben uns - auf unseren Vorschlag und auch auf den Vorschlag der FDP hin; das will ich an dieser Stelle klar sagen - geeinigt, dafür einen Bereich von Modellkursen zu entwickeln. Es wäre natürlich gut, wenn der Topf für diese Modellkurse nicht nur aus Mitteln des EBG, sondern auch durch Mittel anderer Ministerien, z. B. des Ministeriums für ländlichen Raum, Herr Ehlen - er ist leider nicht da - gefüllt werden würde.

Aber die Faktorregelung bei den Volkshochschulen hinsichtlich des ländlichen Raumes hat uns Sorgen bereitet - nicht nur uns, sondern auch den Volkshochschulen selber. Es gab Horrormeldungen von bis zu 140 000 Euro Verlust bei einzelnen Volkshochschulen, und Befürchtungen, dass sich dieser „Veredlungsfaktor“ zu einem „Verelendungsfaktor“ für die Städte entwickeln könnte, machten die Runde. Deswegen haben wir von unserer Seite ganz bewusst darauf gedrängt, dass es an dieser Stelle Obergrenzen und Steigerungsdeckelungen gibt. Wir haben hier eine gesetzliche Regelung gefunden, die das einigermaßen abbildet.

Leider war die Datenlage - sozusagen noch vorgestern sehr undurchsichtig. Wir haben am Montag Berechnungen erhalten, die uns als SPD nicht zufrieden gestellt haben. Dort waren noch

Verwerfungen bis zu 80 000 Euro enthalten. Daraufhin haben wir gesagt: Das geht so nicht! - Ich bin dem Ministerium inzwischen dankbar, dass neue Berechnungen erstellt worden sind, die diese groben Verwerfungen minimieren. Ich gehe einmal davon aus, dass wir mit diesen nachgelieferten neuen Berechnungen und den entsprechenden Indikatoren eine verlässliche Grundlage dafür haben, dass grobe Verwerfungen im Volkshochschulbereich vermieden werden. Wenn das so ist - und ich verlasse mich darauf -, dann kann das auch so akzeptiert werden.

Ich gehe davon aus, dass, der Tradition in der Erwachsenenbildung folgend, das MWK dieser Linie folgt und alles so wie abgesprochen umgesetzt wird.

(Zuruf von der CDU)

Hinsichtlich des Katalogs der besonders zu fördernden Bildungsmaßnahmen sind wir mit der Erweiterung durchaus einverstanden. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben aber immer gesagt, dass besonders der zweite Bildungsweg, die Alphabetisierungskurse, die Integrationsmaßnahmen für Zuwanderer und die politische Bildung ganz besonders herausgehoben zu fördern sind - vor allem vor dem Hintergrund, meine Damen und Herren, dass Sie von den Fraktionen der CDU und der FDP die Landeszentrale für politische Bildung in Niedersachsen schließen. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es überall in der Bundesrepublik solche Einrichtungen gibt.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Waren Sie 1994 schon im Landtag?)

Gerade deswegen ist es notwendig, dass die politische Bildung herausragend gefördert wird. Meine Damen und Herren, da wollen wir der Geschichtsklitterung keinen Vorschub leisten: Wir waren es, die Sozialdemokraten zusammen mit den Grünen, die darauf gedrängt haben, dass diese Bereiche besonders hervorgehoben werden. Wir hätten eine Förderung, einen zusätzlichen Faktor von 2,5, für sinnvoll gehalten. Dabei sind Sie nicht mitgegangen. Wir hielten auch eine gesetzliche Regelung für sinnig. Auch das wollten Sie nicht. Die Verhandlungen haben dann eher etwas dem Feilschen auf einem orientalischen Basar geähnelt. Letzten Endes haben wir uns aber geeinigt. Sie haben einen Faktor von 1,7 für beide Bereiche

vorgeschlagen, also für politische Bildung, werteund normorientierte Bildung, den zweiten Bildungsweg, Alphabetisierungs- und Integrationskurse. Das soll in einer Verordnung abgebildet werden. Wir werden in Übereinstimmung mit den Einrichtungen, die heute anwesend sind, zähneknirschend zustimmen, diesen Weg zu beschreiten. Dem MWK sollte allerdings offen gelassen werden, noch einmal darüber nachzudenken, besonders den Faktor für den zweiten Bildungsweg noch etwas stärker zu betonen.

