Im Ziel sind wir uns nämlich einig. Wir wollen die DNA-Analyse in der Kriminalitätsbekämpfung mit rechtsstaatlichen Mitteln unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes intensiv nutzen, sehr viel intensiver, als es die bisherige Rechtslage erlaubt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es steht außer Frage - das ist bei den Vorrednern auch angeklungen -, dass die DNAAnalyse als erfolgreiches Verfahren zur Bekämpfung der Kriminalität unverzichtbar ist. Gerade die Aufklärung von Sexual- und Morddelikten wird dadurch erheblich erleichtert. Die Frage ist allerdings, welche Konsequenzen wir auch als Landtagsfraktion daraus ziehen.
Die bisherigen gesetzlichen Regelungen zur DNAAnalyse sind vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die molekulargenetische Untersuchung, die Speicherung und der Abgleich der gewonnenen Informationen als staatlicher Zugriff auf die in der DNA verschlüsselten Informationen angesehen wurden. Die Rechtsprechung sieht darin einen gravierenden Eingriff in das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch das ist unbestritten. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss deshalb bei der Dis
In der Praxis - das ist ein ganz wichtiger Punkt in dieser Diskussion - stellt sich die DNA-Analyse allerdings tatsächlich als Zugriff auf eindeutige Identifikationsmerkmale und nicht auf Erbinformationen dar. Die entsprechend den bisherigen technischen Möglichkeiten vorgenommenen Untersuchungen lassen keinen Rückschluss auf Erbinformationen zu. Eine entsprechende Informationsgewinnung ist im Übrigen durch das Gesetz auch ausdrücklich verboten. Diesen Punkt darf man nicht übersehen. Man muss sogar ausdrücklich auf ihn hinweisen. Das ist wichtig. Denn wenn wir ein klares Verbot im Gesetz haben, kann man nicht einfach unterstellen, dass per se darauf zugegriffen wird. Natürlich müssen wir weitestgehend und auch durch Regelungen ausschließen, dass der Zugriff anderweitig möglich sein könnte. Insoweit besteht also eine große Ähnlichkeit zwischen der DNA-Spur und dem daktyloskopischen Fingerabdruck.
Die Forderung nach einer Ausweitung der DNAAnalyse wird in erster Linie von der Politik erhoben. Wir kennen die verschiedensten Äußerungen dazu. Das spricht gerade vor dem Hintergrund, dass ein Grundrechtseingriff vorliegt, dafür, nicht ohne Not die rechtsstaatlichen Hürden abzubauen. Da werden auch die einen oder anderen Unterschiede deutlich.
Zweitens. Der bisherige Mechanismus des § 81 g StPO, also die Tatbestandsmerkmale qualifizierte Anlasstat, qualifizierte Negativprognose und der Richtervorbehalt bezüglich der Entnahme, Untersuchung und Speicherung von DNA-Mustern von Beschuldigten, sollte vor dem Hintergrund, dass es sich um einen grundrechtsrelevanten Eingriff handelt, beibehalten werden.
Die Fassung des Straftatenkataloges könnte modifiziert werden. Hier müsste man im Einzelnen auch über Formulierungen sprechen. Eine uferlose Er
Sinnvollerweise sollte z. B. die entsprechende Vorschrift auf Wiederholungstäter erweitert werden. Auch hier kann ein Konsens erreicht werden. Das kommt auch aus dem Antrag, der uns vorliegt, heraus.
Drittens. Der Richtervorbehalt bei der anonymen Tatortspur kann entfallen. Hierbei hat sich die Spur vom Spurenverursacher gelöst, sodass ein Grundrechtseingriff nicht vorliegt.
Der gezielte staatliche Zugriff auf die DNA muss qualitativ als etwas anderes als der Zugriff auf Äußerlichkeiten im Rahmen der normalen erkennungsdienstlichen Behandlung angesehen werden.
Fünftens. Es ist eine gesetzliche Grundlage - einschließlich Richtervorbehalt - für so genannte DNA-Reihenuntersuchungen zu schaffen. Für diese so genannten Massenscreenings fehlt es bisher an einer gesetzlichen Regelung.
