Der Anlass für diese Aktuelle Stunde ist der Beschluss, den der Landesblindenverband zum Start eines Volksbegehrens zur Wiedereinführung eines einkommens- und vermögensunabhängigen Blindengeldes gefasst hat. Wir reden über Kürzungen im Bereich der Leistungen für blinde Menschen. Ich kann sehr wohl nachvollziehen, wenn diese Menschen ihren Unmut äußern und jetzt weitere Schritte unternehmen. Für sie war in der Tat das Blindengeld ein wichtiger Teil ihrer finanziellen Lebensplanung. Das ist uns allerdings sehr wohl bewusst.
Es ist natürlich unbestritten, dass es ein verfassungsmäßiges Recht des Blindenverbandes ist, ein Volksbegehren zu initiieren. Wir respektieren diesen Schritt und werden uns natürlich erneut im Landtag mit der Frage des Landesblindengeldes intensiv auseinander setzen, wenn das Volksbegehren das erforderliche Quorum von 10 % der Wahlberechtigten in Niedersachsen erreicht.
Allerdings sehe ich derzeit nicht, dass wir uns in einigen Monaten mit einer neuen Diskussionslage befassen müssten; denn auch der Landesblindenverband kann im Moment keine realistischen Finanzierungsalternativen aufzeigen. Wir befinden uns in einer absolut katastrophalen Haushaltslage, in der wir sämtliche Leistungen des Landes infrage stellen müssen, so schwer uns dies im Einzelnen auch fällt.
Aber eines muss auch in dieser Diskussion klar sein: Wir wollen nicht weiter auf Kosten unserer nachfolgenden Generationen leben. Wir können daher dauerhaft nur so viel Geld für staatliche Leistungen ausgeben, wie die öffentlichen Hände über das Aufkommen an Steuern, Beiträgen und Gebühren einnehmen.
Als FDP-Fraktion haben wir bei den Haushaltsberatungen entschieden, dass eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei der Gewährung von Leistungen für blinde Menschen vertretbar ist. Anstelle einer von der individuellen finan
ziellen Leistungsfähigkeit unabhängigen Gewährung von Blindengeld ist vielmehr eine Beschränkung auf zielgenaue Hilfen erforderlich.
Mit der Blindenhilfe nach dem SGB XII steht eine bedarfsorientierte Leistung in Höhe von 585 Euro im Monat alternativ zur Verfügung. Eine große Zahl von blinden Menschen besitzt einen Anspruch auf diese Blindenhilfe, weil ihre Einnahmen - in den meisten Fällen bekanntlich Rentenzahlungen unter oder nur wenig über den Freibeträgen liegen. Zudem wird Einkommen über dem Freibetrag zu maximal 40 % auf die Blindenhilfe angerechnet. Noch ist allerdings nicht abzusehen, in welchem Umfange blinde Menschen Leistungen der Blindenhilfe beantragt haben und in welchen Fällen Bewilligungen ausgesprochen wurden.
Wir wissen, dass es bei der Verweisung auf das Sozialhilferecht für etliche blinde Menschen zu besonderen Härten kommen kann; das gilt insbesondere im Hinblick auf die Vermögensanrechnung. Wir stellen zusätzlich einen Fonds in Höhe von mindestens 3 Millionen Euro zur Verfügung. Dieser soll der Unterstützung von blinden Menschen in besonderen Situationen dienen, wie z. B. der Finanzierung von Assistenzdienstleistungen, teuren Haushaltsgeräten oder anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität und gesellschaftlichen Teilhabe.
Einen Sonderfall stellen blinde Kinder und Jugendliche dar, die weniger als 5 % aller Blinden umfassen, deren Behinderung aber für sie und ihre Familien eine ganz besondere Belastung darstellt. Wir zahlen jetzt ein einkommensunabhängiges Blindengeld in Höhe von 300 Euro für alle unter 27-Jährigen. Das ist übrigens eine Besserstellung gegenüber früher. Diese Leistung berücksichtigt den zusätzlichen finanziellen Aufwand bei der Integration blinder Jugendlicher und Kinder.