Meine Damen und Herren, insgesamt gesehen haben wir mit diesem Gesetzentwurf einen Konsens gefunden, der uns als SPD-Fraktion zwar nicht in allen Punkten zufrieden stellt. Aber letzten Endes ist er tragbar. Er gibt eine Planungssicherheit für die Erwachsenenbildung - das ist ja auch schon etwas.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Insbesondere haben wir der Stimme des Vorsitzenden des Niedersächsischen Bundes für Erwachsenenbildung, die er mit seinem ganzen Gewicht eingebracht hat, Folge geleistet und gesagt: Wenn das im Niedersächsischen Bund Konsens ist, dann folgen wir dem. In diesem Sinne werden wir als SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.

Zuletzt möchte ich noch meinen Kolleginnen von den anderen Fraktionen, Frau Seeringer, Frau Meißner und Frau Heinen-Kljajić und natürlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, besonders Herrn Gehlenborg, sowie der Verwaltungsstelle des Niedersächsischen Bundes für Erwachsenenbildung einen Dank für die Zusammenarbeit aussprechen. Das war so in Ordnung. Wenn wir so weiter machen, dann ist das gut. - Danke schön.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Meißner um das Wort gebeten. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 23. Juni 2004 haben wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Erwachsenenbildungsgesetzes eingebracht. Danach hatten wir eine Anhörung. Die Anhörung und die erste Diskussion im Plenum ha

ben gezeigt, dass wir noch nicht einer Meinung waren. Eben wurde schon erklärt, dass wir uns inzwischen geeinigt haben. Das halte ich für äußerst wichtig für die Erwachsenenbildung in Niedersachsen.

Wir haben sämtliche Änderungswünsche, die von der Opposition oder von den Landeseinrichtungen, Heimvolkshochschulen und Volkshochschulen eingebracht wurden, ernst genommen und an einigen Punkten Neuerungen vorgenommen. Vieles ist schon angesprochen worden. Ich werde kurz auf die von mir und meiner Fraktion aus gesehen wichtigsten Punkte eingehen.

Zum einen - Herr Wulf hat das etwas kritisch angemerkt - haben wir uns bei den Volkshochschulen auf 70 statt 80 Unterrichtsstunden pro 1 000 Einwohner als Mindestarbeitsumfang geeinigt. Das stellt eine Stärkung des ländlichen Raumes dar.

(Zustimmung von Katrin Trost [CDU])

Das halte ich für wichtig, weil es im ländlichen Raum schwieriger ist, Bildungsarbeit zu machen. Wir alle wissen, dass das mit mehr Schwierigkeiten verbunden ist. Wir haben trotzdem den Faktor bis zu 3,5 bei den Volkshochschulen mit aufgenommen, um Verwerfungen zu vermeiden. Genau das soll nicht passieren. Deshalb haben wir auch viele Berechnungen vorgenommen.

Weiter war mir und meiner Fraktion sehr wichtig, dass die Vereinbarung für alle drei Säulen der Erwachsenenbildung möglich ist und dass sie freier gestaltet werden kann, als es ursprünglich vorgesehen war. Wir waren uns letztlich darin einig, dass das so sein soll.

Die Wachstumsbegrenzung ist angesprochen worden. Wir hätten sie gerne bei 10 % belassen. SPD und Grüne waren für eine Wachstumsbegrenzung von 3 %. 7,5 % ist zwar nicht ganz die Mitte, aber darauf haben wir uns geeinigt. Auch das ist ein durchaus tragfähiger Kompromiss.

Die Anzahl von 12 000 Teilnehmertagen bei Heimvolkshochschulen war uns wichtig, denn alle Heimvolkshochschulen hatten sich auf diese Obergrenze festgelegt. Da wir ein Konsensgesetz wollten, ist es gut, dem zu entsprechen.

