Weitere Belastungen ergeben sich durch anfinanzierte Landesprogramme, die letztlich völlig in der Luft hängen. Abschreckendstes Beispiel dafür ist das, wie ich ausdrücklich sage, sinnvolle und notwendige Projekt der Sozialarbeiterstellen an Hauptschulen, welches die Vorgängerregierung nur bis zum Jahresende 2003 finanziert hat.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, sich jetzt möglicherweise darüber aufregen, dass die Landeskasse die Fortführung eines solchen Projektes kaum noch zulässt, so muss ich sagen, dass Sie doch alle Möglichkeiten gehabt hätten, dieses Programm über den Landeshaushalt 2003 langfristig zu verankern.
Das hätten Sie doch tun können. Dann wären die Dinge abgesichert gewesen, und wir hätten uns nicht streiten oder quälen müssen. Das Gegenteil aber ist der Fall: Keine müde Mark steht in der mittelfristigen Finanzplanung für diese unverzichtbaren Sozialarbeiterstellen an Hauptschulen.
Auf der gleichen Ebene - auch diesbezüglich müssen wir einmal Klarheit schaffen - bewegt sich im Übrigen das Ganztagsschulprogramm des Bundes, welches ebenfalls keine verlässliche Bezahlung sichert, sondern lediglich für dauerhafte Kosten befristete Finanzierung bietet. Am Ende werden auch hier die Kommunen den schwarzen Peter
haben. Sie müssen dann bemüht sein, die Probleme miteinander zu regeln. Das ist die Politik, die Sie zu verantworten haben.
Unter dem Aspekt der Unterrichtsversorgung und eventueller zusätzlicher Lehrerstellen habe ich mir noch einmal das SPD-Programm für die Landtagswahl 2003 angeschaut. Dort ist zu lesen:
„Wir werden die Unterrichtsversorgung im niedersächsischen Schulsystem bis 2008 deutlich weiter verbessern. Die finanziellen Spielräume im Bildungsbereich, die sich aus den sinkenden Schülerzahlen ab 2005 ergeben, sollen für die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen und Schulbudgets genutzt werden.“
Über zusätzliche Lehrerstellen habe ich nichts gefunden. Das hat eine entsprechende Konsequenz. Sie wollten das, was Sie Ihre Bildungsreform genannt haben, letztlich dauerhaft über sinkende Schülerzahlen oder über Unterrichtsausfall bezahlen. Nichts anderes war beabsichtigt.
Man darf aber nicht nur kritisieren. Ich will nicht verschweigen, dass auch die Vorgängerregierung sinnvolle Maßnahmen angeschoben und im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung verankert hat.
Herr Jüttner, wir haben mehr naturwissenschaftlichen Unterricht gewissermaßen angestoßen und Sie sind auch etwas in diese Richtung gegangen. Mehr Ganztagsangebote und eine flächendeckende Hochbegabtenförderung sind durchaus Zielsetzungen, die von uns unterstützt und fortgeführt werden. Das dürften Sie auch bemerkt haben. Es ist also nicht alles nur schlecht gewesen.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass das Land Niedersachsen mit seinen Kommunen in der wohl größten Finanzkrise steckt. Gerade deshalb bin ich außerordentlich dankbar, dass die
Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP den Kraftakt wagen, zum Schuljahresbeginn im August dieses Jahres sage und schreibe 2 500 zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen. Angesichts der genannten Rahmenbedingungen ist dies, wie ich meine, eine historische Leistung, die auf allen Seiten des Hauses Beifall verdient hat.
Dies ist eine ehrliche, mutige und klare Richtungsentscheidung. Wir wollen die Zukunftschancen unserer jungen Generation durch eine gute Unterrichtsversorgung sichern. Wir sichern damit unterrichtliche Qualität im weltweiten Wettbewerb, der sich bei folgenden nationalen und internationalen Leistungsvergleichen auszahlen wird. Wir bieten über 4 000 jungen Menschen eine gesicherte Berufsperspektive im niedersächsischen Landesdienst. Das ist, wie ich glaube, gerade in diesen Tagen eine wichtige Botschaft.
Nicht zuletzt ist hervorzuheben: Angesichts um sich greifender Politikverdrossenheit - dass es diese gibt, ist kein Wunder, wenn man einmal nach Berlin schaut und sich den Schleuderkurs der rotgrünen Regierung vor Augen führt - zeigt sich die neue Landesregierung als verlässlicher Partner und hält Wort, was die eigenen Wahlversprechen betrifft. Wir haben gesagt: 2 500 zusätzliche Lehrerstellen zum Schuljahresbeginn 2003. Wir werden das auch schaffen. Sie werden es mir nicht verübeln, wenn ich auf diese Leistungen in aller Bescheidenheit ein wenig stolz bin.
