Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

diese Übungen in Deutschland gar nicht mehr durchführen zu lassen. Wir plädieren deswegen noch einmal für die Entlastung durch Wittstock. Diese ist eben auch durch den Gruppenantrag der Grünen gefährdet, weil damit die Inbetriebnahme infrage gestellt wird. Mit diesem Antrag schaden Sie den Interessen Niedersachsens, schaden Sie den Interessen von Nordhorn, Lingen, der gesamten Region, der Grafschaft Bentheim, dem Emsland und den dort lebenden Menschen. Das halten wir Ihnen vor. Das darf nicht zulasten diese Menschen gehen. Machen Sie endlich eine Politik, die realistisch ist, die auf das abzielt, was Sie hinkriegen, und versprechen Sie nicht Dinge, die Sie nicht halten können.

Langfristig muss Nordhorn-Range geschlossen werden, weil moderne Fluggeräte für diesen Platz immer weniger geeignet sind. Der Platz in Brandenburg ist 12 300 ha groß und liegt in einer dünn besiedelten Region. Nordhorn-Range ist gerade einmal 2 000 ha groß. Das macht deutlich, dass die Bedingungen in Brandenburg erheblich besser sind. Deswegen muss die Eröffnung von Wittstock vorangebracht werden.

Das kommt in unserem Änderungsvorschlag deutlich zum Ausdruck. Tun Sie mehr dafür, damit das in eine entsprechende Richtung kommt. Das Sie nicht genug tun, kann ich auch noch einmal mit einem Schreiben der Stadt Nordhorn belegen.

Herr Hilbers, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich darf die zwei Sätze noch vorlesen. Am 7. Februar 2005 beklagt sich der Bürgermeister in einem Schreiben darüber, dass zwischenzeitlich nicht genug passiert sei und auch nicht glaubhaft dargelegt worden sei, dass erforderliche Konkretisierungen, die auf dem Urteil beruhen, vorgenommen worden seien.

Arbeiten Sie in Berlin Ihre Dinge ab! Die Unterstützung Niedersachsens bei der Auflösung dieses Platzes und bei der Verringerung der Lasten ist Ihnen sicher. - Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Steiner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erneut diskutieren wir heute in diesem Landtag - zumindest in den letzten Jahren schon zum dritten Mal - über die Zukunft des Bombenabwurfplatzes Nordhorn-Range. Den Anlass für den SPDAntrag hat Herr Hilbers schon genannt. Das war der vermeintliche Punktegewinn im Landratswahlkampf in der Grafschaft.

Wir haben dazu aus gutem Grund einen Änderungsantrag vorgelegt, weil wir dem Entschließungstext, auf den sich CDU und SPD verständigt haben, wegen gnadenloser Anwendung des Sankt-Florians-Prinzips nicht zustimmen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, natürlich unterstützen wir die Forderung - und zwar mindestens genauso lang, wenn nicht sogar schon etwas länger als die Kollegen von der CDU -, den Luft-Boden-Schießplatz Nordhorn-Range zu schließen. Ich stand jedenfalls schon 1977 dort.

(Bernd Althusmann [CDU]: Schade, dass da keine Bomben gefallen sind!)

Jahrzehntelang hat die Bevölkerung der Region Grafschaft Bentheim/Emsland unter der Belastung durch die Tiefflug- und die Bombenabwurfübungen gelitten; erst durch die Royal Navy, dann durch die Bundeswehr.

(Bernd Althusmann [CDU]: Damals waren die noch nicht so treffsicher!)

Diese Belastung muss beendet werden, und zwar nicht langfristig, wie es in der Beschlussempfehlung von CDU und SPD heißt, sondern in absehbarer Zeit und mit festgelegtem Endpunkt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Warum ma- chen Sie das nicht in Berlin?)

- Warten Sie doch ab, ich erkläre es Ihnen.

Bereits jetzt erscheint der Übungsbetrieb für die Bekämpfung von Bodenzielen durch Tiefflugoperationen nicht mehr zeitgemäß. Übungsszenarien, bei denen 25 kg schwere Betonbrocken im Tiefflug abgeworfen werden, sind angesichts veränderter

sicherheitspolitischer Rahmenbedingungen einfach anachronistisch. Nicht umsonst wird die Tornadoflotte der Luftwaffe reduziert. Wegen der Umstellung auf Präzisions- und Distanzwaffen sind solch steinzeitlichen Übungen, wie sie auf der NordhornRange stattfinden, nicht mehr erforderlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In diesem Übungsfeld ist Abrüstung angesagt. Für Einsätze der Bundeswehr bei Kriseninterventionen sind ganz andere Fähigkeiten als Flächenbombardements gefragt.

Wer, meine Kollegen von der CDU und von der SPD, vor diesem Hintergrund die Forderung nach langfristiger Schließung von Nordhorn-Range damit verbindet, dass man die Bundesregierung - welche auch immer - auffordert, sie solle zur „gerechten Verteilung der Lasten“ den Luft-BodenSchießplatz in Wittstock, Brandenburg, einrichten, ist schlicht unredlich.

