Wenn Sie das getan hätten, hätten Sie wahrscheinlich das gehört, was wir, als wir letzte Woche dort waren, auch gehört haben. Uns wurde von Polizeibeamten ein Modell vorgestellt, und der dortige Kollege hat in seiner abschließenden Bewertung gesagt: Ich würde Ihnen empfehlen, das nicht unter dem Begriff „freiwilliger Polizeidienst“ zu diskutieren; denn das, was wir hier machen, hat mit der eigentlichen Polizeiarbeit nichts zu tun. Wenn Sie das gehört hätten, Herr Dr. Lennartz, hätten Sie Ihren Antrag wahrscheinlich so nicht gestellt.
Die FDP hat auf ihrem Parteitag eindeutig beschlossen, was sie möchte und was sie nicht möchte. Sie möchte - genau wie Sie es gesagt haben - viele Dinge nicht, unter anderem keine Polizeihilfsdienste. Wir möchten keine Bürgerwehren, wir möchten keine privaten Sicherheitsdienste, und wir möchten auch nicht, dass kommunale Ordnungsdienste mit dem Ziel des Bußgeldeintreibens zur Sanierung der kommunalen Haushalte auf die Straße geschickt werden.
Das, was wir nicht wollen, haben wir um das ergänzt, was wir wollen und was wir für wichtig halten. Dazu gehört, dass man in der Politik ein starkes Augenmerk auf die Kriminalität und die Gewalt unter Jugendlichen legen muss. Diesbezüglich haben sich in den vergangenen Jahren Tendenzen entwickelt, vor denen man nicht länger die Augen verschließen darf. Die Probleme - das habe ich das letzte Mal im Rahmen einer Aktuellen Stunde gesagt - liegen öfter im Graubereich zwischen der Zuständigkeit des Jugendamtes auf der einen und der polizeilichen Tätigkeit auf der anderen Seite. Die Kriminalität unter Jugendlichen ist deutschlandweit und auch in Niedersachsen im Steigen begriffen. Auch die letzte Polizeistatistik in Niedersachsen wies eine gegenüber dem Vorjahr gestiegene Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen aus.
Schauen wir uns einmal die praktische Anwendung vor Ort beispielsweise in Hessen an. Uns wurde letzte Woche das Beispiel der Kommune Ahnatal geschildert. Dort konnte man - man muss dazu sagen: nicht allein durch den freiwilligen Polizeidienst bzw. das Einbinden der Bürger, sondern durch ein gesamtes Maßnahmenpaket - ein Jahr, nachdem man von einem privaten Sicherheitsdienst auf Bürgerengagement umgestellt hatte, feststellen, dass die Zahl der Delikte, die dieser Gruppe eigentlich zuzuordnen sind, um 48 % und die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen um ein Drittel zurückgegangen ist.
Man muss genau untersuchen, wie es zu derartigen Entwicklungen kommt und welche Instrumente sinnvoll und notwendig sind, um insbesondere den Graubereich zwischen Jugendamt und Polizei anzugehen. Daher haben wir als FDP auf unserem Parteitag beschlossen, dass man sich diesem Thema mit einem Maßnahmenpaket annehmen
Grundlage sollten, denke ich, wie in Hessen auch, die kommunalen Präventionsräte sein, die in Hessen übrigens flächendeckend eingerichtet sind bzw. eingerichtet werden sollen. Ferner sollten die Vereine und das ehrenamtliche Engagement von Bürgern zur Hilfe genommen werden, um in diesem Graubereich präventiv tätig werden zu können.
Was Prävention in diesem Bereich angeht, Herr Dr. Lennartz, so werden Sie mir zustimmen, dass das, was in dem hessischen Bericht steht, nämlich dass das wesentliche Ergebnis Kontakte und Gespräche waren, durchaus positiv ist; denn Prävention erreicht man durch Gespräche und nicht durch den Einsatz von Gewalt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Grünen insofern für ihren Antrag dankbar, als sich dadurch zeigt, dass es vielleicht gar nicht schlecht wäre, Herr Kollege Lennartz, wenn Sie sich mit Ihrer Fraktion einmal angucken würden, wie es in Bayern und Hessen - Sie können auch andere Bundesländer nehmen, die ähnliche Dienste eingesetzt haben läuft. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wenn man sie nicht durch eine ideologische Brille betrachtet.
