Europa soll mit der Lissabon-Strategie zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum entwickelt werden. Die praktischen Ergebnis
se sind jedoch noch weit von den Intentionen des Papiers entfernt. Gerade Deutschland erweist sich dabei mit der Politik der rot-grünen Bundesregierung eher als Hemmschuh. Die Verletzung des Stabilitätspakt ist nur ein Beispiel.
Meine Damen und Herren, wir brauchen ein Wettbewerbseuropa und kein Sozialstaatseuropa der vereinheitlichten Steuergesetze und Leistungsgesetze.
Ich möchte noch auf einen Aspekt der Europapolitik eingehen, der eine unmittelbare Bedeutung für Niedersachsen und für den Landeshaushalt hat. In zwei Jahren steht eine grundlegende Neuordnung der Strukturförderung an. Die alte EU-Kommission hat dazu im Februar ihre Vorschläge unterbreitet, über die wir auch im Plenum schon mehrfach debattiert haben. Ich möchte dem noch ein paar grundsätzliche Gedanken hinzufügen.
Niedersachsen hat bisher erheblich von den Strukturfondsmitteln profitiert. Insgesamt sind in der laufenden Förderperiode 1,6 Milliarden Euro auf unser Land entfallen. Gerade auch im Haushalt ausgewiesene wichtige Vorhaben wie der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven oder der Forschungsflughafen in Braunschweig wären ohne die Förderung der EU nicht im vorgesehenen Rahmen zu verwirklichen.
Bei unseren zukünftigen Haushaltsplanungen müssen wir uns darauf einstellen, dass diese Mittel nicht mehr in vergleichbarem Umfang zur Verfügung stehen werden. Wir haben die Osterweiterung und die damit verbunden Chancen für Niedersachsen gewollt. Wir müssen dann aber auch akzeptieren, dass ein größerer Teil der Kohäsionsmittel den Beitrittsländern zur Verfügung stehen muss. Aus Sicht der FDP wäre eine Ausweitung des EU-Haushalts der falsche Weg. Auch zukünftig sollten die Budgethöchstgrenze von 1,14 % des Bruttoinlandsprodukts der EU und die Höchstgrenze von 0,45 % für Strukturmittel nicht ausgeschöpft werden. Für Liberale haben Umstrukturierungen Vorrang vor einer Aufstockung der Mittel. Der hohe Betrag von 75 Milliarden Euro nicht abgerufener Mittel für die Regionalpolitik lässt uns schon heute die Absorptionsfähigkeit der Empfängerländer infrage stellen.
Natürlich müssen wir daher auch über die Gestaltung der Förderung nachdenken. Dazu zählen mehr Effizienz durch Straffung der Verwaltungs
abläufe sowie der Förderprogramme, mehr Effektivität durch die Anreizwirkung eines höheren Anteils leistungsgebundener Mittelreserven sowie mehr Subsidiarität durch Verlagerung von Zuständigkeiten auf die regionale Kompetenzebene.
Insbesondere sollten alle Förderprojekte im Hinblick auf die Lissabon-Strategie auf den Aspekt hin überprüft werden, inwieweit sie tatsächlich Wachstum und Innovation fördern. Zudem sollte Förderung mithelfen, den europäischen Mehrwert grenzüberschreitender und interregionaler Zusammenarbeit zu nutzen. Diese Zusammenarbeit kann Impulse für innovative Strategien setzen. Die weiteren Zukunftsaufgaben wie der Aufbau der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik oder die Zusammenarbeit in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Terrorismusabwehr müssen auch in der Finanzplanung berücksichtigt werden. Dies zeigt, welche schwierigen Diskussionen uns noch bevorstehen. Als Niedersachsen müssen wir dabei darauf achten, dass unsere Interessen nicht vernachlässigt werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kuhlo, ich habe gerade mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Sie tatsächlich Mittel in Höhe von 1,24 % des Bruttoinlandsprodukts der EU angefordert haben. Das finde ich sehr schön. Wir haben hier ja etwas anderes verabschiedet. Von daher finde ich es angenehm, zu hören, dass die FDPFraktion eine andere Haltung dazu einnimmt.
Meine Damen und Herren, im Bereich der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und der humanitären Hilfe ist der Haushaltsansatz dieser Regierung schlicht und einfach ein Armutszeugnis.
Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit werden im Jahr 2005 erneut gekürzt und erreichen mit 167 000 Euro einen bisher noch nie da gewesenen Tiefstand.
Eingerechnet sind noch nicht einmal die Mittel, die aus der Lottostiftung fehlen werden. Auch diese bewegen sich in Millionenhöhe.
