Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Herr Professor Lennartz. - Von der FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Bode zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei den Vorträgen meiner beiden Vorredner habe ich wirklich gedacht: Jetzt schlägt’s hier aber 13! Genau das, was ich gerade gehört habe, hat der Kollege Biallas vor geraumer Zeit, als wir zu einer anderen Fragestellung in einer Sitzung des Innenausschusses die kommunalen Spitzenverbände angehört haben, vorhergesagt. Als von den kommunalen Spitzenverbänden damals eindringlich gefordert wurde, Standards, Vorschriften und Regulierungen massiv abzubauen und den kommunalen Vertretern zu vertrauen und es ihnen zu überlassen, die Dinge im Interesse ihrer Bürger selbst zu regeln, weil sie viel näher am Bürger sind, sagte der Abgeordnete Biallas voraus, dann würden alle Bedenkenträger kommen, und man würde nicht gemeinsam an einem Strang ziehen. Damals habe ich noch gedacht: Nie im Leben. Schließlich hört man ja auch von Ihren Kommunalpolitikern immer: Genau das ist der Weg, den man gehen muss. - Und was ist heute? - Genau das, was Herr Biallas vorhergesagt hat, tritt ein. Ich bin wirklich schockiert.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Man kann durchaus unterschiedlicher Meinung darüber sein, wie weit der Handlungsspielraum für die Kommunen gehen soll, wenn man ihnen zugesteht, Dinge für ihre Bürger selbst zu regeln. Ich gehöre eher zu denjenigen, die den Kommunen möglichst viel Handlungsspielraum schaffen wollen, die möglichst viele Regeln, Standards und Vorgaben außer Kraft setzen wollen, damit die Kommunalpolitiker vor Ort selber Gestaltungsmöglichkeiten haben.

(Zustimmung bei der FDP)

Andere sagen: Der Handlungsspielraum soll nicht ganz so groß sein. Lasst uns die Vorgaben durchaus etwas enger fassen.

Wenn man die Diskussion nicht jahrelang führen und sich nicht ewig, wie es in der Vergangenheit der Fall war, blockieren will, sodass gar nichts passiert, muss man sich irgendwann einmal zu einem Kompromiss durchringen und irgendwo in der Mitte eine Lösung suchen und in ausgewählten Modellkommunen testen. Nur so kann man feststellen, ob das Modell funktioniert und übertragbar ist.

Wie David McAllister bereits gesagt hat, haben wir für dieses Modell nicht nur CDU- und FDP-regierte Kommunen vorgesehen, sondern schlagen einen Mix vor, damit nicht nur unsere eigenen Freunde vor Ort von diesem Gesetz profitieren können, sondern alle beteiligt werden. Wir haben sowohl Landkreise als auch Städte ausgewählt, damit wir die Auswirkungen in unterschiedlichen Bereichen genau beobachten können.

Eigentlich konnte man dagegen ja nun gar nichts haben. Von daher bin ich schon erstaunt, dass es Widerstände gibt. Vielleicht sollten Sie noch einmal mit Ihren Kommunalpolitikern vor Ort reden. Vielleicht können die Sie ja noch auf den richtigen Weg bringen.

Meines Erachtens ist das vorgeschlagene Verfahren genau richtig. Ein Zeitraum von drei Jahren ist ein überschaubarer Zeitraum. Er ist nicht zu lang, aber doch ausreichend, um zu sehen, ob wir mit den Maßnahmen, die wir freistellen wollen, richtig gelegen haben oder nicht. Falls wir in diesem Zeitraum sehen, dass etwas schief läuft , können wir Maßnahmen sofort zurücknehmen. Falls wir aber, was ich viel eher glaube, feststellen, dass es so gut läuft, dass es gleich alle machen sollten, können wir das Projekt auf das gesamte Land ausdehnen.

In der Tat gibt es unterschiedliche Regelungen. Dass wir jedoch das Personalvertretungsgesetz fast abschaffen wollen, wie es hier in den Raum gestellt wurde, stimmt doch nicht.

(Jutta Rübke [SPD]: Natürlich stimmt das!)

Wir wollen eine modifizierte Regelung zum Personalvertretungsgesetz, nämlich die Benehmensherstellung bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten und bei der Anmietung von Diensträumen. Diese Änderung, die keinesfalls eine massive Änderung und Einschränkung der Reche der Personalvertretungen bedeutet, rechtfertigt sicher nicht einen derartigen Aufschrei.

