Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

(Heiterkeit und stürmischer, lang an- haltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich frage Sie als Fraktionsvorsitzendenkollege - auch ich habe ein bisschen mit dem Einreichen von Entschließungsanträgen usw. zu tun -: Ers

tens. Wie können Sie einen solchen Entschließungsantrag nach so einer Position überhaupt zulassen? Zweitens. Wie können Sie - wenn er schon eingereicht wird - so eine Linie zulassen, wie sie Frau Dr. Andretta vorgetragen hat? Ich kann mir das nur so erklären: Entweder war es die Frühschicht oder die Spätschicht. Einer von beiden muss wohl gerade anwesend gewesen sein!

(Heiterkeit und starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber Sie haben ja jetzt eine Chance. Sie können sich jetzt hinstellen und für Ihre Position aus dem November 2003 aktiv an unserer Seite eintreten.

Aber eines sage ich Ihnen, was nicht geht: Im November 2003 Programme zu beschließen, seinen Namen dafür herzugeben, dann aber anschließend hier etwas ganz anderes zu vertreten - das ist eine Art, in Ihrer verzweifelten Lage ein politisches Süppchen zu kochen, die ich für verlogen halte.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Gabriel zu Wort gemeldet. Sie haben noch eine Restredezeit von 3:34 Minuten. Bitte schön!

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herausforderungen, Herr Kollege Stratmann und Herr Kollege McAllister, muss man annehmen.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Zwei Dinge sind wichtig. Erster Punkt. Damit wir das gleich klar haben: Wir diskutieren heute über Ihre Wahlversprechen, nicht über Versprechen von Sozialdemokraten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - La- chen bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Keine Sorge, ich sage auch gleich etwas zu meiner Position. - Aber die geneigte Öffentlichkeit, die Herr McAllister gerade informiert hat, erlebt doch heute eine hohe Flexibilität bei CDU und FDP im

Umgang mit Dingen: mit dem, was man vor der Wahl ins Regierungsprogramm schreibt. - Meine erste Frage, Herr Ministerpräsident, Herr Stratmann, Herr McAllister: Haben Sie Ihrem eigenen Regierungsprogramm damals eigentlich die Zustimmung gegeben, oder haben Sie es abgelehnt? Denn da haben Sie versprochen: Das Erststudium bleibt gebührenfrei.

(Beifall bei der SPD)

Meine zweite Frage: Dann lesen wir, was Sie bis zum heutigen Tage im Internet - da kann man übrigens nicht sprechen, Herr Stratmann, da kann man nur lesen - veröffentlichen. Da steht drin: Das Erststudium bleibt gebührenfrei. Dieses Versprechen wird auf der Seite der Staatskanzlei bis zum heutigen Tage gegeben. Wissen Sie, was Sie da machen? Sie versuchen, der Öffentlichkeit weiszumachen, es gebe bei Ihnen eine durchgehende Position, und Herr Wulff hätte das rechtzeitig gemerkt, weil er Instinkt hat.

Ich sage Ihnen etwas: Sie haben vor der Wahl und nach der Wahl immer das Gegenteil von dem versprochen, was Sie heute machen. Das ist das, was Sie tun!

(Lebhafter Beifall bei der SPD - La- chen bei der CDU und bei der FDP)

Herr Stratmann, ich gebe Ihnen Recht. Man muss nicht Prognosen für die nächsten 30 Jahre machen. Da haben Sie völlig Recht. Aber ich finde, etwas länger als zwei Jahre sollten die Versprechen eines Ministerpräsidenten schon halten, Herr Stratmann.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Bei Ihnen gibt es also einen Unterschied zwischen dem Regierungsprogramm, der Regierungserklärung und dem gesprochenen oder gebrochenen Wort. Das ist der Unterschied. Diese Unterschiede müssen Sie noch einmal erklären.

Zweiter Punkt. Herr Kollege McAllister, damit wir uns darüber klar sind, wo der Unterschied zwischen mir bzw. all denen, die in der SPD über nachgelagerte Studiengebühren diskutieren, und Ihnen besteht: Das sind zwei wichtige Unterschiede. Erster wichtiger Unterschied: Niemand von uns kürzt zuerst den Hochschulen die Gelder weg und holt sie sich dann von den privatisierten Universitäten wieder - niemand!