Herr Gabriel, ich weiß nicht, ob es Sie interessiert, aber die Leute sind heutzutage geradezu verblüfft, dass es noch Politiker gibt, die nach der Wahl tatsächlich das tun, was vor der Wahl versprochen wurde.
Meine Damen und Herren, wir setzen jedenfalls das um, was wir versprochen haben. Beginnend ab dem Schuljahresbeginn im August stellen wir 4 114 Lehrkräfte ein, davon 2 500 auf den genannten zusätzlich geschaffenen Lehrerstellen. Und nicht nur das: Wir sichern wohlgemerkt zusätzlich die 700 Lehrkräfte, die von der SPDVorgängerregierung, wie gesagt, nur für zwei Monate finanziert worden sind, im Landeshaushalt 2003 vollständig ab. Wenn Sie so wollen, werden sogar 4 800 stellenmäßig abgesichert. Dass wir hier Ihre Hypotheken abtragen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, sollte Ihnen auch mal einen Beifall wert sein. Aber ich vermute, das schaffen Sie heute Vormittag nicht.
Sie können alle diese Stellen im Internet nachlesen und das entsprechend abrufen. Das ist nach Wohnorten und Gebietskörperschaften gegliedert. Das ist wie ein dickes Telefonbuch. Weil die Botschaft so gut ist, müssten wir das im Einzelnen verlesen. Das wollen wir uns aber schenken. Jedenfalls alle bekommen etwas ab. Überall kommen neue Lehrer hin.
Von den 4 114 Einstellungen sind 2 882 für die allgemein bildenden Schulen vorgesehen, davon 1 500 auf zusätzlichen Stellen. 2 674 Stellen von diesem Teilkontingent wurden ausgeschrieben. Rund 200 halten wir als Reserve für unerwartete Bedarfsfälle bereit.
Es ist landauf, landab diskutiert worden, wie wir diese Stellen besetzen können. Die Zahlen sprechen für sich: Rund 2 000 Absolventinnen und Absolventen aus dem Vorbereitungsdienst zwischen April/Mai und Oktober stehen dann für den Schuldienst zur Verfügung. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, auch die etwas später fertig werdenden Junglehrkräfte insbesondere aus Niedersachsen einzubeziehen und ihnen damit eine gesicherte Berufsperspektive zu bieten. Wir wollen nicht, dass diese jungen Leute in andere Bundesländer abwandern, sondern hier in Niedersachsen ihre Chance bekommen und nutzen. Ich glaube, dieses Signal ist richtig. Wir haben es entsprechend gesetzt.
Allein im Bereich der allgemein bildenden Schulen gibt es rund 2 000 Altbewerberinnen und Altbewerber. Sie alle wissen, dass die notwendige fachund schulformspezifische Ausbildung manchmal fehlt und manchmal auch eine gewisse Mobilität
nicht gegeben ist. Viele sind seit Jahrzehnten nicht im Schuldienst gewesen oder haben vielleicht gar keine Schulerfahrung. So gehen wir davon aus, dass aus diesem Kontingent von 2 000 Altbewerbern allenfalls 600 für eine Einstellung tatsächlich zur Verfügung stehen.
Das niedersächsische Signal - dass wir nämlich trotz der Finanzkrise mehr als 4 000 Lehrkräfte einstellen wollen und können - ist bundesweit beachtet worden und führt zu Bewerbungen aus allen Bundesländern. Einige Bundesländer, gerade auch in der Nachbarschaft Niedersachsens, bilden mehr Lehrkräfte aus, als sie einstellen können. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, eine groß angelegte Werbekampagne zu starten und damit möglicherweise die anderen Bundesländer im Kampf - -
Allein durch die Tatsache, dass wir Stellen anbieten und einstellen und dass darüber geredet wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, tritt etwas ein, was wir gerne sehen: dass sich offenbar viele Junglehrer aus anderen Bundesländern von sich aus melden und bei uns gerne eingestellt werden möchten. Wir werden das entsprechend aufgreifen und rechnen mit der Einstellung von rund 400 Bewerbern aus anderen Bundesländern. Das ist doch auch etwas, und zwar ohne eine Anzeige zu bezahlen!