(Zuruf von Jutta Rübke [SPD])

In den modifizierten Regelungen sind durchaus auch einige wirklich unsinnige Regelungen enthalten. Warum sind nach der Niedersächsischen Bauordnung Werbeanlagen im Außenbereich grundsätzlich unzulässig, während man eine Reihe von Ausnahmen zulässt? Hier muss man über

einfachere Regelungen nachdenken, die auch der Wirtschaft vor Ort zugute kommen.

Wir wollen auch einige Dinge außer Kraft setzen, z. B. das Spielplatzgesetz. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich weiß nicht, warum wir als Landesgesetzgeber die Größe, Lage und Beschaffenheit der Spielplätze regeln wollen. Ich weiß, dass vor Ort nicht nur mit den Bürgern, die dort wohnen und die den Spielplatz mit ihren Kindern nutzen, gesprochen wird, sondern dass Zeitungen sogar Wettbewerbe „Wer macht den schönsten und besten Spielplatz?“ veranstalten. Wer in einem solchen Wettbewerb hinten liegt, der strengt sich beim nächsten Mal wieder an. Das ist viel besser als alle Vorgaben durch den Landesgesetzgeber.

(Zustimmung bei der FDP)

Zu den Schulentwicklungsplänen: Natürlich muss man sicherstellen, dass man bei den Schulen richtig aufgestellt ist. Die Vorgabe, die Pläne dauernd fortzuschreiben, auch wenn das gar nicht erforderlich ist, geht aber ein wenig zu weit. Sie, Herr Dr. Lennartz, haben nicht dargestellt, dass die Pläne bisher an die Bezirksregierungen gemeldet wurden. Bezirksregierungen gibt es nun nicht mehr - das kann man bedauern, man kann es aber auch begrüßen, weil die neue Struktur besser ist -, und wir haben noch niemanden gefunden, der darauf besteht, dass ihm Entwicklungspläne weiterhin vorgelegt werden, damit er sie lesen kann. Deshalb müssen sie in der bisherigen Form auch nicht dauernd fortgeschrieben werden.

Wir gehen hier einen ersten Schritt - ich sage bewusst: einen ersten Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Bürokratieabbau. Wir werden uns vorbehalten, weitere Schritte ebenfalls zu prüfen, werden also nicht bei diesem Gesetz stehen bleiben. Wir sind auch für Ihre Vorschläge und Ideen offen. Auch in der Anhörung werden noch Vorschläge kommen. Wir sind also offen für eine Diskussion mit Ihnen, und wir sind gern bereit, gute Vorschläge aufzunehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat sich noch einmal Herr McAllister zu Wort gemeldet. Bitte schön! Sie haben 2:36 Minuten Restredezeit.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde das, was der Kollege Lennartz gesagt hat, sehr interessant. Herr Lennartz, Sie haben grundsätzlich gesagt: Das könnte in die richtige Richtung gehen, aber über Details sollten wir noch diskutieren. Das war ein wertvoller Beitrag.

Frau Kollegin Rübke, Ihren Beitrag habe ich, auch nachdem ich ihn mehrfach im Kopf durchgegangen bin, nicht richtig nachvollziehen können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das muss an dir liegen!)

Sind Sie nun dafür oder dagegen? Ich habe irgendwie herausgehört, dass Sie gegen unseren Gesetzentwurf sind. Wenn es aber so ist, dass die SPD-Fraktion dagegen ist, frage ich Sie: Wie kommt es, dass so viele SPD-Landräte bei uns anrufen und darum bitten, noch in den Kreis dieser Modellkommunen aufgenommen zu werden?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Finden Sie es wirklich fair, Ihren Oberbürgermeister von Lüneburg, Herrn Mädge, und auch den Oberbürgermeister von Oldenburg, Herrn Schütz, jetzt so im Regen stehen zu lassen? - Aber gut, das müssen Sie innerhalb der niedersächsischen SPD klären.

