Gabriele Andretta

Sitzungen

15/5 15/10 15/13 15/14 15/15 15/19 15/21 15/23 15/24 15/27 15/31 15/32 15/33 15/34 15/35 15/37 15/45 15/47 15/50 15/55 15/57 15/58 15/59 15/60 15/62 15/70 15/71 15/74 15/77 15/78 15/80 15/82 15/83 15/84 15/85 15/89 15/91 15/93 15/101 15/103 15/107 15/108 15/116 15/120 15/122 15/124 15/126 15/128 15/129 15/130 15/134 15/135

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Haushaltsberatung 2007 für den Wissenschafts
etat bedeutet, die Arbeit eines Ministers zu bilanzieren, der zu keinem Zeitpunkt ein klares hochschulpolitisches Konzept verfolgte, eines Ministers, der sich fünf lange Jahre als Ritter von der traurigen Gestalt durchwurstelte, gelegentlich kräftig stümperte und es nur der guten Konjunktur zu verdanken hat, dass die Hochschulen erstmals vom Finanzminister verschont werden.
Schon gleich zu Beginn der Legislaturperiode hatten Sie Ihren Kredit verspielt, Herr Minister. Es gelang Ihnen nicht, Ihre Hochschulen vor massiven Kürzungen zu schützen. Mit Ihrer Zustimmung zum HOK lieferten Sie die Hochschulen dem Finanzminister aus und ließen es zu, dass den Hochschulen bis heute 230 Millionen Euro entzogen wurden. Selbst Ihr Koalitionspartner, Herr Rösler, kam nicht umhin festzustellen: „Intelligent sparen sieht anders aus.“ - Recht hat er.
Herr Minister, Sie mögen das HOK inzwischen abgehakt haben. Die Hochschulen haben das nicht. Noch immer müssen sie frei werdende Professorenstellen beim Finanzminister abliefern und müssen kleine Fächer um das Überleben kämpfen.
Das HOK bleibt der hochschulpolitische Sündenfall dieser Landesregierung - leider nicht der Einzige.
Diese Landesregierung hat bisher fünf Haushalte vorgelegt. Vier Haushalte in Folge erhielten die Hochschulen weniger Geld. In diesem Jahr erhalten sie erstmals etwas zusätzliches Geld. Die höheren Zuweisungen basieren im Wesentlichen auf den Zahlen der Tarifsteigerungen und der Übernahme eines Teils der gestiegenen Energiekosten durch das Land.
Ohne diese Leistungen für die Hochschulen gering zu schätzen, bedeuten sie letztendlich nur eine Konsolidierung auf niedrigstem Niveau. Das Geld reicht weder, um die Kürzungen der letzten Jahre zu kompensieren, noch dafür, neue Impulse für die Hochschulen zu setzen.
So bleibt das große Wort des Ministerpräsidenten von der Aufholjagd des Nordens gegenüber dem Süden, die vollmundige Ernennung zum „Bayern des Nordens“, nur hohles Geschwätz. Die Kluft zum Süden ist während der Regierungszeit von
Schwarz-Gelb nicht kleiner, sondern größer geworden. Statt aufzuholen, hechelt Niedersachsen hinterher.
Die Hochschulen wissen das. Sie wissen auch, dass sie die erhöhten Zuweisungen allein dem Umstand zu verdanken haben, dass 2008 ein Wahljahr ist und die Konjunktur Wahlgeschenke zulässt.
Schon im nächsten Jahr könnte die Erwirtschaftung der Tarifabschlüsse aus Eigenmitteln wieder eingefordert werden. Diese Summen, die die Einzelhaushalte der Hochschulen ausweisen, sind erheblich. Das Risiko für die Hochschulen ist also groß.
Zusätzliche Risiken für die Hochschulen resultieren aus dem Hochschulpakt. Gelingt es den Hochschulen nicht, die zugesagten 11 200 zusätzlichen Studienanfänger zu gewinnen, müssen die Hochschulen den vom Bund finanzierten Anteil für die fehlenden Studienanfänger zurückzahlen. Wie
schwer es werden wird, den Hochschulpakt zu erfüllen, zeigen die aktuellen Zahlen. Schon am ersten Etappenziel von 1 600 zusätzlichen Studienanfängern ist der Minister gescheitert.
Da können Sie, Herr Minister, hier, wie gestern in der Märchenstunde, noch so schöne Märchen erzählen. Niedersachsen kann den dramatischen Einbruch der letzten Jahre trotz des erfreulichen Zuwachses in diesem Jahr nicht wettmachen. Ihre Bilanz bleibt negativ.
Bundesweit, meine Damen und Herren, ist es gelungen, dass die Studienanfängerquote erstmals seit 2003 wieder ansteigt, nämlich auf 37 %. Damit sind wir zwar im OECD-Vergleich immer noch ein Entwicklungsland - hinter uns kommen, glaube ich, nur Mexiko und die Türkei -, aber wissen Sie, wo Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer
steht? - Weit hinten, auf Platz 12, mit einer Studienanfängerquote von 29,2 %, gleichauf mit
Mecklenburg-Vorpommern.
- Nein, ich würde mich nur freuen, wenn wir hier die Studienanfängerzahlen hätten, die z. B. auch Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland
Pfalz und andere Länder haben.
Warum studieren in Niedersachsen so wenige? Wenn Sie den Minister fragen, erzählt er Ihnen das Märchen von demografischen Dellen, die daran schuld seien. Die Wahrheit sieht aber anders aus. Die Anzahl der Studienberechtigten ist nämlich gestiegen, und zwar von 2003 bis 2006 um 12 %. Dass wir trotzdem einen Einbruch bei den Studienanfängerzahlen haben, hat einen Grund: In nur vier Jahren wurde in Niedersachsen fast jeder fünfte Studienplatz vernichtet, davon allein über 2 000 an unseren Fachhochschulen.
Sie, Herr Minister, haben aber nicht nur Studienplätze vernichtet. Mit der Einführung von Studiengebühren haben Sie auch die Bildungschancen von Kindern aus armen Familien massiv verschlechtert.
Heute steht es in allen Zeitungen: Studiengebühren schrecken ab. Die Zahlen der Hochschulstatistik sind eindeutig. Nicht Niedersachsen, wie von Ihnen behauptet, hat die höchsten Zuwachsraten, sondern die Bundesländer ohne Studiengebühren liegen vorne: Brandenburg mit 13,7 %, Bremen mit 13,5 %, Berlin mit 11,8 %, Sachsen mit 9 % usw.
HIS stellt fest: Ein Fünftel der Studienberechtigten entscheidet sich gegen ein Studium, weil die finanziellen Mittel fehlen. Ob ein junger Mensch in Deutschland ein Studium beginnt, ist nämlich keine Frage der Begabung, sondern eine Frage der sozialen Herkunft. Von 100 Akademikerkindern
schaffen 83 den Sprung an die Hochschulen. Aus Arbeiterfamilien schaffen es gerade einmal 15 Kinder.
Natürlich wissen wir, dass die sozialen Hürden nicht erst vor den Universitäten aufgebaut werden. Wir leisten uns ein Schulsystem, das die Chancen nach sozialer Herkunft verteilt - und eben nicht nach Leistung. Doch anstatt bestehende Hürden abzubauen, wird mit 1 000 Euro Studiengebühr je Jahr die Latte nochmals höher gelegt. 1 000 Euro sind ja für CDU und FDP nur der Einstieg. Das wissen wir hier doch alle. Soziale Skrupel hatten CDU und FDP ja noch nie.
Zynisch wird auf Kredite verwiesen, die in Niedersachsen niemand haben will. Wer glaubt denn auch im Ernst, meine Damen und Herren, dass die wunderbare Aussicht auf einen Schuldenberg junge Menschen zum Studium ermutigen könnte? Eine SPD-geführte Landesregierung wird Studiengebühren für das Erststudium sofort wieder abschaffen, und zwar bereits zum Sommersemester 2008.
