Protokoll der Sitzung vom 28.01.2005

Eine Streichung der Vergünstigungen wird zwangsläufig dazu führen, dass Deutschland wegen der hohen Energiekosten immer weniger attraktiv für Investoren wird. Allein die Diskussion in den Regierungsparteien, die Ökosteuer jährlich überprüfen und Ausnahmen im Wert von 5 Milliarden Euro jedes Jahr teilweise streichen zu wollen, schreckt ausländische und inländische Investoren ab. Insbesondere die Geschäftsführungen von deutschen Niederlassungen ausländischer Konzerne haben da ihre besonderen Probleme. - Herr Kollege Dinkla, Sie kennen aus Ihrer Nachbarschaft - ich will da nicht präziser werden - die Diskussion darüber, ob wir eine bestimmte Investition in einem hohen dreistelligen oder vierstelligen Millionenumfang realisieren können. - Die Geschäftsführungen deutscher Niederlassungen müssen ihren Konzernleitungen bei Investitionsvorhaben die Rentabilität am Standort Deutschland nachweisen, was in Anbetracht einer ohnehin schon komplizierten Ökosteuer durch ständige Reformdiskussionen noch erschwert wird.

Eine Streichung der Vergünstigungen bedeutet aber auch, dass sich der Bund weiterhin auf Kosten der Länderhaushalte bereichert. Denn die Ökosteuer steht auch in einer wechselseitigen

Beziehung zu der Gewinnbesteuerung eines Unternehmens. Alles, was ein Unternehmen dem Bund an Ökosteuer zahlt, reduziert den nach Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuergesetz zu versteuernden Gewinn. Folglich reduziert sich hier das Steueraufkommen, an dem die Länder zur Hälfte beteiligt sind. Dieser negative Effekt für den Landeshaushalt wird auch nicht durch die Beteiligung am Umsatzsteueraufkommen kompensiert.

Zu 3: Bereits heute unterliegt das produzierende Gewerbe neben der Ökosteuer mit dem EEG, also dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem KraftWärme-Kopplungsgesetz und dem Emissionshandel einer Reihe von Instrumenten, die Energie durch staatliche Vorgaben übermäßig verteuern. Die Belastungen sind von der Branche und dem Einzelfall abhängig.

Für ein durchschnittliches Produktionsunternehmen, das mit dem ermäßigten Ökosteuersatz besteuert wird, liegt der Anteil staatlicher Aufschläge an den Strombezugskosten bei ca. 27 %. Darin ist nicht eingerechnet die Umsatzsteuer, weil insoweit Abzugsmöglichkeiten im Wege der Vorsteuer vorhanden sind. Bei einem Unternehmen, das mit dem Regelsteuersatz besteuert wird, liegt der Anteil schon bei weit über 30 %. Ich wiederhole: Die Umsatzsteuer ist dabei nicht berücksichtigt. Dabei entfallen rund 10 % auf die Konzessionsabgabe, weitere 10 % auf die Stromsteuer als Teil der Ökosteuer, 4 % auf die Umlage nach dem Energieeinspeisungsgesetz und 3 % auf die Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Zur ersten Zusatzfrage Herr Kollege Briese, bitte!

Die Anfrage des Abgeordneten Dinkla erweckt den Eindruck, dass in der Regierungszeit von Rot-Grün in Berlin die Abgabenbelastung, insbesondere die steuerliche Belastung, für die Bevölkerung und auch für die Unternehmen sukzessive gestiegen ist. Ich frage die Landesregierung daher: Kann sie uns noch einmal die genauen Zahlen nennen, wie weit der Spitzensteuersatz und der Eingangssteuersatz während der rot-grünen-Regierungszeit gesunken sind, wo die Steuersätze 1998 lagen und wo sie heute liegen, wie stark das steuerfreie

Existenzminimum gestiegen ist und in welchem Umfang insbesondere die Unternehmensbesteuerung in diesem Zeitraum gesunken ist? Außerdem sagen Sie bitte im Vergleich dazu noch einmal, wie stark die Mehrwertsteuer in der Regierungszeit von Bundeskanzler Kohl von 1990 bis 1998 gestiegen ist.

Herr Kollege Briese, Sie geben mir Recht, dass das mehr Fragen waren. Insofern ist Ihr Fragekontingent abgearbeitet.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das war eine Frage zu einem Themenkom- plex!)

Für die Landesregierung Herr Minister Hirche, bitte!

Meine Damen und Herren, das Instrument der Fragestunde dient dazu, präzise Fragen zu einem bestimmten Bereich zu beantworten, und nicht dazu, eine allgemeine Debatte über Steuerfragen zu führen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Hirche, die Frage war sehr präzise!)

Meine Damen und Herren, deswegen wird die Landesregierung sehr gerne bei anderer Gelegenheit auf allgemeine Fragen zur Steuerpolitik antworten.

Dabei will ich auf einen Sachverhalt eingehen, der in diesem Zusammenhang von großem Interesse ist. Die Bundesregierung hat durch die Änderung der Körperschaftsteuer Ausfälle von über 25 Milliarden Euro verursacht.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Sie sollen die Frage beantworten!)