Zwischen der Vorstellung des Eckpunktepapiers und der Verabschiedung in den Fraktionen haben wir zwei Änderungen vorgenommen: Zum einen haben den Entwurf in der Tat nicht Modellregionen-Gesetz genannt, sondern ModellkommunenGesetz. Ich sage auch mit Blick auf eine Tagung in Goslar und eine Berichterstattung in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: Wir von CDU und FDP geben ein klares Bekenntnis zu den niedersächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich gebe ich Ihnen Recht, Frau Rübke, wir haben den § 10 des Brandschutzgesetzes als Flexibilisierungsvorschrift herausgenommen, weil uns die Argumente des Landesfeuerwehrsverbandes überzeugt haben.

Sie alle haben ja intensiv das Interview in der Nordsee-Zeitung gelesen. Nordsee-Zeitung zu

lesen, bildet immer. Sie haben zwei Punkte angesprochen. Der eine betrifft die Kindertagesstätten. Wir haben immer gesagt, dass die personellen Standards der Kindertagesstätten von uns nicht in Frage gestellt werden, weil wir frühkindliche Erziehung und Förderung für ganz wichtig erachten. Deshalb brauchen wir qualifiziertes Personal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Jutta Rübke [SPD])

Das Gleiche gilt für die Schulbusverkehre. Wir haben nicht von den räumlichen Kita-Standards gesprochen.

Zur Schulentwicklungsplanung: Herr Kollege Lennartz, viele von uns - auch ich - haben Kommunalpolitik gemacht. Ich war Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Ich habe einmal einen Schulentwicklungsplan verabschieden müssen. Sie waren als ehemaliger Regierungspräsident von Hannover auf der anderen Seite und haben immer gesagt, was alles nicht geht. Ich bin auch für Schulentwicklungsplanung. Das ist doch völlig logisch. Aber ich wehre mich dagegen, für Jahre im Voraus im Detail die demografische Entwicklung in den einzelnen Kommunen festzulegen. Wer einmal einen Schulentwicklungsplan gemacht hat, der wird wissen: Die Leute halten sich mit der Geburtenentwicklung nicht an das, was Beamte und Kreistagsabgeordnete in den Schulentwicklungsplan hineingeschrieben haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Glocke der Präsidentin)

- Frau Kollegin Vockert, ich komme zum Schluss. Der Landkreis Osnabrück hat sich bei uns bereits gemeldet. Nur aufgrund unseres Modellentwurfs werden die Gemeinde Bissendorf und die katholische Kirche bei einem Kindergartenbau 150 000 Euro sparen können, weil wir jetzt die Raumgruppengröße so flexibel handhaben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Noch ein letzter Satz - wenn Sie ihn mir noch gestatten, Frau Präsidentin -, weil er so schön ist. Ich lese Ihnen zum Schluss noch einen Paragrafen aus einem Gesetz vor, der uns inspiriert hat. Ich zitiere aus dem Gesetz zum Bürokratieabbau in der Modellregion Ostwestfalen-Lippe. In § 1 steht:

„In der Modellregion OstwestfalenLippe werden zum Zwecke des Bürokratieabbaus über einen Zeitraum von

drei Jahren Vorschriften - Gesetze, Verordnungen und Erlasse außer Kraft gesetzt oder modifiziert, um zu erproben, ob damit unternehmerisches Handeln erleichtert, Existenzgründungen gefördert und die wirtschaftliche Entwicklung in der Modellregion insgesamt vorangetrieben werden kann. Die Innovationsvorschläge zur Entbürokratisierung und Deregulierung sollen, soweit sie erfolgreich sind, nach Abschluss der Modellphase landesweit im Dauerrecht übernommen werden.“

Das klingt irgendwie bekannt. Wissen Sie, woraus ich zitiert habe? - Aus dem Gesetzes- und Verordnungsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2004. Das Gesetz ist u. a. unterschrieben vom abgewählten Ministerpräsidenten Peer Steinbrück, von Herrn Vesper und von Frau Höhn. Ich meine, das müsste ein gutes Argument für Sie sein.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport zuständig sein, mitberatend sollen die Ausschüsse für Rechts- und Verfassungsfragen, für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, der Umweltausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie der Kultusausschuss tätig sein. Wer so beschließen möge, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Beides Letztere sehe ich nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 18: Zweite Beratung: Irritationen bei Leitstellendebatte umgehend beenden! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1820 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/1981

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Bachmann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Bachmann!