Wie heißt die populäre Anrufung des bekannten Heiligen? Oh heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andere an! - Das trifft doch hier zu.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Warum ha- ben Sie das im Truppenübungsplatz- konzept so beschlossen?)

Seit 13 Jahren kämpft eine der eindrucksvollsten Bürgerbewegungen in Deutschland gegen die Nutzung von Wittstock als Bombenabwurfübungsplatz, und das in einer Region, die ihre Entwicklungschancen vorwiegend im naturnahen Tourismus sieht und jahrzehntelang unter Bombenabwürfen und Raketenabschüssen der sowjetischen Armee zu leiden hatte. Herr Hilbers, Sie stellen sich hier hin und verlangen, dass man diesen Abwurfübungsplatz in Wittstock wieder aufmacht. Das ist ein absolut hinterhältiges Spiel.

(Beifall bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Erzählen Sie das den Leuten in der Grafschaft Bentheim!)

Erklären Sie mir doch einmal, wie Sie Ihr Vorgehen hier in Niedersachsen gegenüber Ihrem SPDKollegen Platzeck, Ministerpräsident von Brandenburg, und seinem CDU-Stellvertreter Schönbohm rechtfertigen wollen. Die vertreten nämlich genau die gleiche Position wie wir, dass man die Kyritzer Heide nicht mehr in Betrieb nehmen soll.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wir haben niedersächsische Interessen zu ver- treten!)

Da möchte ich nur sagen: Ausgerechnet Sie werfen uns Opportunismus vor! Wissen Sie, was ich Ihnen vorwerfe? Hier sagen Sie: Wir schließen - langfristig natürlich - Nordhorn-Range. Dort sagen Sie: Wir wollen aber Wittstock nicht haben. Wie geht denn das unter einen Hut?

Wir haben auf der Bundesebene einen Gruppenantrag eingebracht, dem sich Abgeordnete der CDU, der SPD und der PDS angeschlossen haben; nur die FDP hat gefehlt.

Frau Steiner, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Wir können aber genauer untersuchen, an welchen Verbindungen quer durch die großen Parteien das gescheitert ist.

Ich sage Ihnen als Letztes: Die Aufgabe lautet, Nordhorn-Range zu schließen und Wittstock gar nicht in Betrieb zu nehmen; denn die Übungen zur Bekämpfung von Bodenzielen durch Tiefflugoperationen sind auf null zu fahren. Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag formuliert. Deswegen waren wir eigentlich der guten Hoffnung, dass Sie es kapieren, dass es hier um eine simple Anwendung des Sankt-Florians-Prinzips geht und dass Sie im Interesse der Bevölkerung an allen Standorten über Ihren Schatten springen und unserem Antrag zustimmen müssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bode das Wort.

Herr Präsident! Ich werde Ihren Ratschlag bezüglich der fortgeschrittenen Uhrzeit ernst nehmen.

Mit Ausnahme der Vorrednerin von den Grünen waren das ja ganz vernünftige Wortbeiträge zu dem Antrag und dem Änderungsantrag. Diesen Ausführungen schließe ich mich gerne an, und ich

möchte auch zum Ausdruck bringen, dass wir sehr erleichtert sind, dass es gelungen ist, in diesem Punkt fraktionsübergreifend einen Konsens zu erreichen und heute zur Abstimmung zu bringen.

Zu dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte ich nur eine kleine Anmerkung machen. Liebe Freunde von den Grünen, ich respektiere es ja, wenn man der Meinung ist, dass man diese Waffengattung nicht mehr braucht, weil man die Sicherheitslage anders einschätzt. Ich persönlich - auch die FDP - bin nicht dieser Ansicht, und wir werden auch immer, hoffentlich erfolgreich, dafür kämpfen, dass es in Deutschland für diese Ansicht keine Mehrheit geben wird.

Wenn Sie der Meinung sind, dass diese Waffengattung überflüssig ist, dann sollten Sie einmal mit dem Verteidigungsminister reden, solange Sie in Berlin noch an der Regierung sind - das ist ja nicht mehr so lange -, und sagen, er solle doch die Luftwaffe abschaffen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Sie ha- ben es nicht verstanden, Herr Bode!)

Aber Sie sollten nicht sagen, er solle die Übungsplätze der Luftwaffe abschaffen. Das ist nicht zielführend.

Sie sollten an der richtigen Stelle tätig werden. Wir sind froh über diese gemeinsam getragene Beschlussempfehlung und bitten um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Abgeordneter Bode, Sie haben dazu beigetragen, dass wir etwas besser in der Zeit liegen. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. Falls dieser abgelehnt wird, stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Dann stimmen wir jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 21: Zweite Beratung: Frauenhandel bekämpfen Opferschutz verbessern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1413 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/2031