Protokoll der Sitzung vom 18.11.2004

Auch das anzuwendende Recht ändert sich nicht allein durch die Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten. Verlängerungen der Verfahrensdauern und Veränderungen der Vergleichsquoten sind also durch die Zusammenlegung nicht zu erwarten.

Meine Damen und Herren, bezeichnenderweise sind die Experten, die die Eigenständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fordern, in der Anhörung am 21. April im Landtag auf die inhaltlichen Sachfragen ganz überwiegend nicht eingegangen. Sie haben stattdessen unzutreffend ein Bild gezeichnet, nach dem beabsichtigt sei, die Richterinnen und Richter völlig willkürlich entgegen ihrer beson

deren Vorkenntnis einzusetzen. Dieses Bild aber ist falsch.

Noch einmal: Für die Recht Suchenden ändert sich nur der Name des erkennenden Gerichts. Der Vollständigkeit halber und um jede Rechtsunsicherheit auszuschließen, wollen wir die Zulässigkeit einer einheitlichen privatrechtlichen Gerichtsbarkeit in der Verfassung selbst klarstellen, nicht etwa deshalb, weil wir davon überzeugt sind, dass wir es müssten, aber wir wollen es zur Sicherheit für alle Verfahren klarstellen.

Meine Damen und Herren, nach meiner Überzeugung verbessert die Zusammenlegung der Arbeitsgerichte und der ordentlichen Gerichte erstens den bedarfsgerechten Personaleinsatz, zweitens die Wirtschaftlichkeit des Personal- und Sachmitteleinsatzes und drittens - das ist sehr wichtig - die Zukunftsperspektive des Dienstleistungsangebots Justiz in der Fläche. Ich bin sicher: Angesichts dieser Verbesserungsmöglichkeiten ist es lediglich eine Frage der Zeit, wann die Gerichtsbarkeiten zusammengelegt werden. Ich werde weiterhin auch bei Ihnen dafür werben, dass es im Sinne der Qualitätserhaltung unserer Justiz nicht zu lange dauert. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen deshalb zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Die Ausschussempfehlung ist angenommen worden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung: Häfen und Schifffahrtsverwaltung als leistungsstarke Behörde erhalten - keine Privatisierung aus ideologischen Gründen Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1401

Erster Redner ist Herr Buß von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/FDP-Regierung wollte am Anfang der Diskussion die 15 niedersächsischen Seehäfen aus ideologischen Gründen verkaufen, um eine reine Privatisierung umzusetzen. Sehr schnell aber hat man diese Absicht aufgegeben, weil eventuelle Käufer nicht vorhanden waren. Die niedersächsischen Seehäfen werden gegenwärtig durch die Häfen- und Schifffahrtsverwaltungen des Landes betrieben. Übereinstimmend haben SPD, Grüne und CDU in der Vergangenheit, insbesondere jedoch nach Einführung der Budgetierung und der Kosten-Leistungs-Rechnung, die Hafenämter immer besonders gelobt, weil hier effektiv und kundenorientiert gearbeitet wurde. Auch die Hafenwirtschaft hat die gute Zusammenarbeit mit der Hafenverwaltung immer besonders erwähnt.

Der Ausbau der Häfen wie z. B. in Cuxhaven, Wilhelmshaven und Emden sowie der Inselhäfen wurde von den Hafenämtern mit vielen Millionen hervorragend umgesetzt. Meine Damen und Herren, unsere Häfen sind für die Zukunft gut gerüstet und für den größten Wachstumsmarkt in unserem Lande hervorragend aufgestellt. Das ist auch mit Verdienst unserer hervorragend arbeitenden Hafenämter.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das stimmt!)

Wäre die FDP bei der letzten Landtagswahl nicht in den Landtag und nicht in die Regierung eingezogen, hätte keine Fraktion und hätte auch nicht die Hafenwirtschaft eine Privatisierungsdebatte losgetreten, weil diese technische Behörde immer effektiv und kundenorientiert gearbeitet hat.