Das belastet den Bundeshaushalt und natürlich auch die Länderhaushalte indirekt mit.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat sich auf die Beantwortung der Fragen des Kollegen Dinkla zum Thema „Energiesteuern“ konzentriert. Das ist nämlich ein Steuerbereich, den man sehr wohl beeinflussen kann. Ich erkläre für die Landesregierung in diesem Zusammenhang:

Wir sehen mit großer Sorge - ich sage so etwas selten in der Öffentlichkeit -, wie sich diese Politik auf die Chemiearbeitsplätze in Niedersachsen auswirkt. Das sind nämlich Unternehmen, die stromintensiv arbeiten. Wir haben in Stade und in Wilhelmshaven eine hohe Konzentration der Chemieindustrie. Diese Arbeitsplätze sind in besonderer Weise durch die angekündigten Vorhaben gefährdet.

(Bernd Althusmann [CDU]: Tabak- steuer, Ökosteuer!)

Meine Damen und Herren, dass die Landesregierung mit dieser Sorge nicht alleine dasteht, das zeigen die Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Clement überdeutlich, der fast verzweifelt darauf aufmerksam macht, in welcher Weise Gedankenspiele - die es im Augenblick ja sind - bei den Grünen und in seiner eigenen Fraktion zur Gefährdung von Arbeitsplätzen beitragen. Es hat in diesem Landtag eine Übereinstimmung darin gegeben, dass das größte soziale Problem im Augenblick die Bereitstellung von Arbeitsplätzen ist.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Nennen Sie die Steuersätze noch?)

Wir haben in dieser Zeit 5 Millionen Arbeitslose. Jedes Drehen an weiteren Belastungen führt direkt zur Vernichtung von Arbeitsplätzen. Das ist eine unsoziale Politik, die hier von den Grünen hereingetragen wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ralf Briese [GRÜNE]: Sie haben kei- ne einzige Frage beantwortet! Wir stellen fest: Der Wirtschaftsminister kennt die deutschen Steuergesetze nicht!)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Wenzel.

Herr Minister Hirche, für den Wirtschaftsminister des Landes Niedersachsen war das schon eine sehr selektive und auch sehr peinliche Darstellung der wirtschaftlichen Situation.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Wenzel, Sie bewerten nicht, sondern Sie stellen bitte eine Frage!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme dazu. Ich muss leider feststellen, dass die Frage von Herrn Briese nicht beantwortet wurde.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das kannst du im Ältestenrat ansprechen!)

Herr Minister Hirche, angesichts der Tatsache, dass die Beiträge zur Rentenversicherung heute um 1,7 % niedriger liegen, als sie liegen würden, wenn wir die Ökosteuer nicht hätten, frage ich Sie: Welche Auswirkungen hätte es auf die mittelständische Industrie, das Gewerbe und andere Bereiche der Wirtschaft in Niedersachsen, wenn die Rentenbeiträge heute bei 21,2 % liegen würden? Dort würden sie liegen, wenn wir die Ökosteuer nicht hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben hier ein interessantes Vorgehen. Es ist nämlich der Versuch gemacht worden, sich vor einer Reform der Rentenversicherungssysteme zu drücken und stattdessen die Belastung aus diesem Bereich in einen anderen Sektor zu verschieben nach dem Motto „Wir können diskutieren, dass die Rentenbeiträge nicht so gestiegen sind, wie sie ohne die Einführung einer neuen Steuer gestiegen wären“. Meine Damen und Herren, Sie haben sich um eine echte Reform des Rentensystems gedrückt, und daran wollen Sie vorbeireden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Es ist doch völlig klar: Jede Erhöhung der Lohnnebenkosten schadet den Arbeitsplätzen. Insofern ist die Verhinderung einer stärkeren Erhöhung zunächst einmal natürlich eine Entlastung in diesem

Bereich. Wenn Sie aber an der einen Stelle entlasten und gleichzeitig an der anderen Stelle neu belasten, dann ist das ein Nullsummenspiel.

Aber das Schlimme ist: Sie treiben die energieintensiven Betriebe aus dem Lande. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Konrath. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Wie beurteilt die Landesregierung die Vorschläge der Grünen, die Ausnahmeregelungen bei der Ökosteuer für energieintensive Betriebe abzuschaffen?

Danke schön. - Für die Landesregierung Herr Minister Hirche!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das war doch schon beantwortet!)

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Konrath, die Landesregierung teilt in diesem Zusammenhang völlig die Auffassung des Bundeswirtschaftsministers Clement, der - so stand es gestern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - am Mittwoch in Berlin gesagt hat:

„Energieintensive Betriebe wie die Aluminiumbranche befinden sich am Anschlag. Sie haben keine Gewinnmarge mehr. Ich kann nicht verantworten, dass diese Industrien Deutschland verlassen.“

Meine Damen und Herren, Herr Clement hat aus seiner Verantwortung als Bundeswirtschaftsminister deutlich gemacht - genau wie ich das für die Landesregierung getan habe -, dass eine solche Politik völlig unverantwortlich ist, im Übrigen keine Rücksicht nimmt auf die Folgen für Arbeitsplätze, die nachher wieder mit staatlichen Maßnahmen bekämpft werden sollen mit Geld, das wir nicht haben, und deshalb aus Schulden, die wir für die

nächste Generation aufbauen. Meine Damen und Herren, dies ist und bleibt eine unsoziale Politik.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die zweite und für ihn damit letzte Zusatzfrage stellt Herr Kollege Wenzel. Bitte!