Frau Trost, auch wenn Sie es nicht gern hören: Damit geht ein erfolgreiches Kapitel niedersächsischer Kulturförderung zu Ende, eine Kulturförderung, die in den vergangenen 15 Jahren beispielhaft gezeigt hat, wie intelligente und effektive Förderpolitik im Kulturbereich aussehen kann.
Wir alle kennen das in Niedersachsen praktizierte Modell des beliehenen Unternehmers, das bundesweit Anerkennung fand und dafür sorgte, dass die Kulturverbände relativ staatsfern und erfolgreich arbeiten konnten. Damit ist es jetzt vorbei. Die Kulturverbände werden zwar nicht aufgelöst - Frau Seeringer hat dazu eben etwas ausgeführt -, aber sie verkommen zu einem Appendix der Lan
Warum das Ganze? Warum dieser Bruch mit der guten niedersächsischen Tradition kooperativ geprägter Kulturförderung? Wir hören als Begründung, dass sich die öffentliche Kulturförderung angeblich zu einem Sumpf ausgeweitet habe, in dem es nicht mehr in erster Linie um die Finanzierung von Kunst und Kultur, sondern um die Alimentierung aufgeblähter Selbstverwaltungsapparate gehe. So stellte es Herr Zielke im Plenum im Februar dar. Die Hälfte, bis zu 50 % der Fördermittel würde die Selbstverwaltung der Verbände verschlingen. Gebetsmühlenartig wurde diese Behauptung von der Landesregierung und von CDU und FDP immer wieder vorgetragen. Meine Fraktion stellt ausdrücklich fest: Diese Aussage konnte bis heute nicht belegt werden.
Die im Ausschuss von uns angeforderten und schließlich vorgelegten Zahlen verschleiern mehr, als sie offen legen. So hat die Landesregierung wissentlich die Kosten für die Verwaltung von Fördermitteln und die Kosten für Beratung und Fortbildung nicht getrennt ausgewiesen, sodass genau dieser Eindruck von überdimensionierten Verwaltungskosten entstehen musste. Dies kritisierend, erklärte die Landesregierung lapidar, dass man, abgesehen für die LAGS, gar nicht in der Lage sei, die Fördermittelverwaltung von den Gesamtpersonal- und Sachkosten zu trennen. Woher, frage ich Sie, haben Sie dann Ihre Erkenntnisse, dass die Verwaltungskosten angeblich 50 % der Fördermittel verschlingen? Hier ist mehr als die Wahrheit auf der Strecke geblieben!
Die Verbände haben uns alle Zahlen vorgelegt, die die Kosten für die Fördermittelverwaltung ausweisen. Die LAGS hat einen Verwaltungskostenanteil von 9 %, der LaFT einen Verwaltungskostenanteil von unter 10 %. Von Sumpf kann also keine Rede sein!
Trotzdem, meine Damen und Herren, werden weiterhin die falschen Zahlen in die Welt gesetzt und wird so die Arbeit der Verbände diskreditiert und diffamiert. Die Wahrheit ist: Es geht in erster Linie gar nicht um Einsparungen. Die Wahrheit ist: Diese Landesregierung will keine Kulturförderung, die sich über Kooperation, Beratung, Evaluation und bewusste Staatsferne definiert. Diese Landesregierung will Konzentration im Ministerium, Bündelung und direkten Einfluss.
Darüber kann auch die zukünftige Verteilung von 1 Million Euro an Fördermitteln in kleinen Häppchen über 14 völlig heterogene Landschaften und Landschaftsverbände nicht hinwegtäuschen.
Wir bleiben dabei: Die zwangsweise Einteilung der Kulturverbände in drei Säulen, deren Struktur völlig widersinnig ist, führt weder zu Einsparungen, noch macht sie die Kulturförderung effektiver. Salopp formuliert, könnte man sagen: Die Umstrukturierung der Kulturförderung in Niedersachsen ist ein Schuss in den Ofen!
Allerdings sind damit Vorstellungen von rückwärts orientierter Kulturpolitik verbunden - und das ist das Gefährliche, meine Damen und Herren -, die bereits jetzt - die Debatte der letzten Monate zeigt das - mehr politischen Schaden angerichtet haben, als dass sie auch nur annähernd eine zukunftsweisende Option vorweisen könnten.
Meine Damen und Herren, erst die Schulpolitik, jetzt die Kulturpolitik. Mit dieser Landesregierung geht es nur rückwärts in Niedersachsen.
Beifall können Sie für diese Politik nur aus Ihren eigenen Reihen erwarten, allen voran, Herr Rösler, die FDP, die zum heftigsten Claqueur dieser Zurück-zum-Staat-Politik degeneriert ist.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die eindeutig ablehnenden Reaktionen der Fachöffentlichkeit auf Ihren Entschließungsantrag sind für Ihre kulturpolitischen Vorstellungen vernichtend und fordern Sie auf, den jetzt eingeschlagenen Weg zu korrigieren. Der Deutsche Kulturrat bringt es auf den Punkt - ich zitiere -: CDU und FDP in Hannover werden sich entscheiden müssen, ob sie die aktive Bürgergesellschaft in der Kultur oder mehr Staat wollen.