Wir entziehen uns nicht der finanziellen Verantwortung für die Verbesserung der Studiensituation.
Wir werden den Hochschulen die Einnahmen aus Gebühren in vollem Umfang zur Verfügung stellen. Wir haben in unserem Haushalt 82 Millionen Euro für einen Qualitätspakt für die Lehre eingestellt.
Meine Damen und Herren, es geht um Bildungsgerechtigkeit. Es geht uns aber auch um ökonomische Effekte. Benjamin Franklin, der ja auch von Ihnen gerne zitiert wird, Herr Minister, hatte nun einmal recht, dass Investitionen in Wissen die höchsten Erträge bringen. Das hatten übrigens einmal alle verstanden, auch in Niedersachsen. Hochschulen wurden geöffnet und neu gegründet: Die Fachhochschulen Hannover und Braun
schweig/Wolfenbüttel, die Fachhochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen, die Fachhochschule Osnabrück sowie die Universitäten Oldenburg und Osnabrück - übrigens alle unter sozialdemokratischen Regierungen. Aber das wird Sie wohl nicht überraschen.
Von dieser Öffnung haben die Mädchen und die Kinder vom Land profitiert. Profitiert hat aber vor allem die Innovationsfähigkeit in Niedersachsen. Die Wirtschaft kam in Schwung, und die Hochschulen entwickelten sich zu Jobmotoren in ihren Regionen.
Und heute? - Die Bildungsbeteiligung ist zurückgegangen. Gleichzeitig fehlen unserer Wirtschaft Fachkräfte, vor allem Informatiker und Maschinenbauingenieure. Doch statt auf die Rettung durch Zuwanderung zu setzen, wie Sie von der FDP, müssen wir endlich die Bildungsreserven im eigenen Land besser ausschöpfen, und das werden wir in Angriff nehmen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Kulturetat. Nach fünf Jahren CDU/FDP-Regierungszeit ist festzustellen: Der zuständige Kulturminister hat die ihm übertragene Kulturförderung in Niedersachsen nicht vorangebracht - im Gegenteil!
Niedersachsen hat den Ruf, ein offenes, selbstbewusstes und risikobereites Kulturverständnis zu haben, gründlich verspielt. Die Kulturpolitik wird stattdessen von Verzagtheit und Rückwärtsgewandtheit bestimmt. Das lässt sich auch nicht durch die hektischen Aktivitäten der Landesregierung in den letzten Monaten korrigieren.
Kulturelle Jugendbildung, Kulturtourismus, Kulturwirtschaft und Bewahrung unseres kulturellen Erbes sind nur einige Themen, die ausschließlich von meiner Fraktion besetzt worden sind. Kulturförderung ist für uns keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft.
Auch deswegen bedarf die Kulturförderung in Niedersachsen einer grundlegend neuen Standortbestimmung. Die Kulturpolitik muss wieder offener und zukunftsorientierter gestaltet werden. Das
heißt, wir brauchen keine glattgebügelte Kulturpolitik, wir brauchen stattdessen eine Auseinandersetzung über die Inhalte kulturpolitischer Entwicklungen. Wir werden die kulturelle Jugendbildung als wichtiges Element unserer Politik ausbauen. Dazu haben wir zusätzlich 2 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Wir werden die finanzielle Unterstützung von Museen - das gilt auch für Theater und andere Kulturbetriebe - nicht auf das Kriterium der Besucherzahlen reduzieren. Kommerzialisierung hat in der Kulturförderung nichts zu suchen.
Die Kultureinrichtungen brauchen eindeutig mehr Planungssicherheit. Die Förderpraxis, nur noch Projektmittel - und dann auch nur noch für eine
einjährige Förderung - zu vergeben, entspricht in keiner Weise einer vernünftigen Förderkonzeption.
Wir werden das von uns initiierte Programm zur Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft weiterentwickeln. Dabei wird der Kulturtourismus für uns von besonderer Bedeutung sein. Wir wollen, dass Kulturförderung als Staatsziel verankert wird.
Uns ist der Dialog mit den Kulturschaffenden und den Kulturverbänden wichtig. Diesen werden wir fortsetzen.
Dem Minister empfehle ich zur Reflektion seiner ersten und letzten Amtszeit den heutigen Kommentar in der HAZ von Herrn Meyer-Arlt mit dem Titel „Was bleibt“. Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat eine bessere Hochschul- und Kulturpolitik verdient. Ich bin mir sicher: Die Wähler werden am 27. Januar dafür sorgen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie groß muss die Not der FDP sein, ein Thema zur Aktuellen Stunde anzumelden in der Hoffnung, sich im Abglanz des Erfolges der Hochschulen sonnen zu können? - Wir alle wissen: Die Not der FDP ist sehr groß.
Ihre beiden Minister floppen zurzeit. Ihr Wirtschaftsminister versinkt gerade im Spülsand des JadeWeserPorts, unfähig, ein zentrales Zukunftsprojekt für Niedersachsen durchzusteuern.
Ihrem zweiten Glanzlicht, Ihrem Umweltminister, wird gerade sein Lieblings-T-Shirt „AKW - Kerngesund“ zur Zwangsjacke.
Oder können Sie mir sagen, welche Bürgerin dem T-Shirt-Träger applaudiert, wenn gleichzeitig im Umkreis von AKWs Kinder an Leukämie erkranken und sterben?
Mit Ihren Ministern jedenfalls - das wäre mir auch unangenehm, Herr Bode - können Sie nicht punkten. Eigene Themen haben Sie nicht. Also betätigen Sie sich passend zur Weihnachtszeit als Weihrauch schwenkende Ministranten für Herrn Stratmann.
Dabei hat er das gar nicht nötig. Er beweihräuchert und lobpreist sich nämlich schon selbst jeden Tag.
Kommen wir nun zum Anlass der Jubelarien: Die Anfängerzahlen sind das erste Mal gottlob wieder gestiegen, nachdem Niedersachsen drei Jahre lang in Folge dramatische Einbrüche bei den Anfängerzahlen zu verzeichnen hatte. Im Jahr 2004 - hören Sie zu! - 16 % weniger, im Jahr 2005 9 % weniger und im Jahr 2006 nochmals 3 % weniger. Kein anderes Land hatte in so kurzer Zeit so massive Einbrüche zu verzeichnen wie Niedersachsen.
Trotz des erfreulichen Anstiegs in diesem Jahr sind wir noch weit entfernt von den Anfängerzahlen, die wir im Jahr 2003 hatten, und sind wir auch noch weit entfernt von den Anfängerzahlen, zu denen sich Niedersachsen im Hochschulpakt verpflichtet hat. Wir alle wissen: Wir brauchen dringend mehr Studienplätze. Fast zwei Drittel der Studiengänge an unseren Hochschulen sind immer noch zulassungsbeschränkt. An Fachhochschulen sind es sogar fast 90 %. Die geburtenstarken Jahrgänge haben begonnen, die Schulen zu verlassen. Der doppelte Abi-Jahrgang steht vor der Tür. Doch was kümmern die FDP schon Bildungschancen? - Bis vor kurzem hat sie ja sogar noch bestritten, dass wir überhaupt zusätzliche Studienplätze brauchen. Geht es nach der FDP, muss ja nicht jeder studieren. Es reicht ja, wenn es die Reichen und die gut Betuchten tun.