Aus diesen Ausführungen ist sicherlich deutlich geworden, dass ein Kompromiss nicht nur im Rahmen unserer Diskussion hier im Landtag, sondern auch auf Bundesratsebene durchaus möglich sein dürfte. Wir haben hier viele Schnittmengen. Lassen Sie mich diesen Begriff verwenden, auch wenn er in der letzten Woche in einem anderen Zusammenhang überstrapaziert wurde. Ich denke, wir sollten uns dieser Diskussion konstruktiv nähern, und fordere die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen auf, hieran aktiv mitzuwirken. Vielen Dank.
Danke schön. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt, wie bereits angekündigt, Frau Kollegin Bockmann. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem - in meinem Fall von Herrn Briese. Deshalb gestatten Sie mir, zumal wir noch einen zweiten Durchgang haben, lediglich auf die wesentlichen Punkte einzugehen.
Aus der Sicht der SPD-Fraktion ist es von Bedeutung, dass 400 000 Datensätze in der Gendatei des BKA vorhanden sind. Im Fall Mooshammer hat das geltende Recht unter Beweis gestellt, was es leisten kann: Zwei Tage nach dem Mord saß der Täter bereits hinter Schloss und Riegel. Deshalb weisen die Jungen Liberalen in ihrer Presseerklärung vom 4. Februar 2005 zu Recht darauf hin, dass die Diskussion um die DNA-Tests gerade nach dem Fall Mooshammer fast hysterische Züge angenommen hat. Herr Rösler ergänzt sinngemäß, dass sich dieses Thema nicht für populistische Debatten eignet. Richtig, Herr Rösler; das meinen auch wir.
Schön wäre es aber auch, wenn die Damen und Herren von der Union sich hier einreihen könnten und sich an einer vernünftigen und sachlichen Auseinandersetzung beteiligen könnten. Die Zukunft wird es zeigen.
Auf der Homepage des Innenministeriums ist z. B. von einer Forderung nach Erweiterung der DNAAnalyse zu lesen, und zwar auf alle Straftaten mit sexuellem Hintergrund. Dies ist aber bereits seit dem 1. April 2004 geltendes Recht. Ich bitte Sie, das einmal zur Kenntnis zu nehmen.
In der Öffentlichkeit etwas zu fordern, was wir schon lange haben, ist Populismus pur. Solche Themen sollten nicht in die Wildnis der Unsicherheiten geschleudert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, DNATests dürfen - Herr Kollege Briese hat darauf hingewiesen - auch jetzt schon viel häufiger gemacht werden, als weithin bekannt ist. So gibt es in anhängigen Ermittlungsverfahren keinen Unterschied zum Fingerabdruck. In diesem Zusammenhang komme ich noch einmal auf den Kollegen Dr. Biester zurück, der ausgeführt hat, dass ein Haar von der Polizei zwecks Gentest nicht aufgenommen werden könnte. Das ist nicht richtig, Herr Kollege Dr. Biester. In Ermittlungsverfahren be
steht kein Unterschied zum Fingerabdruck. Es geht hier lediglich um die Speicherung der Daten. Da macht der Gesetzgeber zusätzliche Vorgaben. Dies ist auch vernünftig, da ein DNA-Test - anders als ein Fingerabdruck - nicht nur die Identität, sondern auch ethnische Herkunft, Geschlecht und einige Erbkrankheiten offenbart. Es gibt Methoden, dies sehr genau zu ermitteln.
Bei der Speicherung von DNA-Daten geht es also um die Frage: Wer darf es wissen, wie viel und unter welchen Bedingungen? Anders ausgedrückt: Es geht hierbei um ein Stück Balance zwischen Sicherheit und Freiheit. Deshalb gehören weder Ladendiebe noch Schwarzfahrer in die Gendatei hinein.
