Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Meine Damen und Herren, Sie haben in Ihrer eigenen Mittelfristigen Planung für 2002 noch von Erlösen von rund 80 Millionen Euro gesprochen. Sie verschweigen, dass rund 40 Millionen Euro neu investiert werden sollen. Sie verschweigen, dass eine Änderung des Spielbankengesetzes und eine Privatisierung auch mit Umstrukturierungskosten verbunden sind, dass man Kapitalertragsteuer und einen Solidaritätszuschlag zahlen muss. Das werden Sie uns wahrlich nicht vorwerfen können.

Aber eines ist die Wahrheit: Die ständigen Verluste und die Investitionen der Spielbanken in den letzten Jahren vor dem Regierungswechsel wurden vom Steuerzahler in Niedersachsen getragen, um dessen Wohl Sie sich jetzt angeblich so bemühen. Hätten Sie manchen Mut ergriffen, hätten Sie manche Erkenntnis umgesetzt, und hätten Sie manchen Prüfauftrag schon viel früher ergriffen und die Spielbanken in Niedersachsen auf den richtigen Weg gesetzt, dann wären wir heute schon weiter.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Ich komme zu einem Fazit. Ich muss Sie loben, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion und vielleicht auch der Grünen. Sie haben Ihren wahrhaft traumhaften Zickzackkurs wirklich bis zuletzt konsequent durchgehalten. Damit haben Sie nicht nur Ihre mangelnde Regierungsfähigkeit erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt, sondern Sie haben auch deutlich gemacht, dass es richtig war, dass die Menschen in Niedersachsen vor etwa 20 Monaten so entschieden haben, wie sie sich entschieden haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Landtag hat am 18. September 2003 in kontroverser Abstimmung der Privatisierung der Spielbanken zugestimmt. Wir werden diesen Beschluss heute umsetzen.

Ich stelle fest: Wir legen heute in Niedersachsen das bundesweit modernste Spielbankengesetz vor. Wir setzen konsequent die Vorgaben unserer Koalitionsvereinbarung um. Wir beschränken uns auf die Kernaufgaben des Staates und sorgen für Haushaltskonsolidierung. Der Gesetzentwurf zum Spielbankengesetz ist geprägt durch Flexibilität, unternehmerische Freiheit und Anknüpfung an die Leistungsfähigkeit des privaten Trägers. Mit diesem Spielbankengesetz werden wir die Zukunft für

die Spielbanken in Niedersachsen neu gestalten und auf den Weg setzen. Sie haben viel Zeit versäumt. Wir holen das heute mit unserem Gesetzentwurf nach.

Ich danke für die Beratungen im Ausschuss und freue mich auf ein neues Spielbankengesetz in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Minister Möllring. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tag ist ein guter Tag für die niedersächsischen Spielbanken. Mit der heutigen Entscheidung bekommen die niedersächsischen Spielbanken und vor allen Dingen deren Mitarbeiter wieder eine echte Perspektive für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU)

Die Neufassung des Niedersächsischen Spielbankengesetzes und die Veräußerung der Geschäftsanteile der Spielbanken Niedersachsen GmbH an die Casinos Austria International Holding GmbH, die wiederum eine 100-prozentige Tochter der Casinos Austria AG ist, sind ein Gewinn für Niedersachsen. Diese Landesregierung verfolgt damit konsequent den Grundsatz, dass sich das Land auf die Kernaufgaben staatlichen Handelns konzentrieren sollte. Der Betrieb von Spielbanken gehört nicht zu den Kernaufgaben, die ein Staat zwingend in eigener Regie wahrnehmen muss. Es ist wohl kein Akt der Daseinsvorsorge, wenn man Spielbanken betreibt.

In anderen Bundesländern werden zum Teil schon seit Jahrzehnten Spielbanken in privater Trägerschaft betrieben. Das wird in Niedersachsen in Kürze auch wieder so sein.

Das Land beschränkt sich künftig auf die Aufsicht über die Spielbanken. Die Aufsicht wird im Übrigen beim Finanzministerium gebündelt. Da der laufende Spielbetrieb vor Ort in den Spielbanken bereits durch die Mitarbeiter der Finanzämter erfolgt, ist diese Bündelung folgerichtig. Das ergibt sich auch aus dem Protokoll der 73. Plenarsitzung vom 18. Januar 1988. Herr Bartling hat ausweislich des Stenografischen Berichts Folgendes zu dem Spiel

bankengesetz gesagt, das Herr Schröder noch unterschrieben hat, das dann aber nie umgesetzt worden ist:

„Die Aufsicht über die Spielbanken soll einheitlich in den Händen des Niedersächsischen Ministers der Finanzen zusammengefasst werden. Die Verteilung der Aufsichtsbefugnisse auf Innen- und Finanzministerium hat sich als nicht sachgerecht herausgestellt. Die Aufsicht sollte in den Händen des Ministeriums liegen, das auch die Aufsicht über den laufenden Spielbetrieb wahrnimmt. Das ist das Finanzministerium.“

Die 13 Jahre SPD-Regierung haben gezeigt, dass die Aufsicht im Innenministerium falsch angesiedelt war. Deshalb gab es dann ja auch diese Spielbankenskandale, die Herr Althusmann gerade angesprochen hat. Deshalb führen wir das jetzt zusammen. Sie sehen, meine Damen und Herren, dass sich gute Ideen, auch wenn sie nicht umgesetzt worden sind, irgendwann doch durchsetzen. Wir setzen sie jetzt um.