(Zurufe von der CDU: Na, na, na!)

- Dieses „na, na, na“ ist eigentlich überflüssig. Herr Ontijd ist ja Anwalt dafür. Er wird gleich auch noch dazu reden. Er hat immer ganz besonders gelobt.

Anfang des Jahres wurde im Wirtschaftsministerium die Grundsatzentscheidung zur Privatisierung getroffen, ohne dass es zu einer genauen KostenNutzen-Analyse gekommen ist. Es wurde eine Projektgruppe eingerichtet, die die Umwandlung in eine private Rechtsform begleiten und mit erarbeiten sollte. Uns wurde im Unterausschuss erklärt, dass ergebnisoffen gearbeitet werde. Dies aber war von Anfang an nicht der Fall, wie uns Mitglieder der Projektgruppe mitgeteilt haben; denn die

Grundsatzentscheidung war schon längst gefallen - schon am Anfang.

(Björn Thümler [CDU]: Wer hat das mitgeteilt? Namen! Am besten Tele- fonnummer! - David McAllister [CDU]: Wer?)

- Ihr wisst doch selbst, wer in dieser Projektgruppe mitgearbeitet hat.

(Björn Thümler [CDU]: Wir wollen es ja von dir wissen!)

Sie, Herr Minister Hirche, begründen die Privatisierung nur mit Schlagworten wie z. B. „Steigerung der Wirtschaftlichkeit“, „Steigerung der Kundenfreundlichkeit“, „Verbesserung des Marktauftritts“, „Verbesserung des Personalmanagements“ und „Förderung der Motivation“. Herr Hirche, erklären Sie dem Parlament doch einmal, woran es in der Vergangenheit gefehlt hat bzw. wie solche Verbesserungen mit der neuen Rechtsform erreicht werden sollen. Ihre Beamten konnten das auf meine Anfrage im Ausschuss nicht erläutern.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Du hast es nur nicht verstanden!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von uns beantragte Anhörung im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ hat keine sachlichen Gründe für die Umwandlung der Hafenverwaltung erbracht. Weder die betroffenen Arbeitnehmer noch die Vertreter der Hafenwirtschaft, noch die Vertreter der betroffenen Kommunen sahen Vorteile in der geplanten Rechtsformänderung zur Stärkung der niedersächsischen Seehäfen. Sie können dieses im Protokoll nachlesen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die Hafenwirtschaft hat das ausdrücklich begrüßt! Die Gewerkschaften nicht! - Weitere Zurufe von der CDU und von der SPD)

Dies muss aber doch das Ziel einer Neuorganisation - -

Herr Biallas, Sie können sich zu Wort melden, wenn Sie reden möchten. Jetzt hat Herr Buß das Wort.

Dies muss aber doch das Ziel einer Neuorganisation der Hafenverwaltung sein. Die Umwandlung in eine GmbH & Co. KG kann und darf nicht Selbstzweck sein. Hätte uns das Wirtschaftsministerium ein schlüssiges Konzept vorgelegt, mit dem die Hafenverwaltung effizienter, schneller und kundenorientierter arbeiten könnte, hätten wir uns einer Diskussion nicht verschlossen. Das aber ist nicht geschehen. Bis heute sind uns keine Zahlen vorgelegt worden, aus denen die Einspareffekte oder die Effizienzsteigerungen der geplanten Privatisierung hervorgehen. Eine Stärkung der niedersächsischen Hafenwirtschaft kann ich in der Umwandlung nicht erkennen. Mit dieser Auffassung stehe ich, wie gesagt, nicht allein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vertreter haben in der Expertenanhörung vielmehr die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Hafenämter statt eine übereilte Privatisierung favorisiert. Es geht bei der Privatisierung auch gar nicht um die Stärkung der Seehäfen. Sie wollen die Ausgliederung der Hafenverwaltung, damit Sie formal Stellen einsparen können, um die Vorgaben der so genannten Verwaltungsmodernisierung zu erfüllen. Auch die Kürzung der budgetierten Zuweisungen des Landes an die Hafenverwaltung um 9 Millionen Euro im kommenden Haushalt stärkt nicht die Seehäfen, sondern schwächt sie. Wir halten die Kürzung um 9 Millionen für falsch. Sie steht auch in keinem Zusammenhang mit der Privatisierung. Es ist eine schlichte Mittelkürzung, die durch nichts gerechtfertigt ist.