Der aktuellen Internetseite der Landesregierung zu diesem Themenbereich ist zu entnehmen, es sei ihr politisches Ziel, die Agenda 21 der UNCEDKonferenz in Rio 1992 und die Ergebnisse des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannisburg umzusetzen - und das in Zusammenarbeit mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern. Dafür seien im Haushalt knapp 300 000 Euro vorgesehen.
Meine Damen und Herren, Sie sollten die Internetseite dringend der Realität anpassen und nicht Phrasen und Zahlen aus dem Jahre 2003 verbreiten.
Ministerpräsident Wulff hat anlässlich des Besuchs der Premierministerin der Partnerprovinz Eastern Cape erneut die Bedeutung der niedersächsischen Entwicklungspolitik betont. Meine Damen und Herren, hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Offensichtlich beschränkt sich die niedersächsische Entwicklungszusammenarbeit auf eine Politik der Sonntagsreden.
Nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Länder tragen Verantwortung für eine nachhaltige, globale Entwicklung, die den Frieden in der Welt fördert und allen Menschen ein Leben in Würde und ohne Not ermöglicht. Es ist keine Frage: Niedersachsen kann nicht die finanziellen Mittel aufbringen, um Mängel und krasse Entwicklungsrückstände in den Ländern des Südens und des Ostens wirkungsvoll und nachhaltig abzubauen. Dafür hat es nicht die finanziellen Mittel. Was wir aber leisten müssen, ist, die Rahmenbedingungen und Strukturen für die Entwicklungszusammenarbeit in Niedersachsen auch finanziell zu stärken. Das ehrenamtliche entwicklungspolitische Engagement vieler Menschen und Gruppen in diesem Land braucht eine vernünftige Struktur. Es braucht Vernetzung der Akteure.
Meine Damen und Herren, in einer globalisierten Welt findet Entwicklungszusammenarbeit mehr denn je hier bei uns vor Ort statt. Sie trifft alle Bürgerinnen und Bürger. Um bei uns Sponsoren zu finden, die ein Projekt im Süden bezahlen sollen, muss man bei uns das Bewusstsein für gemeinsame Ziele und Zusammenhänge schaffen. Der
Haushalt 2005 dieser Landesregierung entzieht der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit den finanziellen Boden und macht sie zu einem Auslaufmodell.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kuhlo, wir haben hier eine äußerst spannende Situation erlebt. Wir reden über den Haushalt, den Einzelplan 02. In einer Grundsatzerklärung erfahren wir von Ihnen etwas, das Sie längst hätten beantragen können. Dann geht das praktisch in die Luft. Ich bin gespannt, ob sich das, was Sie heute als Grundsatzerklärung zu Protokoll gegeben haben, in nächster Zeit auch in Antragsform wiederfinden wird.
Ich hätte es begrüßt, meine Damen und Herren, wenn nicht nur Grundsatzerklärungen abgegeben worden wären. Die Frage, die im Raum steht, ist: Wie sieht eigentlich die Europapolitik des Landes Niedersachsen aus? - Diese Europapolitik wird hier zwar gelegentlich beschworen, aber im Wesentlichen findet sie weder im Parlament noch in aktiven Formen und Anträgen der Landesregierung statt.
Stattdessen wird über Strukturpolitik gesprochen. Dann wird gelegentlich Entsprechendes zum Thema Türkei abgelassen. Aber auf die eigentliche Kernfrage, nämlich wie man ein europäisches Zusammenleben organisiert und in Europa mit Flüchtligen umgeht - das sind die Themen, die uns derzeit umtreiben -, bekommen wir keine vernünftigen Antworten.
Meine Damen und Herren, neben der Tatsache, dass Europa im Grunde nur nachvollzogen wird, aber dass nicht progressiv nach vorn gesehen wird, möchte ich noch drei Punkte aufgreifen, die
Es ist schon gesagt worden: Frau Premierministerin Balindlela war in diesem Sommer hier. Man hat ihr eine gute Woche zur Diskussion gegönnt und einen neuen Vertrag unterzeichnet. Aber was wird Frau Balinldela nun sagen? - Sie wird sich außerordentlich wundern, dass diese Landesregierung gemeinsam mit den sie tragenden Fraktionen die Mittel für das kleinste Projekt, das in Eastern Cape funktioniert hat - nämlich das kleine Aidsprojekt -, auf so magere Euro gekürzt hat. Wenn man weiß, dass es dieses Jahr in Afrika über 23 Millionen Neuinfektionen gab, dass in Südafrika erwartungsgemäß in den nächsten zehn Jahren etwa 20 Millionen Kinder ohne Eltern leben werden, dass wir dringend helfen müssen, um dort Aids zu bekämpfen, dass Aids eben keine Grenzziehung kennt - ob das Eastern Cape, Western Cape, Südafrika und die anderen afrikanischen Länder sind -, dann kann man nach einer solchen Unterzeichnung nicht einfach hergehen und die Mittel für dieses Projekt nach unten kürzen. Auch hier hat die Mehrheit über mehrere Jahre für diesen Antrag gestimmt und dieses Projekt getragen. Sie sollten sich schämen.
