Die Frauen zahlen einen hohen Preis für den Fehler, sich auf Offerten von Vermittlern eingelassen zu haben. Verlust von Freiheit, Schmerzen, Verzweiflung und Scham sowie schwere seelische Verletzungen sind die Folgen. Mit diesem Menschen verachtenden Geschäft lässt sich auch noch eine Menge Geld verdienen. Die Schlepperbanden machen allein in Europa jährlich 7 Milliarden Dollar Gewinn. Experten gehen davon aus, dass mit dem Frauenhandel weltweit mehr Geld verdient wird als mit illegalem Waffenund Drogenhandel. Die Frauen sind somit nur ein kleines Element in einem komplexen, illegalen, sehr lukrativen Wirtschaftssystem.
Meine Damen und Herren, die Zahlen an sich sind schon erschreckend genug. Aber erst der Blick hinter die Zahlen macht das Grauen deutlich. Hinter den Zahlen stehen erschütternde Frauenschicksale. Selbst wenn Frauen aus dieser Hölle entkommen können, bleiben die seelischen und körperlichen Verletzungen ein Leben lang. Die Bekämpfung des Frauenhandels ist daher ein wichtiges rechtspolitisches Ziel. Die meisten weiblichen Opfer sind schwer traumatisiert. Aus Angst vor Repressionen der Täter sind sie nur selten zu Aussagen bereit. Die Betroffenen werden eingeschüchtert, können kaum deutsch sprechen, ihnen wird der Ausweis abgenommen, sie haben kein
eigenes Geld. Dazu kommt die Angst vor Abschiebung und vor weiteren Repressalien seitens der Täter und deren Umfeld. Entscheidend ist somit, die Opfer zu ermutigen, dennoch auszusagen. Dafür ist zum einen ein einfühlsamer Umgang seitens der Verfolgungsbehörden mit Opferzeugen erforderlich.
Hierfür wird in Niedersachsen im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen und Fachtagungen der Polizei und der Justiz regelmäßig auch der Menschenhandel thematisiert, und es wird auf die erforderlichen Maßnahmen hingewiesen. Zum anderen ist es wichtig, die Opfer frühzeitig und auch anhaltend zu betreuen und zu schützen sowie die Präventionsarbeit zu verstärken.
Dies gewährleistet eine Einbindung von Fachberatungsstellen wie Phoenix, KOBRA, Sozialdienst katholischer Frauen und, neu in die Förderung aufgenommen, der Verein SOLWODI.
Alle werden vom niedersächsischen Sozialministerium unterstützt. Die Einrichtungen begleiten, beraten und unterstützen Opferzeuginnen und zeigen ihnen neue Perspektiven auf. Den Opfern wird geholfen, die Wartezeit bis zum Prozessbeginn sinnvoll zu überbrücken, sich zu stabilisieren, um somit zu verwertbaren Aussagen vor Gericht beizutragen.
Meine Damen und Herren, das Land Niedersachsen kann das Thema Frauenhandel nicht alleine lösen. Unseren Beitrag zur Bekämpfung des Menschenhandels wollen und werden wir erbringen.
Es ist gut, dass das Thema Frauenhandel von der Fraktion der Grünen wieder auf die Tagesordnung gebracht wurde. Wichtig ist, dass wir uns immer wieder mit diesem wichtigen Thema beschäftigen. Maßnahmen und Hilfsangebote für die betroffenen Frauen sind ein wichtiger Beitrag dazu. Ich bin sehr froh, dass trotz dramatischer Haushaltslage unsere Sozialministerin, Frau Dr. von der Leyen, den Haushaltsansatz für Hilfsangebote gegen den Frauenhandel erhöht hat.
Daran können Sie erkennen, welchen hohen Stellenwert das Thema Frauenhandel für die CDU einnimmt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Menschenhandel kann es nur geben, weil in den Herkunftsländern der Frauen wirtschaftliche Not und bedrückende Verhältnisse herrschen.
Es muss daher vorrangig versucht werden, die dortigen Lebensbedingungen zu verbessern. Es geht darum, Systeme dahin gehend zu verändern, dass Frauen und Männer gleich gestellt sind und dass Diskriminierung und Rassismus bekämpft werden. Diese Anstrengungen sind ein wichtiges Element der Prävention.
Meine Damen und Herren, das neue Bundesgesetz, das von SPD und Grünen im Bundestag zur Bekämpfung des Menschenhandels beschlossen wurde, ist leider von Zögerlichkeiten und Halbherzigkeiten gekennzeichnet. Der Dialog mit den Bundesländern wurde erst gar nicht gesucht. Trotz starker Bedenken von Expertinnen und Experten und obwohl das Gesetz nicht den Anforderungen der Praxis entspricht, wurde es beschlossen. Hier wurde eine Chance vertan. Es darf kein Menschenhändler ungestraft davonkommen.
Wir brauchen auch Strafvorschriften gegen die sexuelle Ausbeutung vor allem durch Freier von Zwangsprostituierten. Wir brauchen die Überwachung der Telekommunikation bei allen Straftaten des schweren Menschenhandels. Durch eine zu großzügige Visavergabe wird der Schleuserkriminalität Tür und Tor geöffnet. Vielleicht können Sie sich dafür einsetzen, dass wir in dem Bereich etwas ändern können.
Nur durch wirksame Gesetze können wir erfolgreich gegen den Handel mit der Ware Mensch angehen. Über alle Parteigrenzen hinweg müssen wir gemeinsam die Situation der geschundenen, misshandelten Frauen verbessern.
