Protokoll der Sitzung vom 20.05.2005

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen fordert in vielen Bereichen das, was sowieso geplant ist. Aber eine weitere rechtliche Grundlage für die Ein

richtung der Schulinspektion ist nicht nötig. Ich denke, das ist heute allen klar geworden. Meine Damen und Herren, der Antrag ist überflüssig. Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Schwarz das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Korter, der vorliegende Antrag hat eigentlich eine völlig andere Intention als das, was Sie gerade ausgeführt haben. Sie haben in Ihrer Rede eine ganze Reihe von - meiner Meinung nach durchaus berechtigten - Fragen gestellt, aber mit dem Antrag wollten Sie eigentlich nur eine Verankerung im Gesetz erreichen.

Hier unterscheiden wir uns aber ganz grundsätzlich. Sie wollen immer verbürokratisieren - ich erinnere daran, wie Sie heute Vormittag gefordert haben, bestimmte Fragen im Ältestenrat zu behandeln -, wir als FDP hingegen wollen entbürokratisieren - dafür machen wir uns seit langer Zeit stark - und das gerade nicht im Gesetz verankern. Ihre Verbürokratisierung ist der Sache nicht dienlich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben aber auch kein Verständnis für das Verfahren im Allgemeinen. Wenn Sie eine gesetzliche Regelung wollen, dann sollten Sie auch die entsprechende Initiative im Parlament ergreifen; denn wir sind es doch, die die Gesetze machen, und nicht die Landesregierung.

Nach meinem Eindruck haben wir doch alle - ich denke, über die Fraktionsgrenzen hinweg - die Sinnhaftigkeit einer Schulinspektion bestätigt; da stimmen wir doch überein. Die Schulinspektion ist in der Tat ein ganz wesentliches Instrument auf dem Weg zur Verbesserung der Bildungsqualität in unserem Land. Wenn man das berücksichtigt, dann kann man diesen Antrag letztendlich nur als Aktionismus bezeichnen, ohne wirklich begründbare Substanz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Uns ist Folgendes wichtig: Nach anfänglicher Skepsis auf unterschiedlichen Ebenen gibt es jetzt

bemerkenswert positive Rückmeldungen von den Schulen, die sich bereits einer externen Evaluation unterzogen haben. Durch den sensiblen Umgang der Inspektorenteams ist eine Grundlage für Vertrauen geschaffen worden. Das ist für die weitere Vorgehensweise in dieser Frage eine gute Ausgangsposition.

Die entscheidende Frage ist allerdings: Wie gehen wir mit den Ergebnissen um? Oder anders herum: Welche Konsequenzen ziehen wir aus den guten oder aus den weniger guten Ergebnissen? - Hierbei ist in der Tat Hilfestellung gefragt, und hier müssen wir uns auch der vorhandenen Kompetenz der Schulaufsicht bedienen.

Wir sprechen uns jedenfalls deutlich dafür aus, die Ergebnisse insgesamt zu veröffentlichen bzw. ins Internet zu stellen. Gerade in diesem Punkt sind wir sehr für Offenheit. Wir wollen nicht wie Sie eine Verregelung, sondern durch die Offenheit wollen wir der Verregelungswut Einhalt gebieten. Zwingend erforderlich ist, dass die Schule, die Lehrer, die Schüler und die Eltern über die Ergebnisse informiert werden. Deshalb müssen wir auch so konsequent sein, allen den Zugang zu diesen Ergebnissen zu ermöglichen.

Ich meine, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, auch Schulen, die vielleicht in einem ganz besonderen Umfeld mit sehr schwierigen Bedingungen zu kämpfen haben, eine angemessene Bewertung zu geben, indem man sie sozusagen in ein Umfeld stellt und indem sie bei der Feststellung eines Ergebnisses ganz besonders berücksichtigt werden.