Meine Damen und Herren, erstaunlich finde ich den Sinneswandel der FDP zur Exzellenzinitiative getreu dem Motto, Herr Rösler: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? - Es ist noch nicht lange her, da warnte uns Herr Zielke hier eindringlich vor der Prämierung von Eliteunis: alles Teufelswerk von Frau Bulmahn und reiner Etikettenschwindel. Erstens könne es gar keine Eliteunis geben, und zweitens sei der Wissenschaftsrat, so Herr Professor Zielke, ein Klub von Ministerialbürokraten, völlig ungeeignet, darüber entscheiden zu können. Ein solches Programm, mit dem Sie sich heute brüsten, sei nichts anderes, so wieder Herr Professor Zielke, als eine als Wettbewerb getarnte planwirtschaftliche Absurdität. Alles, aber auch alles werde die FDP tun, dass dieser schädliche Wettbewerb der Universitäten verhindert werde. Und man vertraue dort ganz auf den Ministerpräsidenten, der ja gemeinsam im Blockadeduo mit Koch damals nichts unversucht ließ, um die Exzellenzinitiative doch noch zu Fall zu bringen.
Heute nach dem Erfolg Göttingens als Spitzenuniversität: Die größten Blockierer von damals lassen sich heute ungeniert als Sieger feiern. Am wenigsten dazu beigetragen - das weiß jeder - hat die FDP sowohl im Bund als auch im Land.
Was bleibt, sind zwei Erkenntnisse. Erstens: Diese Aktuelle Stunde ist für die FDP noch ein Flop.
Zweitens: Trittbrettfahrer braucht niemand in diesem Lande.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand die Galerie derjenigen, die hier von Herrn Minister Stratmann zitiert worden sind, etwas einseitig.
Ich möchte diese Galerie etwas erweitern, und zwar durch ein Zitat des Ministerpräsidenten Herrn Wulff: „Das Erststudium in Niedersachsen bleibt gebührenfrei.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Petent ist Vater einer Tochter, die an einer niedersächsischen Hochschule studiert und dafür Studiengebühren zahlen muss. Damit seine Tochter das Berufsleben nicht mit einem Schuldenberg beginnen muss, zahlt der Vater die Gebühren.
Gegenstand der Petition ist nicht das Ob von Studiengebühren - damit hat sich der Vater abgefunden -, sondern es geht um das Wofür.
Als CDU und FDP 2005 im Parlament die Studiengebühren beschlossen haben, hat es das Versprechen gegeben - Sie erinnern sich sicherlich -, jeder Cent fließe in die Verbesserung der Lehre.
So stand es ursprünglich im Gesetz. Hätten Sie sich nur daran gehalten! Davon kann heute keine Rede mehr sein!
Mit den Studiengebühren werden Haushaltslöcher gestopft, finanziert werden Stipendien der Hochschulen zum Zwecke der Eliteförderung, ebenso Stipendien für ausländische Studierende, denen das Land einen Rechtsanspruch auf Darlehen verweigert.
Genau dagegen wendet sich der Petent und fordert ein, dass die Gebühren ausschließlich - wie versprochen, Herr McAllister - zur Verbesserung der Studiensituation eingesetzt werden. Der Petent fordert dies zu Recht, meine Damen und Herren. Es darf nicht sein, dass sich die Landesregierung ihrer vom Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil aufgetragenen sozialen Verantwortung entzieht. Ausländischen Studierenden ist ein Anspruch auf ein Darlehen einzuräumen. Die Abwälzung der Verantwortung auf die Studierenden ist nicht nur schäbig, sie ist unzulässig!
Ebenso widerspricht es dem Zweck von Studiengebühren, Studierende für die Eliteförderung der Hochschulen zahlen zu lassen. Leistungsstipendien ja, aber nicht von jungen Menschen bezahlt, die keine reichen Eltern haben und die sich verschulden müssen, um studieren zu können! Wenn das Land schon Eliteförderung will, dann muss es auch dafür zahlen. Wir beantragen „Berücksichtigung“.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle freuen uns riesig über diesen Erfolg und gratulieren der Universität Göttingen.
- Und selbstverständlich Hannover! - Wir freuen uns deshalb, weil mit der Exzellenzuniversität Göttingen jetzt - der Minister hat es gesagt - der Norden auf der Landkarte der Exzellenz zu finden sein wird.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in der Stunde des Triumphs sollte man daran erinnern, dass es ein steiniger Weg war. Als Frau Ministerin Bulmahn 2004 diese Initiative startete, musste sie auch in diesem Hause, Herr McAllister, mit viel Häme und Spott rechnen, und es gab großen Widerstand.
Das sollte uns eine Lehre sein, dass man auch dann Initiativen und Ideen mittragen soll - gemeinsam, Herr Minister -, wenn sie wie in diesem Falle von einer SPD-Ministerin kommen. Der Erfolg hat uns allen recht gegeben. Dieses Ergebnis sollte für uns alle Ansporn sein, weitere niedersächsische Hochschulen für die nächste Runde der Exzellenzinitiative fit zu machen. - Danke.
Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, dass der Verfassungsauftrag der Gleichstellung uns alle angeht und dass jeder auf seinem Platz dafür zu sorgen hat, dass er umgesetzt wird. Ich höre auch aus der CDU-Fraktion „sehr richtig“. Was haben Sie, Frau Ministerin, denn auf Ihrem Platz unternommen, als im Niedersächsischen Hochschulgesetz die Beteiligungsrechte der Frauenbeauftragten beschnitten worden sind und die Landeskonferenz der Hochschulfrauenbeauftragten aus dem Gesetz geflogen ist?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu den Ausführungen von Herrn Riese zu Wort gemeldet, weil es offenbar doch ein Missverständnis gibt, was das Instrument der Zielvereinbarungen bewirken soll. Zielvereinbarungen sind dafür da, auch landeshochschulpolitische Vorstellungen umzusetzen. Eine ganz zentrale Vorstellung zielt auf die Förderung von Exzellenz an unseren Hochschulen. Es gibt keine Exzellenz, wenn die Hälfte der Wissenschaftlerinnen auf der Ersatzbank sitzt.
Von daher ist es unser legitimes Interesse und ist es die Pflicht des Landes Niedersachsen, über das Instrument der Zielvereinbarungen für Exzellenz an unseren Hochschulen zu sorgen. Ohne Frauenförderung geht das nicht, und Juniorprofessuren sind ein Instrument der Frauenförderung. So einfach ist das, Herr Riese.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde die Frage meiner Kollegin Helmhold jetzt erneut stellen, und zwar in der Hoffnung, dass wir dieses Mal vielleicht eine konkrete Antwort bekommen.
Frau Ministerin, hat die Landesregierung den Käufern der Landeskrankenhäuser eine Belegungsgarantie für die forensischen Abteilungen in Höhe einer Auslastung von 98 % gegeben?
Herr Präsident! Frau Ministerin, wir haben heute die gute Nachricht bekommen, dass im Jahr 2008 18 Millionen Euro in die längst überfällige Grundsanierung des Festen Hauses in Göttingen fließen sollen. Ich frage die Landesregierung: Wie viele zusätzliche Plätze über die 32 vorhandenen Plätze hinaus können im Maßregelvollzug mit diesem 18Millionen-Euro-Sanierungsprogramm geschaffen werden?
Ich glaube, wir sind uns einig: Das war keine Antwort.
- Das können selbst Sie nicht als Antwort begriffen haben.
Der Northeimer Kreistag hat einstimmig beschlossen, an der KGS Moringen eine Außenstelle am Standort Nörten-Hardenberg einzurichten. Die Luftlinie beträgt 7 km. Herr Minister Busemann hat nun erklärt - ich zitiere aus der Neuen Presse -: Ich werde auch Außenstellen genehmigen, allerdings müssen diese in einer gewissen Nähe zum Standort gelegen sein. Wir wollen keine Außenstellenlüge.
Nun meine Frage, Herr Minister Busemann: Bei welcher Entfernung beginnt die Außenstellenlüge?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätten wir erwartet, dass die FDP, nachdem sie sich auf ihrem Parteitag als große Verteidigerin der Menschenrechte präsentiert hat, heute gegen den Terrorkatalog von Schäuble antritt und die Bürgerrechte verteidigt.
Herr Rösler - Sie erinnern sich - ist sogar auf einen Elefanten gestiegen. Doch der Dompteur bleibt zahnlos. Und was fällt der FDP heute für die Aktuelle Stunde ein? - Mal wieder die freien Hochschulen - frei von Kindern aus einkommensschwachen Familien, frei von offenem Zugang und frei von gleichen Bildungschancen.
Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Die FDP versteht auch in diesem Zusammenhang unter dem Begriff der Freiheit die Freiheit der Reichen und die Freiheit der Starken.
Eine soziale Demokratie bedarf aber der Freiheit aller Menschen. Deshalb gehören Freiheit und Gleichheit für uns untrennbar zusammen.
Wie weit wir von Gleichheit entfernt sind, wenn es um Bildungschancen geht, zeigt uns einmal mehr die jüngste Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes. Herr Zielke, auch darauf hätten Sie einmal eingehen können. Die Befunde sind eindeutig: Ob ein junger Mensch in Deutschland ein Studium beginnt, ist nicht allein eine Frage der Begabung, sondern das ist auch eine Frage der sozialen Herkunft. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Akademikerkind studiert, ist in Deutschland immer noch um ein Vielfaches höher als die Wahrscheinlichkeit, dass ein Arbeiterkind studiert.
Von 100 Akademikerkindern - hören Sie genau zu - schaffen 83 den Sprung an eine Hochschule, aber nur 23 von 100 Kindern aus Familien ohne akademische Tradition. Das ist ein Skandal!
Natürlich wissen wir, dass die sozialen Hürden nicht von den Universitäten aufgebaut werden. Wir leisten uns ein Schulsystem, das die Chancen nach sozialer Herkunft verteilt und nicht nach Leistung, wie uns CDU und FDP glauben machen wollen. Damit das so bleibt, hat diese Landesregierung dafür gesorgt, dass die Selektion an den Schulen noch stärker wird und dass neue Hürden für den Universitätszugang aufgebaut werden.
Herr Zielke verweist in diesem Zusammenhang immer auf diese wunderbaren Kredite. Haben Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, eigentlich eine Vorstellung davon, was die herrliche Aussicht auf einen Schuldenberg für junge Menschen, die gerade einmal 18 oder 19 Jahre alt sind, bedeutet, was es bedeutet, mit 10 000 oder sogar 50 000 Euro Schulden ins Berufsleben zu starten? - Für viele von Ihnen mögen das Peanuts sein. Für viele Familien ist das aber eine enorme Last, die sie davon abschreckt, ihre Kinder an die Hochschulen gehen zu lassen.
Meine Damen und Herren, im Wahlprogramm der FDP konnten wir lesen, dass 500 Euro erst der Einstieg sein sollen. Geht es nach der FDP, soll
jede Hochschule frei über die Höhe der Studiengebühren entscheiden können, damit es einen Wettbewerb geben kann.
So wird der Wettbewerb um Studierende eröffnet, deren Eltern sich gute und teure Unis leisten können. Für die anderen bleiben dann die billigen Fächer an Hochschulen, die niemand besuchen will.
Sie mögen das für zukunftsweisend halten, wir nicht. Zukunft hat ein Land, dem es gelingt, die klügsten Köpfe an die Hochschulen zu bringen und nicht diejenigen, deren Eltern die dickste Brieftasche haben.
Meine Damen und Herren, es geht aber nicht nur um Bildungsgerechtigkeit, es geht auch um ökonomische Notwendigkeit. Wir brauchen offene Hochschulen. Herr Rösler, es ist noch gar nicht so lange her, dass auch die FDP das so gesehen hat.
Ende der 60er-Jahre wurde das Hörergeld an den Hochschulen abgeschafft, und die Hochschulen wurden geöffnet. Dieser Öffnung verschlossen sich CDU und FDP damals nicht. Beide sind ja nun völlig unverdächtig, für Chancengleichheit streiten zu wollen. Von dieser Öffnung haben vor allen Dingen junge Frauen und Kinder aus Mittelschichten profitiert, übrigens auch viele, die heute hier im Parlament sitzen, aber die Bildungsleiter für diejenigen, die folgen wollen, jetzt wegstoßen.
Die gleichen Abgeordneten beklagen übrigens lautstark den Nachwuchsmangel und fordern die Zuwanderung von Ingenieuren aus China und Osteuropa. Auch uns sind ausländische Fachkräfte willkommen. Wir können aber gar nicht so viele Fachkräfte ins Land holen, wie wir in Zukunft brauchen werden. Statt über Anreizsysteme, chinesische Ingenieure oder anderes nachzudenken,
sollten wir alles tun, um die Bildungsreserven in unserem Land besser auszuschöpfen. Immer noch verlässt jeder Zehnte die Schule ohne Abschluss. Immer noch bleiben viele ohne Ausbildungsplatz. Die Tatsache, dass die Zahl der Abiturienten wächst, aber - Herr Zielke, das ist übrigens ein Unterschied zu Sachsen-Anhalt - die Zahl der Studienanfänger sinkt, ist für uns ein Alarmsignal.
Letzter Satz: Es gibt einen klaren Zusammenhang zur Einführung von Studiengebühren.
Die Eltern studierfähiger Kinder, die Hochschulen und die jungen Menschen wissen das, nur Sie und der sich ewig selbst lobpreisende Wissenschaftsminister bestreiten diesen Zusammenhang. Wir werden dafür sorgen, dass der Zugang zu den Hochschulen wieder offen wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie erweisen sich hier als gelehriger Schüler Ihres Herrn: Sie erwecken den Anschein, als ob die Frage der Auswahlverfahren über die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen entscheiden würde. Jede Auswahl, jede Zulassungsbeschränkung - das sage ich auch an die Adresse von Herrn Kollegen Zielke - ist eine Zwangsbewirtschaftung, ist eine Notmaßnahme von Hochschulen, weil nicht genügend Studienplätze zur Verfügung stehen.
Unser hochschulpolitisches Ziel ist es, die Chance des Hochschulpaktes zu nutzen und endlich dafür zu sorgen, dass in Niedersachsen nicht mehr fast 90 % der Studiengänge an unseren Fachhochschulen zulassungsbeschränkt sind, dafür zu sorgen, dass auch in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, bei denen heute Studienbewerber abgewiesen werden, Chancen für die nachfolgende Generation geschaffen werden. Wir dürfen doch die Angehörigen der nächsten, geburtenstarken Jahrgänge nicht abweisen;
vielmehr müssen wir ihnen Studienmöglichkeiten an unseren Hochschulen verschaffen. Auch dazu hätten wir gerne eine Antwort unseres Zukunftsministers gehört. Aber das Hoffen darauf war vergeblich wie immer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie groß muss Ihre Not sein, Herr Minister!
Wir haben doch gerade im letzten Plenum in der Debatte zum Hochschulpakt unisono nachgewiesen, dass Sie hier eben nicht 11 000 Studienplätze schaffen werden. Sie arbeiten mit Auffüllerprämien und haben den Schwundfaktor erhöht - Kollegin Heinen hat es erwähnt -; Sie haben die Betreuungsschlüssel verschlechtert. Sie haben doch vorgemacht, wie man den Hochschulpakt zulasten der jungen Generation umsetzt. Das werden wir nicht zulassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fidel, Valerie und Atis studieren an der TU Braunschweig im siebten Semester Elektrotechnik. Sie stammen aus Nigeria, Kamerun und Marokko. Ihre Familien setzen große Hoffnungen auf die Studenten in Braunschweig. Denn die Familien zu Hause sind arm. Die Studenten müssen ihr Studium durch Jobs selbst finanzieren. Bisher haben sie es immer irgendwie hingekriegt. Doch jetzt sollen sie Studiengebühren zahlen, 1 000 Euro im Jahr. Wie sollen sie das schaffen? Denn Fidel, Valerie und Atis gehören zur wachsenden Gruppe der sogenannten Freemovers: Studenten, die ohne ein Stipendium oder ein Austauschprogramm zu uns nach Deutschland gekommen sind, um hier zu studieren.