Zum Schluss noch einige Worte zu Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPDFraktion. Sie setzen ja immer darauf, dass Sie gerne als Anwalt der kleinen Leute auftreten, und Sie reden von „Notwehr blinder Menschen“. Ich will Ihnen Folgendes sagen: Durch die Vorgänge in diesem Haus, auf die ich jetzt gar nicht näher eingehen will, die aber für die Glaubwürdigkeit Ihres Engagements für die Bedürftigen eine ganz entscheidende Rolle spielen, wird diese Glaubwürdigkeit in erheblichem Maße eingeschränkt.
Insofern tragen Sie ein gerütteltes Maß Verantwortung dafür, wenn Sie die heruntergegangenen Temperaturen im Land Niedersachsen betrachten.
Herr Schneck, ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Wirken zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Althusmann, wer im Glashaus sitzt, soll bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir Sie morgen mit einem Entschließungsantrag auffordern werden, einen Armuts- und Reichtumsbericht für das Land Niedersachsen vorzulegen, den Sie bis heute schuldig geblieben sind. Vielleicht befassen Sie sich einmal mit dem Armutszustand hier und vor allen Dingen mit Ihrem Anteil daran. Sie verweigern sich doch im Bund konsequent einem Subventionsabbau und nehmen dabei in Kauf,
dass Ihr Landeshaushalt in eine derart schwierige Lage kommt, dass Sie an allen Ecken und Ende kürzen müssen mit der Folge, dass in Niedersachsen die Armut steigt. Dazu gehört natürlich auch das Blindengeld.
Daneben nehmen Sie billigend in Kauf, dass die Blinden Niedersachsens aus dem Land vertrieben werden. Reihenweise fangen sie an, sich woanders anzumelden, wo es noch etwas gibt. Das Mindeste, was man von Ihnen hätte erwarten dürfen, wäre doch wohl eine Abstimmung mit den anderen Bundesländern, um zu einer einheitlichen Regelung zu kommen. Wenn Sie hier sagen, dass es schlecht sei, dass in Thüringen und in anderen Ländern andere Blindengelder gezahlt werden, dann heißt das in der Konsequenz doch nur, dass Sie vorhaben, dass ein Dominoeffekt durch die Republik geht und sich alle Finanzminister der Bundesländer zukünftig bei den Blinden bedienen und die Blinden überall null haben. Das, meine Damen und Herren, nehmen wir nicht hin!
Die blinden Menschen in Niedersachsen werden dieser Tage ohnehin außerordentlich verwundert gewesen sein, als sie einen Brief der Sozialministerin bekommen haben, die ihnen noch einmal fein erklärt hat, was alles sich jetzt ändert. Ich finde das allerdings einigermaßen befremdlich, nachdem zum 1. Januar genau die Gelder gestrichen worden sind, mit denen sich die Blinden diesen Brief hätten vorlesen lassen können.
Bereits in der Debatte über den Haushalt 2005 haben wir Ihnen prophezeit, dass das Blindengeld Ihr Waterloo werden wird. Genau das ist eingetreten. Sie sind kalt lächelnd über alle berechtigten Einwände der Betroffenen hinweggegangen. Sie haben alle Warnungen in den Wind geschlagen. Und die goldenen Brücken, die der Landesblindenverband und wir Ihnen mit dem Kompromissvorschlag gebaut haben, haben Sie überhaupt nicht betreten.
Sie dürfen sich nicht wundern, dass sich jetzt abzeichnet, dass Ihnen die Suppe, die Sie sich da eingebrockt haben, serviert wird, indem der Blindenverband diese schnöde Benachteiligung einfach nicht hinnimmt und eine Volksinitiative startet. Das ist auch gut so, meine Damen und Herren; denn nur so kann verhindert werden, dass das, was hier angerichtet wurde, von den Finanzministern in der gesamten Republik den Blinden serviert wird.