Wir wissen aber auch, dass wir für einzelne Fächer und Schulformen den Bedarf an voll ausgebildeten Lehrkräften nicht ganz decken können. In Fächern wie Physik, Chemie, Musik und Technik fehlen uns gerade an Hauptschulen und Realschulen geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Gleiches gilt für die Gymnasien, wenn es um Physik, Latein, Spanisch und Musik geht. Für die Berufsbildenden Schulen besteht ein besonderer Bedarf in den Fachrichtungen Elektrotechnik, Metalltechnik und Medientechnik sowie in Unterrichtsfächern wie Englisch und Spanisch. Deshalb wollen wir auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern mit ei
Diese Maßnahme hat sich in der Praxis schon bewährt: Fast 300 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit Hochschuldiplom befinden sich im Vorbereitungsdienst für die Lehrämter und leisten dort - ich habe mich ausdrücklich erkundigt - eine hervorragende Arbeit. Nach dieser Qualifizierung haben sie im Übrigen die gleichen Beförderungschancen wie voll ausgebildete Lehrkräfte. Hinzu kommen rund 100 Lehrkräfte mit berufsbegleitender Qualifizierung, die das Land Niedersachsen bisher eingestellt hat.
Den Quereinstieg in den Schuldienst als Chance und Herausforderung habe ich auch auf dem Presseabend des Kultusministeriums den Landesjournalisten vorgestellt. Wie nicht anders zu erwarten war - Herr Möhrmann, wir haben keine Anzeige geschaltet, aber die Bewerbungen kommen -, liegen jetzt rund 2 000 Bewerbungen von Leuten vor, die gerne Quereinsteiger bei uns werden möchten, allerdings - das muss man nüchtern sehen - von unterschiedlichster Qualität und Vorbildung. Deshalb haben wir auch eine Informationsbroschüre aufgelegt. Jeder interessierte Quereinsteiger, der beim Kultusministerium, bei der Bezirksregierung oder bei irgendeiner anderen Schulbehörde anruft und sagt „Ich bin interessiert“, bekommt prompt einen Antwortbrief und eine Broschüre mit genauen Anleitungen, wie das geht und was gar nicht geht.
Ich sage aber eines deutlich: Wir werden nur die Besten nehmen. Wir setzen auf Klasse statt auf Masse. Der Schuldienst des Landes Niedersachsen wird nicht zum Sammelplatz für diejenigen werden, die beruflich an anderer Stelle möglicherweise gescheitert sind. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass wir ab Schuljahresbeginn 2003, vorsichtig geschätzt, zunächst nur weitere 100 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger werden einstellen können. Leitziel muss dabei die Bestenauslese bleiben. Aber wir bauen - wenn ich das so sagen darf - im Segment „Quereinsteiger“ im wohlverstandenen Sinne eine „Reservetruppe“ auf, die wir in den kommenden Jahren noch dringend benötigen werden. Darauf werde ich noch zu sprechen kommen.
Wir stehen vor erheblichen strukturell bedingten Einstellungsproblemen. In einem Flächenland wie Niedersachsen ist die eingeschränkte Mobilität der Lehrkräfte ein besonderes Problem. Von den neuen Absolventinnen und Absolventen sind mehr als
drei Viertel Frauen. Auch bei den Schulformen gibt es seitens der Junglehrkräfte besondere Prioritäten. Die geisteswissenschaftlichen Fächer sind bei den Lehramtsstudierenden nach wie vor überrepräsentiert, die naturwissenschaftlichen Fächer dagegen zu wenig nachgefragt. Auch hier liegt, nebenbei bemerkt, ein Einstellungspotenzial für künftige Quereinsteiger.
Bei der außergewöhnlich hohen Zahl von Neueinstellungen wird es an manchen Schulen sicherlich auch Schwierigkeiten geben, die Stellen bedarfsgerecht zu besetzen. Hier werden die Bezirksregierungen zusammen mit den Schulen nach geeigneten Lösungen suchen. Bereits die HerkulesAufgabe der Ausschreibung haben das Kultusministerium und die Bezirksregierungen mit großem Arbeitseifer fristgerecht bewältigt. Hierfür möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums und der Bezirksregierungen ausdrücklich danken.
Ich habe vor drei Monaten auch noch nicht ermessen können, welche logistische Meisterleistung dahinter steht, in einem so großen Apparat 4 000 Stellen in Bewegung zu bringen. Mein Eindruck, gerade auch was die Mitarbeiter in meinem Hause und bei den Bezirksregierungen anbelangt, ist: Alle Achtung! Die ziehen ganz toll mit. Ich finde das prima. Das muss auch einmal gesagt werden.