Der Runde Tisch „Ausländische Studierende“, die Interessenvertretung der ausländischen Studierenden in Niedersachsen, und die Kirchen haben im Rahmen der NHG-Anhörung dringend an den Landtag appelliert, Flüchtlinge und Studierende aus den ärmsten der armen Länder von Studiengebühren zu befreien. Sie wiesen auf die besonderen Härten für Studierende hin, die im Vertrauen darauf, dass sie in Niedersachsen keine Studiengebühren zahlen müssen, ihr Studium begonnen haben und jetzt die 1 000 Euro nicht mehr aufbringen können. Viele müssten ihr Studium ohne einen Abschluss abbrechen und in ihre Länder zurückkehren. Denn wer in Niedersachsen nicht zahlt, der fliegt.
Doch alle Appelle stießen bei der Fraktion mit dem C im Namen auf taube Ohren. Gebührenminister Stratmann pochte auf Gleichbehandlung: Jeder muss zahlen, unabhängig von seiner Herkunft,
egal ob mit reichen Eltern gesegnet oder aus einer armen Familie kommend. Abkassiert werden alle.
Doch warum, frage ich Sie, meine Damen und Herren, gilt das Prinzip der Gleichbehandlung plötzlich nicht mehr, wenn es darum geht, das Recht zu haben, einen Kredit beim Land zu beantragen, um die Studiengebühren finanzieren zu können?
CDU und FDP haben dafür gesorgt, dass Studierende, die nicht EU-Bürger sind und ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht in Deutschland erworben haben, per Gesetz von der Darlehensgewährung ausgeschlossen werden.
Denn junge Menschen aus Entwicklungsländern gelten für Christdemokraten nicht als kreditwürdig. Das Risiko für den Ausfallfonds sei zu hoch. - Beschämend ist das!
Meine Damen und Herren, wir sind in diesem Hause ja nicht verwöhnt, was die Qualität der Hochschulpolitik dieser Landesregierung angeht; wir hatten eben wieder eine Kostprobe.
Aber was muss man von einem Ministerpräsidenten halten, der viel und gern durch ferne Länder reist, um dort den Hochschulstandort Niedersachsen zu preisen, zu Hause aber die Studierenden dieser Länder per Gesetz für nicht kreditwürdig erklärt? Ich frage Sie: Was muss man von einem Minister halten, der per Presseerklärung mitteilen lässt „Es ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung, dass die ausländischen Studierenden auch weiterhin an niedersächsischen Hochschulen studieren können“
- hören Sie gut zu! -, der aber, wenn es um die konkrete Umsetzung dieses angeblich wichtigen Anliegens der Landesregierung geht, den Hochschulen den Vortritt lässt?
Wenn die Hochschulen unbedingt arme Schlucker aus Entwicklungsländern haben wollen, bitte
schön, dann können sie ja Stipendien vergeben natürlich finanziert aus Studiengebühren der Studenten. Vom Land gibt es dazu keinen einzigen Cent. Man will ja nicht die Hochschulautonomie gefährden.
Meine Damen und Herren, wir erinnern uns, was die CDU vor der Wahl versprochen hat: Mit uns wird es keine Studiengebühren geben. - Nach der Wahl hat die CDU Studiengebühren beschlossen und zugesagt, dass jeder und jede, der bzw. die nicht zahlen kann, ein Darlehen vom Land bekommt. Auch dieses Versprechen hat sie nicht gehalten.
Es geht hier aber nicht nur um gebrochene Wahlversprechen der CDU - damit ließen sich die Straßen pflastern -;
es geht auch um die Reputation Niedersachsens und um mehr Menschlichkeit. Während sich die Großen dieser Welt ab heute den Kopf darüber zerbrechen, wie man den ärmsten der armen Länder vielleicht besser helfen kann, übt sich diese Landesregierung darin, kleinkrämerisch ein paar Cent auf Kosten ebendieser armen Länder für ihre kleine Provinz einzusparen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der SPD, Studierenden aus Entwicklungs- und Schwellenländern die Studiengebühren zu erlassen, wurde bei der Beratung des NHG von CDU und FDP abgelehnt. Ebenso wurde unsere Forderung nach einem Hilfsfonds des Landes für diese Studierenden abgelehnt. Heute stellen wir einen Gesetzentwurf zur Abstimmung, der fordert, allen Studierenden, die aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage sind, die Gebühren aufzubringen, ein Darlehen zu gewähren, und zwar unabhängig von ihrer nationalen Herkunft und unabhängig von ihrem rechtlichen Aufenthaltsstatus.
Damit soll diejenige Gruppe von ausländischen Studierenden, die die größten finanziellen Schwierigkeiten hat, nicht länger von der Möglichkeit, Kredite in Anspruch zu nehmen, ausgeschlossen werden.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie sich noch einen Rest eines sozialen Gewissens bewahrt haben, dürfen Sie heute nicht mit Nein stimmen. Ein Nein wäre für alle, für das ganze Land, beschämend.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Zielke, Sie haben die Katze aus dem Sack gelassen. Ihnen geht es darum, nach oben hin unbegrenzt abzukassieren. Wer kein Geld hat, der hat in Niedersachsen nichts zu suchen.
Ich finde es unerhört, wie Sie hier mit dem Thema umgehen, indem Sie uns Wahlkampf unterstellen. Wir haben uns über Monate für eine Anhörung und dafür eingesetzt, dem Runden Tisch der ausländischen Studierenden hier zuzuhören und das, worum es geht, umzusetzen; ich habe es ausgeführt. Sie haben unsere Anträge abgelehnt. Im November haben Sie Ihr Gesetz, das NHG, hier wie immer durchgepeitscht.
Am 9. Februar 2007 haben wir unseren Gesetzentwurf eingebracht, weil die Not bekannt geworden war. Herr Professor Brockstedt stellt sich einfach hier hin und behauptet, dass er gar keine Zahlen für Verschlechterungen habe. Wir haben diese Zahlen eingefordert. Der Minister sagte, es gebe keine. Woher haben Sie denn die Zahlen, wenn Sie meinen, dass nichts passiert sei?
Herr Minister, noch etwas zu Ihrer moralischen Empörung, dass Ihnen hier Unrecht geschehe. Viermal hat die Ausländerkommission eingeladen, viermal haben Sie Mitarbeiter geschickt, kein einziges Mal sind Sie selbst gekommen. Sparen Sie sich Ihre schönen Reden, übernehmen Sie endlich Verantwortung für Ihr inhumanes Handeln.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir im Oktober letzten Jahres unseren Antrag einbrachten, hatten die Bund-Länder-Verhandlungen zum Hochschulpakt gerade begonnen. Allen war klar geworden, dass der bevorstehende Ansturm auf die Hochschulen schnelles und gemeinsames Handeln erforderte. Die SPD begrüßt den Hochschulpakt.
Zusammen mit Professorin Wintermantel, der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, wissen wir aber auch, dass der Hochschulpakt nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Er gibt weder eine Antwort auf die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen, noch gibt er eine Antwort auf die Mehrbelastungen der Hochschulen durch die Umstellung auf die internationalen Bachelorund Masterstudiengänge. Diese Umstellung kostet die Hochschulen nicht nur Kraft; sie kostet auch zusätzliche Kapazität. Da sich das Land weigert, für die Mehrkosten aufzukommen, sind die Hochschulen gezwungen, Studienplätze abzubauen und Studierwillige durch harte NCs auszusperren. Die Folgen kennen Sie: Die Zahl der Studienanfänger ist in Niedersachsen dramatisch gesunken, von 2005 auf 2006 um mehr als 1 100.