CDU und FDP haben sich offenbar entschieden für eine Kulturförderung nach Gutsherrenart. Auch wir haben uns entschieden: gegen die Zerschlagung bewährter Strukturen niedersächsischer Kulturförderung. Meine Fraktion lehnt den Antrag von CDU und FDP ab.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Seeringer, Sie können ernsthaft die Empörung der Landesverbände nicht verstehen? Ihr Antrag bricht doch mit allen Prinzipien moderner Kulturpolitik und ist eine klare Absage an die Idee des aktivierenden Staates.
Sie wollen uns doch hier mit Ihrem Antrag nur klarmachen, dass der Staat es besser kann als freie Träger. Dieser Ansatz ist so abwegig, dass er die gesamte bundesrepublikanische Fachwelt in Wallung gebracht hat, und zwar unabhängig von parteipolitischer Zugehörigkeit.
Meine Damen und Herren, Ihre Argumente in der Begründung des Antrags bleiben unbelegt, auch nach zweimaliger Beratung im Ausschuss. In Ihrem Antrag behaupten Sie noch immer, 400 000 Euro könnten in Projektmittel umgewidmet werden.
einmal im Ansatz mit Fakten unterfüttert werden. Sie beklagen bei der freien Kultur aufgeblähte Apparate und eine angeblich schlechte Relation zwischen Verwaltungsaufwand auf der einen Seite und Summe der zu vergebenden Mittel auf der anderen Seite. Gleichzeitig installieren Sie aber über die Landschaften ein System mit 14 Verwaltungsstellen, die insgesamt über Fördermittel in Höhe von 1 Million Euro zu entscheiden haben. Das sind pro Landschaft im Schnitt gut 70 000 Euro.
Meine Damen und Herren, Sie rühmen sich als die großen Verwaltungsreformer, die unnötige Strukturen abschaffen wollen und Personal abbauen. Tatsächlich aber holen Sie Aufgaben wie die Förderung der Soziokultur oder der Kunstschulen wieder in das Ministerium zurück und schaffen dort neue Stellen. Wenn es eines Musterbeispiels für unnötigen Mehraufwand bei der Kulturförderung bedurft hätte, dann wäre Ihr Modell erstklassig geeignet.
Ich will Ihnen das einmal an einem praktischen, anschaulichen Beispiel darstellen: Nehmen wir einen Förderantrag im Bereich Soziokultur jenseits der 10 000 Euro-Grenze. Dieser Antrag würde nach Ihren Vorstellungen folgenden Weg nehmen: Der Antragsteller wendet sich erst einmal an die Beratungsstelle der LAGS, deren Beratung Voraussetzung für die Antragstellung ist. Die LAGSBeratungsstelle gibt eine Stellungnahme zu dem Projekt ab. Damit muss der Antragsteller dann zur Landschaft gehen und den Antrag dort einreichen. Die Landschaft wiederum nimmt auch noch einmal zu dem Antrag Stellung. Jetzt landen ein Antrag und zwei Stellungnahmen beim MWK. Bevor aber das MWK über den Antrag entscheidet, tagt noch einmal die Fachkommission „Soziokultur“ und gibt wiederum eine Empfehlung ab. Dann endlich entscheidet das MWK und übernimmt Projektabwicklung und Prüfung der Mittelverwendung.
Meine Damen und Herren, vier Instanzen und drei Stellungnahmen, um über einen Förderantrag zu entscheiden: Aufgeblähter geht es ja wohl kaum! Machen Sie sich bitte die Mühe und vergleichen Sie das mit den heutigen Vergabestrukturen der LAGS.
Wenn ich dann auch noch in der Begründung Ihres Antrages lesen muss, Ziel der Umstrukturierung sei - ich darf hier einmal zitieren - „eine Effektivitätssteigerung durch Wegfall unnötiger Verwaltungswege, die dem Prinzip ‚one face to the customer‘ folgt“,
(Bernd Althusmann [CDU]: Dieser Begriff stammt noch aus der Regie- rungszeit der alten Landesregierung!)
Liebe Kollegen von CDU und FDP, Sie haben sich anscheinend in den Sümpfen der Hydra verirrt, der bekanntlich zwei Köpfe nachwuchsen, wenn man ihr einen abschlug. Genau so jedenfalls funktioniert Ihre Neuordnung.
Auch der Sinn Ihres neuen Modells bleibt völlig im Verborgenen. Die Heterogenität der Verbände lässt größere Synergien kaum zu. Die Säulenzuordnung ist beliebig. Warum sollen die Säulen „Musikland Niedersachsen“ und „Kulturelles Erbe“ ihre Mittel selbst verwalten, aber die Säule „Kulturelle Bildung“ nicht?
Zwar haben Sie immerhin eingesehen, dass Sie den Zusammenschluss von Verbänden nicht verordnen können; aber das reicht nicht, meine Damen und Herren. Wir tragen jedenfalls die Reverstaatlichung der Kultur und die Zerschlagung bewährter Strukturen nicht mit und lehnen Ihren Antrag ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Konzept zur Neuordnung der Kulturförderung in Niedersachsen hat nicht überall Zustimmung gefunden.