Auch wir sind der Auffassung, dass die DNAAnalyse zum Zwecke künftiger Strafverfolgung erweitert werden sollte. Zurzeit enthält das DNAIdentitätsfeststellungsgesetz immerhin einen Katalog mit 41 schweren Straftaten, also Mord, Totschlag, Sexualverbrechen, Erpressung, Körperverletzung im Amt, Vollrausch etc. Das ist eine immense Zahl. Wir vertreten aber die Auffassung, dass dieser Katalog der so genannten Anlasstaten erweitert werden sollte. Wir sehen hier als Grenze Fälle jenseits der Bagatellgrenze an. Dies ist für uns eine Richtschnur.
Den so genannten Richtervorbehalt halten wir für entbehrlich, wenn der Betroffene freiwillig der Speicherung zustimmt. Gleiches gilt nach unserer Auffassung für die Untersuchung von anonymen Spuren am Tatort. Eine weitere Aushebelung des Richtervorbehalts lehnen wir ab, weil eine DNAAnalyse eben nicht ein Fingerabdruck, sondern genetisches Material ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Sie legen ja auch immer sehr viel Wert auf Ihren anwaltlichen Sachverstand im Rechtsausschuss. Gestatten Sie mir deshalb, zum Abschluss den Deutschen Anwaltsverein zu zitieren.
heblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Bürgers, zumindest als polizeiliches Standardmittel. Auch die so genannten nicht codierenden Teile des Genoms enthielten eine Missbrauchsgefahr. Eine richterliche Anordnung sei weiterhin unverzichtbar, so der Anwaltsverein. Wir haben dem nichts hinzuzufügen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einzig der Satz des Entschließungsantrages von Bündnis 90/Die Grünen ist uneingeschränkt richtig und bringt es auf den Punkt: Die DNA-Analyse in Strafverfahren ist eines der wirksamsten und effizientesten Mittel zur Strafverfolgung.
- Das ist Ihr kluger Satz! - Viele schwere Verbrechen, wie Mord, Vergewaltigung und sexueller Missbrauch, konnten mittels der DNA-Analyse zuverlässig aufgeklärt werden, insbesondere auch solche Straftaten, die teilweise Jahrzehnte zurücklagen und bei denen niemand mehr an Aufklärung glaubte; denn eines ist bei den DNA-Spuren in der Tat anders als beim herkömmlichen Fingerabdruck: Kein Verbrecher kann sicher sein, nicht doch irgendwie geringste Spuren von sich - seien es nur Haare oder Hautschuppen - am Tatort zurückzulassen, anhand deren er überführt werden kann. Inzwischen weiß jeder potenzielle Straftäter, dass winzigste Spuren ausreichen, um eine gezielte Identifizierung zu ermöglichen. Dies - das werden Ihnen nicht nur einzelne Kriminologen, sondern das wird Ihnen jeder Kriminologe bestätigen - hat hohe abschreckende und damit präventive Wirkung.
Was also hindert uns daran, die DNA-Analyse zu einer herkömmlichen Standardmethode der Ermittlungen zu machen? - Vielleicht die von der Fraktion der Grünen behauptete Möglichkeit, auch aus den nicht codierenden Teilen der DNA ließen sich Informationen über die ethnische Herkunft
oder seltene Krankheitsdispositionen der Betroffenen gewinnen? - Wohl kaum; denn diese Behauptung stimmt nicht. Sie ist wissenschaftlich falsch. Dies ist in der Literatur auch ohne weiteres nachzulesen.
Schauen Sie sich bitte einmal das Deutsche Ärzteblatt an. Auf Seite 145 können Sie nachlesen, dass bei der DNA-Analyse in Strafverfahren lediglich die bei jedem Menschen unterschiedlichen Abstände zwischen den Genen mit den entsprechenden Spuren verglichen werden. Die Informationen, Herr Briese, die sich auf den Genen selbst befinden, werden nicht überprüft. Nur dort könnte man etwas über Herkunft, Augenfarbe oder vielleicht auch Krankheitsdisposition erfahren. Die DNA-Analyse ist also nichts anderes als der Abgleich zwischen Spur und Muster - nicht mehr und nicht weniger.