Genau dies kann sich jetzt als Bumerang erweisen; denn Geld vom Bund gibt es nur für zusätzliche Studienanfänger, gemessen an der Zahl im Jahr 2005. Niedersachsen steht also vor dem Problem, zunächst Studienplätze wieder aufbauen zu müssen, bevor der erste Euro aus dem Hochschulpakt ins Land fließen kann. Wie löst der Minister dieses Problem? - Er setzt die Lehrverpflichtung für den wissenschaftlichen Mittelbau hoch; dies bringt 1 300 Studienplätze. Dann senkt er den curricularen Normwert für die Fachhochschulbachelors; dies bringt noch einmal 800 Studienplätze. Zum Schluss erhöht er noch schnell den sogenannten Schwundfaktor, und fertig ist die wundersame Studienplatzvermehrung des Ministers. 2 100 Studienplätze zusätzlich, und das Beste: Herr Stratmann hat keinen Pfennig dazubezahlt.
Die Zeche, meine Damen und Herren - das wird Sie nicht wundern -, dürfen auch diesmal wieder die Studierenden zahlen: vollere Seminare, schlechtere Betreuung. Ich zitiere hier den doch unverdächtigen Präsidenten der Landeshochschulkonferenz, Professor von Figura:
„Diese Maßnahmen verschlechtern real die Studienbedingungen und die Lehrqualität und stehen im Widerspruch zu den Versprechen, die den Studierenden im Zuge der Einführung von Studienbeiträgen gemacht wurden.“
Weniger akademisch könnte man auch sagen: Die Landesregierung kassiert die Studenten unter Vortäuschung falscher Tatsachen ab.
Doch damit nicht genug der Tricksereien. Staunend konnten wir vor zwei Wochen in der taz lesen, dass der Minister einräumen musste, dass die versprochenen 11 200 neuen Studienplätze in Wirklichkeit nur 9 500 echte neue Studienplätze seien. Die restlichen sind bereits vorhandene Studienplätze, vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, die bloß aufgefüllt werden sollten. Dafür gibt es dann eine Auffüllprämie in Höhe von 800 Euro, einzusetzen für Anzeigenkampagnen oder Schnupperkurse. Die Begründung des Ministers lautet, man müsse etwas gegen den Nachwuchsmangel in den Natur- und Ingenieurwissenschaften tun. Richtig, Herr Minister. Das mangelnde Interesse an den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist ein großes Problem für die Innovationskraft unseres Landes. Hier müssen wir etwas tun.
Doch, Herr Minister, sogar Sie können nicht glauben, dass bunte Anzeigen und Schnupperkurse plötzlich das Interesse an einem Physikstudium wecken. Die Grundlagen für die spätere Studienwahl werden in den Schulen gelegt. Dort findet aber die Auseinandersetzung mit Technik kaum statt. Die Begeisterung für Mathematik oder Physik wird den Kindern spätestens auf den Gymnasien ausgetrieben. Da können Sie noch so schöne Prämien zahlen oder Ideen-Expos organisieren ändert sich in den Schulen und in der Lehrerbildung nichts, dann wird es auch in Zukunft nicht mehr Ingenieure und vor allem nicht mehr Ingenieurinnen geben.
Vielleicht sollten Sie auch einmal darüber nachdenken, Herr Minister, wie hilfreich Ihre Studiengebühren in diesem Zusammenhang sind. Aus den Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerks wissen wir, dass es gerade die Kinder aus bildungsfernen Familien sind, die sich für ein Studium der Ingenieurwissenschaften entscheiden. Gerade diese Kinder sind es aber, die von Studiengebühren abgeschreckt werden. Statt Werbeprämien zu zahlen, schaffen Sie die Studiengebühren ab, Herr Minister!
Meine Damen und Herren, der Hochschulpakt muss eine Erfolgsgeschichte für Niedersachsen werden. Damit dies gelingt, brauchen die Hochschulen endlich Planungssicherheit über die ihnen tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel - ohne Rechentricks mit Schwundfaktoren usw. Nur wenn sie wissen, wohin die Reise geht, können sie Profile und neue Studienangebote entwickeln.
Die Hochschulen brauchen auch eine Antwort auf die Frage, wie es 2010 weitergehen soll, Stichwort doppelter Abiturjahrgang. Sie brauchen außerdem eine Antwort auf die Frage, wie die Umstellung auf die neuen Studiengänge mit der Schaffung zusätzlicher Studienplätze in Einklang gebracht werden kann, ohne dass die Qualität des Studiums leidet. Auf alle diese Fragen ist der Minister bisher die Antworten schuldig geblieben. Stattdessen ziehen Sie, Herr Minister, neuerdings durch die Lande und verteilen eifrig Wahlgeschenke. 30 000 Euro für einen Wissenschaftspreis, 25 Millionen Euro für die NTH, 1,3 Millionen Euro für die Geisteswissenschaften, eine Erfolgsprämie in Göttingen usw. usf.
- Nein, Herr Güntzler, überhaupt nicht. Wir freuen uns für die Hochschulen, und besonders freue ich mich für Göttingen, weil die Erfolgsprämie ein wichtiges Signal ist.
Doch angesichts des Flurschadens, den Sie, Herr Minister, mit Ihrer Kürzungspolitik an den niedersächsischen Hochschulen angerichtet haben, können diese Wahlgeschenke fürwahr nur ein kleines Trostpflästerchen sein.
Die Hochschulen können das Geld gut gebrauchen. Besser als schöne Wahlgeschenke wäre es allerdings, wenn Sie endlich Ihren Blindflug in der Hochschulpolitik beenden würden. Herr Minister, es reicht nämlich nicht aus, zu verkünden: Seht her! Ich, Minister Stratmann, war der Erste, der Studiengebühren einführte. Ich war der Erste, der den Hochschulpakt umsetzte. - Herr Minister, versuchen Sie doch auch einmal, der Beste zu sein!
Angesichts des bundesweiten Ministerrankings, auf dem Sie den vorletzten Platz belegen, sehen wir da durchaus noch Potenzial für Sie.
Meine Damen und Herren, im Sommer werden wir an dieser Stelle die Ergebnisse der EnqueteKommission beraten. Spätestens dann wird unmissverständlich klar sein, dass wir jetzt die letzte Gelegenheit haben werden, massiv in die Bildung unserer jungen Generation zu investieren. Wir sollten diese Chance nutzen. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Vorab, Herr Kollege Güntzler: Ich wäre sehr gerne als hochschulpolitische Sprecherin ebenso wie meine Kollegin Frau Trost, mein Kollege Herr Zielke und meine Kollegin Frau Heinen auf dem Forum vertreten gewesen. Leider sah der Minister das
anders. Es tut mir leid. Vielleicht beim nächsten Mal.
Nun aber zu Ihrem Vortrag. Ich finde es doch erstaunlich, dass wir hier zwei Kontinuitäten feststellen können. Die erste ist: Die CDU kündigt im Plenum ständig wegweisende Anträge an. Aber das, was dann kommt, ist nichts, nur heiße Luft. Die zweite Kontinuität ist, dass Sie sich hartnäckig weigern, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.
Die Hochschulen haben den Hochschulpakt, Herr Güntzler, und auch den Minister nicht bejubelt. Sie haben eindeutig kritisiert - ich zitiere -:
„Die LHK wendet sich darüber hinaus gegen das Verfahren des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, den im Zuge des Bologna-Prozesses verzeichneten Rückgang der Studienanfängerzahlen in Niedersachsen durch eine Verschlechterung der Betreuungsverhältnisse aufzufangen.“
Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass die Stümpereien Ihres Ministers hier keine Meisterstücke sind, als die Sie sie darstellen wollen!
Frau Ministerin, da nun klar geworden ist, dass eine nahtlose Weiterförderung nicht realisiert werden kann, frage ich Sie: Wird es für die Träger der PRINT-Projekte eine Überbrückung geben?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt ist immer ein Spiegel der Politik. In ihm erkennen wir, wie die Landesregierung die drängendsten Probleme in Angriff nehmen und lösen will. Die Hochschulpolitik ist ein zentrales Feld, auf dem Lösungen gefunden werden müssen - Lösungen für die Frage, wie die Innovationsschwäche der niedersächsischen Wirtschaft überwunden werden kann, oder Lösungen für die Frage, wie der drohende Fachkräftemangel abgewendet werden kann. Sie wissen: Schon jetzt fehlen Ingenieure. Die größte politische Herausforderung der nächsten Jahre ist die Antwort auf die Frage: Wie sichern wir auch den geburtenstarken Jahrgängen gerechte Bildungschancen?