Im Bereich des Frauen- und Menschenhandels gibt es noch viel zu tun. Wir sind aufgerufen, die Augen offen zu halten und hinzuschauen; denn die Opfer
befinden sich mitten unter uns. In diesem Sinne appelliere ich an alle im Landtag vertretenen Parteien: Lassen Sie uns gemeinsam aktiv werden, um den gequälten Menschen - zu 99 % Frauen zu helfen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Menschenhandel ist eine moderne Form der Sklaverei und muss von uns allen entschieden mit allen Möglichkeiten bekämpft werden.
Das ist zwar schon gesagt worden, aber man kann es gar nicht oft genug sagen, und ich finde es auch wichtig, dass wir uns heute mit diesem Thema befassen.
Wir sind alle gemeinsam für die Öffnung der Ostgrenzen eingetreten. Mit der Öffnung der Ostgrenzen hat sich dieses Problem aber entschieden verschärft. Insgesamt sind schätzungsweise 700 000 Frauen und Mädchen vom Menschenhandel betroffen; die Dunkelziffer liegt aber sicherlich noch höher. Von diesen 700 000 Frauen leben allein 500 000 in Europa, also mitten unter uns. Sowohl die Opfer als auch die Täter sind mitten unter uns! Darum ist es ganz wichtig, dass wir uns mit diesem Problem befassen, und zwar fraktionsübergreifend.
In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass wirklich jede Form von Gewalt in diesem Bereich bekämpft werden muss. Ich denke hier auch an die in der Türkei noch durchaus übliche Zwangsverheiratung. Für mich wäre eine Voraussetzung für die Zustimmung zu einem EU-Beitritt der Türkei, dass der Zwangsverheiratung endlich ein Ende gesetzt wird.
Mit dem Gesetzentwurf zur Erweiterung des Strafgesetzbuches soll der Menschenhandel unter Strafe gestellt werden. Dieser Gesetzentwurf ist am 28. Oktober im Bundestag von allen Fraktionen einstimmig begrüßt worden. Für mich ist sehr wichtig, dass danach die Verschleppung junger Frauen besonders schwer bestraft werden kann. Dafür gilt eine Altersgrenze von 21 Jahren. Zunächst war diskutiert worden, die Altersgrenze auf 18 Jahre festzulegen, weil man in dem Alter bei uns volljährig wird. Ich halte die Heraufsetzung der Altersgrenze auf 21 Jahre für richtig. Der Handel mit jüngeren Menschen - und de facto werden gerade Mädchen im Alter von 18 bis 21 Jahren Opfer - ist besonders verabscheuungswürdig.
Und da wir gerade auf der Bundesebene sind: Soweit ich informiert bin, sind Gewinne aus dem Rotlichtmilieu nicht zu versteuern. Sie wissen, das wir normalerweise dagegen sind, neue Steuern einzuführen. Aber in diesem Bereich sollte man das überlegen, wenn es denn wirklich so ist, dass dort keine Steuern erhoben werden.
- Ich weiß nicht, ob das geht. Aber das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit, um die Handlungen der Täter zu ahnden.
Ich halte es auch für ganz wichtig, dass es nicht darauf ankommt, ob die Opfer mit falschen Versprechungen gelockt wurden oder ob sie ahnten, was auf sie zukommen könnte, aber sich aus wirtschaftlicher Not gezwungen sahen, diesem nachzugehen. Auch diese Frauen brauchen Schutz, auch da müssen die Täter bestraft werden, und auch da müssen wir für Aufklärung und Prävention sorgen.
Ich gehe jetzt auf den Antrag ein. Viele Ihrer Forderungen sind bereits umgesetzt - Frau Leuschner hat es angesprochen -, vieles ist schon auf dem Weg. Frau Jakob hat gesagt, dass wir im Haushalt erhebliche Mittel zur Verfügung stellen, um diesen Menschenhandel zu bekämpfen und um den Opfern Schutz zu geben.
Zu der Forderung nach Aufnahme einer Definition von Verdacht auf Menschen- und Frauenhandel: Ich weiß nicht, wie man da rechtlich herangehen kann, ob man abhören muss usw.
Fortbildungsmöglichkeiten gibt es zwar schon, aber natürlich kann in diesem Bereich immer etwas verbessert werden.
Ein Razziakonzept gibt es auch schon. Frau Helmhold, Sie haben in der Begründung selbst darauf hingewiesen, dass in Oldenburg so etwas erfolgreich funktioniert hat.
In diesem Zusammenhang ist auch die „Stiftung Opferschutz“ zu nennen. Über eine solche Stiftung kann man Mittel für Opfer bereitstellen, allerdings nicht genug. Wir bräuchten noch mehr Geld für diesen Bereich.
Ich fasse zusammen. Vieles von dem, was Sie wollen, passiert schon. Trotzdem ist es gut, dass wir über dieses Thema reden. Das kann man in der Öffentlichkeit gar nicht oft genug tun. Wir müssen gemeinsam prüfen, wie wir den Opfern noch mehr helfen und wie wir verhindern können, dass noch mehr passiert.
Danke schön, Frau Meißner. - Für die SPDFraktion hat sich noch einmal Frau Leuschner zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Leuschner!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde es ganz kurz machen. Ich freue mich über die große Übereinstimmung in der Sache, aber möchte Frau Jakob noch einen Hinweis geben: Die Neufassung der Strafvorschriften gegen Menschenhandel, die am 28. Oktober im Deutschen Bundestag behandelt wurde, wurde einstimmig verabschiedet. Wenn jetzt einzelne Länder aus eigenem Interesse heraus wieder etwas machen, dann macht man eine Regelung kaputt, die Ihre Kolleginnen mitgetragen haben.