Unter dem Strich kann man sagen: Der Antrag ist glänzend geeignet, um Positionen zu verdeutlichen. Sie sind für Bürokratie; wir sind dafür, die Inhalte zu verdeutlichen. Das ist der Unterschied. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion Herr Kollege Jüttner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus guten Gründen gibt es ein Schulgesetz. Darin sind für Niedersachsen alle wichtigen, die Schule betreffenden Dinge verankert. Wir haben beispielsweise bei einer der letzten Novellen veran

kert, dass in Zukunft die Schulleitung für die Qualitätssicherung in den Schulen zuständig ist. Bemerkenswert ist, dass es bei diesen Themen, also Schulinspektion und Beratungssysteme, die Kernpunkte hinsichtlich einer zukünftig guten Schule sein sollen, jetzt plötzlich eine Debatte über Bürokratie stattfindet, Herr Schwarz. Was soll denn das?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Frage ist doch nicht „Bürokratie, ja oder nein?“, sondern: Welche wichtigen Dinge gehören im Schulgesetz festgeschrieben? - In der Sache sind wir uns einig. Gegenwärtig reden wir doch über die wichtigsten Dinge. Sie erwecken aber den Eindruck: Das ist untergesetzlich regelbar, das ist allein Sache der Administration.

(Ursula Körtner [CDU]: Haben Sie noch nie etwas von Verordnungen gehört? - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das ist jetzt aber platt!)

- Nach der Logik müssten Sie die Abschaffung des Schulgesetzes fordern. Bemerken Sie nicht die Doppelbödigkeit Ihrer Argumentation?

Wir haben die Schulinspektion in Anlehnung an das niederländische Modell entwickelt. Interessant ist, dass die Niederländer noch einen Schritt weitergehen und sagen, um deutlich zu machen, wie wichtig dieses Thema ist: Die Schulinspektion muss sich gegenüber dem Parlament und nicht gegenüber der Regierung verantworten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Ursula Körtner [CDU])

Spätestens durch die Fragen von Frau Korter ist doch deutlich geworden: Wenn wir gewährleisten wollen, dass die Schulqualität überall in Niedersachen gesichert wird, dann ist eine gesetzliche Regelung unabdingbar. Das ist ein Satz oder ein Halbsatz in einem Gesetz - ohne Bürokratie.

(Ursula Körtner [CDU]: Dann muss doch jedes Mal das Gesetz geändert werden!)

Dort muss das geregelt werden, weil ansonsten beispielsweise der ganze Privatschulbereich außen vor ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Genau das ist das Problem. Sie verschließen sich, weil Sie glauben, Sie könnten das zu einer Bürokratiedebatte machen. Das hat damit aber überhaupt nichts zu tun. Wenn wir aktuell ein Problem bei den Themen Schulaufsicht, Inspektion und Beratungssysteme haben, dann, dass das Ministerium bezüglich der organisatorischen Umsetzung augenscheinlich nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen hat.

(Ursula Körtner [CDU]: Herr Jüttner, das ist jetzt Blödsinn!)

Wo ist denn die Detailvorbereitung für das Hearing am 15. und 16. Juni? Wo ist denn beispielsweise gewährleistet, dass - wie eben von der CDUFraktion ausgeführt - bis 2009 alle Schulen inspiziert werden? - Sie wissen doch genau, dass das vor dem Hintergrund der Personalentwicklung in der Schulinspektion überhaupt nicht zu gewährleisten ist. Das heißt, wir haben ein im Kern sinnvolles Projekt, das aber durch die Art und Weise, wie es gegenwärtig von der Landesregierung angefasst wird, gefährdet ist. Es gibt die sinnvolle Überlegung von der Fraktion der Grünen, eine rechtliche Regelung zu finden, die gewährleistet, dass aus dem Projekt etwas Vernünftiges werden kann. Wir sollten uns die Mühe machen, gründlich darüber zu reden. Ich meine, in dem Antrag steckt mehr Substanz, als Ihnen bisher aufgegangen ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Busemann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema ist ja „Schulinspektion rechtlich verankern“. Ich glaube nicht, dass damit gemeint ist, dass das jetzt irgendwo rechtswidrig gestartet worden sei. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Mit dem Antrag soll erreicht werden - wenn er denn die Mehrheit bekäme -, dass das Parlament, also der Gesetzgeber, die Regierung auffordert, etwas rechtlich per Gesetz zu verankern. Das ist Spiel mit vertauschten Rollen. Wenn Sie denn meinen, da müsste ein Gesetz entstehen oder das

Schulgesetz müsste geändert werden, dann legen Sie einen Gesetzentwurf vor!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber das ist ohne Kritik und am Rande. Ich stelle fest, dass eigentlich alle vier Fraktionen für die Schulinspektion sind und dass man große Erwartungen hat. So gesehen ehrt Sie auch der Antrag. Sie überlegen - das entnehme ich daraus -, wie wir das Thema vielleicht sogar noch höher gewichten können, als es derzeit im Lande Niedersachsen der Fall ist.