Den Betrieb von Spielbanken überlassen wir Unternehmern. Private können Betriebe grundsätzlich besser führen als staatliche Unternehmen. Dieser Grundsatz gilt nach meiner festen Überzeugung insbesondere für das neue Unternehmen Casinos Austria. Die Unternehmensgruppe Casinos Austria verfügt über eine ca. 70-jährige Erfahrung im Betrieb von öffentlichen Spielbanken. Sie betreibt derzeit 67 Casinos in 15 Ländern auf fünf Kontinenten mit knapp 1 100 Spieltischen und über 9 300 Spielautomaten. Casinos Austria beschäftigt insgesamt ca. 9 100 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Jahre 2003 einen Umsatz von über 2,3 Milliarden Euro.

Casinos Austria hat übrigens eine sehr reputierliche Eigentümerstruktur. Zu den Eigentümern gehört eine Tochter der österreichischen Nationalbank, also praktisch der österreichische Staat - -

(Professor Dr. Hans-Albert Lennartz [GRÜNE]: Ist Voest Alpine auch betei- ligt?)

- Nein, Voest Alpine stellt Stahl her und betreibt keine Spielcasinos. Ich weiß gar nicht, in welchem Land Sie leben.

(Heiterkeit bei der CDU)

Nein, es ist die Österreichische Münze. Diese ist wiederum eine Tochter der österreichischen Nationalbank, und diese gehört wiederum zum österreichischen Staat, wenn Sie es genau wissen wollen.

Daneben sind Eigentümer ein Konsortium aus Banken und Versicherungsunternehmen unter dem Haupteinfluss des Raiffeisensektors, ein Bankhaus, dessen Haupteigentümer wiederum Einrichtungen der katholischen Kirche sind, und zu gut einem Viertel private Aktionäre, die schon seit fast 40 Jahren ihre Anteile halten - also alles seriöse Eigentümer.

Casinos Austria hat in dem europaweit durchgeführten offenen Bieterverfahren sowohl konzeptionell als auch finanziell das attraktivste Angebot unterbreitet. Casinos Austria hat umfassende internationale Erfahrungen und Ressourcen im Bereich Spielerschutz und Spielsicherheit. Von diesen Erfahrungen werden die niedersächsischen Spielbanken mit Sicherheit profitieren.

Casinos Austria beabsichtigt, wie bisher zehn Spielbanken in Niedersachsen zu betreiben. Das bestehende Tisch- und Automatenspielangebot soll umfassend modernisiert und durch attraktive Restauration und Veranstaltungsangebote ergänzt werden. Zwei bis drei Spielbanken sollen darüber hinaus zu so genannten Flagship-Casinos - „Flagship“ ist offensichtlich der österreichische Ausdruck für Flaggschiff - mit umfangreichen EntertainmentAngeboten ausgeweitet werden. Casinos Austria beabsichtigt, bereits im kommenden Jahr Casinospiele im Internet anzubieten. Dabei kann Casinos Austria auf seit 1998 in Österreich gesammelte Erfahrungen mit Internet-Spielangeboten zurückgreifen.

Mit einem Kaufpreisangebot von 90,6 Millionen Euro und einer vertraglich abgesicherten Investitionszusage in Höhe von 40,5 Millionen Euro hat Casinos Austria auch finanziell das attraktivste Angebot abgegeben. - Ich weiß nicht, wie man da, wie die SPD in einer Presseerklärung, sagen kann, wir hätten die Spielbanken verschleudert. Ich habe mit vielen Leuten darüber gesprochen. Das Harmloseste war noch, dass sie die flache Hand vor das Gesicht gehalten haben und sie zwei, drei Mal hin und her bewegt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

- Ich will das hier nicht nachmachen, weil Herr Bartling immer so empfindlich ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die zugesagten Investitionen werden dazu führen, Arbeitsplätze in Niedersachsen zu sichern. Casinos Austria stellte außerdem in Aussicht, dass im neuen Spielbankengesetz vorgesehene Abgabensenkungen durch Erhöhung der Bruttospielerträge kompensiert werden.

Ich möchte jetzt noch auf die im Vertragswerk vorgesehenen Gewährleistungen und Garantien zugunsten von Casinos Austria eingehen.