Die Wertigkeit von besonders zu fördernden gesellschaftlichen Bildungsmaßnahmen wurde schon angesprochen. Dabei ist der Faktor 1,7, meine ich, für politische Bildung und auch den zweiten Bil

dungsweg völlig gerechtfertigt, weil es de facto für die Integration förderlich ist und gleichzeitig den durch den Wegfall der Landeszentrale für politische Bildung entstandenen Nachteil ausgleicht.

Sie haben die Modellkurse für den dünn besiedelten ländlichen Raum bereits genannt, für die wir uns sehr stark gemacht haben. Unser Ziel war es, den ländlichen Raum zu fördern. Im bestehenden Gesetz ist das lange nicht so gut geregelt wie jetzt mit den Modellkursen. Jetzt werden in dünn besiedelten Kreisen mit weniger als 120 Einwohnern pro Quadratkilometer Bildungsmaßnahmen zur strukturellen Entwicklung des ländlichen Raums gefördert. Das ist viel besser, als einfach nur den ländlichen Raum besser zu stellen.

Herr Wulf, Sie haben gesagt, Sie würden dem Kompromiss zähneknirschend zustimmen. Ich meine, zu einem Kompromiss gehört immer, dass alle etwas mit den Zähnen knirschen, sonst wäre es ja kein Kompromiss. Wir sind auch nicht mit allem einverstanden. Wir hätten lieber ein kürzeres Gesetz gehabt. Das ist es leider nicht geworden. Wir hätten gerne mehr Wettbewerb statt etwas Wettbewerb mit einer sozialen Abfederung gehabt. Aber es ist ein Kompromiss, der für die Erwachsenenbildung allemal gut ist.

Ich möchte mich ausdrücklich bei allen bedanken, bei Herrn Wulff und Frau Heinen-Kljajić. Es war eine gute und konstruktive Zusammenarbeit. Wir haben uns zwar gestritten, aber wir haben uns schließlich geeinigt. Darum bitte ich Sie alle, diesem Kompromiss im Interesse der Erwachsenenbildung in Niedersachsen zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Dr. Heinen-Kljajić das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Fraktionen haben wahrlich bis zuletzt zäh um einen Konsens gerungen. Obwohl die Novelle nicht in allen Punkten unseren Vorstellungen entspricht, werden wir ihr zustimmen, weil auf unseren Vorschlag hin eine Reihe von Verbesserungen aufgenommen wurde, die im Ursprungsentwurf nicht enthalten waren. Von großer Bedeutung war für uns dabei die Festschreibung einer Vereinbarungsoption, die es allen Bereichen - Volkshoch

schulen, Heimvolkshochschulen und Landeseinrichtungen - ermöglicht, zu einer einvernehmlichen Regelung über die Mittelzuweisung zu kommen. Positiv bewerten wir auch die Übergangsvorschriften für die Mittelverteilung. Wäre der Ursprungsentwurf zum Tragen gekommen, hätte es bereits in den nächsten drei Jahren enorme Verwerfungen bei der Mittelverteilung gegeben.

Leider bis zuletzt unklar geblieben ist die Auswirkung des Faktors für den ländlichen Raum bei den Volkshochschulen. Wir waren von Anfang an gegen diesen Faktor und stimmen dem Gesetzentwurf jetzt nur zu, weil wir uns auf die Zusage des MWK verlassen, dass eine Lösung gefunden wird, die größere Verwerfungen zuungunsten der Oberzentren verhindert.

Meine Damen und Herren, bei der Formel zur Mittelbemessung haben sich die Fraktionen der CDU und der FDP zu unserem Bedauern nur marginal bewegt. Der Steigerungsdeckel wurde von 10 % auf 7,5 % reduziert, aber er liegt noch immer auf dem Mittelansatz und nicht auf dem Leistungsumfang. Da der Topf der Mittel immer gleich bleibt, während der Leistungsumfang an Teilnehmerstunden unendlich wachsen kann, kann ein Aufblähen des Leistungsumfangs bei gleichzeitigem Qualitätsverlust nicht verhindert werden.