In Bayern heißt das „Sicherheitswacht“. In Hessen heißt es „freiwilliger Polizeidienst“. Wenn Sie darauf geachtet hätten, worüber wir in den Fraktionen von CDU und FDP in Wahrheit gesprochen haben, dann wüssten Sie, dass es um einen freiwilligen Ordnungs- und Streifendienst geht. Das erst einmal zur Verdeutlichung.
Ich will auch noch einmal aufzeigen, um welche Befugnisse es hierbei geht; denn es wird immer von „Polizei“ gesprochen. Zunächst einmal geht es - in Bayern wie in Hessen - um die Jedermanns
rechte. Darüber brauchen wir, glaube ich, hier nicht zu streiten. Hinzu kommt in Bayern und Hessen die Befugnis, einen Platzverweis zu verhängen und die Personalien festzustellen. Im Unterschied zu Bayern kommt in Hessen die Möglichkeit dazu, Ordnungsgelder zu verhängen. Das ist der Tatbestand.
Das ist in diesen Bundesländern nicht einfach verantwortungslos eingeführt worden; vielmehr - das haben Sie in Ihrem Antrag ja auch geschrieben hat man das Ganze wissenschaftlich begleiten lassen. Man hat zunächst ein Pilotprojekt durchgeführt und die Ergebnisse ausgewertet.
Ich habe aufgrund Ihrer Einlassung in Hessen ausdrücklich nachgefragt, ob das Urteil der Universität Gießen insgesamt tatsächlich so vernichtend ist, wie Sie es hier behaupten. Man hat mir gesagt, das Gegenteil sei der Fall. Ich kann Ihnen gerne in Aussicht stellen, dass Sie die Möglichkeit erhalten, das gesamte Gutachten durchzulesen. Da steht vieles drin, was in Sie in Ihrem Antrag vergessen haben, nämlich all das, was es da an positiven Dingen gegeben hat.
Nun zu Ihrem Antrag selbst. Sie sagen, es wird womöglich jemand mit Pfefferspray ausgestattet, und erwecken den Eindruck, als könnten sie jemandem, den sie auf der Straße sehen und der etwas tut, was nicht in Ordnung ist, Pfefferspray ins Gesicht sprühen. - Es ist ausdrücklich so, dass das dem Selbstschutz dient. Selbst wenn Sie, Herr Kollege Dr. Lennartz, Pfefferspray in der Tasche hätten, wäre das im Moment nicht strafbar, es sei denn, Sie gingen damit ohne Grund auf mich los; das wäre nicht in Ordnung.
Aber seitdem Sie Ihren Hals mit einer Krawatte schmücken, habe ich den Eindruck, dass die Gefahr nicht besteht.
Meine Damen und Herren, ich betone noch einmal: Es geht weder in Hessen noch in Bayern um einen Ersatz für den Polizeidienst, sondern um die Ergänzung des Polizeidienstes, insbesondere im Bereich der Prävention. Da wir hier vielfach über Prävention gesprochen haben, sind wir uns, glaube ich, darin einig, dass das eine Aufgabe ist, die Ehrenamtliche durchaus machen können. Die meisten Kommunen haben ja Präventionsräte, in denen Ehrenamtliche sitzen. Insofern muss man das meiner Meinung nach auf dieser Ebene diskutieren.
Meine Damen und Herren, es wurde ferner der Vorwurf erhoben, da melden sich Machos oder Blockwarte. Auch das haben wir angesprochen. Vielleicht haben Sie es in der Zeitung gelesen: Natürlich melden sich auch Machos oder Blockwarte, aber die werden definitiv nicht eingestellt. Das würden wir übrigens auch nicht machen.
In Hessen schließen die Kommunen Verträge mit dem Land ab: Das Land bildet aus, und die Kommunen stellen ein. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD und insbesondere Herr Bachmann - obwohl ich gar nicht weiß, ob Sie heute dazu sprechen -, es sind ganz überwiegend SPD-geführte Kommunen, die dort den Antrag stellen. Und ich darf Ihnen auch noch eines sagen, nur damit wir wissen, worüber wir reden: In der Gemeinde Ahnatal, die diesen freiwilligen Polizeidienst beantragt hat, ist nach Einsatz dieser ehrenamtlichen Kräfte die Anzahl der Sachbeschädigungen innerhalb eines Jahres um 48 % zurückgegangen. - Ich berichte nur das, was wir dort gehört haben.
