Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will noch einmal einen Ausschnitt zitieren: Dem Modell ehrenamtlicher Frauenbeauftragter steht nicht entgegen, dass Inhaberinnen dieses Ehrenamtes nicht in die Kommunalverwaltung eingegliedert werden. - Ich habe mich versprochen, Entschuldigung. Es war ein bisschen unruhig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss einmal unterbrechen. Es ist wirklich eine Katastrophe mit dieser Mikrofonanlage, und ich bitte Sie, mit Rücksicht auf die Rednerin jede Unterhaltung einzustellen.

Es irritiert schon sehr. - Bückeburg hat also gesagt, dem Modell ehrenamtlicher Frauenbeauftragter stehe entgegen, dass Inhaberinnen dieses Ehrenamtes nicht in die Kommunalverwaltung eingegliedert werden und deshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie auf deren Entscheidungen und Handlungen wie auch auf das Verhalten relevanter sozialer Gruppen vergleichbar nachhaltig einwirken können wie hauptberuflich in der Kommunalverwaltung tätige Frauenbeauftragte. Das war der Punkt. Haben Sie dieses Urteil schon vergessen?

Meine Damen und Herren, ich finde es geradezu absurd, wenn man diesen Angriff auf die Gleichberechtigung der Frauen mit der desolaten Haushaltslage unserer kleinen Städte und Samtgemeinden begründet.

(Zustimmung bei der SPD)

Es glaubt doch nicht allen Ernstes auch nur einer von Ihnen, durch die Einsparung einer Stelle würden die kommunalen Haushalte besser gestellt. Das wären sie, wenn Sie den Kommunen nicht die 150 Millionen Euro genommen hätten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Sie sind da denkbar unglaubwürdig!)

Nein, meine Damen und Herren, die Gründe hierfür liegen ganz woanders. - Das müssen Sie jetzt ertragen. Hören Sie sich einmal die Gründe an.

(David McAllister [CDU]: Ich genieße das, was Sie sagen!)

Wer sich noch an die Diskussion erinnert, die in unserem Lande geführt wurde, als sich die rotgrüne Landesregierung seinerzeit entschieden hatte, in Kommunen mit über 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern hauptamtliche Frauenbeauftragte vorzuschreiben, der kennt die wahren Gründe ganz genau. Wenn auch inzwischen die dummen und frauenfeindlichen Sprüche gegen die Frauenbeauftragten nicht mehr laut gesagt werden, so bringt sie mancher doch noch hinter vorgehaltener Hand.

(Zurufe von der CDU)

Vielen, vielleicht auch von Ihnen, die Sie hier so rumschreien, sind die Frauenbeauftragten nach wie vor ein Dorn im Auge.

(Zustimmung bei der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Das müssen Sie schon ertragen, meine Damen und Herren.

Ich möchte an dieser Stelle den Herren der kommunalen Spitzenverbände - alle Repräsentanten sind nämlich männlich - etwas ins Stammbuch schreiben: Sie sollten einmal daran denken, dass sie auch viele weibliche Ratsmitglieder vertreten und dass Sie mit Ihrer jahrelangen Forderung nach der Ehrenamtlichkeit der Frauenbeauftragten die Interessen der Frauen in den Räten sehr vernachlässigen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Hätten Sie einmal bei den Ratsfrauen nachgefragt, dann hätten Sie festgestellt, dass sie in der Regel Ihre Forderung nach Änderung des Gesetzes nicht

unterstützen. Das trifft nach meinen Erfahrungen auch auf CDU- und FDP-Frauen zu, meine Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Niemand kommt doch inzwischen mehr daran vorbei zuzugeben, dass unsere Frauenbeauftragten eine sehr gute Arbeit leisten, insbesondere, Herr Minister, auch im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dieses Arbeitsfeld führen Sie in Ihrem Gesetzentwurf nun explizit an. Meiner Meinung nach wäre das nicht nötig gewesen; denn das ist tägliche Arbeit unserer Frauenbeauftragten.

(David McAllister [CDU]: Dann scha- det es ja auch nicht, wenn es im Ge- setz steht!)

Sie haben sehr viele Frauen beim Wiedereinstieg ins Berufsleben unterstützt und damit oft die Frauen aus der Sozialhilfe geholt.

(David McAllister [CDU]: Dann können wir es ja auch ins Gesetz schreiben! - Bernd Althusmann [CDU]: Unsinn!)

Meine Damen und Herren, Sie haben - das stelle ich fest - den Gleichstellungsbericht nicht gelesen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Eine bösar- tige Unterstellung!)

Hätten Sie ihn gelesen, dann wüssten Sie, dass die Gleichstellung von Frauen in unserem Land noch längst nicht erreicht ist, auch nicht in kleineren Städten und Gemeinden. Dieses Ziel ist mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit, mal so nebenbei, nun wirklich nicht zu erreichen. Wie schwer es die ehrenamtlichen Frauenbeauftragten haben, erfolgreich und optimal zu arbeiten, sehen wir doch jetzt schon. Fragen Sie einmal die betroffenen Frauen, die ehrenamtlich arbeiten, und fragen Sie auch einmal, wie die Kommunen auf die angekündigte Gesetzesänderung reagiert haben. Gemeinden lassen Stellen unbesetzt, sie wollen sie in Ehrenamtlichkeit umwandeln, sie kürzen die Stundenzahl, sie stufen zurück, und sie geben den Stellen kw-Vermerke. So läuft es überall im Land, wie uns von der Regionalkonferenz der kommunalen Frauenbeauftragten des ehemaligen Regierungsbezirks Lüneburg mitgeteilt wurde.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber so wollen die es ja auch haben!)