Die Köchin dieser Suppe, Sozialministerin Frau von der Leyen, hat in der gesamten Diskussion immer wieder wortreich versucht, die Blinden davon zu überzeugen, dass es so schlimm nicht sei, und über Sozialhilfe sei schließlich für alle gesorgt. Sie hat dabei zwei Dinge verschwiegen: zum einen die behindertenpolitische Dimension dieser Maßnahme, die Verabschiedung vom Nachteilsausgleich und von der Förderung der sozialen Teilhabe von behinderten Menschen. Das ist von Ihnen auch immer so gewollt worden. Sie wollen Almosen, Sie wollen Bedürftigkeitsprüfung, Sie wollen Mildtätigkeit. Das ist behindertenpolitisch nicht in Ordnung.
Zum anderen, meine Damen und Herren, müssen Blinde jetzt fast ihr gesamtes Vermögen ausgeben, ehe sie eine Leistung bekommen. Sie haben natürlich einkalkuliert, dass die das gar nicht machen können, bis die Substanz verbraucht ist. Dann erst greift die Blindenhilfe. Die geht zulasten der Kommunen. Dazu haben Sie ja schon im Haushaltsausschuss und im Sozialausschuss äußerste Zurückhaltung verkündet. Sie wollen den Kommunen das Geld nur nach Maßgabe der Haushaltslage ersetzen. Ich sage Ihnen: Die Kommunen sind sehr hellhörig geworden. Sie wissen, dass in Zukunft die gesamten Kosten auf sie entfallen werden.
Dann haben Sie ja noch den Mildtätigkeitsfonds mit 3 Millionen Euro Startkapital erfunden. Was heißt das denn eigentlich? Wollen Sie nur die Rendite ausgeben, oder gibt es jedes Jahr 3 Millionen Euro? Welche Regeln zur Auszahlung wird es geben? Das ist doch ein völlig intransparentes Verfahren, meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen eines: Ob Ihnen der Blindenverband dabei
In dem Anschreiben der Ministerin heißt es, sie denke an eine einmalige Unterstützung für Mehraufwendungen zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Wie muss man sich das denn nun vorstellen? Da will z. B. ein blinder Mensch in ein Konzert gehen. Bislang hatte er dafür Mittel der Blindenhilfe und konnte sich eine Begleitung oder ein Taxi organisieren. Muss er dafür jetzt einen Antrag stellen? Und was heißt „einmalig“? Darf er einmal ins Konzert, oder gibt es Regeln dazu, wie oft es einem Blinden zusteht?
Genauso ist es bei der einmaligen Unterstützung für Mehraufwendungen, um mobil zu sein. Wie soll ich mir das denn vorstellen? Ein blinder Mensch braucht auf jedem unbekannten Weg eine Begleitung. Wie soll es da möglich sein, dass er nur einmalig unterstützt wird? Wie oft darf er denn irgendwohin gehen? Oder gibt es die Regelung „regelmäßig einmalig“, also mobil bei jedem Gang in eine neue Umgebung?
Sie sehen, dieses ganze Verfahren ist unausgegoren, und es ist ein sehr durchsichtiges Trostpflaster. Ich bin sehr gespannt darauf, ob Sie das überhaupt praktikabel machen können. Vor allen Dingen bin ich darauf gespannt, wie das in Ihr Konzept zum Bürokratieabbau passt. Fangen Sie doch am besten gleich mit Bürokratieabbau an, und setzen Sie den einkommensunabhängigen Nachteilsausgleich wieder ein. Mindestens erwarte ich aber, dass Sie sehr schnell über die Modalitäten dieses Fonds entscheiden. Seit dem 1. Januar erhalten die Betroffenen kein Geld mehr. Am 10. Februar bekommen sie einen Brief der Ministerin, in dem steht, über die Regelungen müsse man erst noch nachdenken. Ohne Regeln kein Geld! So spart man gleich doppelt, erst das Landesblindengeld und dann auch noch die Fondsmittel - ein Manöver, das voll zulasten der Blinden geht. Aber die haben ja ohnehin schon jedes Vertrauen in diese Landesregierung verloren. - Ich danke Ihnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüßt recht herzlich in unserer Mitte den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Herrn Dr. Schinkel,