Ein wichtiger Punkt, den wir bereits angesprochen haben, ist die Übertragung der hoheitlichen Aufgaben auf eine privatrechtliche Gesellschaft. Sie ist verfassungsrechtlich bedenklich und völlig ungeklärt. Offenbar hält es auch die Landesregierung nicht mehr für möglich, das Hafensicherheitsgesetz zum Jahreswechsel in Kraft zu setzen. Wir werden im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, aber auch im Rechtsausschuss intensiv über die verfassungsrechtlichen Fragen beraten müssen. Die Umwandlung der Hafenverwaltung zum 1. Januar 2005 ist übereilt und in vielen Punkten ungeklärt. Deshalb sollte die Landesregierung ihr Vorhaben zurückziehen und einer eingehenden Prüfung unterziehen.

(Björn Thümler [CDU]: Nein, das ist schon alles geprüft!)

Der Hamburger Senat hat seine Pläne zur Privatisierung des Hafens zurückgezogen.

(Björn Thümler [CDU]: Ja, warum wohl?)

Nicht zuletzt aufgrund der zuletzt genannten verfassungsrechtlichen Bedenken wird der Hafen nun in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Er bleibt somit in mittelbarer Staatsverwaltung. Und die Hamburger verstehen was von Hafen.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch immer ist mit ver.di kein Tarifvertrag für die Beschäftigten der Hafenservicegesellschaft abgeschlossen worden. Nach einem Ideenwettbewerb soll diese ja nun „Niedersachsenports“ heißen. Mir wäre lieber gewesen, Sie hätten sich mehr Gedanken über den Sinn der Privatisierung als über den Namen der neuen Gesellschaft gemacht.

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist aber eine Frechheit! Bei aller Liebe! - Hans- Christian Biallas [CDU]: Das geht über das Ziel hinaus!)

Erfreulicherweise scheinen Sie nun endlich auf die berechtigten Interessen der Beschäftigten einzugehen, und der bereits beschlossene Streik scheint immer noch vermeidbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen der SPD-Fraktion möchte ich nochmals an die Landesregierung appellieren: Ziehen Sie Ihre Pläne zur Umwandlung der Hafenverwaltung in eine GmbH & Co. KG zurück, und diskutieren Sie in aller Ruhe mit Experten und Betroffenen eine zukunftsweisende Organisation der Hafenverwaltung. Meines Erachtens ist noch mehr Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Häfen wichtiger als die Frage, in welcher Rechtsform sie betrieben werden. Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Riese von der FDPFraktion.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Am 22. Februar 1999

wurde in Kiel die gemeinsame Plattform des Bundes und der Küstenländer zur deutschen Seehafenpolitik verabschiedet. In den gemeinsamen Grundsätzen für die deutschen Seehafeninteressen kann man u. a. nachlesen:

„Die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehafenwirtschaft muss sich in der marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung bewähren.“

Und weiter:

„Da in der Marktwirtschaft die wirtschaftliche Tätigkeit und Initiative in unternehmerischer Eigenverantwortung liegt, stärken Liberalisierungsund Deregulierungsmaßnahmen die unternehmerischen Kräfte im Hafenbereich.“

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bundeskanzler, verehrte Damen und Herren, war damals Gerhard Schröder, der Niedersächsische Ministerpräsident hieß Gerhard Glogowski, und der Wirtschaftsminister hieß Peter Fischer. Soweit mir bekannt ist, gehören alle gerade Genannten der SPD an. Es ist die von Ihnen damals formulierte Erkenntnis, die wir heute in praktische Politik umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist doch immer das Gleiche: Sie reden - wir handeln.