Meine Damen und Herren, wenn die Landesregierung die Bezeichnung „Frauenbeauftragte“ in „Gleichstellungsbeauftragte“ ändern will, soll sie das tun; dagegen wollen wir uns nicht aussprechen. Dass aber die Abwahl einer Gleichstellungsbeauftragten

(David McAllister [CDU]: Haben Sie noch ein anderes Thema?)

zukünftig mit einfacher Mehrheit statt wie bisher mit Zweidrittelmehrheit erfolgen kann, findet nicht unsere Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das schwächt die Position von Gleichstellungsbeauftragten außerordentlich. Wir wollen Frauen in diesem Amt haben, die mutig und selbstbewusst agieren und sich nicht durch die Angst vor Abwahl in ihrer Handlung eingeschränkt sehen.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum zweiten Schwerpunkt Ihrer Gesetzesänderung, der Verlängerung der Amtszeit der Bürgermeister, Landräte, Regierungspräsidenten usw. Sie kennen das Thema. Auch dieser Veränderung - der Minister hat es schon geahnt - werden wir nicht zustimmen. Es gibt sicherlich Gründe, die für eine Verlängerung der Amtszeit sprechen - das will ich gar nicht abstreiten. Der Reiz, sich für ein Amt zu bewerben, ist sicherlich größer, wenn man sich auf eine achtjährige Amtszeit einstellen kann. Ob damit auch die Qualifikation besser ist, wie der Minister sagt, wage ich allerdings anzuzweifeln.

Aber wir wissen genau - und wenn Sie ein Ohr an der Basis haben, dann werden auch Sie das feststellen -, dass es die Mitglieder in den Kreistagen und Räten nicht gerade für wünschenswert halten, wenn sich die Bürgermeister und Landräte zu sehr „verselbständigen“. Das wird mit der Amtszeitverlängerung jedoch voll unterstützt, meine Damen und Herren.

Die Bürgermeister und Landräte gehören den Kreistagen und Räten aber mit Stimmrecht an. Sie haben keine Einzelmitgliedschaft, sondern sie wurden in der Regel von einer Partei benannt, und die Partei gestaltet auch das Wahlprogramm und den Wahlkampf für sie mit. Meine Damen und Herren, vielleicht ist es nicht das wichtigste Argument, aber ich will es einmal nennen: Sie wissen - das ist in allen Parteien so -, dass sich die Aktiven vor Ort schon jetzt durch die vielen Wahlkämpfe finanziell

und organisatorisch stark belastet sehen und sich nicht darum reißen, einen zusätzlichen aufwändigen Wahlkampf außerhalb der Wahlperiode des Rates und des Kreistages zu führen. Die meisten Rats- und Kreistagsmitglieder wollen - da hätten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände vielleicht einmal nachfragen sollen - für die Eingleiser dieselbe Amtszeit wie für ihre Rats-, Kreistagsoder Regionsmandate. Fragen Sie doch einmal nach!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie haben die Verwaltungsreform durchgesetzt, und jetzt wird in einigen Regionen über das Zusammenlegen von Landkreisen und Ähnliches nachgedacht. Diesbezüglich ist eine Amtszeitverlängerung doch nur hinderlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt doch inzwischen Erfahrungswerte darüber, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bzw. die Landrätinnen und Landräte, die gut gearbeitet haben, wieder gewählt werden, selbst wenn sie im Rat oder Kreistag nicht der Mehrheitsfraktion angehören. Aber wenn man jemanden nicht mehr mag, dann sind acht Jahre eine lange Zeit.

Meine Damen und Herren, eine Überlegung: Bei einer achtjährigen Amtszeit haben die Wählerinnen und Wähler in 40 Jahren nur fünfmal die Möglichkeit, ihre Bürgermeisterin oder ihren Bürgermeister zu wählen. Hingegen haben die Bundesbürger in dieser Zeit zehnmal die Möglichkeit, mit ihrer Stimme eine Partei und somit indirekt den Kanzler oder die Kanzlerin zu wählen.

Meine Damen und Herren, dass Sie mit der Gesetzesänderung für die neu zu wählenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine Altersgrenze von 68 Jahren festlegen wollen, kann man noch akzeptieren. Aber jetzt kommt ein wichtiger Punkt -da sollten Sie zuhören -: Nach Ihren Vorstellungen soll man jetzt mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen können. Wenn man dann schon fünf Jahre im Amt war, erhält man - das glaubt man kaum - bereits die volle Pension.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört! - Glo- cke der Präsidentin)

Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie in einer Zeit, in der so viele Menschen den Gürtel enger schnallen müssen, einer Klientel, die bei ihrer Al

tersversorgung mit Sicherheit nicht an der unteren Grenze liegt, solche Geschenke machen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Wörmer-Zimmermann, Sie haben ihre Redezeit bereits um 10 % überschritten.

Meine Damen und Herren, ich will noch kurz erwähnen, dass wir uns bei der Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Stimme enthalten werden. Im Bereich der Quoren - dazu konnte ich leider nichts mehr sagen -, die wir auch kritisieren, sind wir uns einig. Aber einigen Punkten können wir nicht zustimmen.

Zu Tagesordnungspunkt 7 „Frauenbeauftragte nicht in Frage stellen, sondern stärken“ habe ich ausführlich Stellung genommen.

(David McAllister [CDU]: Leider!)

Ich möchte abschließend betonen - wir wissen ja, dass die Regierungsfraktionen diesen Antrag ablehnen werden -: Wir erwarten von dieser Landesregierung, dass sie die Arbeit der Frauenbeauftragten unterstützt und ihnen keine weiteren Steine in den Weg legt. - Danke.