Meine Damen und Herren, auf all diese Fragen bleibt der vorgelegte Haushalt eine Antwort schuldig.
Statt verfügbare Ressourcen in Bildung und Forschung zu konzentrieren, macht diese Landesregierung das genaue Gegenteil. Der Anteil des MWK-Haushalts am Gesamthaushalt schrumpft von gut 10 % im Jahr 2005 auf nur noch 9,6 % im Jahr 2007. Es wird von dieser Landesregierung nicht mehr, sondern weniger in Wissenschaft und Forschung investiert.
Auch in diesem Jahr legen Sie, Herr Minister, einen Haushalt vor, der keine neuen Impulse setzt und an Perspektivenmangel nicht zu überbieten ist.
Meine Damen und Herren, lassen wir die Fakten sprechen. Erst drei Jahre ist es her, dass an dieser Stelle von CDU und FDP das drastischste Kürzungsprogramm beschlossen wurde, das es je für Niedersachsens Hochschulen gegeben hat. Der Minister wollte durch Sparen optimieren und Stärken stärken. Doch was passierte? Die Lehrerbildung in Hildesheim wurde aufgepäppelt und die gute evaluierte Lehrerbildung in Hannover dafür
geschwächt. In Göttingen wird die renommierte Parteienforschung ausgetrocknet und in Osnabrück ein politisch genehmeres Institut für Parteienforschung neu gegründet.
Warum in Osnabrück? - Der Ministerpräsident hat es Professor Ipsen versprochen, so Professor Ipsen.
Auch in Goslar hat der Ministerpräsident vor der Wahl Versprechungen gemacht: eine Fachhochschule für Goslar. Daraus wurde nichts; dafür erhält Goslar jetzt ein Energieforschungszentrum, übrigens im Wesentlichen finanziert durch Stellenumschichtungen aus Clausthal.
Die Beispiele ließen sich fortsetzen und zeigen doch immer das Gleiche: Jeder kann Ihnen, Herr Minister, auf dem Kopf herumtanzen, weil Sie selbst kein Konzept haben.
Meine Damen und Herren, dem HOK folgte der Zukunftsvertrag, die nächste Kürzungsrunde für die Hochschulen. Die Etats wurden für fünf Jahre eingefroren und die Hochschulen verpflichtet, Tarifsteigerungen selbst zu erwirtschaften. Dafür sollten den Hochschulen die Einnahmen aus den Studiengebühren zu 100 % zur Verbesserung der Studienbedingungen verbleiben. Doch die Tinte unter dem Vertrag war noch nicht trocken, da hatte der Minister ihn schon gebrochen. Als neue Belastung wurde den Hochschulen die Finanzierung des Ausfallfonds für Studienkredite aufgebürdet. Dieser Ausfallfonds sichert nicht nur das Kreditrisiko ab, sondern finanziert auch den gesamten Verwaltungsaufwand bei der NBank. Er kostet die Hochschulen bereits im nächsten Jahr über 2 Millionen Euro, und das ist nur der Anfang.
Hätte es noch eines Beweises für die Perspektivlosigkeit der Hochschulpolitik dieser Landesregierung bedurft, eindrucksvoller als mit Ihrer letzten Regierungserklärung, Herr Minister, hätten Sie sie nicht dokumentieren können.
60 Minuten nichts als heiße Luft und Langeweile! Das bisschen Konkrete, Herr Minister, was Sie zu berichten wussten, blieb den Journalisten auf der
anschließenden Pressekonferenz vorbehalten. Ein mieser Umgang mit dem Parlament!
Meine Damen und Herren, konnte man noch zu unsrer Regierungszeit Aufbruchgeist und Reformwillen an unseren Hochschulen spüren, so herrschen jetzt Stillstand und Resignation.
Darüber können auch Ihre Kopfgeburten, Herr Minister, nicht hinwegtäuschen. Jüngstes Produkt: die NTH, der Zusammenschluss der Universitäten Hannover, Braunschweig und Clausthal zur Niedersächsischen Technischen Hochschule als Antwort auf die ETH Zürich. Einmal davon abgesehen, dass der Vergleich mehr als hinkt, bleiben Sie, Herr Minister, jede konkrete Antwort auf die Frage schuldig, wohin denn die Reise mit der NTH gehen soll. Im Sinne einer besseren Ressourcenausschöpfung und Profilschärfung ist es natürlich sinnvoll, Studienangebote zu koordinieren und Forschungsschwerpunkte zu bündeln. Genau das geschieht aber längst, und zwar auf Initiative der drei Hochschulen mit dem vor genau sechs Jahren gegründeten Consortium Technicum. Dieser Kooperationsverbund der Hochschulen geht Ihnen, Herr Minister, offenbar nicht weit genug. Doch dann müssen Sie uns auch sagen, wie der Weg zur NTH konkret aussehen soll. Wie soll der Zusammenschluss erfolgen? Welche Fakultäten sollen an welchem Standort erhalten und an welchem geschlossen werden?
Es reicht nicht aus, pressewirksam die NTH zu verkünden und sich anschließend aus dem Staub zu machen und die Hochschulen sich selbst zu überlassen.
Wer den Mund spitzt, Herr Minister, muss auch pfeifen. Ich weiß, Sie werden sich gleich wieder mit der Hochschulautonomie herausreden. Wir nennen das Abschieben von Regierungsverantwortung. Autonomie der Hochschulen kann nur dort gedeihen, wo es verlässliche Rahmenbedingungen auf der Grundlage einer Landeshochschulplanung gibt. Genau diese fehlt aber Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, wie notwendig eine vorausschauende Planung zur Bewältigung von Herausforderungen ist, zeigt die Debatte zum
Hochschulpakt. In den kommenden Jahren wird die Zahl der Studierenden von jetzt 2 Millionen auf dann 2,7 Millionen bundesweit ansteigen. Dieser Anstieg ist politisch von allen gewollt. Doch dann muss die Politik auch handeln und ausreichend Studienplätze schaffen.
Eine erneute Tunneltaktik wäre mehr als verantwortungslos. Doch genau das haben Sie offenbar vor, Herr Minister, wenn sie jetzt per Verordnung die Lehrverpflichtung an Hochschulen erhöhen wollen, statt Stellen für Lehrpersonal neu zu schaffen. Sie haben offenbar den Ernst der Lage immer noch nicht begriffen.
Seit einem Jahr fordern wir Sie auf, ein Konzept vorzulegen. Jetzt endlich haben Sie reagiert und im Rahmen des Hochschulpaktes 3,5 Millionen Euro für 1 000 Studienplätze in den Haushalt eingestellt, eine lächerliche Summe angesichts des Bedarfs.
Und nicht nur das! Kein Wort von Ihnen, wie die restlichen - von Niedersachsen im Hochschulpakt zugesagten - 10 000 Studienplätze finanziert werden sollen.
Meine Damen und Herren, die Bereitschaft des Bundes, den Ländern bei der Schaffung von Studienplätzen finanziell unter die Arme zu greifen, wird von uns ausdrücklich begrüßt. Doch das Hilfsprogramm des Bundes wird nicht reichen. Es kann, wie die Präsidentin der HRK, Margret Wintermantel, treffend sagte, nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein. Die Länder müssen zusätzliche Anstrengungen unternehmen, allen voran Niedersachsen, wo der Handlungsbedarf besonders groß ist.
Die Zahl der Studienanfänger ist seit 2003 um mehr als 18 % gesunken, obwohl die Zahl der Studienberechtigten im gleichen Zeitraum angestiegen ist. Wenn jetzt in den Haushalt nur 3,5 Millionen Euro eingestellt werden, dann zeigt auch das nur eines: Der zuständige Minister taucht vor den Problemen ab.