Die Spielbanken Niedersachsen GmbH hat unter den jetzigen Rahmenbedingungen seit Jahren Verluste in Millionenhöhe eingefahren. Ich sage hier deshalb sehr deutlich: Unter den alten Rahmenbedingungen sind die Spielbanken nicht mehr überlebensfähig und wären damit auch nicht veräußerbar gewesen.

Das neue Spielbankengesetz mit der damit verbundenen unternehmerischen Handlungsfreiheit und der neuen, auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens abstellenden Aufgabenstruktur ist in ganz entscheidender Weise ein wertbildender Faktor für diese Veräußerung.

Ich bin daher den Fraktionen von CDU und FDP dankbar, dass sie mit dem neuen Spielbankengesetz die Voraussetzungen für diese Veräußerung geschaffen haben. Dies ist auch die Grundlage dafür, dass sich ein so renommiertes und erfolgreiches Unternehmen wie Casinos Austria überhaupt für die niedersächsischen Spielbanken interessiert hat.

Wenn aber die entscheidenden wertbildenden Faktoren durch gesetzliche Rahmenbedingungen, die das Land selbst gestalten und damit auch verändern kann, bestimmt sind, dann ist es auch ein fairer Umgang zwischen Vertragspartnern, wenn man Ausgleichsregelungen für den Fall schafft, dass das Land Rahmenbedingungen zum Nachteil des Vertragspartners ändert.

Ich bin mit dem vorliegenden Ergebnis des Privatisierungsverfahrens sehr zufrieden: Wir erhalten mit Casinos Austria einen renommierten und äußerst kompetenten Eigentümer für die Spielbanken, der in Europa in ähnlich streng regulierten Märkten wie in Deutschland eindrucksvoll gezeigt hat, dass er die richtige Gratwanderung zwischen ordnungsrechtlichen Belangen und wirtschaftlichem Erfolg beherrscht. Ich bin sehr sicher, dass Casinos

Austria mit ihren konzeptionellen Ideen und gezielten Investitionen dazu beitragen wird, dass die Spielbankenlandschaft Niedersachsens als Teil des Freizeitangebotes deutlich an Attraktivität gewinnen wird.

Die Verhandlungen auch mit den anderen Bietern haben gezeigt, dass der erzielte Kaufpreis auch unter Berücksichtigung der vertraglichen Gegenleistungen angemessen ist.

Ich kann also wiederholen: Heute ist ein guter Tag für die niedersächsischen Spielbanken. Casinos Austria wird ein Gewinn für Niedersachsen sein. Casinos Austria hat bereits einen notariellen Vertrag unterschrieben. Der Kaufpreis ist bankrechtlich abgesichert, er ist also bankverbürgt. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist die Zustimmung des Landtages, und um die bitte ich Sie. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Professor Lennartz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit der Bemerkung von Herrn Althusmann, er lobe die Opposition - die SPD, aber vielleicht auch die Grünen - für ihren Zickzackkurs. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich kann in unserer Positionierung keinen Zickzackkurs erkennen. Wir haben von Anfang an gesagt: Der Betrieb von Spielbanken gehört nicht zum Kernbereich staatlichen Handelns. Man kann privatisieren. Wir favorisieren allerdings die Restrukturierung und Beibehaltung in der bisherigen Rechtsform.

Nun haben Sie so entschieden. Sie wollen privatisieren. Ich werde jetzt begründen, warum wir dem Gesetzentwurf und auch dem beantragten Verkauf nicht zustimmen werden.

Herr Finanzminister Möllring, ich wende mich an Sie. Sie müssen Latein können; denn Sie kommen aus Hildesheim. Deshalb rufe ich Ihnen zu: tu austria felix! Oder besser gesagt: tu felix Casinos Austria!

Ist der Verkauf der Spielbanken an einen österreichischen Konzern eine Art Wiedergutmachung? Sie haben soeben auf meinen Zwischenruf schon

richtiggestellt, dass Voest Alpine nicht im Hintergrund beteiligt sei. Ist das vielleicht eine Wiedergutmachung dafür, dass damals, in den 90erJahren, der Verkauf der Stahlwerke PeineSalzgitter an ein österreichisches Unternehmen gescheitert ist?

(Zuruf von Wilhelm Heidemann [CDU]: Das haben Sie aber weit her- geholt!)

Aber jetzt einmal im Ernst. Sie werden, obwohl Sie vorhin das Gegenteil behauptet haben, die niedersächsischen Spielbanken zu einem zu niedrigen Preis verkaufen. Etwas mehr als 70 Millionen Euro werden haushaltswirksam. Auf 90,6 Millionen Euro lautet der Verkaufsbetrag. Für unsere Begriffe wäre das ein angemessener Betrag, wenn es tatsächlich um einen Verkauf mit einer Laufzeit von zehn Jahren ginge.