Ich finde das auch in einem ganz neuen Zusammenhang sehr interessant: Der Ministerpräsident hat in diesem Sommer die Schirmherrschaft für das große Projekt „Wir für Afrika“ übernommen. Er hat eine große Pressekonferenz gegeben und sich überall gezeigt. Dann ging es um dieses kleine Thema. Er hat sich hingestellt - ich war auf der Pressekonferenz dabei - und gesagt, wie wichtig es ist, dass wir gerade Afrika unterstützen, dass wir die Provinz Eastern Cape unterstützen, er hat gesagt, dass es dort im Zusammenhang mit Aids so viele Dramatiken gibt, dass VW und DaimlerChrysler Mitarbeiter verlieren, weil sie aidskrank sind. Dann gehen Sie her und streichen Mittel für Projekte in der Provinz, in der wir seit Jahren eine vernünftige Partnerschaft entwickelt haben.
Ich möchte noch Folgendes sagen: Diese Landesregierung arbeitet zusammen mit der Evangelischen Akademie Loccum an der Frage, wie sich Südafrika in der Not, in der es sich befindet, weiterentwickeln kann. Diese Diskussionen kann man sich zukünftig offensichtlich sparen, wenn man nach einer Vertragsgestaltung, wie wir sie erlebt haben, so mit dem kleinen Eastern Cape umgeht. Das will ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. Deshalb bin ich sehr wohl der Meinung, dass Sie sich darum bemühen sollten, diesen lächerlichen kleinen Haushaltsansatz auf die Höhe des Ansatzes des letzten Jahres, den sie schon nach unten gekürzt haben, zu bringen. Das wäre das Mindeste.
Meine Damen und Herren, man muss einfach einmal Worte und Taten vergleichen. Es war schon spannend: Da unterschreibt der Ministerpräsident die Rahmenabkommen zwischen Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen für nachhaltige Bildung und Entwicklung. Dann wird als erstes beim VEN gekürzt, bei dem Verein, der progressiv die inländische Arbeit über Jahre hinweg und sehr treu gestaltet hat. Bei dem kürzt man auch noch weiter herunter.
Da sieht man schon, dass bei dieser Landesregierung zwischen Reden und Handeln ein großer Unterschied klafft. Es müssen gar nicht die großen Dinge sein, aber Sie gehen an die kleinen Projekte heran, für die Sie viele Leute zur Unterstützung brauchen, für die Sie Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer benötigen, damit eine Diskussion geführt wird, eine Abstimmung oder eine Unterschrift zustande kommt. Sie nehmen dem Verein das Minimum weg, das er benötigt, um in diesem Lande etwas mehr Bewusstsein für diese Themen zu schaffen.
Meine Damen und Herren, das ist schon interessant. Ich lese Ihnen einmal ganz kurz vor, was der Ministerpräsident dazu unterschrieben hat. Er erklärt spezielle Ziele zur Hauptaufgabe des Landes Niedersachsen, und deshalb richte ich mich danach. Schade, dass der Umweltminister weggegangen ist, aber ich erwarte auch nicht viel von ihm. Sie erklärt in ihren speziellen Zielen, sie wolle gesellschaftliche Wirksamkeit und Stärkung einer Bildung für nachhaltige Entwicklung durch länderübergreifende Kooperation zwischen Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft erreichen. Sie will grenzübergreifende Lernprozesse anstoßen und Vernetzungen ermöglichen, z. B. in der gemeinsamen Bearbeitung von spezifischen norddeutschen Themen wie Meeresschutz. Das sollte sich der Minister zukünftig ganz stark hinter die Ohren schreiben. Sie wollen Veränderungsprozesse im Bildungsbereich nutzen, um die Bildung für nachhaltige Entwicklung in allen Bildungsbereichen dauerhaft zu verankern. Das hat der Ministerpräsident im September unterschrieben. Ich gucke natürlich auch in den Haushalt und frage mich, wo denn die Mittel dafür sind. Sie haben sich verpflichtet, in einem Jahr darüber zu berichten. Ich bin sehr gespannt auf diesen Bericht, in dem Sie erklären müssen, was Sie in diesem Zusammenhang auf die Reihe gebracht haben. Entwicklungspolitik muss auch als Querschnittsaufgabe gesehen werden. Dieser Hinweis ist insbesondere an jene Minister gerichtet, die das bisher noch gar nicht verstanden haben. Dazu gehört der Umweltminister in ganz besonderem Maße.