Meine Damen und Herren, gescheitert wäre der Kompromiss jedoch beinahe an einem anderen, aus grüner Sicht zentralen Punkt, nämlich der Behandlung der politischen Bildung, des zweiten Bildungswegs, der Alphabetisierung und der Integration von Zuwanderern. Diese Bereiche bilden die zentralen Säulen für die Legitimation staatlicher Subventionierung von Erwachsenenbildung. Als solche bedürfen sie auch einer besonderen Gewichtung bei der Anrechnung von Leistungen. Wenn dem nun auch auf unseren Druck hin in begrenztem Umfang Rechnung getragen wird, so besteht im Grundsatz weiter Dissens. Denn Sie, meine Damen und Herren der Fraktionen der CDU und der FDP, haben bereits mit der Auflösung der Landeszentrale die besondere Verantwortung des Staates gegenüber der politischen Bildung für historisch überholt erklärt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, angesichts so komplexer Herausforderungen wie der deutschen Vereinigung, dem europäischen Integrationsprozess, der

Integration von Migranten oder den Risiken des Modernisierungsprozesses besteht nach wie vor der Bedarf, heranwachsende und erwachsene Menschen in die Lage zu versetzen, ideologiekritisch ihre politische Urteilsfähigkeit zu vertiefen. Die jüngsten Wahlergebnisse der NDP haben uns doch eindrücklich vor Augen geführt, dass es ein Fehler ist, zu meinen, unsere Demokratie sei hierzulande so weit gefestigt, dass es keiner politischen Bildung mehr bedarf.

Meine Damen und Herren, ähnlich sind Sie mit den Bereichen Alphabetisierung, Integrationskurse und zweiter Bildungsweg umgegangen. Auch hier reicht uns die Faktorisierung im Grunde nicht aus. Knapp 10 % der Schüler verlassen die Schule ohne Schulabschluss. Wir wollen, dass alle diese Jugendlichen eine zweite Chance erhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der CDU)

Ohne Schulabschluss, erst recht ohne Kenntnis der Sprache, ohne lesen und schreiben zu können, ist eine Teilnahme an unserer Arbeitswelt kaum möglich. Es ist daher aus sozial- wie arbeitsmarktpolitischen Gründen unsere Aufgabe, analog zum alten EBG besondere Anreize zu schaffen, damit in diesem Bereich Angebote finanziert werden können.

Meine Damen und Herren, trotz der genannten Unzulänglichkeiten - die Liste ist aufgrund meiner knappen Redezeit nicht vollständig - möchten wir mit der Zustimmung zu dem Erwachsenenbildungsgesetz der Erwachsenenbildung Planungssicherheit geben. Zur Planungssicherheit gehört vor allem aber auch, dass die Mittel nicht von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr weiter gekürzt werden. An diesem Punkt wird die Erwachsenenbildungspolitik dieser Landesregierung bzw. aller hier im Hause in den nächsten Jahren zu messen sein. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Stratmann um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle fest, dass von meinen Vorrednerinnen und meinem Vorredner schon alles gesagt worden ist, allerdings noch nicht von mir. Da man sich aber selber nicht so wichtig nehmen sollte, werde ich von meiner Redezeit nur relativ wenig in Anspruch nehmen.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, lieber Kollege Wolfgang Wulf, dass jedem Kompromiss naturgemäß die Tatsache innewohnt, dass im Grunde niemand richtig zufrieden ist. Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei allen ganz herzlich dafür zu bedanken, dass wir heute zu einem einstimmigen Beschluss kommen. Ich bin sehr froh darüber und stelle fest, dass innerhalb weniger Wochen das zweite Gesetz, das meinem Zuständigkeitsbereich zuzuordnen ist, von diesem hohen Haus einstimmig beschlossen wird. Ich muss nun aufpassen, dass es nicht zu viel wird, denn sonst bekommt man Probleme.