Geht es nach dieser Landesregierung, wird Niedersachsen für junge Talente ein Auswanderungsland bleiben.
Die SPD-Fraktion nimmt die Verantwortung des Landes für die kommenden Generationen an. Wir werden in den Ausbau der Hochschulen investieren. Als ersten Schritt stellen wir 25 Millionen Euro in unseren Haushalt 2007 ein. Wir wollen damit Studienplätze vor allem an Fachhochschulen schaffen und knüpfen an das 2002 von der SPDVorgängerregierung vorgelegte Fachhochschulentwicklungsprogramm an. Schon damals wusste die SPD, wie Niedersachsen für die Zukunft gewappnet wird.
Meine Damen und Herren, ideen- und konzeptionslos ist diese Landesregierung nicht nur in der Hochschulpolitik, ideen- und glanzlos ist sie auch in der Kulturpolitik.
Nur zwei Beispiele. Das erste: Musikland Niedersachsen.
Drei Jahre nach der Übernahme der Regierung wurde von der Landesregierung zwar immer über das Musikland Niedersachsen schwadroniert. Es gab aber weder eigene Ansätze der Musikförderung noch die dringend erforderliche Vernetzung.
Innovative Projekte wie die geplante Rock- und Popakademie wurden ad acta gelegt, obwohl wir wissen, dass junge Menschen häufig über Rock und Pop den Zugang zur Musik finden. Diese Chance wurde vertan.
Zweites Beispiel: kulturelle Bildung. Wir freuen uns, dass vor Kurzem auch die CDU-Fraktion den Begriff „kulturelle Bildung“ entdeckt hat. Nachdem wir unseren Antrag in das letzte Plenum eingebracht hatten, den wir mit 2 Millionen Euro im Haushalt hinterlegen, gibt es plötzlich auch bei der CDU - man staune! - Geld für die Musikschulen, und auch für das Projekt „Hauptsache: Musik“ ist Geld da. Das freut uns.
Es gibt jetzt sogar Überlegungen im Ministerium, die kulturelle Jugendbildung ernster zu nehmen. Auch das freut uns.
Wir liefern Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, gerne weiterhin Ideen, wissen wir doch, dass dieser Minister von der Opposition zum Jagen getragen werden muss.
Meine Damen und Herren, als der Herr Minister den Haushalt in den Ausschuss einbrachte, wählte er ein Bild aus der Seefahrersprache: Man fahre jetzt durch ruhige Gewässer und halte Kurs. Falsch, Herr Minister! Sie haben gar keinen Kurs. Niemand im Lande weiß, wohin die Reise geht.
Sie dümpeln und dilettieren vor sich hin und sind auf dem besten Wege, die Zukunft Niedersachsens zu verspielen. Höchste Zeit für einen Wechsel!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Stratmann, was wir von Ihnen eben gehört haben, war keine Regierungserklärung, sondern eher etwas für das Feuilleton oder für eine Abiturfeier.
Wir reden heute nicht über irgendeine Meinungsäußerung eines Ministers, sondern über eine Regierungserklärung zur Hochschulpolitik. Eine Regierungserklärung soll dem Parlament und der Bevölkerung Niedersachsens deutlich machen, was die Regierung zur Lösung der anstehenden Probleme vorhat und was sie an hochschulpolitischen Perspektiven in den nächsten Jahren umsetzen will.
Angesichts der von Ihnen, Herr Minister, angedeuteten Herausforderungen ist die Regierungserklärung an Inhaltslosigkeit und Perspektivenmangel kaum zu überbieten.
Sie ergehen sich in Selbstlob und allgemeinen hochschulphilosophischen Fragen auf dem Niveau eines politisch interessierten Laien. Sie haben aber kein einziges konkretes Wort dazu gesagt, wohin die Reise in Niedersachsen tatsächlich gehen wird. Der Handlungsbedarf ist Ihnen, ist uns allen, ist im Land bekannt. Die Hochschulen stehen mit dem Rücken zur Wand. Das Land erwartet von Ihnen, Herr Minister, endlich konkrete Vorschläge zur Bewältigung des bevorstehenden Ansturms junger Menschen auf die Hochschulen.
Wirtschaftsinstitute schlagen Alarm, weil Niedersachsen zu wenig Hochschulabsolventen ausbildet. Ein Fachkräftemangel in Niedersachsen droht, und die Innovationskraft schwindet, wenn nicht endlich gegengesteuert wird. Die Antworten des Ministers haben Sie gehört: Er plaudert in luftigen Höhen über die sich immer schneller ändernden Verhältnisse, beklagt die „Augen-zu-und-durchMentalität“ und lamentiert über die viel zu spät erkannten Probleme der Welt. - Meine Damen und Herren, eine Landesregierung wird nicht gewählt,
um Probleme nur zu beschreiben. Sie wird gewählt, um Probleme zu lösen.
Nur ein Beispiel: Es stimmt, Herr Minister, wenn Sie feststellen, dass Zukunftsprobleme nur lösbar sind, wenn wir alle verfügbaren Ressourcen auf die Bereiche Bildung und Forschung konzentrieren. Aber wo bleiben Ihre Ressourcen? Wo bleibt Ihr konkretes Konzept, um das Bildungspotenzial besser auszuschöpfen?
Kein Geld, heißt es dann.
Keine einzige Lösung haben Sie heute den jungen Menschen angeboten.
Ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel: Wortreich beklagen Sie hier die Verkrustungen des Dienstund Besoldungsrechts.
Warum tun Sie nichts dagegen?
Die Föderalismusreform hat den Ländern doch die Gesetzgebungskompetenz für das Beamtenrecht gegeben. Sie haben es doch eingefordert. Stattdessen langweilen Sie uns mit Allgemeinplätzen
und lassen uns wissen, dass die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Politik verbessert werden muss und dass alle möglichen Lösungen künftig nur mit der Wissenschaft gefunden werden können.
Dass Wissenschaft zur besseren politischen Problemlösung beitragen kann, diese Erkenntnis ist zwar richtig, aber doch nicht neu. Das war die zentrale Idee der Aufklärung vor 250 Jahren.
Die Menschen im Lande haben einen Anspruch darauf, eine klare Auskunft dazu zu bekommen, wie diese Landesregierung die drückendsten Probleme in Angriff nehmen und lösen will. Die Hochschulpolitik ist ein zentrales Feld, auf dem Lösungen gefunden werden müssen.
Herr Minister, wenn man Ihrer Beschreibung der Aufgaben der Hochschulpolitik folgt - erstens Stärkung des Wirtschafts- und Technologiestandortes Niedersachsen, zweitens Stärkung von Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen und drittens Haushaltskonsolidierung -, dann steht bei Ihnen eindeutig die Sparpolitik im Vordergrund. Aufgabe eins und Aufgabe zwei sind bei Ihnen nachrangig. Das ist das Problem!
Genau vor drei Jahren verkündeten Sie an dieser Stelle das drastischste Kürzungsprogramm für die Hochschulen in der Geschichte Niedersachsens, HOK genannt. Bei der Verkündung rühmten Sie sich mit Rekurs auf Lichtenberg sogar als Fackelträger der Wahrheit, der die Hochschulen zu Ruhm und Glanz führen werde. Heute wissen wir: Das HOK kostet Niedersachsen Tausende von Studienplätzen. Drittmittelstarke Fakultäten wie die Fakultät für Forstwissenschaften in Göttingen haben Sie ausbluten lassen. Wichtige Berufungen der Hochschulen mussten ad acta gelegt werden.
Alle im Land wissen um den Schaden, den Sie am Hochschulstandort Niedersachsen angerichtet haben.
Nur Sie, Herr Minister, glauben noch heute, dass es sich beim HOK um die niedersächsische Exzellenzinitiative handelt.