Fazit: In Bayern und Hessen sind damit gute Erfahrungen gemacht worden. Das haben auch beide Journalisten, die mit dabei waren, berichtet; Sie konnten das nachlesen. Es gibt dort auch keine Billigpolizei; uns ist immer wieder gesagt worden, dass die Freiwilligen keine Polizeikräfte seien. Der Vorwurf, je mehr Ehrenamtliche eingesetzt würden, desto mehr Polizisten könnten möglicherweise eingespart werden, kann am Beispiel dieser beiden Länder widerlegt werden. Insofern ist dieser Vorwurf nicht berechtigt.
Und jetzt noch ein Wort zu unseren Freunden von der FDP. Ich habe mir den Parteitagsbeschluss sehr genau angesehen, habe ihn exegetisch im Einzelnen untersucht und sage jetzt einige Dinge dazu.
Erstens. Auch wir, meine lieben Freundinnen und Freunde von der FDP, sind gegen schlecht ausgebildete Kräfte. Zweitens. Auch wir wollen keine Bürgerwehr. Auch wir wollen nicht, dass die Sanktionen wie z. B. Ordnungsgeld verhängen können sollen.
Um es einmal deutlich zu sagen: Das entspricht alles dem, was ihr beschlossen habt. Damit bietet sich folgendes Verfahren an: Wir werden jetzt die Erfahrungen dieser Reise auswerten. Dann werden wir überlegen, ob und, wenn ja, wie wir so etwas machen. Und wenn wir so etwas machen, wird es die Opposition rechtzeitig erfahren.
Aber das, was Sie, Herr Lennartz, hier geschrieben hat, werden wir ablehnen, weil es den Tatsachen nicht entspricht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Biallas, natürlich hätte auch der Kollege Bachmann zu diesem Thema reden können, aber wir haben das nun einmal so aufgeteilt. Er wurde nicht davon abgehalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte, nachdem die Grünen diesen Antrag gestellt haben, den ich inhaltlich und auch von der Begründung her voll unterstütze, erwartet, dass wir Klarheit darüber bekommen, was Sie eigentlich wollen. Stattdessen ist hier in einer Art und Weise herumgeeiert worden, die schon beeindruckend ist.
Das Stichwort von Herrn Biallas lautete „freiwilliger Streifen- und Ordnungsdienst“. Herr Biallas, Sie reisen nach Hessen, nehmen sogar - obwohl die FDP doch so vermeintlich eindeutigen Beschlüsse gefasst hat - Herrn Bode mit und prüfen noch einmal, was denn da abläuft. Herr Biallas, ich bitte Sie: Sagen Sie doch endlich klar und deutlich, was Sie wollen. Dann wäre das Thema durch, und dann bräuchten wir den Antrag der Grünen auch nicht mehr.
Aber das tun Sie natürlich nicht, meine Damen und Herren, weil Sie immer noch Vorstellungen im Auge haben, die wir für falsch halten.
Ich kann nur dem zustimmen, was die Jungen Liberalen Niedersachsen in einer Pressemitteilung erklärt haben:
„Die FDP hat sich auf ihrem letzten Landesparteitag eindeutig gegen die ehrenamtliche Hilfspolizei ausgesprochen und auch die FDP-Fraktion hat bereits entsprechend deutlich Position bezogen.
‚Wir fordern nun auch die Fraktion der CDU auf, in einem mutigen Schritt endlich das Konzept der Zivilsheriffs fallen zu lassen und statt dessen einer offenen Gesellschaft den Weg zu ebnen, in der Zivilcourage mehr zählt als Überwachung und Misstrauen.‘“
Das ist doch mal was Ordentliches, meine Damen und Herren! Wenn sich Herr Biallas hier an seine Freunde von der FDP wenden muss, um denen einmal klar zu machen, dass er ja eigentlich mit ihnen übereinstimmt, aber nicht so richtig weiß, was er machen will, dann sollten Sie das vielleicht einmal intern klären.
Lassen Sie mich nun auf einige wenige Aspekte eingehen, warum ich diesen Weg - egal, wie man ihn benennt - für fatal halte.
Sie sollten stärker und weiter dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die heute den Polizeiberuf ausüben, qualifiziert aus- und fortgebildet werden.