Zum holländischen Modell: Ich lege immer Wert darauf, dass Niedersachsen und Holland nicht vergleichbar sind. Wir haben andere Strukturen und auch etwas andere Intentionen. Die Denkrichtung ist sozusagen: eigenes Gesetz, eigene Institution - fast so wie ein Rechnungshof oder wie der Wehrbeauftragte - mit großer Unabhängigkeit, parlamentarisch kontrolliert usw. Diese Denkrichtung kann ich zwar nachvollziehen. Aber ich meine, dass für unsere Ansprüche ein anderer Weg der richtige ist, nämlich der, den wir gehen.

Als Jurist kann ich Ihnen sagen: Wenn man eine bestimmte Regelung vorhat, wenn man sie rechtssicher umsetzen will, dann gilt das Prinzip des geringst notwendigen Eingriffs. Man kann manche Sachen auch politisch gewichten und sagen: Wir machen ein Gesetz, weil es uns so am Herzen liegt. Aber es gilt das Prinzip des geringst notwendigen Eingriffs. Unter diesem Primat bedarf es keiner gesetzlichen Verankerung der Schulinspektion.

Schulinspektion, meine Damen und Herren, soll ein modernes Beratungsinstrument für die Schulen und die Schulverwaltungen sein. Ihre Aufgabe ist die Qualitätsermittlung für jede einzelne Schule in Niedersachsen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Sie soll die Stärken, die Schwächen und das Verbesserungspotenzial unserer Schulen analysieren und insbesondere Hilfe zur Selbsthilfe geben. Mit dieser Aufgabe ist die Behörde durch den Kabinettsbeschluss der Landesregierung vom 19. April 2005 gemäß Artikel 38 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung ordnungsgemäß errichtet worden. Dieses Vorgehen entspricht dem Grundsatz, dass die Behördenorganisation in den Aufgabenbereich der Exekutive fällt. In meinem Ressortbereich ist z. B. - ein anderes Feld - das Niedersächsische Landesamt für Lehrerbildung und Schul

entwicklung, das NILS, geregelt, aber nicht Gegenstand einer besonderen schulgesetzlichen Regelung. Das muss auch nicht sein, um gleichwohl als Behörde erfolgreich zu sein. Gerade in einer Zeit, in der wir von Vorschriftenabbau, beweglicher Verwaltungsführung und anpassungsfähiger Behördenorganisation sprechen, ist der Antrag ein bisschen kontraproduktiv.

(Ursula Körtner [CDU]: Nicht nur ein bisschen!)

Wenn wir nun sozusagen für jedes Ministerium und bestimmte nachgeordnete Behörden eigene Gesetze machen würden - von mir aus gut gemeint und vom Ausgang sogar richtig gemacht - und dann sozusagen einen anderen Arbeitsauftrag für eine nachgeordnete Behörte hätten, dann müssten wir immer das Gesetz ändern, bevor etwas Notwendiges getan werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Körtner [CDU]: Herr Jüttner, stellen Sie sich das vor!)

Das ginge wohl in die falsche Richtung. So gesehen hat der Kollege Schwarz in diesem Zusammenhang den Finger in eine wichtige Wunde gelegt.

Etwas anderes hat der Schulgesetzgeber für die klassische staatliche Schulaufsicht durchaus im Schulgesetz geregelt. Da ist die Schulaufsicht verankert. Das ist auch richtig so. Wenn sich da die Aufgabenstellung einmal ändert, muss dann und wann das Schulgesetz geändert werden. Teil der erwähnten Schulaufsicht im engeren Sinne mit ihren staatlichen Eingriffsbefugnissen soll unsere Schulinspektion aber bewusst nicht sein. Das war ja ein Klärungsprozess.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)