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Schauen Sie doch mal auf die Bundesebene, was da passiert ist! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Wenn die CDU und die FDP so hehre Sprüche machen wie „Es ist eine Investition in die Zukunft, wenn man Studiengebühren zahlt!“, dann darf man das Argument für Studiengebühren nicht dadurch diskreditieren, dass man vorher den Hochschulen das Geld kürzt. Dann ist es nämlich keine Investition in die eigene Zukunft, wenn man Studiengebühren zahlt, sondern die Privatisierung des staatlichen Bildungsauftrages an den Hochschulen. Das bereiten Sie hier vor, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Stratmann, dass bei Ihnen jeder skeptisch ist, wenn Sie versprechen, Sie ließen das Geld an den Hochschulen, liegt daran, dass Sie - als Person -, Herr McAllister und Ihr Ministerpräsident hier im Landtag, als wir Langzeitstudiengebühren eingeführt haben - wir sind nämlich im Übrigen der Meinung,

(David McAllister [CDU]: Wer ist „wir“? Netzwerker oder Fraktion?)

dass das Erststudium gebührenfrei sein muss, aber wir sind nicht der Überzeugung, dass man lebenslang im Erststudium sein darf -, dagegen gestimmt haben. Sie waren gegen Langzeitstudiengebühren.

Zweiter wichtiger Unterschied: Als Sie dann an die Regierung kamen, haben Sie das Geld nicht an den Hochschulen gelassen, sondern Sie haben es Ihrem Finanzminister gegeben. Kommen Sie uns nicht so, und reden Sie nicht über die Frage, was Sie tun und wie Sie reden! Sie haben in der Vergangenheit das Gegenteil von dem getan, was Sie hier vorher versprochen haben, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Gabriel, Sie müssen zum Schluss kommen.

Besonders dreist finde ich es, wenn man sagt, die Hochschulen mögen doch bitte freiwillig entscheiden, ob sie Studiengebühren wollen. Erst den

Hochschulen die Mittel zu kürzen und hinterher großzügig zu sagen „Ihr dürft entscheiden, ob ihr euch das Geld, das ihr braucht, von den Studenten holt oder nicht.“, das ist, meine ich, nichts anderes als die Nötigung der niedersächsischen Hochschulen, meine Damen und Herren. Nichts anderes wird da vorbereitet!

(Beifall bei der SPD)

Wer wie ich für nachgelagerte Studiengebühren diskutiert hat,

(David McAllister [CDU]: Sie sind da- für!)

hat immer gesagt: Wir brauchen ein Stipendiensystem dafür, und zwar nicht, Herr Stratmann, wie Sie für 15 % derjenigen, die die Hochschulen aussuchen. Sie importieren aus England, aus Frankreich und aus Amerika immer nur die Hälfte: die Gebühren. Sie haben keine Antwort darauf, wie Sie den einkommensschwachen Schichten - und zwar jedem, der es kann - hinterher das Studium finanzieren. Keine Antwort haben Sie darauf! Das ist der Grund, warum wir dagegen sind.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Barer Unsinn ist das!)

Herr Gabriel, ich möchte Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Wer ein selektives Bildungssystem einführt, wer anders als Frankreich nicht eine Abiturquote von 54 % hat, sondern gerade mal 30 % - das ist der Durchschnitt in Deutschland -, wer nicht zur Kenntnis nimmt, dass nur die BAföG-Erhöhung unserer Regierung in Berlin es geschafft hat, die Studierendenquote von 28 % auf 36 % zu steigern, wer nicht merkt, dass das etwas mit der Frage zu tun hat, ob man das Geld hat, um sich ein Studium leisten zu können, und nichts für Stipendien tut, der soll nicht kommen und uns unsere Programme vorhalten. Ihr Programm war: Sie wollen keine Studiengebühren. Sie haben die Studenten und die Familien vor der Wahl und nach der Wahl bis zum heutigen Tage in dieser Frage belogen, und darüber reden wir heute.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(David McAllister [CDU]: Ach, scha- de!)

Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wird beantragt, den Antrag an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zur federführenden Beratung zu überweisen. Mitberatend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen tätig sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Ich sehe weder Gegenstimmen noch Stimmenthaltungen. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 41: Erste Beratung: Lkw-Maut erfolgreich gestartet - Pkw-Maut verhindern - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/1690

(Unruhe)

Wenn wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, beginnen wir mit der Beratung. Aber erst einmal warten wir so lange, bis diejenigen, die sich unterhalten wollen, den Raum verlassen haben. - So, meine Damen und Herren, ich eröffne jetzt die Beratung. Zur Einbringung hat sich der Herr Kollege Will von der SPD-Fraktion gemeldet. Bitte schön, Herr Will!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde wurde das Thema Maut in dieser Woche bereits aufgegriffen. Festzuhalten bleibt: Allen Unkenrufen zum Trotz und trotz manch heimlicher Hoffnung auf ein Scheitern der Technologie - ich erinnere nur an die strikte Ablehnung der Maut z. B. durch die CDU-Fraktion in diesem Hause - ist die Inbetriebnahme des Mautsystems für Lkw ein Erfolg für den Industrie- und Technologiestandort Deutschland. Das hervorragend funktionierende System überzeugt. Seit dem 1. Januar